TE UVS Niederösterreich 1993/04/08 Senat-WB-93-015

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Veröffentlicht am 08.04.1993
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Ebenso Senat-WB-92-093 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG) Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx wurde über den Beschuldigten A T wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z4 Gewerbeordnung 1973 iVm §81 GewO 1973 gemäß §366 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von S 15.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Wochen verhängt. Gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Betrag von S 1.500,-- festgesetzt.

 

Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet folgendermaßen:

 

"Sie haben wie durch eine Überprüfung von einem Amtssachverständigen des NÖ Gebietsbauamtes II, W***** N******* am 22.10.1992 festgestellt wurde, ihre gewerberechtlich genehmigte Betriebsanlage für die Ausübung des KFZ-Mechanikergewerberes im Standort K************, W***** Straße ***, insofern geändert, als sie im Erdgeschoß der KFZ-Mechanikerwerkstätte einen Lacklagerraum und im Obergeschoß des Betriebsgebäudes ein Altteillager eingerichtet haben und überdies auf dem Grundstück Nr ***/6, KG K**************, Gebrauchsfahrzeuge abgestellt haben. Da durch diese Abänderungen eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Personen im Brandfalle, aber auch eine Beeinträchtigung des Grundwassers, vor allem durch die abgestellten Kraftfahrzeuge nicht ausgeschlossen werden kann, stellen diese Änderungen genehmigungspflichtige Änderungen im Sinne der Gewerbeordnung 1973 dar.

 

Sie haben daher eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert und nach der Änderung betrieben."

 

Ohne auf das Vorbringen in der rechtzeitig eingebrachten Berufung, welche sich gegen Schuld und Strafe richtet, näher einzugehen wird festgestellt:

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, sofern er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

§44a Z1 VStG beinhaltet das sogenannte Konkretisierungsgebot. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

"Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat" bedeutet, daß in der Tatumschreibung im Spruch eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können, und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß §366 Abs1 Z4 Gewerbeordnung 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz, mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§81 leg cit).

 

§366 Abs1 Z4 leg cit beinhaltet zwei verschiedene Tatbestände. Einerseits ist die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage ohne die hiefür erforderliche Genehmigung erfaßt, andererseits der Betrieb der konsenslos geänderten Betriebsanlage ohne die hiefür erforderliche Genehmigung.

 

Das angeführte Straferkenntnis entspricht in verschiedener Weise nicht dem Gebot des §44a Z1 VStG. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.6.1991, Zl 91/04/0050, bedarf es grundsätzlich der Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, der Angabe des Anfanges und des Endes dieses Zeitraumes in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art im Spruch eines Straferkenntnisses. Dies gilt, wie im gegenständlichen Fall, insbesondere auch in Ansehung von fortgesetzten Delikten, und zwar unabhängig von der mit einer Bestrafung wegen eines derartigen Deliktes verbundenen Erfassungswirkung. Das angefochtene Straferkenntnis führt als Tatzeitpunkt lediglich einen Feststellungszeitpunkt an. Dadurch ist die Bestrafung des Berufungswerbers wegen Begehung eines fortgesetzten Deliktes in einem nicht näher bezeichneten Tatzeitraum erfolgt.

 

Darüberhinaus ist die Tatumschreibung nicht geeignet für eine Subsumtion des inkriminierten Verhaltens unter einen der beiden Deliktsfälle des §366 Abs1 Z4 Gewerbeordnung 1973, da nicht erkennbar ist, ob der Berufungswerber wegen der konsenslosen Änderung der genehmigten Betriebsanlage - es wären im Bezug auf die Konretisierung der Tathandlung, in Ansehung des Genehmigungsumfanges, auch die hiefür in Betracht kommenden bescheidmäßigen Daten der als "genehmigt" bezeichneten Betriebsanlage anzuführen - zur Verantwortung gezogen werden soll, oder wegen des Betriebes der Anlage nach deren konsenslos erfolgter Änderung bzw für beide Fälle.

 

Ist im Spruch eines Straferkenntnisses die Tat so umschrieben, daß die Zuordnung zu mehreren Tatbeständen möglich ist, so verstößt der Spruch gegen §44a Z1 VStG.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß sich der Aktenlage nach keine taugliche Verfolgungshandlung ergibt, welche sich auch bereits auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezieht, war ein Nachtrag der erforderlichen Tatbestandsmerkmale durch die Berufungsbehörde nicht möglich. Da bereits der Aktenlage nach kennbar war, daß der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte von der im §51e Abs1 VStG vorgesehenen öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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