TE UVS Niederösterreich 1993/02/12 Senat-KS-92-003

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Veröffentlicht am 12.02.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z1 VStG, BGBl Nr 52/1991, wird die Einstellung des Verfahrens verfügt.

Text

Mit einer Anzeige einer Privatperson wurde dem Beschuldigten als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten KFZ zur Last gelegt, am 13.11.1991 um 18,23 Uhr auf der Autobahn A  , Richtungsfahrbahn L   , ca 500 m vor der Ausfahrt B             den Anzeiger rechts überholend, die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich überschritten zu haben.

 

Der Angezeigte wurde, nachdem er einem Beschuldigten-Ladungsbescheid nicht nachgekommen war, ohne weitere Anhörung mit Straferkenntnis wegen der Übertretungen nach §15 Abs1 und §20 Abs2 StVO 1960 mit einer Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung. In dieser bringt der Berufungswerber vor, mit erlaubten 130 km/h in der zweiten Spur aufgeschlossen und wegen eines Bremsmanövers des Vordermannes auf den ersten Fahrstreifen gewechselt zu haben. An dem nun langsamer fahrenden Fahrzeug sei er vorbeigefahren.

 

Die Behörde erster Instanz hat den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Dieser hat in der am 8.2.1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung den Anzeiger und seinen Mitfahrer als Zeugen gehört und dem Beschuldigten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben.

 

Während der Anzeiger angegeben hat, als letztes Fahrzeug einer langen Kolonne gefahren zu sein, von der der Angezeigte drei bis fünf KFZ rechts überholt habe, hat der Beifahrer zu Protokoll gegeben, daß nur ein Fahrzeug vor dem des Anzeigers gefahren sei. Der Angezeigte habe, so der Anzeiger weiter, auf den ersten Fahrstreifen gewechselt und, obwohl bei Beginn der Steigung einzelne vor ihm fahrende Fahrzeuge "zurückgefallen" dh langsamer geworden seien, habe er mit Sicherheit die Geschwindigkeit des Angezeigten auf 180 bis 190 km/h schätzen können. Sein Beifahrer konnte zur Verringerung der Geschwindigkeit der "Kolonne" auf der Überholspur keine Angaben machen. Er hat die Geschwindigkeit des Angezeigten auf ca 150 km/h geschätzt.

 

Der Beschuldigte hat unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen und die divergierenden Zeugenaussagen den Antrag auf Einstellung des Verfahrens aufrechterhalten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Die Fahrgeschwindigkeit des Angezeigten ist während seines Herannahens vom Anzeiger durch Beobachtung im Rückspiegel über eine Strecke von 200 m und dann während der Vorbeifahrt bei Beginn einer Steigung und unter verkehrsbedingter Zurücknahme der Eigengeschwindigkeit ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel und ohne sichtbare Bezugspunkte geschätzt worden.

Auch einem Autofahrer mit relativ großer Fahrpraxis kann unter solchen Umständen eine zuverlässige Schätzung der Geschwindigkeit nicht zugebilligt werden, abgesehen davon legen die divergierenden Aussagen der Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung den Schluß nahe, daß die Wahrnehmungen des Anzeigers vor allem durch das "Rechtsüberholtwerden" emotionell beeinflußt waren. Ein "Kolonnenspringen", wie es hier angezeigt wurde, kann nicht als "Rechtsüberholen", sondern muß als Nebeneinanderfahren qualifiziert werden, bei dem allenfalls andere Vorschriften (zB §18 Abs1 oder §11 Abs1 StVO) verletzt werden und zu bestrafen sind (vgl VwGH 9.9.1983, 82/02/0256).

 

Die dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen können, wie dargelegt, nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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