TE UVS Stmk 1992/08/03 30.7-121/92

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Veröffentlicht am 03.08.1992
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Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 45 Abs 1 Z 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird der Berufung des Herrn R.Sch., 8020 Graz, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K. und Dr. W., G., gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 28.8.1991, GZ.: III/St-35.103/90Folge gegeben,

der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 28.8.1991, GZ.: III/St-35.103/90 wurde der Berufungswerber zu einer Geldstrafe von S 600,-- , im Uneinbringlichkeitsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt einem Tag verurteilt. Als strafbare Verwaltungsübertretung wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, am 31.12.1990 um 24.00 Uhr in G., P. Gasse 7, pyrotechnische Gegenstände der Klasse II im Ortsgebiet von G., - Knallkörper - verwendet zu haben, obwohl dies verboten ist. Er habe dadurch § 4 Abs 4 des Pyrotechnikgesetzes verletzt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides werden die Zeugenaussagen von L. und D. zitiert, wonach diese gesehen hätten wie der Beschuldigte auf seinem Grundstück einen Gegenstand entzündete und auf das Nachbargrundstück über den Zaun in Richtung des Anzeigers geworfen hätte.

In seiner durch die bevollmächtigten Vertreter eingebrachte Berufung, welche am 17.9.1991 - also rechtzeitig - zur Post gegeben wurde, begehrt der Berufungswerber die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Begründung, er habe die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen.

Die gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständige Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder als verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Gemäß § 31 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen ist. Diese Verjährungsfrist beträgt im gegenständlichen Fall sechs Monate und ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl.). Gemäß § 44 a Z 1 VStG ist die als erwiesen angenommene Tat in so konkretisierter Umschreibung dem Beschuldigten vorzuwerfen, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Die Tat muß hinsichtlich des Täters in den Tatumständen so genau umschrieben sein, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat z.B. nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Im konkreten Fall ist festzustellen, daß der Tatvorwurf "Sie haben pyrotechnische Gegenstände der Klasse II im Ortsgebiet von Graz verwendet - Knallkörper -, obwohl dies verboten ist.", keines dieser Kriterien erfüllt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur ausgesprochen hat, genügt nicht die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen, sondern es muß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände genau beschrieben sein. Wenn also § 4 Abs 4 des Pyrotechnikgesetzes 1974 (BGBl Nr 282/1974) bestimmt, daß die Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen der Klasse II im Ortsgebiet" verboten ist, und die belangte Behörde den oben angeführten Wortlaut verwendet, so läßt der Spruch die vom Verwaltungsgerichtshof geforderte Konkretisierung vermissen. Auch in der Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren vom 21.2.1991, die als erste Verfolgungshandlung zu werten wäre, wie auch im angeführten Straferkenntnis vom 28.8.1991 geht durch die genannte Formulierung nicht hervor, welche konkreten Gegenstände der Berufungswerber verwendet hat, um deren Einordnung in die Klasse II von pyrotechnischen Gegenständen vornehmen zu können. Da somit eine Konkretisierung der Tat gemäß § 44 a Z 1 VStG nicht vorliegt, erweist sich das Straferkenntnis als rechtswidrig. Es war daher im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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