TE UVS Niederösterreich 1992/05/25 Senat-BN-91-038/1

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Veröffentlicht am 25.05.1992
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Spruch

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens wird gemäß §69 Abs1 Z3 AVG, BGBl Nr 51/1991, abgewiesen.

Text

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 27. März 1991, Zl xx, wurde Herr xx gemäß §28 Abs1 AuslBG (richtig: §28 Abs1 Z1 lita AuslBG) mit einer Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) bestraft. In diesem mittlerweile rechtskräftigen Straferkenntnis wurde es als erwiesen angesehen, daß der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma xx in xx, xx, es zu verantworten habe, daß diese Gesellschaft entgegen den Bestimmungen der §§3 und 28 Abs1 Z1 lita AuslBG die Ausländerin xx ohne Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung, einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines in der Zeit vom 15. September 1990 bis 25. Februar 1991 beschäftigt habe.

 

Mittels Telefax vom 30. April 1992 beantragt Herr xx nunmehr die Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß §69 Abs1 litc AVG (richtig: §69 Abs1 Z3 AVG), weil der Verfassungsgerichtshof die Rechtsfrage, die eine Vorfrage darstelle, anders als im angefochtenen Bescheid gelöst habe. Begründend wird ausgeführt, daß der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, Zl G 294/91 (veröffentlicht in WBl 1992, 136) die Bestimmung des §28 Abs1 Z1 lita AuslBG als verfassungswidrig aufgehoben habe. Diese Entscheidung sei dem Rechtsvertreter des Beschuldigten am 29. April 1992 mit Zustellung der Ausgabe der Wirtschaftlichen Blätter vom April 1992 zur Kenntnis gelangt. Die Frist des §69 Abs2 AVG sei daher gewahrt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Unter einer Vorfrage gemäß §38 AVG kann nur eine Frage verstanden werden, die ein konkretes Rechtsverhältnis zum Gegenstand hat, das für die Entscheidung in der Hauptsache ein Tatbestandselement bildet (vgl VwGH Slg Nr 3324A). Die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes kann schon deshalb keine Vorfrage im Sinne der §§38 und 69 Abs1 Z3 AVG darstellen, weil sie nicht das Bestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses, sondern eben die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes zum Gegenstand hat. Mangels Vorliegen des Vorfragentatbestandes nach §69 Abs1 Z3 AVG war daher der gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens von der Berufungsbehörde abzuweisen.

 

Weiters ist festzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, Zl G 294/91-5, nicht Bestimmungen des AuslBG aufgehoben hat. Wie dem klaren Wortlaut dieses Erkenntnisses zu entnehmen ist, hat der Verfassungsgerichtshof vielmehr ausgesprochen, daß der mit Ablauf des 30. September 1990 außer Kraft getretene §28 Abs1 Z1 lita AuslBG, in der Fassung der Novelle BGBl Nr 231/1988, verfassungswidrig war. Für eine Berücksichtigung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes im Rahmen des §69 Abs1 Z3 AVG bleibt im gegenständlichen Fall auch kein Raum, weil der Verfassungsgesetzgeber im Art 140 Abs7 B-VG die Rechtswirkungen von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes, die gesetzliche Bestimmungen aufheben oder aussprechen, daß bereits außer Kraft getretene gesetzliche Bestimmungen verfassungswidrig waren, ausdrücklich und erschöpfend festgelegt hat. In dem angesprochenen Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof von der ihm durch Art140 Abs7 B-VG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Anlaßfallwirkung auf die im Zeitpunkt seiner Beratung und Entscheidung beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle ausgedehnt. Aufgrund dieser Entscheidung ist daher der §28 Abs1 Z1 lita AuslBG, in der Fassung der Novelle BGBl Nr 231/1988, lediglich auf den Anlaßfall und die beim Verwaltungsgerichtshof am 13. Dezember 1991 anhängigen Fälle (siehe auch die Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl Nr 105/1992), nicht mehr anzuwenden. Das dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 27. März 1991, Zl xx, zugrundeliegende Verwaltungsstrafverfahren kann somit durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes überhaupt nicht berührt sein, weil weder ein Anlaßfall noch eine am 13. Dezember 1991 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerde vorliegt.

 

Was nun den an die Bezirkshauptmannschaft xx gerichteten Eventualantrag im Telefax vom 30. April 1992 anlangt, so ist zu berücksichtigen, daß aufgrund des §24 VStG der §68 Abs2 und 3 AVG im Verwaltungsstrafverfahren überhaupt nicht anwendbar ist. Wenn nun der gestellte Eventualantrag als Antrag gemäß §68 Abs4 AVG zu verstehen sein sollte, so ist anzumerken, daß eine Anwendung dieser Bestimmung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich nicht zulässig ist, weil dieser nicht sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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