TE UVS Niederösterreich 1992/06/05 Senat-BN-92-041

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Veröffentlicht am 05.06.1992
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 6.000,-- auf S 5.000,-- herabgesetzt wird.

Gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl Nr 52/1991 hat der Berufungswerber dem Land NÖ einen Betrag von S 500,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz binnen zwei Wochen zu bezahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 2.3.1992, Zl xx, wurde über Herrn J      S    , geb 8.9.19xx, eine Geldstrafe von S 6.000,-- (sechstausend), im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen verhängt. Angelastet wurde ihm, daß er als Arbeitgeber der schriftlichen Aufforderung des Arbeitsinspektorates xx vom 13.12.1991, Zl xx nicht nachgekommen ist, die angeforderten Unterlagen (Verzeichnisse über die an die Lenker ausgegebenen Fahrtenbücher, Fahrtenbücher bzw Durchschriften der Wochenberichtsblätter der Monate Oktober, November, Dezember 1991 und die dazugehörigen Diagrammscheiben der Monate Oktober, November, Dezember 1991 jeweils von allen Lenkern) bis längstens 21. Jänner 1992 dem zuständigen Arbeitsinspektorat vorgelegt zu haben.

Damit habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach §17/3 Arbeitszeitgesetz, BGBl Nr 461/1969 (AZG) iVm §28/1 AZG und §5 der Fahrtenbuchverordnung, BGBl Nr 461/1975 begangen, weshalb die angeführte Strafe nach §28 AZG zu verhängen gewesen sei.

 

Im Rahmen einer Niederschrift vom 11.3.1992 vor der Bezirkshauptmannschaft xx hat der Beschuldigte gegen dieses Straferkenntnis Berufung hinsichtlich der Strafhöhe erhoben. Er stellte nicht in Abrede, die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Unter anderem verwies der Berufungswerber in seinem Rechtsmittel auf seinen damaligen angegriffenen Gesundheitszustand, die schlechte wirtschaftliche Lage seines Betriebes und seine bisherige Unbescholtenheit.

Abschließend ersucht er von einer Bestrafung abzusehen, und - wenn dies nicht möglich - wenigstens eine spürbare Herabsetzung der verhängten Höhe der Strafe vorzunehmen.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs hat das zuständige Arbeitinspektorat mit Schreiben vom 2.4.1992 den Antrag gestellt, die beantragte Strafhöhe zu bestätigen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu folgendes erwogen:

 

Vorrangig ist zu prüfen, ob das eingebrachte Rechtsmittel als Vollberufung oder lediglich als Berufung gegen die Strafhöhe zu werten ist. Dazu ist der formulierte Berufungsantrag heranzuziehen. In diesem wird wörtlich ersucht, von einer Strafe Abstand zu nehmen, und wenn dies nicht möglich sein sollte, die Strafe wenigstens spürbar zu mildern. In der Begründung dieses Antrages wird im wesentlichen auf den herabgesetzten Gesundheitszustand des Berufungswerbers und die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens Bezug genommen. Die angelastete Tat selbst wird nicht in Abrede gestellt. Da somit der Tatvorwurf selbst nicht bestritten wird, war daher unter Berücksichtigung der Formulierung des Berufungsantrages das gegenständliche Rechtsmittel als Berufung zu werten, die sich ausschließlich gegen die Strafhöhe richtet. Dabei verkennt der  Unabhängige Verwaltungssenat nicht, daß trotz der Formulierung "von einer Bestrafung abzusehen" nicht ausschließlich die Anwendung der Bestimmung des §21 Abs1 VStG (Absehen von einer Strafe) beantragt worden ist, sondern, wie sich aus der Berufungsbegründung ergibt, die verhängte Strafe als zu hoch empfunden wurde (vgl "die Strafe wenigstens spürbar zu mildern").

 

Von diesen Erwägungen ausgehend ist festzuhalten, daß der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses damit in Rechtskraft erwachsen und die angelastete Tat bzw Unterlassung als erwiesen anzusehen ist.

 

Hinsichtlich der beantragten Anwendung des §21 Abs1 VStG war folgendes abzuwägen:

 

Gemäß §21 Abs1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Zur Frage, ob die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, ist anzumerken:

Durch die Kontrolle der Fahrtenbücher, Wochenberichtsblätter und der Diagrammscheiben soll die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften sichergestellt werden. Durch die Nichtvorlage dieser Arbeitszeitaufzeichnungen an die Arbeitsinspektion wird eine wirksame Vollziehung des Arbeitszeitgesetzes vereitelt. Durch die Einhaltung der Dauer der Lenkzeit, sonstiger Arbeitsleistungen, der Arbeitsbereitschaft, der Ruhepausen und der Ruhezeiten sollen insbesondere Lenker und Beifahrer vor Übermüdung im Straßenverkehr geschützt werden. Aber auch die Öffentlichkeit hat ein großes Interesse an der Einhaltung dieser Vorschriften (Vermeidung von Unfällen wegen Übermüdung). Da durch die Nichtvorlage der im gegenständlichen Verfahren geforderten Unterlagen die Kontrolle der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht möglich war, kann im vorliegenden Fall nicht davon gesprochen werden, daß die Folgen der angelasteten Übertretung als unbedeutend zu qualifizieren sind.

Für die Anwendung des §21 Abs1 VStG war daher schon aus diesem Grund kein Raum gegeben.

Zu der in der Berufung ebenfalls angesprochenen Frage der Herabsetzung der verhängten Geldstrafe war folgendes zu berücksichtigen:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Wie bereits oben angeführt, soll durch die Einhaltung der im gegenständlichen Fall übertretenen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes und der Fahrtenbuchverordnung eine wirksame Kontrolle der zum Schutz der Lenker und Beifahrer und darüberhinaus der Allgemeinheit normierten Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes gewährleistet werden. Durch die Nichtvorlage der vom Arbeitsinspektorat geforderten Unterlagen ist es zu einer Gefährdung der vom Gesetz geschützten Interessen gekommen. Die gegenständliche Tat bzw Unterlassung hat im übrigen auch zur Folge, daß die Arbeitsinspektion dem Gesetzesauftrag auf Kontrolle der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften nicht nachkommen konnte.

 

Gemäß §19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen und sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse eines Beschuldigen bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Behörde erster Instanz hat bei der Strafbemessung als mildernd das Geständnis und das bisherige Straflosigkeit des Berufungswerbers gewertet, erschwerendes Faktum lag keines vor.

 

Bei einem Strafrahmen von S 300,-- bis S 6.000,-- bzw Arrest von 3 Tagen bis zu 6 Wochen wurde im vorliegenden Fall die höchste mögliche Geldstrafe verhängt.

 

Aus den Strafvormerkungen der Behörde erster Instanz ist zu entnehmen, daß es sich im vorliegenden Fall um die erste Bestrafung wegen einer Übertretung nach dem Arbeitszeitgesetz handelt. Dieser Umstand und nicht zuletzt auch die durchaus glaubhaft dargestellte Situation im Betrieb zum damaligen Zeitpunkt sowie die im Berufungsschreiben zum Ausdruck kommende Schuldeinsicht lassen es den Unabhängigen Verwaltungssenat gerechtfertigt erscheinen, die verhängte Strafe herabzusetzen. Wie sich aus den von der Behörde erhobenen Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten ergibt, bezieht der Berufungswerber derzeit ein monatliches Einkommen von rund S 8.000,-- bis S 10.000,--, ist im Besitz eines Hauses und hat keine weiteren Sorgepflichten. Im Hinblick auf die nicht unbedeutende Gefährdung der vom Gesetz geschützten Interessen war eine deutliche Reduzierung der verhängten Geldstrafe nicht möglich. Die so festgesetzte Geldstrafe von S 5.000,-- erscheint aber auch letztlich unter der Annahme, daß der Berufungswerber nur ein unterdurchschnittliches Einkommen bezieht, gerechtfertigt. Andererseits geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß die verhängte Geldstrafe den Beschuldigten in Hinkunft von gleichgelagerten Verhaltensweisen abhalten wird und durch die Höhe der Bestrafung eine generalpräventive Wirkung erzielt wird. Unter Berücksichtigung all dieser Gründe war daher die Strafe so festzusetzen, daß sie, wenn auch in einem geringeren Ausmaß, unter der im Gesetz vorgesehenen höchsten Geldstrafe liegt.

 

Gemäß §51e Abs2 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil sich die gegenständliche Berufung ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichtet hat und eine solche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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