TE UVS Stmk 1993/01/11 UVS 30.10-10/92

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Veröffentlicht am 11.01.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat über die Berufung des Herrn H G, wohnhaft in G Nr. 13, I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 3.10.1991, GZ: 15.11-G 40-91/1, betreffend eine Übertretung des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe die Vorlage von Silage und Rauhfutter als Jagdausübender im Revierteil B der Gemeindejagd A i E 1.) auf dem Grundstück Nr. 517, KG G, Gemeinde A i E, im Bereich der sogenannten Sch-kehre und

2.) auf dem Grundstück Nr. 521, KG G, Gemeinde A i E, ca. 20 Meter oberhalb der bestehenden Rehwildfütterung

zu verantworten.

Die Kirrfütterungen seien anläßlich einer Kontrolle durch die Bezirksforstinspektion Stainach am 11.1.1991 festgestellt worden.

Hiedurch habe der Berufungswerber zwei Übertretungen des § 77 iVm § 50 Abs 4 Stmk. JagdG 1986 begangen und wurde gemäß § 77 leg.cit. eine Geldstrafe von je 1.000.-- (im Uneinbringlichkeitsfall je 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber insbesondere aus, daß er die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht begangen habe, er habe keine Köderfütterungen vorgenommen, und beantragte er daher die Einstellung des Strafverfahrens.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Sinne des § 51e Abs 1 VStG entfallen. Dem Berufungswerber wurde vorgeworfen, als Jagdausübender in dem bezughabenden Revierteil für die beiden unerlaubten Kirrfütterungen, von wem auch immer betrieben, verantwortlich zu sein und subsumiert die Behörde erster Instanz diese Tat unter § 50 Abs 4 Stmk. JagdG.

Gemäß § 50 Abs 4 Stmk. JagdG ist jedes Füttern von Rotwild außerhalb genehmigter Fütterungsanlagen, das Betreiben von Lockfütterungen sowie das Füttern von Gamswild verboten; Rehwildfütterungen sind, wo erforderlich, rotwildsicher einzuzäunen. In Notfällen können von der Bezirksverwaltungsbehörde Ausnahmen genehmigt werden. Der 1. Satz dieser Bestimmung enthält also ein allgemeines Fütterungsverbot von Rotwild außerhalb genehmigter Fütterungsanlagen sowie allgemein das Betreiben von Lockfütterungen, ohne einen bestimmten Adressaten dieses Verbotes zu nennen. Das Verbot richtet sich daher an jedermann und wird durch die Blankettstrafnorm des § 77 Stmk. JagdG unter Strafe gestellt. Für den Normunterworfenen muß bei Wahl einer Blankettstrafnorm der umschriebene Tatbestand so eindeutig gekennzeichnet sein, daß jeder berechtigte Zweifel über den Inhalt eines pflichtgemäßen Verhaltens ausgeschlossen ist. Ein Jagdausübender ist für eine Lockfütterung gemäß § 50 Abs 4 Stmk. JagdG jedenfalls nur dann verantwortlich, wenn er sie persönlich betreibt.

Das Verbot des § 50 Abs 4 Stmk. JagdG, nach dem das Betreiben von Lockfütterungen verboten ist, umfaßt auch das Gebot an den Jagdberechtigten, soweit ihm dies überhaupt möglich und zumutbar ist, jedwedes nicht wildgerechte Fütterin im Bereich von Fütterungsanlagen zu verhindern und für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wildstand und natürlichem Nahrungsangebot zu sorgen. Zur Auslegung des Absatzes 4 sind nämlich die im Absatz 1 des § 50 Stmk. JagdG angeführten Grundsätze heranzuziehen. Vorrangiges Ziel dieser jagdlichen Bestimmung zum Schutz der Kulturen ist es eben, für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Nahrungsangebot und dem Wildstand zu sorgen, wobei das Verbot des Fütterns von Rotwild außerhalb genehmigter Fütterungsanlagen, das Betreiben von Lockfütterungen sowie das Füttern von Gamswild als geeignetes Mittel zur Erlangung dieses Zieles gesehen wird. Dem Gesetz ist daher zu entnehmen, daß den Jagdberechtigten eine weitere Verantwortung trifft als andere Personen, sodaß der Jagdberechtigte jedenfalls dann wegen nicht wildgerechter Fütterungen im Bereich von Fütterungsanlagen gemäß § 50 Abs 1 JagdG herangezogen werden kann, wenn er es schuldhaft unterläßt, derartige Fütterungen durch dritte Personen abzuwehren.

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Umstände so genau zu umschreiben, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist, also die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Anziehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis des verstärkten Senates vom 13.6.1984, Slg 11466A).

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG wird somit dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmsverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfaßte, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.

Aus dem Spruch des Straferkenntnisses ist jedoch nicht zu entnehmen, daß dem Berufungswerber eine Handlung oder eine Unterlassung als erwiesen angenommene Tat angelastet wird. Das Straferkenntnis bringt lediglich zum Ausdruck, daß am 11.1.1991 eine unerlaubte Kirrfütterung in jenem Revier festgestellt wurde, in welchem der Berufungswerber Jagdausübender ist. In der Tatschilderung wird jedoch mit keinem Wort erwähnt, daß diese Kirrfütterung durch den Berufungswerber erfolgt sei, die Tat als solche wurde ihm weder vorgeworfen, noch nachgewiesen. Der Berufungswerber hat während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens bestritten, eine Köderfütterung vorgenommen zu haben und wurde selbst vom Forstfachreferat Stainach mit Schreiben vom 27.5.1991 ausgeführt, daß die Behauptung des Berufungswerbers, daß die Kirrung weder durch ihn selbst, noch von seinen Mitpächtern vorgenommen wurde, weder bestätigt noch widerlegt werden könne. Es wurde auch im durchgeführten Ermittlungsvefahren weder der zuständige Jagdpächter der Gemeindejagd A i E noch die Mitinteressenten bzw. Mitpächter oder der Grundbesitzer der bezughabenden Grundstücke zur Klärung des Sachverhaltes einvernommen.

Ebensowenig wurde im Spruch des Straferkenntnisses

ausgeführt, daß es der Berufungswerber trotz Möglichkeit und Zumutbarkeit unterlassen habe, eine nicht wildgerechte Fütterung im Bereich von Fütterungsanlagen von vornherein zu verhindern oder abzuwenden.

Da der Berufungswerber daher nie als Betreiber der Lockfütterung verfolgt wurde, ihm weder  Anstiftung oder Beihilfe zur Last gelegt wurde, und ihm auch nicht vorgeworfen wurde, es unterlassen zu haben, die Kirrfütterung zu verhindern, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre, fehlt im Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses somit ein essentielles Tatbestandsmerkmal im Sinne des § 44 a Z 1 VStG, und war ein weiteres Eingehen auf die in der Berufung vorgebrachten Einwände bzw. ein Ermittlungsverfahren daher nicht notwendig. Hinsichtlich der beiden verhängten Geldstrafen ist weiters auszuführen, daß bei der gegenständlichen Kirrfütterung ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang besteht, ein und dasselbe Delikt vorliegt, und vom deliktischen Verhalten zwischenzeitlich nicht Abstand genommen wurde. Es wäre daher nur eine Strafe für beide Übertretungen zur verhängen gewesen (VwGH v. 3.11.1981, 3523/80).

Da die erforderlichen Sachverhaltselemente innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG durch die von der Behörde vorzunehmende Verfolgungshandlung erfaßt sein müssen, war eine Sanierung des Mangels im nunmehrigen Verfahrensstand nicht mehr möglich, und daher das Strafverfahren einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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