TE UVS Wien 1992/05/12 03/31/618/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.1992
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Betreff

Der BW war bestraft worden, weil er als Lenker eines KKW der Anordnung eines Organes der Straßenaufsicht, sein Fahrzeug unverzüglich wegzustellen, nicht Folge geleistet hatte. Er begründete sein Rechtsmittel im wesentlichen damit, er sei hinzugekommen, als ein Sicherheitswachbeamter gerade eine Anzeige gegen sein vorschriftswidrig stehendes KFZ ausstellte. Dieser habe ihm nicht gestattet, noch kurz stehenzubleiben, sondern die Weisung erteilt, wegzufahren. Er sei dieser Weisung insofern sofort nachgekommen, als er lediglich aus einem gegenüberliegenden Geschäft Autoschlüssel und Wagenpapiere holen gegangen sei und dies nur kurze Zeit benötigt habe.

Der UVS stellte als Sachverhalt fest, daß diese Abwesenheit mehr als fünf Minuten dauerte.

Der UVS gab der Berufung in der Schuldfrage keine Folge, setzte aber die Strafe herab, weil die Behörde als Strafsanktionsnorm unrichtigerweise §99 Abs3 lita StVO anstelle richtigerweise §99 Abs4 liti StVO herangezogen hatte.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr Schnizer-Blaschka über die Berufung des Herrn Ernst S, wohnhaft in M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat vom 8.10.1991, Zl Pst 2100-Ls/91, wegen Übertretungen des 1) §24/1a StVO, 2) §24/1e StVO, 3) §97/4 StVO,

4) §9/1 StVO und 5) §52/15 StVO iVm §99/3a StVO, nach einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.5.1992 wie folgt entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung zu Punkt 1), 2) und 5) Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten behoben.

Dementsprechend entfällt auch der erstinstanzliche Kostenbeitrag zu diesen Spruchpunkten.

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung zu Punkt 3) in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß Tatumschreibung und übertretene Norm wie folgt lauten: "Sie haben am 26.3.1991 um

12.25 Uhr in Wien, S-gasse als Lenker des KKW mit dem Kennzeichen KB-WU der Anordnung eines Organes der Straßenaufsicht, Ihr Fahrzeug unverzüglich wegzustellen, nicht Folge gleistet. Sie haben dadurch §99 Abs4 liti iVm §97 Abs4 StVO 1960 verletzt."

Die Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzarrest: 30 Stunden) wird auf S 300,--, bei Uneinbringlichkeit 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt.

Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag zu Spruchpunkt 3) auf S 30.--.

Die Strafsanktionsnorm lautet: "§99 Abs4 liti StVO 1960". Dem BW wird gemäß §65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Begründung:

I. 1. Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien vom 6.5.1991, Zl Pst 2100-Ls/91,  wurde der Berufungswerber in den Spruchpunkten 1) bis 6) je einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und ihm je eine Strafe auferlegt.

2. Gegen diese Strafverfügung, und zwar "gegen die Punkte 3) und 4)" erhob der Berufungswerber rechtzeitig Einspruch.

3. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber neuerlich der sechs Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt, über ihn jeweils eine Strafe verhängt sowie je ein Verfahrenskostenbeitrag auferlegt. Punkt 3) dieses Straferkenntnisses enthält folgenden Spruch: "Sie haben am 26.3.1991 von 12.25 bis 12.30 Uhr in Wien, S-gasse" ..."3) eine Weisung eines sich im Dienst befindlichen Sicherheitswachebeamten nicht beachtet" .... . Dadurch habe er §97 Abs4 StVO übertreten, weswegen über ihn gemäß §99 Abs3 lita StVO eine Strafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) verhängt wurde.

4. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, in der sich der Berufungswerber gegen die Auferlegung von Verfahrenskosten zu den Punkten 1), 2) und 5) wendet, Punkt 3) dem Inhalt nach bekämpft und zu Punkt 4) den "Einspruch nicht aufrecht" hält.

Zu Punkt 3) wird ausgeführt, der Sicherheitswachebeamte habe persönlich und eigenhändig auf seiner Visitenkarte die Uhrzeit des Gespräches mit 12.35 Uhr vermerkt. Da der Zeitraum zwischen diesem Vermerk und der nächsten angelasteten Verwaltungsübertretung (12.38 Uhr) lediglich drei Minuten betrage, sei bewiesen, daß er die Weisung des Sicherheitswachebeamten sehr wohl sofort befolgt habe (siehe hiezu den Verweis des Berufungswerbers auf sein Einspruchsvorbringen).

II. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat am 12.5.1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Meldungsleger Insp Horst K als Zeuge einvernommen wurde. Die Parteien des Verfahrens haben auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet.

Auf Grund der aufgenommenen Beweise wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Berufungswerber hatte sein Fahrzeug (unbestritten) am 26.3.1991, gegen 12.25 Uhr am im Spruch bezeichneten Tatort rechtswidrig abgestellt. Als der Meldungsleger, Insp K, dort zu diesem Zeitpunkt gerade das entsprechende Formular zur Abschleppung des Fahrzeuges des Berufungswerbers ausfüllte, eilte dieser aus dem gegenüberliegenden Sportgeschäft herbei und ersuchte den Beamten, sein Fahrzeug noch für kurze Zeit stehenlassen zu dürfen. Der Sicherheitswachebeamte verneinte dies jedoch und forderte den Berufungswerber auf, sofort wegzufahren. Dementgegen ging der Berufungswerber aber kommentarlos in das Sportgeschäft zurück und kehrte erst nach etwa fünf Minuten wieder. Hiebei erklärte er dem Beamten verärgert, er sei doch nur fünf Minuten weggewesen, um noch etwas zu bezahlen. Im Zuge der darauffolgenden Auseinandersetzung überreichte der Beamte dem Berufungswerber auf dessen Verlangen eine Visitenkarte, auf der er Tatort und Uhrzeit dieses (zweiten) Gespräches mit 12.35 Uhr vermerkt hatte.

2. Diese Feststellungen gründen sich im wesentlichen auf die Anzeige und die zeugenschaftliche Aussage des Meldungslegers in der mündlichen Verhandlung vom 12.5.1992, in der dieser einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterließ. Der Behauptung des Berufungswerbers, er sei nach der Aufforderung, wegzufahren, lediglich ins Sportgeschäft gegangen, um Wagenpapiere und Autoschlüssel zu holen (siehe Beschuldigteneinvernahme vom 6.8.1991, Pst-Akt Blatt 16), wird angesichts des vom Meldungsleger mit fünf Minuten angegebenen Zeitraumes zwischen Aufforderung zur Weiterfahrt und Rückkehr des Beschuldigten nicht gefolgt. Die festgestellten Zeitpunkte stimmen auch mit dem übrigen - unbestritten gebliebenen - Zeitablauf überein: Wurde nämlich der Berufungswerber - wie er selbst einräumt - beim ersten Gespräch mit dem Beamten um 12.25 Uhr aufgefordert, sofort wegzufahren, und wurde dem Berufungswerber um 12.35 Uhr anläßlich des zweiten Gespräches die Visitenkarte des Beamten ausgehändigt, so sind zwischen ersten und Beginn des zweiten Gespräches zumindest fünf Minuten vergangen, ein Zeitraum also, der jedenfalls länger ist, als ihn das bloße Holen von Autoschlüssel und -papieren aus dem gegenüberliegenden Geschäft erfordert hätte. Dieser Zeitablauf spricht auch für die Richtigkeit der Darstellung in der Anzeige, wonach der Berufungswerber selbst angegeben hätte, nur fünf Minuten weggewesen zu sein, um  noch etwas zu bezahlen.

III. Rechtlich ergibt sich folgendes: 1. Zu Punkt 1), 2) und 5) des angefochtenen Strafer kenntnisses

Diese Punkte sind schon deshalb zu beheben, weil - wie der Berufungswerber richtig ausführt - die Strafverfügung vom 6.5.1991 in Bezug auf diese Delikte mangels dagegen gerichteten Einspruches in Rechtskraft erwachsen ist. Der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens in derselben Verwaltungsstrafsache und der Erlassung eines Straferkenntnisses in dieser durch die Behörde erster Instanz stand daher infolge der bereits eingetretenen Rechtskraft das Wiederholungsverbot entgegen, welches bis zur Rechtskraft des Straferkenntnisses in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen ist (VwSlg 11394 A/1984).

2. Zu Punkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses

a) Gemäß §97 Abs4 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen, und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen.

Wer einer individuellen Anordnung gemäß §97 Abs4 StVO nicht nachkommt, begeht eine Übertretung nach §99 Abs4 liti StVO und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 1.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 48 Stunden, zu bestrafen. Eine solche Anordnung für die Benützung der Straße muß mit der nach den Umständen ehestmöglichen Beschleunigung nachgekommen werden (VwGH 10.6.1964, 426/63).

Da nach dem festgestellen Sachverhalt der Berufungswerber der Weisung des Beamten nicht mit der erfordertlichen und möglichen Eile nachgekommen ist, hat er die Verwaltungsübertretung begangen. Die Spruchänderung diente der Präzisierung der Tat und der Anpassung an den gesetzlichen Straftatbestand; auch war die Strafsanktionsnorm richtig zu stellen.

b) Das der Bestrafung zu Grunde liegende Verhalten gefährdete in erheblichem Maß das vom Gesetz geschützte Interesse an der raschen Durchsetzung der Anordnungen von Straßenaufsichtsorganen im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, weswegen der objektive Unrechtsgehalt der Tat nicht geringfügig war.

Die Berufungsbehörde geht auf Grund der getroffenen Feststellungen davon aus, daß der Berufungswerber vorsätzlich gehandelt hat. Als mildernd wird die nach der Aktenlage bestehende Unbescholtenheit des Berufungswerbers, als erschwerend kein Umstand gewertet.

Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers legt die Berufungsbehörde - mangels Mitwirkung - ein durchschnittliches Einkommen des nach eigenen Angaben als Vertreter einer Sportartikelfirma tätigen Beschuldigten, weiters zu seinen Gunsten Vermögenslosigkeit sowie das Bestehen von Sorgepflichten zugrunde.

Die Strafe ist deshalb herabzusetzen, weil die Behörde erster Instanz bei ihrer Strafbemessung offenkundig von der in §99 Abs3 lita StVO normierten Strafobergrenze von S 10.000,-- (Ersatzarrest: bis zu zwei Wochen) ausgegangen ist. Demgegenüber beträgt die Strafobergrenze nach §99 Abs4 bloß S 1.000,-- (Ersatzarrest: 48 Stunden).

Im Hinblick auf diesen Strafrahmen scheint die nunmehr verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die übrigen Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers durchaus angemessen und erforderlich, um ihn von künftigen strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Schlagworte
Weisung individuelle, Befolgung ehestmögliche
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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