TE UVS Niederösterreich 1993/03/09 Senat-SB-91-053

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, betreffend Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid in diesem Umfang vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 2.200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Im Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 7. Juni 1991 um 21,50 Uhr die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert, obwohl er das Fahrzeug PKW

    am 7. Juni 1991 in der Zeit zwischen 19,15 und 19,30 Uhr auf der B x im Gemeindegebiet G gelenkt hatte und vermutet werden konnte, daß er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Es wurde daher wegen einer Übertretung nach §99 Abs1 litb StVO 1960 iVm §5 Abs2 StVO 1960 eine Geldstrafe gemäß §99 Abs1 litb leg cit von S 11.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.

 

Die Bestrafung erfolgte aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostens L vom 10.6.1991 sowie aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Zur Behauptung des Berufungswerbers, er sei nach dem Verkehrsunfall unter Schockeinwirkung gestanden, wodurch die Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Alkotestverweigerung nicht gegeben war, wurde festgestellt, daß ein sogenannter "Unfallschock" nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmesituationen entschuldigen könne; ein bloßer Unfallschreck und die aktive Erschütterung als häufig anzutreffende Reaktion auf einen verschuldeten Verkehrsunfall begründen für sich allein noch keine Zurechnungsunfähigkeit, vor allem zielgerichtetes Handeln nach dem Verkehrsunfall, wie Alkoholgenuß nach dem Unfall zur Verschleierung des Schuldanteils, spreche gegen eine Zurechnungsunfähigkeit.

 

Die Strafe wurde unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens festgelegt und schien dem Verschulden angemessen. Mildernd wurde kein Umstand gewertet, erschwerend hingegen das Vorliegen einer einschlägigen Verwaltungsvorstrafe.

 

In der fristgerecht erhobenen Berufung wurde im wesentlichen angeführt:

 

Das Einschreiten der Gendarmeriebeamten sei fast drei Stunden nach dem gegenständlichen Vorfall gewesen und die Überprüfung der Atemluft hätte kein entsprechendes Ergebnis gebracht. Es sei daher die Aufforderung an den Berufungswerber zu richten gewesen, ob er zu einer Blutabnahme seine Zustimmung erteile. Die Überprüfung der Atemluft hätte zwar ein Ergebnis über den aktuellen Alkoholwert der Atemluft ergeben, jedoch hätte keinesfalls mit der notwendigen Genauigkeit eine entsprechende Rückrechnung durchgeführt werden können. Der Berufungswerber habe daher diese Verwaltungsübertretung nicht begangen und beantrage der Berufung Folge zu geben und das gegen ihn laufende Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen sowie für den Fall, daß keine Folge gegeben werde, die schuldangemessene Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ als Berufungsbehörde wie folgt erwogen:

 

Zunächst wird festgestellt, daß sich die gegenständliche Berufungsentscheidung lediglich auf Spruchteil 2 des angefochtenen Straferkenntnisses (Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt) bezieht.

Für Spruchteil 1 (Nichtmitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes durch Nachtrunk) ergeht eine gesonderte Entscheidung, da aufgrund der für diese Übertretung verhängten Strafe (nicht über S 10.000,--) die Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes gegeben ist.

 

Aufgrund der Aktenlage steht folgender unbestrittener Sachverhalt fest:

Herr E F lenkte am 7. Juni 1991 abends auf der B x im Gemeindegebiet G ein Kraftfahrzeug. Hiebei kam er in der Höhe Rotte S von der Fahrbahn ab und beschädigte eine Einrichtung zur Sicherung des Verkehrs (Leitschiene). Anschließend begab sich der Berufungswerber nach Hause und nahm dort eine nicht näher bestimmte Menge Alkohol zu sich. Er wurde um 21,50 Uhr im Haus      L, K Sstraße 8, von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert sich einem Alkotest zu unterziehen. Diese Aufforderung hat der Berufungswerber verweigert.

 

Seitens des Berufungswerbers wird lediglich der genaue Zeitpunkt des Lenkens seines PKWs bestritten. In der Berufung wird dieser Zeitpunkt mit "gegen 19,00 Uhr" angegeben, die Erstbehörde ging von "zwischen 19,15 Uhr und 19,30 Uhr" aus.

 

Die Tatsache, daß Alkoholisierungsmerkmale (gerötete Augenbindehäute, Alkoholgeruch der Atemluft) vorlagen, wird ebenfalls nicht bestritten, ebensowenig das Lenken eines Kraftfahrzeuges und die Berechtigung der Vermutung der Alkoholisierung beim Lenken.

 

Gemäß §5 Abs2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

 

Strittig ist die Frage, ob eine Aufforderung um 21,50 Uhr des 7. Juni 1991 noch berechtigt war, da dieser Zeitpunkt laut Ansicht des Berufungswerbers fast drei Stunden nach dem Unfall lag. Nach den Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis erfolgte das der Aufforderung vorangegangene Lenken eines Kraftfahrzeugs durch den Berufungswerber am 7. Juni 1991 in der Zeit zwischen 19,15 Uhr und 19,30 Uhr. Er selbst behauptet in seiner Berufung, der Vorfall habe sich nach seiner Erinnerung gegen 19,00 Uhr ereignet. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ist aber eine Beweisaufnahme zur Klarstellung dieser geringfügigen Zeitdifferenz nicht notwendig. Selbst wenn man zugunsten des Berufungswerbers davon ausgeht, daß der Vorfall tatsächlich gegen 19,00 Uhr war, ergibt sich zwischen diesem Zeitpunkt und dem Zeitpunkt der Aufforderung ein Zeitraum von knapp drei Stunden.

 

Die Aufforderung zur Vornahme des Alkotests ist noch so lange nach Beendigung des Lenkens zulässig, als ein brauchbares Ergebnis erwartet werden kann (VwGH 23.11.1978, ZVR 1979/271; 13.3.1979, ZVR 1980/52 ua).

 

Es liegen keinerlei sachlich begründete Umstände vor, die einem verwertbaren Ergebnis entgegengestanden wären, zumal die Zeitdifferenz zwischen Lenken und Aufforderung weniger als drei Stunden betragen hat. Eine Rückrechnung durch einen Sachverständigen wäre problemlos möglich gewesen. Umstände hingegen, die eine Verfälschung des Ergebnisses bewirken hätten können, sind der Aktenlage nicht zu entnehmen und wurden vom Berufungswerber auch nicht behauptet.

 

Nach der zur dieser Thematik ergangenen Judikatur darf die Aufforderung zum Alkotest auch noch fünf Stunden nach dem Lenken erfolgen (VwGH 12.11.1970, 205/70 ua).

 

Demzufolge ist nach Ansicht der Berufungsbehörde zweifelsfrei davon auszugehen, daß für den Berufungswerber zur Tatzeit der Verweigerung, somit innerhalb eines Zeitraumes von knapp drei Stunden nach dem Lenken, sehr wohl die Verpflichtung bestand, sich einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkohol zu unterziehen.

 

Dazu ist noch zu sagen, daß es bei Vorliegen der Voraussetzungen des §5 Sache der Behörde oder ihrer Organe ist, darüber zu entscheiden, ob eine Blutprobe oder ein Alkotest durchgeführt werden soll. Dem betreffenden Fahrzeuglenker steht kein Wahlrecht bezüglich der Untersuchung der Atemluft, ärztlicher Untersuchung und Blutprobe zu (VwGH 17.10.1966, 810/66, ZVR 1967/84). Ein näheres Eingehen auf die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungswerbers, wonach mit Rücksicht auf den verstrichenen Zeitraum eine Blutabnahme verlangt hätte werden sollen, erübrigt sich daher.

 

Aufgrund des Verfahrens insbesondere der Angaben des Berufungswerbers selbst ist erwiesen, daß er die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Zum Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung der durch das Gesetz geschützten Interessen ist auszuführen, daß diese Schädigung durchaus erheblich war. Erfahrungsgemäß kommt es durch alkoholisierte Lenker immer wieder zu schwersten Verkehrsunfällen. Es ist daher notwendig, daß die Behörde jederzeit bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Möglichkeit hat, zu überprüfen, ob ein Fahrzeuglenker alkoholisiert ist oder nicht. Dies hat der Berufungswerber durch seine Weigerung verhindert.

 

Sonstige nachteilige Folgen hat die Tat nicht nach sich gezogen.

 

Da der Berufungswerber der direkt an ihn gerichteten Aufforderung nicht entsprach, hat er vorsätzlich gehandelt. Bei der Strafbemessung ist letztendlich davon auszugehen, daß diese geeignet sein soll, den Berufungswerber und auch andere Personen von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Mildernd war nichts zu bewerten, erschwerend hingegen das Vorliegen einer einschlägigen Verwaltungsvorstrafe.

 

Bei der Bemessung der Strafhöhe hat die Berufungsbehörde ein Einkommen von monatlich S 15.000,-- netto sowie kein Vermögen und keine Sorgepflichten angenommen.

 

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände gelangt die Berufungsbehörde zur Ansicht, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe im Ausmaß von S 11.000,-- hinsichtlich des Spruchteiles 2 des angefochtenen Straferkenntnisses durchaus schuldangemessen ist.

 

Es war daher der Berufung in diesem Umfang ein Erfolg zu versagen.

 

Von der Durchführung einer öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 abgesehen werden, da in der Berufung nur Rechtsfragen angeschnitten wurden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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