TE UVS Niederösterreich 1992/06/02 Senat-WB-91-042

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Veröffentlicht am 02.06.1992
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Gemäß §45 Abs1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl  Nr  52/1991, (VStG) wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 31. Oktober

1991, Zl         -91, wurde R S wegen Übertretung der Bestimmung des

§366 Abs1 Z2 Gewerbeordung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) mit

einer Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Wochen)

bestraft. In diesem Straferkenntnis wird ihm angelastet, "am

21.9.1991 um 08,50 Uhr im Standort T            , xxstraße 64 - 66,

diverse Gegenstände wie Fotoapparate, Werkzeuge und Elektrogeräte, zum Verkauf angeboten und somit eine Tätigkeit betrieben zu haben, die ein Handelsgewerbe gemäß §103 Abs1 litb Z25 der Gewerbeordnung 1973 darstellt". Er habe somit ein Handelsgewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt, weshalb die Strafe gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz GewO 1973 zu verhängen gewesen sei.

 

In der dagegen erhobenen Berufung vom 13.11.1991 wird darauf verwiesen, daß der Berufungswerber dieses Handelsgewerbe nicht persönlich, sondern als Obmann des Vereins "zur Unterstützung minderbemittelter T              " ausgeübt habe. Der Verein besitze nämlich die erforderliche Gewerbeberechtigung, lediglich das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Aus diesen Gründen werde daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

Zu diesem Vorbringen hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 21. Mai 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Beweis erhoben wurde durch die Einvernahme der Zeugen A und M.

 

Aufgrund des Akteninhalts, der Rechtfertigung des Berufungswerbers und der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung erzielten Beweisergebnisse steht folgender Sachverhalt fest:

 

Im Jahr 1991 haben vor dem 21. September im eingefriedeten Hof der Liegenschaft xx T            , xxstraße 64 - 66, wiederholt Flohmarktveranstaltungen stattgefunden. Als Veranstalter trat jeweils der Verein "zur Unterstützung minderbemittelter T

  ", dessen Obmann der Berufungswerber ist, auf. Aufgrund der schwierigen verkehrstechnischen Situation (vorbeiführende Bundesstraße xx) hat die Bezirkshauptmannschaft xx mit Schreiben vom 21.8.1991 dem Verein mitgeteilt, daß für die Durchführung eines Flohmarktes auf dem gegenständlichen Areal eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist. Seit 18.4.1991 hat der Verein bei der Bezirkshauptmannschaft xx das Handelsgewerbe, eingeschränkt auf den Altwarenhandel im gegenständlichen Standort angemeldet. Das Vereinslokal ist über den Hof, in welchem die Flohmarktveranstaltungen abgehalten wurden, erreichbar. Über schriftlichen Auftrag der Bezirkshauptmannschaft xx war der Gendarmerieposten xx verhalten, das gegenständliche Gelände zu überwachen. Über telefonische Rücksprache mit der Gewerbeabteilung der Bezirkshauptmannschaft xx ist der Gendarmerieposten dahingehend instruiert worden, "daß es auch keine Gewerbeberechtigung an diesem Standort geben könne, solange eine Betriebsanlagengenehmigung nicht erteilt ist" (Zeuge J A).

 

Am 21. September 1991 wurde um ca 08,50 Uhr in dem in Rede stehenden Hof (erneut) ein Flohmarkt veranstaltet. Als Veranstalter trat der Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Obmann des Vereins "zur Unterstützung minderbemittelter T              " auf. Es waren zwei Verkaufsstände aufgestellt, die aufgelegten Gegenstände wurden vom Berufungswerber bzw vom Zeugen O M angeboten. Die jeweils am Flohmarkt teilnehmenden Personen hatten keine Teilnahmegebühr bzw Standgebühr zu entrichten. Von Seiten des veranstaltenden Vereines wurde jedoch erwartet, daß eine Spende an den Verein entrichtet wird. Die so dem Verein zukommenden Spenden sollten dem Vereinszweck entsprechend "minderbemittelten T               " zugute kommen. In diesem Zusammenhang wurde wiederholt vom Flohmarktteilnehmern von Überweisungen von Geldbeträgen an die sogenannte "W   schule" gesprochen.

 

Die am 21. September 1991 zum Verkauf angebotenen Gegenstände stammten aus dem Privateigentum des Zeugen M bzw des Berufungswerbers.

 

Der Berufungswerber selbst besitzt keine Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Altwarenhandels.

 

Zu diesen Feststellungen gelangte der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes und der durchaus glaubwürdigen, einander nicht wiedersprechenden Zeugenaussagen der Zeugen A und M. Insbesondere der Zeuge A legte eindrucksvoll dar, daß Ziel der Gendarmerieintervention war, eine Veranstaltung, nämlich den Flohmarkt, zu unterbinden, weil für die Durchführung eines derartigen Marktes im gegenständlichen Standort keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vorhanden war. Dementsprechend wurde auch die Anzeige abgefaßt ("..., obwohl für diesen Standort keine behördliche Genehmigung vorliegt"). Auch vom Zeugen M wurde in sehr offener und glaubwürdiger Weise über die Praxis dieser Verkaufsveranstaltungen und über den in Rede stehenden Flohmarkt am 21.9.1991 gesprochen. Dabei legte er überzeugend dar, daß von ihm, wie auch von den anderen Flohmarktteilnehmern, jeweils nur Gegenstände aus dem Privatbesitz zum Verkauf angeboten worden sind.

 

In rechtlicher Hinsicht war der so festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Während das Fehlen einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung für den Verein "zur Unterstützung minderbemittelter T              " zur Ausübung des Handelsgewerbes eindeutig feststeht (jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Strafverfahrens ist), ist hinsichtlich des Vorwurfes der unbefugten Gewerbeausübung durch den Berufungswerber von folgenden Überlegungen auszugehen:

 

Gemäß §1 Abs1 GewO 1973 gilt die Gewerbeordnung für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

 

Gemäß §1 Abs2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dies bestimmt ist.

 

Bei der Prüfung der Frage, ob die gegenständliche Verkaufstätigkeit durch den Berufungswerber als eine gewerbsmäßige Tätigkeit anzusehen ist, wird wohl aufgrund der Beweisergebnisse davon auszugehen sein, daß die Merkmale der "Regelmäßigkeit" und der "Gewinnerzielungsabsicht" als gegeben anzunehmen sind. Haben doch die Verkaufsveranstaltungen wiederholt stattgefunden und sollte durch den Verkauf der angebotenen Gegenstände auch ein Erlös erzielt werden.

 

Daß die gegenständliche Verkaufstätigkeit auch als selbstständig im Sinne der oben zitierten Bestimmung des §1 Abs2 GewO 1973 zu werten ist, dafür hat das durchgeführte Verfahren keinen sicheren Beweis erbracht. Selbstständigkeit im Sinne der Gewerbeordnung liegt nämlich vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Nun steht fest, daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt auch die Funktion des Obmannes des Vereins "zur Unterstützung minderbemittelter T              " bekleidet hat, und dieser Verein über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügt hat. Aufgrund der Beweisergebnisse kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß der Berufungswerber den erzielten Gesamterlös dem besagten Verein zur Verfügung gestellt hat bzw überhaupt für den Verein agiert hat.

 

Abgesehen von diesen Erwägungen stellt sich im vorliegenden Zusammenhang aber auch die Frage, ob das Anbieten von Gegenständen aus dem Privatvermögen bzw -besitz überhaupt den Gegenstand eines Handelsgewerbes bilden kann. Das Ausüben eines Handelsgewerbes umfaßt schon begrifflich das Ankaufen von Waren zum Zwecke der Weiterveräußerung. Wenn nun die zum Verkauf angebotenen Gegenstände - wie im vorliegenden Fall - zum Eigengebrauch angeschafft oder hergestellt wurden bzw schon vor längerer Zeit erstanden worden sind, kann wohl ein solcher Zusammenhang zwischen An- und Verkauf nicht mehr gesehen werden. Daß zumindest einzelne der angebotenen Gegenstände zum Zwecke der Weiterveräußerung auf einem Flohmarkt erstanden worden sind, dafür hat das erstinstanzliche wie auch das Berufungsverfahren keinen Anhaltspunkt erbracht.

 

Die Behörde erster Instanz konnte daher nicht zu Recht davon ausgehen, daß der Berufungswerber das im Spruch näher beschriebene Anmeldungsgewerbe ausgeübt hat. Ein derartiger Vorwurf konnte aus den dargestellten Gründen nicht erwiesen werden.

 

Ergänzend wird noch angemerkt, daß im Spruch des angefochtenen Bescheides die Bestimmung des §366 Abs1 Z2 GewO 1973 als Übertretungsnorm zitiert wird; bei einer Anlastung der unbefugten Ausübung eines Anmeldungsgewerbes lautet die Übertretungsnorm richtig "§366 Abs1 Z1 GewO 1973".

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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