TE Vfgh Beschluss 1998/11/17 B2020/98, B2021/98, B2022/98, B2023/98, B2024/98, B2025/98, B2026/98, B

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Veröffentlicht am 17.11.1998
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Index

25 Strafprozeß, Strafvollzug
25/02 Strafvollzug

Norm

StVG §16 f
StVG §32
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
StVG §120

Leitsatz

Abweisung von Verfahrenshilfeanträgen von Strafgefangenen bezüglich gegen die Gefangenenentlohnung im Hinblick auf die Gleichbehandlung in der EU gerichteter Eingaben als aussichtslos; Beschwerdemöglichkeiten im Rahmen des Strafvollzugs gegeben

Spruch

Die Anträge 1. ... bis 10. ... auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit selbstverfaßten, inhaltlich gleichlautenden Eingaben vom 24.10.1998 beantragen die Einschreiter die Beistellung eines Verfahrenshelfers und führen unter Berufung auf das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes vom 1. Juli 1998 über die Gefangenenentlohnung aus, für die Unterbringung während der Haft dürfe kein Entgelt für Essen, Schlafen und Bewachung abgezogen werden. Die Einschreiter beantragen die "Prüfung der vorliegenden Zustände, um eine Gleichbehandlung, wie sie in anderen Ländern der EU erfolgt, herzustellen." Die Einschreiter rügen das Ausmaß ihrer Arbeitsverpflichtung, das Fehlen von Kranken- und Unfallgeld sowie von Urlaub und die Tatsache, daß sie nicht in die Pensionsvorsorge einbezogen sind. Das Vorbringen der Einschreiter wird durch Erwägungen über den Zusammenhang zwischen Arbeitsmotivation und Rückfallsquote ergänzt.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtssprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, 13871/1994).

In VfSlg. 12260/1990 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß sich Strafgefangene gemäß §120 Strafvollzugsgesetz (StVG) gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren können. Die darüber ergehenden Entscheidungen können administrativ bekämpft und die letztinstanzliche Entscheidung beim Verwaltungs- oder beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Dies ist insoweit zu ergänzen, als für bestimmte Belange, wie etwa die Festsetzung des Vollzugskostenbeitrages eine Zuständigkeit des Vollzugsgerichtes besteht, dessen Entscheidung beim Oberlandesgericht bekämpft werden kann (§§16 f. iVm 32 StVG). Soweit die Einschreiter das Fehlen einer Kranken- und Unfallversicherung sowie einer Pensionsvorsorge rügen, bleibt ihnen eine Antragstellung nach den einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen und in weiterer Folge die Bekämpfung eines hierüber zu erlassenden Bescheides unbenommen. Somit steht aber den Einschreitern in jedem hier in Betracht kommenden Fall ein im vorerwähnten Sinne zumutbarer Weg offen, die Frage der Rechtmäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Der den Einschreitern offenbar vorschwebende Individualantrag auf Aufhebung von Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes oder allenfalls dazu ergangener Verordnungen wäre daher auch bei entsprechender Ausführung durch einen Anwalt mangels Vorliegens der Antragslegitimation zurückzuweisen. Eine andere Deutung des Vorbringens der Einschreiter ist im Rahmen des Katalogs der Arten von beim Verfassungsgerichtshof zu führenden Verfahren ausgeschlossen.

3. Da die von den Einschreitern begehrte Rechtsverfolgung sohin als offenbar aussichtlos im Sinn des §63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG erscheint, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Individualantrag, Auslegung eines Antrages, Strafvollzug, Beschwerderecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2020.1998

Dokumentnummer

JFT_10018883_98B02020_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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