TE UVS Wien 1992/08/12 03/31/598/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.08.1992
beobachten
merken
Beachte
Abweisung der Beschwerde durch den VwGH, Zl 92/02/0292 vom 24.2.1993 Betreff

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der BW ua für schuldig erkannt, er habe es unterlassen, nach ursächlicher Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, diesen Vorfall ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden. Der UVS stellte als Sachverhalt fest, daß der BW als Lenker eines Senkgrubenwagens einer Magistratsabteilung sowie der Lenker eines weiteren KFZ um 11.10 Uhr an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt waren. Es kam zwar zu einem Gespräch zwischen den Lenkern, jedoch zu keinem gegenseitigen Identitätsnachweis. Der BW verblieb am Unfallort und informierte per Funk seine Dienststelle, von wo aus zwei Bedienstete zum Unfallsort kamen, die Daten für einen Unfallbericht erhoben und erst danach um 11.50 Uhr am Wachzimmer polizeiliche Meldung erstatteten. Der BW begab sich persönlich nicht zur Polizeidienststelle.

Der UVS gab der Berufung in der Schuldfrage keine Folge, sah aber gem §21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe ab und erteilte eine Ermahnung.

Der BW focht die Entscheidung mittels Beschwerde beim VwGH an, wobei er im wesentlichen vorbrachte, er sei dienstrechtlich zur Meldung des Verkehrsunfalles verpflichtet gewesen und es sei ihm das Aufsuchen der nächsten Polizeidienststelle keinesfalls möglich gewesen. Es sei daher auch die dienstrechtliche Regelung im Bereich des Magistrates der Stadt Wien (Verständigung eines Einsatzfahrzeuges des Magistrates, welches sodann die nötigen Verrichtungen durchführe) sowohl rechtlich gedeckt als auch sinnvoll. Auch sei im konkreten Fall von der Entfernung des gegnerischen Fahrzeuglenkers vom Unfallsort an keine Minute ungenützt verstrichen: Nach kurzer Zeit sei das Einsatzfahrzeug des Magistrates eingetroffen, sodaß die Unfallaufnahme an Ort und Stelle habe erfolgen können. Die aufnehmenden Beamten hätten sich danach sofort zur nächstgelegenen Polizeidienststelle begeben, um die ordnungsgemäße Meldung durchzuführen. Selbst bei strengster Auslegung des Begriffes "unverzüglich" im Sinne des §4 Abs5 StVO könne ihm eine Verspätung oder ein strafrechtich relevantes Verhalten nicht vorgeworfen werden.

Der VwGH wies die Beschwerde im Sinne der Entscheidung des UVS-Wien als unbegründet ab.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Schnizer-Blaschka über die Berufung des Herrn T vom 30.7.1991, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 11.7.1991, Zl Pst 10.546-Ls/90, wegen Übertretungen der §§ 1) 4 Abs1 lit. c, 2) 4 Abs5 StVO 1960, wie folgt entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung hinsichtlich Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatzeit "5.12.1990" und die Strafsanktionsnorm "§99 Abs3 litb StVO" lautet.

Gemäß §21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

Hingegen wird der Berufung hinsichtlich Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß §66 Abs4 AVG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z2 VStG eingestellt.

Gemäß §65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

I. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe am "5.12.1991 um 11.10 Uhr in Wien, Splatz, als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen W-74 es unterlassen, nach einer Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden 1) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, 2) diesen Vorfall ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden".

Hiedurch habe er zu 1) §4 Abs1 litc StVO und zu 2) §4 Abs5 StVO verletzt, weswegen über ihn Geldstrafen, und zwar zu 1) gemäß §99 Abs2 lita StVO S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 90 Stunden) sowie zu 2) gemäß "§99 Abs2 litb StVO" S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) verhängt und ihm jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung.

II. Auf Grund des Berufungsvorbringens wird vor dem Hintergrund der Aktenlage folgender Sachverhalt festgestellt:

Am 5.12.1990 um 11.10 Uhr ereignete sich in Wien, S-platz, ein Verkehrsunfall, an dem der Berufungswerber als Lenker des Senkgrubenwagens einer Magistratsabteilung mit dem Kennzeichen W- 74 sowie der Lenker eines weiteren Fahrzeuges ursächlich beteiligt waren. Es kam in der Folge zwischen den beiden Lenkern zu einem kurzen Gespräch, doch erfolgte kein gegenseitiger Identitätsnachweis.

Unmittelbar nach dem Vorfall verblieb der Berufungswerber am Unfallort und informierte per Funk seine Dienststelle, von wo aus zwei Bedienstete zum Unfallsort kamen, die Daten für einen Unfallbericht erhoben und danach um 11.50 Uhr am Wachzimmer polizeiliche Meldung über den Unfall erstatteten. Der Berufungswerber begab sich wegen dieses Verkehrsunfalles persönlich nicht zur Polizeidienststelle.

Diese Feststellungen stützen sich im wesentlichen auf das Berufungsvorbringen, das insofern mit der Aktenlage im Einklang steht. Aus diesem Grund konnte auch von den beantragten Zeugeneinvernahmen zum Beweis dieses Vorbringens in einem unmittelbaren Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien abgesehen werden.

Die Behörde erster Instanz hat auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet.

III. Rechtlich ergibt sich folgendes:

1a) Gemäß §4 Abs5 StVO haben jene Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichen Zusammenhang steht, dann, wenn nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Der Berufungswerber bestreitet weder seine ursächliche Beteiligung an dem Verkehrsunfall noch die Tatsache, daß es zu keinem Identitätsnachweis gekommen ist. Er vermeint aber, durch die um

11.50 Uhr erstattete polizeiliche Meldung durch Beamte seiner Dienststelle sei dem in §4 Abs5 StVO normierten Gebot Genüge getan worden.

Zunächst ist der Berufungswerber im Recht, wenn er ausführt, die besagte Meldung müsse nicht vom Lenker des beteiligten Fahrzeuges persönlich, sondern könne auch durch Boten erstattet werden (vgl hiezu bereits VwGH 19.11.1963, 961/62; 27.11.1978, 1345/78, und andere). Doch hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auslegung der Gesetzesstelle "ohne unnötigen Aufschub" nach strengen Gesichtspunkten zu erfolgen (vgl etwa VwGH 25.9.1974, 751/74; VwGH 19.9.1984, 83/03/0358, und andere).

Im Berufungsfall hat der Berufungswerber, nachdem ein Identitätsnachweis nicht erfolgt ist, nicht sofort die nächste Polizeidienststelle verständigt, sondern zunächst per Funk seine eigene Dienststelle informiert. Erst die später eingetroffenen Beamten haben nach Durchführung eigener Erhebungen etwa 40 Minuten nach dem Unfall die polizeiliche Meldung erstattet. Im Lichte der oben zitierten Judikatur wäre der Berufungswerber aber - ungeachtet allfälliger anderslautender innerdienstlicher Anweisungen - verpflichtet gewesen, allenfalls telefonisch (vgl VwGH 14.2.1985, 85/02/0120) die besagte Meldung zu erstatten oder unverzüglich von seiner Dienststelle erstatten zu lassen, um von einem unnötigen Aufschub sprechen zu können.

Da er dies unterließ, war sein Verhalten tatbestandsmäßig, weswegen das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt in der Schuldfrage zu bestätigen ist.

Die Änderungen im Spruch dienen der Berichtigung.

b) Gemäß §21 Abs1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Im Berufungsfall ist davon auszugehen, daß dem Beschuldigten nur leichte Fahrlässigkeit zur Last liegt, weil die polizeiliche Meldung zwar nicht unverzüglich, aber immerhin doch 40 Minuten nach dem Unfall erstattet wurde. Daher ist das Verschulden als geringfügig zu beurteilen, auch sind die Folgen der Übertetung unbedeutend.

Da dem Berufungswerber (zur Tatzeit) verwaltungsstrafrechtlich unbescholten war, scheint eine bescheidmäßige Ermahnung im Sinne des §21 VStG aus spezialpräventiven Gründen ausreichend, den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

2. Gemäß §4 Abs1 litc StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Zu diesem Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist in seiner Einvernahme am 17.5.1991 konkret lediglich zur Last gelegt, er habe es unterlassen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, "indem ich mich von der Unfallsstelle entfernte, ehe ich mit dem Zweitbeteiligten meine Daten ausgetauscht hatte" (VerwAkt Blatt 25). Demgegenüber wird in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses - im Einklang mit der übrigen Aktenlage - nunmehr ausgeführt, daß sich der Zeuge (gemeint: der am Verkehrsunfall Zweitbeteiligte) zu Recht von der Unfallstelle entfernt hätte, nachdem der Versuch zum Austausch des Nationales gescheitert gewesen sei. Die mangelnde Mitwirkung erblickte die Behörde erster Instanz offenbar nunmehr (erstmals) in dem Umstand, daß sich der Berufungswerber nicht persönlich zur Polizei begeben habe, um die Anzeige zu erstatten. Abgesehen davon, daß die Erstattung der besagten Meldung  - wie oben unter Punkt 1.a) ausgeführt - auch durch Boten erfolgen kann, ist dem Berufungswerber dieses Verhalten nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist angelastet worden, weswegen das Straferkenntnis in diesem Punkt schon aus diesem Grund zu beheben und das Verfahren einzustellen ist.

3. Diese Entscheidung konnte ohne die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen (§51e Abs2 VStG).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §65 VStG.

Schlagworte
Verkehrsunfall, Sachschaden, Meldepflicht, Aufschub unnötiger, Verschulden geringfügiges, Folgen unbedeutende;
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten