TE UVS Niederösterreich 1993/03/31 Senat-WB-92-086

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.03.1993
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG) Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 23. September 1992, Zl 3-    -92, wurde über den Beschuldigten S A wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z2 Gewerbeordnung 1973, begangen dadurch, daß er im Standort P, Hstraße    , an 15 Personen Getränke gegen Entgelt verabreicht und somit eine Tätigkeit ausgeübt habe, die nur im Rahmen des konzessionierten Gastgewerbes zulässig sei, somit das konzessionierte Gastgewerbe betrieben habe, obwohl er nicht im Besitz einer Konzession für die Ausübung eines Gastgewerbes im angeführten Standort sei, gemäß §366 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Tagen verhängt. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß §64 VStG mit S 500,-- festgelegt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Beschuldigten rechtzeitig Berufung gegen Schuld und Strafe erhoben.

 

Ohne näher auf das Vorbringen in der Berufung einzugehen wird festgestellt:

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, sofern er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. §44a Z1 leg cit enthält das sogenannte Konkretisierungsgebot. Demnach ist es rechtlich geboten, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände im Spruch eines Straferkenntnisses so genau umschrieben wird, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. "Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat" bedeutet, daß im Spruch eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (zB Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können, und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Daß es zufolge §44a Z1 leg cit der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern die Tat, entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles, zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

 

Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht nicht dem Konkretisierungsgebot des §44a Z1 VStG.

 

Gemäß §366 Abs1 Z2 Gewerbeordnung 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz leg cit mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§5 Z2 leg cit) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

 

Gemäß §189 Abs1 leg cit (Gastgewerbe) unterliegen der Konzessionspflicht

1.

die Beherberung von Gästen;

2.

die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen;

3.

die Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen;

4.

der Verkauf von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

 

Gemäß §194 leg cit dürfen die Berechtigung gemäß §189 Abs1 leg cit einer Konzession für ein Gastgewerbe nur entsprechend der genehmigten Betriebsart ausgeübt werden.

 

Gemäß §190 Z1 leg cit unterliegen der Konzessionspflicht unter anderem nicht die Verabreichung von Speisen, der Ausschank von Getränken und auch Verkauf von warmen oder angerichteten kalten Speisen durch Erzeugungs- und Handelsgewerbetreibende in dem in den §§ 95, 96, 97, 116 und 128 Abs4 leg cit bezeichneten Umfang. Gemäß §190 Z6 leg cit unterliegt der Konzessionspflicht nicht der Ausschank von Milch und der Verkauf von Milch in unverschlossenen Gefäßen.

 

Darüberhinaus ist gemäß §2 Abs1 Z5 leg cit das Buschenschankenwesen in dem im §2 Abs7 leg cit umschriebenen Rahmen vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen.

 

Gemäß Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.4.1991, Zl 90/04/0239, muß der Spruch eines Straferkenntnisses erkennen lassen, wodurch der Tatbestand der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes verwirklicht wurde. So ist gemäß Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.10.1990, Zl 88/04/0247, vom 27.11.1990, Zl 90/04/0066, eine Tatumschreibung in Bezug auf die unbefugte Ausübung des Gastgewerbes mit "Verabreichung und Verkauf von Pizze, sowie Ausschank alkoholischer und alkoholfreier Getränke" ohne Hinweis auf die Betriebsart rechtswidrig.

 

Im Hinblick auf den Umstand, daß das angefochtene Straferkenntnis die einzelnen Ausführungshandlungen nicht derartig detailliert umschreibt, daß eine eindeutige Subsumtion unter die Übertretungsnorm des §366 Abs1 Z2 Gewerbeordnung 1973 möglich ist - es könnte sich auch um eine nicht der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit handeln bzw um eine vom vorzitierten §190 leg cit erfaßte gewerbliche Nebentätigkeit -, noch einen Hinweis auf die Betriebsart enthält, entspricht es nicht dem Konkretisierungsgebot des §44a Z1 VStG.

 

Die Ergänzung von Tatbestandsmerkmalen durch die Berufungsbehörde ist im Rahmen der ihr zustehenden Befugnisse nach §66 Abs4 AVG zwar grundsätzlich möglich, jedoch nur im Rahmen einer tauglichen Verfolgungshandlung. Das ist eine solche, die innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG, berechnet vom Tatzeitende, von der Behörde in der Absicht der Strafverfolgung gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gesetzt wird, die nach außen hin in Erscheinung tritt und die bereits alle Tatbestandsmerkmale enthält, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind. Da die erste Verfolgungshandlung der Bezirkshauptmannschaft xx, die an den Beschuldigten gerichtete Auffordernung zur Rechtfertigung vom 29. Juni 1992, bereits an denselben Konkretisierungsmängeln, wie das angefochtene Straferkenntnis, leidet und auch sonst keine taugliche Verfolgungshandlung der Aktenlage nach erkennbar ist, ist im Gegenstand Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte von der im §51e Abs1 VStG vorgesehenen öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten