TE UVS Niederösterreich 1993/03/30 Senat-WN-92-028

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Veröffentlicht am 30.03.1993
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Ebenso Senat-WN-92-020, Senat-WN-92-414, Senat WN-92-418 und Senat-WN-93-400 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991, BGBl Nr 51/1991 Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Ziff2 des Verwaltungsstrafgesetzes

(VStG) 1991, BGBl Nr 52/1991, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion xx vom 15. Mai 1992, Zl ****/92, wurde der Beschuldigte laut Spruch der Übertretung des §103 Abs1 Z1 KFG 1967, in Verbindung mit §101 Abs1 lita KFG 1967 für schuldig befunden und über ihn gemäß §134 Abs1 KFG 1967, eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftwagenzuges, bestehend aus dem Lastkraftwagen mit dem behördlichen Kennzeichen ********5 und dem Anhängewagen mit dem behördlichen Kennzeichen ******H nicht dafür gesorgt hat, daß der vom K H P am 11. März 1992, um 11,15 Uhr, in xx auf der S*, Höhe Abfahrt zur B **, Fahrtrichtung Osten, gelenkte Kraftwagenzug ********5/******H der Vorschrift des §101 Abs1 lita KFG 1967, BGBl Nr 267/67 entspricht und dadurch die Beladung, die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte des Lastkraftwagens und des Anhängers von 38.000 kg um 7.020 kg überschritten wurde (Gesamtgewicht des Krafwagenzuges 45.020 kg).

 

Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde gemäß §64 Abs2 VStG mit 10 % der verhängten Geldstrafe, sohin mit S 2.000,-- festgesetzt.

 

Die Bundespolizeidirektion xx begründet ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Überladung des genannten Fahrzeuges durch den Wägezettel Nr 26153 aufgrund einer Abwaage bei der Firma R******* als erwiesen anzusehen sei und darüberhinaus der Beschuldigte mit der Behauptung, er sei bei der Beladung des Fahrzeuges nicht anwesend gewesen und sei der Meinung, daß die Gewichtsüberschreitung in erster Linie der Ladefahrer und allenfalls der Kraftfahrer zu verantworten hätten, den Beweis seiner Schuldlosigkeit nicht glaubhaft darzulegen vermochte, insbesondere in Hinblick auf die Vielzahl seiner einschlägigen Vorstrafen.

 

Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben.

 

Das Berufungbegehren (Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens) begründet der Berufungswerber im wesentlichen damit, daß der Spruch des Straferkenntnisses dem Konkretisierungsgebot des §44a Z1 VStG nicht entspräche, weil es sich bei gegenständlicher Tat um ein Dauerdelikt handle und somit Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides angeführt hätten werden müssen.

 

Die sechste Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich hat dazu erwogen:

 

Das gegenständliche Berufungsbegehren ist ausdrücklich auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung in Zusammenhang mit §44a VStG gerichtet.

 

Wie der Rechtsmittelwerber richtig darlegt, ist bei Dauerdelikten laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Spruch der Entscheidung Anfang und Ende der strafbaren Handlungen anzuführen.

 

Dauerdelikte liegen jedoch nur dann vor, wenn nicht  nur die Herbeiführung sondern auch die Erhaltung eines rechtswidrigen Zustandes der Strafdrohung unterliegt.

 

Gemäß §103 Abs1 Ziff1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oderbewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Dies bedeutet, daß der Zulassungsbesitzer mit dieser gesetzlichen Pflicht, ungeachtet, welches gesetzliche Gebot im Einzelfall zu überprüfen er unterlassen hat, das Verhalten darauf zu richten hat, Sorge für die Einhaltung der genannten Bestimmungen zu tragen. Für die hier zu beurteilende Verwaltungsstrafsache heißt dies, daß der Beschuldigte nicht unter Strafsanktion steht, weil er keine ordnungsgemäße Beladung durchgeführt hat und den Zustand des Beladenseins des Fahrzeuges aufrecht erhalten hat, sondern eben, weil er seiner gesetzlich aufgetragenen Sorgfaltspflicht gemäß §103 Abs1 Ziff1 KFG nicht nachgekommen ist und so zum angegebenen Zeitpunkt eine Überladung festgestellt werden konnte.

 

Die hiermit dargelegten Tatbilder entsprechen jenen eines Ungehorsamsdeliktes gemäß §5 Abs1, 2. Satz VStG, wonach die Handlung allein auf ein bloßes Verhalten ohne Merkmale eines Erfolges gerichtet sein muß. In diesem Sinn hat auch der Verwaltungsgerichtshof zahlreiche Entscheidungen gefällt (VwGH 15. November 1976 Slg 9180A, 11. März 1981 2947/80, 18. Dezember 1979, 2495/79, 4. Juni 1980, 3217/78,

26. März 1987, 86/02/0193, 30 September 1987 87/03/0155, 18. Oktober 1989, 89/02/0085, 27. Februar 1992, 92/02/0084, 27. Februar 1992, 92/02/0085 ua).

 

Die Übertretung des §103 Abs1 KFG wird dadurch bewirkt, daß der Täter es unterläßt, dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

 

Als Tatort ist bei Unterlassungsdelikten jener Ort anzusehen, an dem der Täter handeln hätte sollen. Der Ort, an dem ein Zulassungsbesitzer seiner Verpflichtung nach §103 KFG nachzukommen hat, ist in der Regel der Standort des Fahrzeuges. Bei Unternehmungen ist dies jener Ort, von dem aus der Zulassungsbesitzer über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt.

 

Im Hinblick auf den konkreten Fall bedeutet dies, daß der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer, die ihn treffende Verpflichtung nicht an der im Straferkenntnis als Tatort angegebenen Stelle, den Ort der Anhaltung des Fahrzeuges zwecks anschließender Überprüfung erfüllen hätte müssen, sondern an dem Standort des LKW. Der Tatort nach §103 Abs1 KFG ist somit nicht davon abhängig, an welchem Ort, ein mit dem Fahrzeug fahrender Lenker angehalten und das strafbare Verhalten festgestellt wird.

 

Daraus folgt, daß die Bestimmungen des §103 Abs1 KFG zwischen der Begehung der strafbaren Handlung durch den Zulassungsbesitzer einerseits und der Anhaltung des Lenkers und Feststellung des inkriminierten Sachverhaltes andererseits unterscheidet.

 

Im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren hätte daher vorerst der dauernde Standort des Fahrzeuges ermittelt werden müssen, um eine entsprechende Verfolgungshandlung setzen zu können.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß dem in §44a VStG postulierten Konkretisierungsgebot - wie dargetan - nicht entsprochen wurde, ist die erstinstanzlichen Entscheidung mit einer inhaltlichen, im Berufungswege nicht mehr sanierbaren

Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Die Kammerzuständigkeit gründet sich auf die Bestimmung des §51c VStG, weil die im angefochtenen Bescheid verhängte Geldstrafe S 10.000,-- übersteigt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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