TE UVS Niederösterreich 1992/05/25 Senat-MD-91-126

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Veröffentlicht am 25.05.1992
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 -  AVG, BGBl Nr 51/1991, teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird insoweit abgeändert, als dieser wie folgt zu lauten hat:

 

I.

Sie haben als nach §9 VStG verantwortlicher Beauftragter der xx Warenhandels-AG mit dem Sitz in W N folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Die Arbeitnehmerin S N wurde am 23. November 1990 zwischen 20,15 Uhr und 20,30 Uhr in der xx-Filiale in Wien xx, xxgasse 3, beschäftigt.

 

Übertretungsnorm:

§§3, 9 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen.

 

Hiefür wird nach §21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991, eine Ermahnung ausgesprochen.

 

Der Spruchteil II) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird vollinhaltlich bestätigt.

 

Hinsichtlich des Tatvorwurfes der Beschäftigung von Frau S P am 6.12.1990 bis 20,30 Uhr wird nach §45 Abs1 Z1 VStG die Einstellung verfügt.

Text

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

 

"1) Sie haben als verantwortlicher Beauftragter der Firma xx Warenhandel AG mit dem Sitz in W N folgende Verwaltungsübertretung begangen:

 

Vom Arbeitsinspektorat wurde festgestellt, daß in der xx-Filiale in Wien xx, xxgasse 3, folgende Arbeitnehmerinnen nach 20 Uhr beschäftigt wurden:

1)

S N    am 23.11.1990 bis 20,30 Uhr und

2)

S P    am  6.12.1990 bis 20,30 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§9, §3 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe    falls diese uneinbringlich ist,             gemäß

               Ersatzfreiheitsstrafe von

 

je S 500,--        je 12 Stunden     §9 BG Nachtarbeit der Frauen

zus S 1.000,--     zus. 24 Stunden

 

Ferner haben Sie gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 % der verhängten Strafe (ein Tag Arrest ist gleich S 50,--), das sind S 100,-- zu bezahlen.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag: S 1.100,--

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d VStG).

 

Zahlungsfrist:

Wenn sie keine Berufung erheben, ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Sie haben dann den Gesamtbetrag unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahlschein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei uns einzuzahlen. Bei Verzug müssen Sie damit rechnen, daß der Betrag zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.

 

II) Hinsichtlich der Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen I F und

S P am 10. Oktober 1990 bis 21,30 Uhr bzw 22,00 Uhr wird gemäß §45 Abs1 litc in Verbindung mit §31 Abs1 VStG 1991 die Einstellung verfügt."

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte Berufung und führte darin im wesentlichen aus, daß er als Filialinspektor für ein ausreichendes Kontroll- und Überwachungssystem gesorgt habe und dies im Zuge des Verfahrens auch dargetan habe. Die Einteilung der Filialmitarbeiter unterliege der Verantwortung des Filialleiters. Sollte aus plötzlich auftretenden Gründen die vorgenommene Planung nicht eingehalten werden, so habe der Filialleiter den zuständigen Filialinspektor zu verständigen. Er habe daraufhin die Möglichkeit, kurzfristig Personal aus anderen Filialen abzuziehen und dort einzusetzen wo dies notwendig sei. Derartige Maßnahmen könne er aber nur dann setzen, wenn er davon Kenntnis habe. Da er sich nicht gleichzeitig ständig in allen Filialen aufhalten könne, könne er natürlich auch keine Kenntnis von Umständen haben, die einen Filialpersonaleinsatz aus anderen Filialen erfordern, wenn er vom Filialleiter davon nicht verständigt werde. Der Filialleiter wisse, daß er für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verantwortlich sei. Sollten öfters Mißstände festgestellt werden, so habe der Filialleiter, der sich den Anweisungen nicht entsprechend verhalten habe, mit entsprechenden Konsequenzen zu rechnen. Dessen ungeachtet sei nicht nachvollziehbar und auch nicht erklärlich, wieso die Mitarbeiterin S P am 6.12.1990 bis 20,30 Uhr beschäftigt gewesen sein soll, da es sich um einen Donnerstag gehandelt habe. Außerdem sei es nicht seine einzige Aufgabe, die Arbeitszeitaufzeichnungen zu überprüfen.

 

Im Zuge der Einvernahme des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 1992 wurden diese Aussagen vom Beschuldigten bekräftigt und dazu noch ergänzend ausgeführt, daß es sich bei der Überprüfung grundsätzlich um eine nachträgliche Überprüfung handle. Daher habe er im konkreten Fall auch erst nach Einleitung des Strafverfahrens von den gegenständlichen Übertretungen erfahren. In aller Regel würden die aus Mißständen getroffenen Konsequenzen auch dazu führen, daß in der betreffenden Filiale keine Mißstände mehr auftreten.

 

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden auch die Zeugen A M (Filialleiter der gegenständlichen xx Filiale) und M P (anzeigendes Organ des Arbeitsinspektorates für den x Aufsichtsbezirk) als Zeugen einvernommen.

 

Der Zeuge A M hat dabei im wesentlichen angegeben, daß der Beschuldigte als Filialinspektor durchschnittlich zwei bis dreimal in der Woche für einige Stunden in den Betrieb kontrollieren komme. Dabei würde unter anderem auch die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften anhand der im Betrieb aufliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen überprüft. Im wesentlichen wurden von diesem Zeugen das Vorbringen und die Aussagen des Beschuldigten bestätigt. Ergänzend dazu hat dieser Zeuge noch angegeben, daß die Filiale am Freitag bis 20,00 Uhr geöffnet ist und es daher üblich ist und sich auch gar nicht vermeiden lasse, daß Dienstnehmerinnen bis 20,30 Uhr beschäftigt würden. Der Beschuldigte sei hinsichtlich der Beschäftigung der Arbeitnehmerin S N am 23. November 1990 bis 20,30 Uhr bisher nicht an ihn herangetreten. Er habe zum ersten Mal vom gegenständlichen Vorfall mit der Zustellung der Ladung zur Verhandlung erfahren.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §3 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen dürfen Dienstnehmerinnen während der Nacht nicht beschäftigt werden. Als Nacht im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt ein Zeitraum von mindestens 11 aufeinander folgenden Stunden, der die Zeit zwischen 20,00 Uhr und 06,00 Uhr einschließt.

 

Dienstgeber oder deren Bevollmächtigte, die §3 Abs1 zuwiderhandeln, sind, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegen, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von S 1.000,-- bis S 15.000,--, im Wiederholungsfall von S 3.000,-- bis S 30.000,-- zu bestrafen.

 

Nach §8a Öffnungszeitengesetz dürfen Dienstnehmerinnen nach 20,00 Uhr für Abschlußarbeiten herangezogen werden, wenn die Verkaufsstelle zulässiger Weise erst ab 20,00 Uhr oder zu einem späteren Zeitpunkt schließt. Die zulässige Dauer dieser durch Dienstnehmerinnen durchzuführenden Abschlußarbeiten endet spätestens 15 Minuten nach dem Schließen der Verkaufstelle.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist erwiesen, daß am 23. November 1990 zwischen 20,15 Uhr und 20,30 Uhr in der im Spruch genannten xx Filiale eine rechtswidrige Beschäftigung von Frau S N stattgefunden hat. Dies wurde vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Somit ist das objektive Tatbild im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung verwirklicht.

 

Hinsichtlich der Frage, ob dem Berufungswerber schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist, ist folgendes festzustellen:

 

Herr F W wurde von den zur Vertretung nach außen Berufenen der xx Warenhandelsgesellschaft zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 VStG unter anderem für die gegenständliche Filiale bestellt, wobei sich die Bestellung auch auf die Einhaltung von Dienstnehmerschutzbestimmungen bezieht.

 

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach §5 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Berufungswerber hatte daher glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Er hatte daher initiativ alles, was für seine Entlastung spricht, darzulegen und unter Beweis zu stellen, um der Behörde die Beurteilung zu ermöglichen, ob sein Vorbringen geeignet ist, im Falle seiner Richtigkeit seine Schuldlosigkeit zu erweisen. Was die Einhaltung von Dienstnehmerschutzvorschriften betrifft, so hat der Arbeitgeber (oder sein nach §9 VStG bestelltes Organ) ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sicherzustellen. Im Falle der Verantwortlichkeit für mehrere Filialen als Filialinspektor muß daher alles unternommen werden, um sicher zu stellen, daß Verletzungen der Dienstnehmerschutzvorschriften durch den jeweiligen Filialleiter unterbunden werden und im Falle des tatsächlichen Auftretens von Mißständen alle Konsequenzen zu ziehen, um wiederholte Vorkommnisse der gleichen Art zu vermeiden.

Im konkreten Fall ist es dem Beschuldigten zwar gelungen, darzutun, daß er grundsätzlich ein Kontrollsystem geschaffen hat, das die Übertretung von gesetzlichen Bestimmungen verhindern soll. Er hat aber nicht dafür gesorgt, daß dieses System auch im Einzelfall wirksam ist. Zwar wurde vom Beschuldigten vorgebracht, daß bei Auftreten von Übertretungen gesetzlicher Bestimmungen Gespräche mit dem jeweiligen Filialleiter geführt werden, um neuerliche Übertretungen zu verhindern. Aus der schlüssigen und glaubwürdigen Aussage des Zeugen A M (Filialleiter) ergibt sich jedoch unzweifelhaft, daß der Beschuldigte es trotz Bekanntwerdens der Übertretung - diese ist spätestens mit der Einleitung des Strafverfahrens gegen ihn anzunehmen - unterlassen hat, unverzüglich Maßnahmen zur Beseitigung des Mißstandes einzuleiten (zB durch entsprechende aufklärende Gespräche mit dem Filialleiter bzw darüber hinausgehende Konsequenzen). Damit ergibt sich aber eindeutig, daß das vom Beschuldigten dargelegte, grundsätzlich positive Kontrollsystem in der Praxis nicht mit jener Konsequenz verwirklicht wird, die für eine völlige Exkulpation des Berufungswerbers ausreichen würde. Damit ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat erwiesen, daß der Berufungswerber im konkreten Fall rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.

 

§21 VStG bestimmt, daß die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Im gegenständlichen Fall ist die Beschäftigung von Frau S N lediglich im Ausmaß von einer Viertelstunde als rechtswidrig anzusehen. Bezüglich des Beschuldigten scheinen keinerlei rechtskräftige verwaltungsbehördliche Vorstrafen auf. Die bisherige Straflosigkeit ist als mildernd anzusehen. Erschwerende Umstände liegen nicht vor. Aufgrund des dargelegten Sachverhaltes ist die Berufungsbehörde zur Auffassung gelangt, daß das Verschulden trotz der bereits dargelegten Rechtswidrigkeit des Verhaltens als gering anzusehen ist, jedoch der Ausspruch einer Ermahnung erforderlich ist, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen der gleichen Art abzuhalten.

 

Die Einschränkung des Tatzeitraumes war vorzunehmen, da aufgrund der derzeit geltenden, oben zitierten Rechtslage die Beschäftigung von Frau S N am 23.11.1990 zwischen 20,00 Uhr und 20,15 Uhr als rechtmäßig anzusehen ist.

 

Hinsichtlich der vorgeworfenen Beschäftigung von Frau S P am 6.12.1990 bis 20,30 Uhr wurden zur Beweiswürdigung die Aussage des Zeugen M P und die vom Berufungswerber vorgelegte Arbeitsaufzeichnung herangezogen. Das strafbare Verhalten kann diesbezüglich nicht als erwiesen angesehen werden, weshalb die Einstellung in diesem Punkt zu verfügen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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