TE UVS Niederösterreich 1993/03/02 Senat-ZT-91-045

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Veröffentlicht am 02.03.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, im Grundsatz keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch insoweit abgeändert, als

a)

der Tatort zu lauten hat: "Bezirkshauptmannschaft xx" und

b)

der Absatz über die Kosten des Strafvollzuges ersatzlos gestrichen wird.

 

Die Berufungswerberin hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe, wie am 3.5.1991 festgestellt wurde, auf der Parzelle Nr 55, KG H, einen ca 7 x 4 m großen Holzverschlag und somit eine Baulichkeit im Grünland errichtet und sie habe dies nicht acht Wochen vor Inangriffnahme des Bauvorhabens der Behörde angezeigt. Sie sei somit der Anzeigepflicht gemäß §5 Abs1 NÖ Naturschutzgesetz nicht nachgekommen.

Aufgrund dieser Übertretung wurde über die Berufungswerberin gemäß §24 Abs1 NÖ Naturschutzgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 37 Stunden) verhängt. Die Bestrafung erfolgte aufgrund einer Anzeige der Naturschutzabteilung der Bezirkshauptmannschaft xx. Der Tatbestand der der Berufungswerberin vorgeworfenen Übertretung wurde durch ein mit dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren verbundenes Ermittlungsverfahren als erwiesen angesehen. Die verhängte Geldstrafe erschien der Behörde erster Instanz unter Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin dem Verschulden angemessen.

 

In der fristgerecht erhobenen Berufung wurde im wesentlichen angeführt:

 

Es seien nur drei Säulen aufgestellt worden, die miteinander mit Holzstaffeln verbunden seien. Diese drei in einer Flucht stehenden Säulen seien an zwei Stellen mit Pfosten mit der bestehenden Scheune verbunden gewesen. Es sei richtig, daß diese im Grünland aufgestellt gewesen waren und daß keine Anzeige an die Behörde erfolgt wäre. Dies deshalb, weil die Berufungswerberin geglaubt habe, daß es sich nicht um eine Baulichkeit gehandelt hätte und da sie von dieser gesetzlichen Notwendigkeit nichts gewußt hätte. Die Berufungswerberin habe daher die ihr zur Last gelegte Übertretung nicht begangen und ersuche um Einstellung des Verfahrens.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat am 17. Februar 1993 an der Bezirkshauptmannschaft xx eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, die im wesentlichen folgendes Ergebnis hatte:

 

Zu Beginn der Verhandlung gab die Berufungswerberin folgende Erklärung ab:

An ihren persönlichen Verhältnissen hätte sich keine Änderung ergeben. Der Einheitswert ihres landwirtschaftlichen Betriebes, bei dem sie Alleineigentümerin sei und den sie selbst bewirtschafte, betrage rund S 37.000,--. Im übrigen verweise sie auf ihre Berufung. Ergänzend gebe sie bekannt, daß der gegenständliche Holzverschlag im Frühjahr 1991 einige Zeit vor der Kontrolle am 27. Mai 1991 aufgestellt worden sei, den genauen Zeitpunkt wisse sie heute nicht mehr.

 

Im Zuge des Beweisverfahrens wurde der Zeuge RI K einvernommen.

Dieser gab im wesentlichen folgendes an:

Er sei etliche Male auf dem Grundstück der Berufungswerberin, meistens im Zusammenhang mit Überprüfungsaufträgen der Bezirkshauptmannschaft, gewesen, die genauen Zeitpunkte wisse er heute nicht mehr. Der gegenständliche Holzverschlag sei im Anschluß an eine bestehende Scheune errichtet gewesen. Er habe, soweit er sich erinnern könne, aus Holzbrettern und einfachen Stehern bestanden, Dach habe er keines gehabt. Soweit er sich erinnern könne, lagen einige Bretter als Abdeckung oben. Bei späteren Überprüfungen habe er festgestellt, daß ein Teil des Verschlages entfernt worden sei, aber nicht zur Gänze. Der Verschlag sei im Anschluß an eine bestehende Scheune errichtet gewesen, nicht für sich alleine irgendwo im Grünland gestanden.

Die Berufungswerberin erklärte ergänzend, daß der Verschlag teilweise entfernt worden sei, es stehe noch eine Bretterwand im Ausmaß von ca 2 bis 3 m Länge, an welcher derzeit Brennholz in Form von Holzscheitern angeschlichtet sei.

 

Der Bausachverständige, DiplIng G G, gab folgendes Gutachten ab:

 

"Befund:

Der gegenständliche Holzverschlag wurde im Anschluß an eine bestehende ältere Scheune errichtet. Die Scheune selbst hat laut Auskunft der Berufungswerberin ein Ausmaß von etwa 20x7 m. Es handelt sich dabei um einen Altbestand in Holzbauweise mit Ziegeleindeckung. Die Scheune dient ua zum Einstellen des Traktors und landwirtschaftlicher Geräte. Zur Erleichterung der Manipulation mit den landwirtschaftlichen Maschinen vor allem im Sommer war vorgesehen eine Art Flugdach im Anschluß an die Scheune zu errichten. Die Höhe betrug geschätzterweise rund 2,5 m.

 

Diese Befundaufnahme gründet sich im wesentlichen auf die Auskünfte, die im Zuge der Verhandlung von der Berufungswerberin eingeholt wurden.

 

Gutachten:

Nach den technischen Erkenntnissen, wie sie ua in der Bauordnung für Niederösterreich dargestellt sind, sind unter Baulichkeiten alle jene Vorhaben zu verstehen, für deren Herstellung oder Errichtung fachliche Kenntnisse erforderlich sind. Grundsätzlich wird zwischen Baulichkeiten und Gebäuden unterschieden. Gebäude sind selbstverständlich immer Baulichkeiten, weil man sich für die Errichtung auch besonderer Fachleute zu bedienen hat. Unter dem Sammelbegriff Baulichkeiten versteht man ua auch Einfriedungen, Brunnen, Kanäle, Senkgruben, Werbeanlagen und dergleichen. Ein weiteres Kriterium für eine Baulichkeit ist die kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden und damit verbunden eine gewisse Standsicherheit. Im gegenständlichen Fall wurde der Verschlag so hoch und so groß ausgeführt, daß man auf Windkräfte in jedem Fall Rücksicht nehmen mußte. Daher wurde der Verschlag mit der angrenzenden Scheune kraftschlüssig verbunden. Letztlich gilt alles das als Baulichkeit, was auch optisch auffällig in Erscheinung tritt. Dies ist beim genannten Verschlag mit Sicherheit der Fall gewesen."

 

Abschließend erklärte die Berufungswerberin, daß sie der Meinung gewesen sei, es habe sich bei dem Verschlag nicht um eine Baulichkeit gehandelt. Der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft xx beantragte die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund des durchgeführten Verfahrens, insbesondere der öffentlichen mündlichen Verhandlung, steht folgender Sachverhalt fest:

Die Berufungswerberin hat (in einem nicht näher bestimmten Zeitraum im Frühjahr 1991), wie anläßlich einer Kontrolle am 3.5.1991 im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft xx durch ein Organ des Gendarmeriepostens x festgestellt wurde, auf der Parzelle Nr 55 KG H einen ca 7x4 m großen Holzverschlag im Grünland errichtet. Sie ist der Anzeigepflicht gemäß §5 Abs1  NÖ Naturschutzgesetz nicht nachgekommen, da sie nicht 8 Wochen vor Inangriffnahme des Bauvorhabens dies der Behörde angezeigt hat.

 

Die Parzelle Nr 55 der KG H war im Tatzeitraum als Grünland - Landwirtschaft gewidmet.

 

In der Zwischenzeit, dh bis zum Verhandlungstag am 17. Februar 1993 wurde bis auf einen Teil der Rückwand der Holzverschlag entfernt.

 

Zu diesen Feststellungen kommt der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung und hier wieder aufgrund der glaubwürdigen und in sich widerspruchsfreien Aussagen des Zeugen RevInsp K, sowie aufgrund des Gutachtens des Bausachverständigen Ing G G und der Ausführungen der Berufungswerberin. Die Berufungswerberin gibt zu, den Holzverschlag errichtet zu haben, bestreitet jedoch, daß es sich hiebei um eine Baulichkeit handelt. Dies wird jedoch durch das Gutachten des Bausachverständigen eindeutig widerlegt. Die Ausführungen des Amtssachverständigen sind gegliedert in Befund und Gutachten, begründet und es bestehen gegen ihre Schlüssigkeit keine Bedenken. Die Berufungswerberin selbst bestätigte, daß sie den Holzverschlag errichtet hat.

 

In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

 

§5 Abs2 NÖ Naturschutzgesetz, LGBl 5500-3, besagt, daß die Errichtung von Baulichkeiten sowie die Vornahme von Zu- und Umbauten einer Anzeige an die Behörde 8 Wochen vor Inangriffnahme des Vorhabens bedürfen. Zur Anzeige ist der Berechtigte verpflichtet. Wer gegen diese Bestimmung verstößt, ist gemäß §24 Abs1  legcit mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- oder mit Arrest bis zu drei Monaten zu bestrafen.

Bei dem gegenständlichen Holzverschlag handelt es sich um eine Baulichkeit im Grünland im Sinne des NÖ Naturschutzgesetzes. Der Argumentation der Berufungswerberin, daß, selbst wenn sie gewußt hätte, daß es sich hiebei um eine Baulichkeit handelt, sie nicht gewußt hätte, daß diese 8 Wochen vor Inangriffnahme bei der Behörde anzeigepflichtig gewesen wäre, ist folgendes entgegenzusetzen:

 

Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist, und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (§5 Abs2 VStG).

 

Hinsichtlich des Verschuldens bei Verwaltungsübertretungen bestimmt §5 Abs1 VStG, daß zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, sofern eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die Berufungswerberin konnte nicht glaubhaft darlegen, daß die von ihr behauptete Gesetzesunkenntnis unverschuldet ist, weshalb die angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen ist.

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung der durch das Gesetz geschützten Interessen war erheblich, da es sich doch um ein Objekt in der Größe von 7 x 4 m handelte, welches ohne die im Gesetz vorgeschriebene vorangegangene 8-wöchige Anzeigepflicht, in der die Behörde gestaltend eingreifen hätte können, errichtet worden und über einen längeren Zeitraum verbotenerweise im Grünland aufgestellt war.

 

Selbst unter der Annahme, daß die Berufungswerberin, die keine Sorgepflichten hat und einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 11,5 ha, der einen Einheitswert von S 37.000,-- hat, besitzt, ein geringes Monatseinkommen von ungefähr S 2.400,-- zur Verfügung hat, scheint es der Behörde unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Gesetzgeber eine Strafhöhe bis zu S 50.000,-- vorgesehen hat, doch notwendig, die erlassene Strafe zu bestätigen.

 

Weiters ist auszuführen, daß ein Erschwerungsgrund durch das Vorliegen einer einschlägigen Verwaltungsvorstrafe gegeben ist, hingegen konnten keine Milderungsgründe festgestellt werden.

 

Bei der Bemessung der Strafe ist letztendlich auch davon auszugehen, daß diese geeignet sein soll sowohl die Beschuldigte als auch andere Personen künftig von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Die Änderung des Spruches war notwendig, um das Tatbild dem Ergebnis des Berufungsverfahrens anzupassen und rechtlich möglich, da die Tat selbst im wesentlichen im Spruch des Straferkenntnisses richtig beschrieben und somit innerhalb der Verjährungsfrist der Berufungswerberin zur Kenntnis gebracht wurde (der Tatort war richtig zu stellen, da die unterlassene Meldung bei der Bezirkshauptmannschaft xx erstattet hätte werden müssen).

 

Die Änderung des Spruches durch die Streichung der Bestimmungen über die Vorschreibung der Kosten des Strafvollzuges war notwendig, da es sich bei der gestrichenen Bestimmung um eine kraft Gesetzes geltende Regelung handelt.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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