TE UVS Niederösterreich 1993/04/15 Senat-WN-92-008

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Veröffentlicht am 15.04.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51 - AVG, teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird insoweit abgeändert, als die verhängte Geldstrafe von

S 15.000,-- auf S 13.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen auf 13 Tage und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz von S 1.500,-- auf S 1.300,-- herabgesetzt werden.

Text

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion xx vom 13. Jänner 1992 wurde der Beschuldigte der Übertretung des §5 Abs2 StVO für schuldig befunden und über ihn gemäß §99 Abs1 litb StVO eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Tage) verhängt, weil er sich am 14. Jänner 1991, um 2,35 Uhr, in xx, im Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus, in der Unfallabteilung gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er am 14. Jänner 1991, um 0,45 Uhr, auf der L ***, bei Straßenkilometer 1,8 zwischen N****** und Z********** den KKW, mit dem behördlichen Kennzeichen * **.**6 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit 10 % der verhängten Geldstrafe, sohin in Höhe von S 1.500,-- festgesetzt.

 

Die Bundespolizeidirektion xx begründet ihre Entscheidung im wesentlichen damit, es sei aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen, daß die Vermutung, der Beschuldigte habe unter  Alkoholbeeinträchtigung am 14. Jänner 1991 ein Fahrzeug gelenkt, gegeben war. Laut Gutachten des medizinischen Sachverständigen habe der Beschuldigte ferner die an ihn gerichtete Aufforderung zur Durchführung eines Alkotests verstehen können, sodaß spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung des Beschuldigten.

 

In der Begründung dazu führt der Rechtsmittelwerber aus, daß im bekämpften Straferkenntnis eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung und eine unrichtige Beweiswürdigung vorgenommen worden sei:

 

So habe sich der Unfall am 13. Jänner 1991, um ca 23,30 Uhr, ereignet und nicht am 14. Jänner 1991, um 2,35 Uhr. Außerdem sei er nicht von einem Bekannten in das Krankenhaus xx, wie von der Bundespolizeidirektion xx behauptet, gebracht worden.

 

Weiters läge Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, da die Erstbehörde keinerlei Feststellung über die Einkommens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers tätigte und überdies keine Ermittlungen zur Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest durchführte.

 

Zur rechtlichen Beurteilung durch die Bundespolizeidirektion xx vermeint der Berufungswerber, es wären hierin keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen worden.

 

Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der sechsten Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich gab der Beschuldigte ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen an:

 

Am 13. Jänner 1991, von ca 17,00 Uhr bis 22,30 Uhr sei er auf einem Hochsitz zur Beobachtung von Wild gesessen. Anschließend habe er sein Fahrzeug von Z********** in Fahrtrichtung N****** auf der Landesstraße *** gelenkt. Gegen 23,00 Uhr sei er bei Straßenkilometer 1,8 durch den auf der Straße befindlichen Rollsplitt von der Straße abgekommen. Bei diesem Verkehrsunfall habe er sich Verletzungen am Kopf zugezogen. Die Ursache hiefür sei ein kräftiger Stoß gegen die Windschutzscheibe und das unmittelbar anschließende Metall des Kleinkraftwagens gewesen.

Trotz dieser Verletzung sei er zu Fuß in Richtung N****** gegangen. Ziel des Fußmarsches sei das Wohnhaus, der ihm bekannten Familie H und I M gewesen. Die Wegstrecke dorthin habe zwischen 1 und 2 km betragen. Aufgrund der herrschenden Außentemperatur von ca -8 Grad C habe die Wunde stark geschmerzt.

Bei der Familie M angelangt, habe er diese geweckt und in der Folge das Haus betreten. Über die anschließenden Begebenheiten habe er nur eine lückenhafte Erinnerung. So wisse er aus eigener Wahrnehmung nicht, was bei der Familie M passiert sei. Erzählt habe man ihm, daß er unmittelbar nach dem Einlangen im Hause der Familie M in deren Badezimmer zusammengefallen wäre, anschließend in der Küche der Familie M Barack getrunken hätte und schließlich von der durch das Ehepaar herbeigerufenen Rettung in das Krankenhaus xx gebracht worden sei.

 

Hinsichtlich des Aufenthaltes im Krankenhaus xx wisse er lediglich, daß er unmittelbar nach der Einlieferung röntgenisiert worde sei. Wer ihn entkleidet habe, könne er zB nicht mehr sagen. Außerdem sei ihm noch in Erinnerung, daß der behandelnde Arzt ihn ersucht hätte, er möge waagrecht auf der Trage liegen bleiben und, daß in der Folge auch Organe der öffentlichen Sicherheit bei ihm gewesen seien. Worüber die Ärzte oder die Beamten gesprochen hätten bzw welche Fragen sie ihm gestellt hätten, könne er nicht mehr sagen. Insofern sei ihm auch die Aufforderung zum Alkotest durch die Polizisten der Bundespolizeidirektion xx nicht mehr in Erinnerung.

 

Der Zeuge H M gab zu den Vorfällen in der Nacht vom 13. auf den 14. Jänner 1991 an, er sei gegen Mitternacht durch das Bellen des Hundes geweckt worden. Seine Gattin sei in der Folge zur Eingangstür gegangen und habe ihn durch Zurufe aufgefordert, ebenfalls zur Türe zu kommen. Nachdem er sich rasch etwas angezogen hatte, sei er zu seiner Gattin geeilt. Diese hätte den Beschuldigten, welcher am Kopf blutete, bereits eingelassen. Herr D erklärte, er habe eine Unfall zwischen N****** und Z********** gehabt und schließlich gebeten, sich waschen zu dürfen. Aufgrund dessen habe er den Berufungswerber in das Bad gebeten. Unerwartet, da der Einschreiter bis dahin aus eigener Kraft gegangen sei, sei dieser während des Waschens zusammengebrochen. Wieder zu sich gekommen, habe er den Beschuldigten zur Küche geleitet und dort auf die Eckbank gesetzt. Zwischenzeitig habe sich seine Gattin angezogen und telefonisch einen Rettungswagen herbeigerufen.

 

Herr D habe in der Folge wegen Übelkeit geklagt, sodaß er diesen zur Toilette gebracht habe, wo sich dieser übergeben hätte. Während dessen sei er hinter dem Beschuldigten gestanden und habe dabei nicht wahrgenommen, daß das Erbrochene nach Alkohol gerochen hatte. Wieder in der Küche angelangt, habe er den Beschuldigten kurz allein gelassen, um Verbandszeug zu holen. Auf dem Küchentisch seien zu diesem Zeitpunkt alkoholische Getränke gestanden, weil er abends zuvor Gäste bewirtet hätte. In seiner Abwesenheit hatte der Rechtsmittelwerber, wie er später mitgeteilt hätte, die Gelegenheit wahrgenommen, um aus einer Flasche Barack zu trinken.

 

Beim Eintreffen des Rettungswagens, welchen seine Gattin an der Türe erwartete, habe der Beschuldigte den Rettungsmännern mitgeteilt, er könne selbst zu dem Rettungswagen gehen, sodaß keine Trage geholt werden mußte. Die beiden Rettungsmänner hätten den Beschuldigten daher in die Mitte genommen und so gestützt in das Rettungsauto gebracht und anschließend in das Krankenhaus xx eingeliefert. Während seine Gattin mit dem Verletzten in das Krankenhaus mitgefahren sei, sei er an die Unfallstelle geeilt, um sich dort um das verunfallte Fahrzeug zu kümmern.

 

Im Zuge des gesamten Aufenthaltes von Herrn D in seiner Wohnung, habe er keine Alkoholisierungsmerkmale an diesem feststellen können.

 

 

Die Zeugin I M gab übereinstimmend mit ihrem Ehegatten an, sie sei in der Nacht vom 13. auf den 14. Jänner 1991, gegen Mitternacht, durch das Bellen des Hundes wach geworden und zur Türe gegangen. Vor dieser sei Herr D mit blutüberströmten Gesicht gestanden, worauf sie die Türe geöffnet und diesen eingelassen habe. Über Zurufe habe sie ihren Gatten aufgefordert, zu ihr zu kommen. Ihr Ehemann sei, nachdem der Beschuldigte mitgeteilt habe, einen Unfall gehabt zu haben, über Wunsch des Rechtsmittelwerbers mit diesem in das Bad gegangen. Zwischenzeitig habe sie sich angezogen und in der Folge wegen der Zurufe ihres Gatten die Rettung angerufen. Danach habe sie an der Türe auf die Rettung gewartet. Der Berufungswerber sei nach deren Eintreffen von den beiden Rettungsmännern in die Mitte genommen worden und so zum Rettungswagen gegangen. Um den Beschuldigten im Krankenhaus dienlich zu sein, sei sie in das Krankenhaus xx im Rettungswagen mitgefahren. Dort habe sie über verschiedene Daten, die ihr bekannt waren bzw nach Rückfragen beim Beschuldigten ihr zur Kenntnis gelangten, Auskunft erteilt und sei kurz danach mit dem Rettungswagen wieder zurück nach Hause gefahren.

 

Während des Beisammenseins mit dem Beschuldigten seien ihr keine Alkoholisierungsmerkmale an diesem aufgefallen.

 

Einer der amtshandelnden Polizeibeamten erinnerte sich im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung an den Vorfall des 14. Jänner 1991, um 2,35 Uhr wie folgt:

 

Aufgrund des telefonischen Ersuchens eines Gendarmeriepostens aus dem Burgenland, sei der Meldungsleger und er in das Krankenhaus xx gegangen, um festzustellen, ob bei dem Beschuldigten Alkoholisierungsmerkmale vorlägen.

Nachdem der behandelnde Arzt die Frage, ob eine Einvernahme des Beschuldigten und allenfalls ein Röhrchentest medizinisch unbedenklich sei, bejaht hätte, seien sie zum Krankenbett des Beschuldigten vorgedrungen. Der Berufungswerber sei zu diesem Zeitpunkt im Bett gesessen. Während des Gespräches mit diesem über das Unfallsgeschehen, habe er deutlichen Alkoholgeruch aus dessen Mund feststellen können. Sein Kollege habe daraufhin den nunmehrigen Rechtsmittelwerber aufgefordert, sich einem Röhrchentest zu unterziehen, weil vermutet werden konnte, daß dieser im alkoholisierten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe. Während sein Kollege die entsprechenden Vorbereitungen getroffen hätte, habe sich der Beschuldigte, welcher sich ursprünglich bereit erklärte, den Alkotest durchzuführen, in seinem Bett zurückgelegt und unter Hinweis auf seine Kopfverletzungen einen Alkotest abgelehnt. Trotz Mitteilung der rechtlichen Folgen einer Verweigerung des Röhrchentestes durch den Leiter der Amtshandlung habe der Beschuldigte nicht mehr dazu bewogen werden können, den Test durchzuführen.

 

Während der gesamten Amtshandlung habe er den Eindruck gewonnen, daß der Einschreiter die an ihn gerichteten Fragen verstanden hat.

 

Der medizinische Sachverständige begutachtete anhand der mitverfolgten Verhandlung und der ihm vorliegenden Krankengeschichte des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses xx die Zurechnungsfähigkeit sowie die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Beschuldigten am 14. Jänner 1991, um 2,35 Uhr wie folgt:

 

Der Beschuldigte habe als Folge seines Verkehrsunfalles eine Schädelprellung sowie oberflächliche Schürfwunden erlitten und befand sich im Zeitpunkt seiner Einlieferung in das Krankenhaus xx in einem deutlich klinisch alkoholisiertem Zustand. Die Verletzungen gäben keinen Hinweis dafür, daß der Berufungswerber den Röhrchentest nicht durchführen hätte können. Im Lichte des Verletzungsgrades sei festzustellen, daß der Beschuldigte sowohl geistig als auch körperlich in der Lage war, die an ihn gerichteten Fragen zu verstehen, insbesondere auch die Aufforderung, sich einem Alkotest zu unterziehen. Im übrigen könnten Angaben zum Alkoholisierungsgrad nicht getätigt werden, wenngleich aufgrund der Antworten, die der Beschuldigte im Krankenhaus gab, geschlossen werden könne, daß eine die Zurechnungsfähigkeit ausschließende Alkoholisierung nicht vorgelegen sei.

 

Die sechste Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich hat nachfolgenden Sachverhalt ihrer Entscheidung als erwiesen zugrundegelegt:

 

Am 14. Jänner 1991, um 0,45 Uhr ereignete sich auf der Landesstraße ***, bei Straßenkilometer 1,8, zwischen N****** und Z********** ein Verkehrsunfall. Der am Unfallshergang beteiligte Lenker des KKWs, mit dem behördlichen Kennzeichen * **.**6 (Beschuldigter) erlitt dabei eine Schädelprellung und oberflächliche Hautabschürfungen.

 

Aus eigener Kraft ging der Beschuldigte nach dem Verkehrsunfall in die nahegelegene Ortschaft N****** zum Haus des ihm bekannten Ehepaares M. Dort wurde er notdürftig verarztet und schließlich mit dem gerufenen Rettungswagen in das ca 6 km entfernte Allgemeine öffentliche Krankenhaus xx gebracht. Während des Aufenthaltes bei der Familie M hat der Berufungswerber erbrochen und in der Folge Barack getrunken.

 

Nach der medizinischen Betreuung in der Unfallabteilung des genannten Krankenhauses wurde der Rechtsmittelwerber nach 2,00 Uhr früh von Beamten der Bundespolizeidirektion xx zum Unfallshergang befragt und in der Folge um 2,35 Uhr wegen deutlicher Alkoholisierungsmerkmale zum Alkotest aufgefordert, nachdem vom diensthabenden Arzt eine Befragung und Durchführung des Alkoholtestes als medizinisch unbedenklich und vom Beschuldigten durchführbar erklärt wurde.

 

Diese Aufforderung hat der Beschuldigte verstanden und im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten die Durchführung des Alkotestes abgelehnt.

 

Dazu hat die sechste Kammer erwogen:

 

Im Lichte des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen ist auszuschließen, daß der Beschuldigte, die an ihn gerichtete Aufforderung nicht verstanden hat bzw aufgrund seiner Verletzungen zur Durchführung des Alkotestes außer Stande war.

Die vom Beschuldigten behauptete, lückenhafte Erinnerung, insbesondere im Hinblick auf die Aufforderung zum Alkotest wird in diesem Zusammenhang nicht als unrichtig, wenn auch als unwahrscheinlich beurteilt. Dieser Umstand vermag jedoch keine Zweifel daran zu lassen, daß der Rechtsmittelwerber die Aufforderung zum Alkotest am 14. Jänner 1991, um 2,35 Uhr, verstanden hat.

 

Das Vorliegen von Alkoholisierungsmerkmalen wird durch die Einnahme des Barack bei der Familie M auch vom Beschuldigten im Zusammenhalt mit den Ausführungen der Zeugen nicht bestritten. Die Vermutung, der Rechtsmittelwerber habe ein Fahrzeug im alkoholisierten Zustand gelenkt, lag daher nahe.

 

Letztlich besteht aufgrund der Tatsache, daß um 0,45 Uhr des 14. Jänner 1991 ein Verkehrsunfall stattgefunden, aus dem der Beschuldigte Verletzungen davon getragen hat, kein Zweifel daran, daß der Beschuldigte ca 1 1/2 Stunden vor der Aufforderung zum Alkotest ein Fahrzeug lenkte. Trotz des angeführten Zeitabstandes zwischen Beendigung des Lenkens und der Verweigerung des Alkotestes unter Berücksichtigung eines Nachtrunkes (Barack) war infolge der geschilderten Umstände noch ein verwertbares Ergebnis des Alkotestes zu erwarten.

 

Gemäß §5 Abs2 StVO sind von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn - wie im gegenständlichen Fall zutreffend - vermutet werden kann, daß sich diese Person in einem, durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

 

Wie oben ausgeführt, ist aufgrund des deutlichen Alkoholgeruches aus dem Mund des Beschuldigten als erwiesen anzusehen, daß die begründete Vermutung bestand, der Beschuldigte habe im alkoholisierten Zustand ein Fahrzeug gelenkt, weshalb die Aufforderung zum Alkotest zu Recht erfolgte.

 

An der Übertretung des §5 Abs2 StVO trifft den Beschuldigten die Schuldform der vorsätzlichen Begehung, da er laut Gutachten des medizinischen Sachverständigen die Aufforderung verstanden hat und ihr dennoch nicht nachgekommen ist, obwohl ihm trotz seiner erlittenen Verletzungen zumutbar war, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Er hat es somit, insbesondere aufgrund der eingehenden Belehrung durch die Beamten der Bundespolizeidirektion xx und seiner einschlägigen Vorstrafen, ernstlich für möglich halten müssen, hiemit eine Verwaltungsübertretung zu begehen.

 

Der Beschuldigte hat sohin die angeschuldigte Verwaltungsübertretung in subjektiver und objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Der Antrag auf Vernehmung des diensthabenden Arztes im Krankenhaus xx, Dr D, zum Beweis dafür, daß der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Aufforderung des Alkotestes schwer betrunken war, wurde über Beschluß der sechsten Kammer abgewiesen, weil der medizinische Sachverständige über die Zurechungsfähigkeit des Beschuldigten im Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest bereits hinreichende Ausführungen in seinem Gutachten dargelegt hat. Demzufolge aus der Vernehmung des Dr D keine weiteren, über die Krankengeschichte hinausgehenden Erkenntnisse zu erwarten waren.

 

Im Zuge der Verhandlung hat sich die ausgewiesene Verteidigerin gegen die Verlesung der Krankengeschichte des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses xx gemäß §51g VStG ausgesprochen. Diesem Antrag war jedoch aus nachstehenden Gründen der Erfolg zu versagen:

 

Gemäß §51g Abs3 Ziff4 VStG können Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen sowie die Gutachten der Sachverständigen, ausgenommen in den Fällen der Ziffern 1 bis 3, nur dann verlesen werden, wenn alle anwesenden Parteien zustimmen.

 

Bei der Krankengeschichte handelt es sich weder um eine Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten oder eines Zeugen noch um ein Gutachten eines Sachverständigen, sondern um ein Beweismittel, dessen Verwertung gemäß §51g Abs4 VStG zur Wahrung der materiellen Wahrheit erforderlich ist.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß die in Rede stehende Krankengeschichte von Dr D anläßlich dessen Einvernahme am 13.3.1991 vor der Bundespolizeidirektion xx vorgelegt worden ist und sohin einen integrierenden Bestandteil seiner Zeugenaussage darstellt, welche dem Beschuldigten auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgehalten worden ist, konnte deren Inhalt auch zur Entscheidungsfindung herangezogen werden. Wobei in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben soll, daß sich in diesem Stadium des Berufungserfahrens der Rechtsmittelwerber nicht gegen den bezüglichen Vorhalt ausgesprochen hat, sondern erst, als der medizinische Sachverständige die Krankengeschichte als Grundlage seines Gutachtens heranzuziehen im Begriffe war.

 

Dessen ungeachtet ist der medizinische Sachverständige ohne Bezugnahme auf die Krankengeschichte zu demselben medizinischen Ergebnis gelangt.

 

Wenn der Beschuldigte vermeint, die Tatzeit wäre insofern im Straferkenntnis falsch dargelegt, als sich der Verkehrsunfall nicht am 14. Jänner 1991, um 0,45 Uhr, sondern bereits am 13. Jänner 1991, um 23,00 Uhr, ereignet habe, verkennt er, daß ihm nicht zur Last gelegt wird, einen Verkehrsunfall verursacht, sondern in der Folge den Alkotest verweigert zu haben. Die Tatzeit hiefür ist unbestritten der 14. Jänner 1991 um 2,35 Uhr, wie im Straferkenntnis dargelegt.

 

Der Schilderung über die, dieser Alkotestverweigerung zugrundeliegenden Vorgeschichte, kommt daher im Hinblick auf §32 VStG und §44a VStG keine unmittelbare rechtliche Bedeutung zu, wenngleich im Zuge der Beweiswürdigung zu prüfen war, ob trotz der verstrichenen Zeit zwischen dem Lenken des Fahrzeuges und der Durchführung des Alkotests noch ein verwertbares Ergebnis zu erwarten gewesen ist.

 

Den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers in seiner Berufungsbegründung, daß die Angaben zum Unfallszeitpunkt in der erstinstanzlichen Entscheidung nicht auf Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens beruhen, ist entgegenzuhalten, daß dies deshalb unzutreffend ist, weil die Bundespolizeidirektion xx amtshilfewegig den genauen Unfallszeitpunkt durch die BH yy ermitteln ließ.

Diesem Ermittlungserbnis zufolge, welches dem Beschuldigten am 10.10.1991 auch nachweislich zur Kenntnis gebracht worden ist, wurde der Unfallszeitpunkt mit 14.1.1991, 0,45 Uhr erhoben.

 

Dessen ungeachtet gelangte die sechste Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich im Rahmen ihrer Beweiswürdigung auch zu dem Ergebnis, daß der im erstinstanzlichen Erkenntnis angegebene Unfallszeitpunkt zutreffend ist:

 

Dies vor allem deshalb, weil der Beschuldigte, wie er selbst im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführte, unmittelbar nach dem Unfallsgeschehen direkt ca 1 - 2 km zu Fuß zur Familie M gegangen ist, Frau M kurz danach die Rettung gerufen hat, welche den Verunfallten in das höchstens 6 km entfernte Krankenhaus in xx um 2,00 Uhr früh des 14.1.1991 einlieferte.

 

Da der Rechtsmittelwerber erst zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus eingetroffen ist, war unter Berücksichtigung des Umstandes, daß angesichts eines unbestimmten Grades Verletzten und unter Einbeziehung des bereits obig dargestellten Sachablaufes davon auszugehen, daß möglichst rasch gehandelt worden ist und sich demnach der in Rede stehende Unfall erst um 0,45 Uhr ereignet hat.

 

Dazu kommt noch, daß, wie der Krankengeschichte zu Prot Zl ***/91/** des AKH xx zu entnehmen ist, der Beschuldigte anläßlich seiner Einlieferung ins Spital angab, am 14.1.1991 gegen 1,00 Uhr in N****** verunfallt zu sein.

 

Ein Unfallszeitpunkt 23,00 Uhr erscheint deshalb unrealistisch weil es diesfalls einer Zeitspanne von ca 3,5 Stunden bedurft hätte, um den Verletzten ärztlicher Behandlung zuzuführen.

 

Aus dem Vorstehenden ergibt sich zweifelsfrei, daß der vom Gesetzgeber geforderte Kausalzusammenhang zwischen Unfallsereignis und der Aufforderung zum Alkotest vorlag, weil die einschreitenden Beamten davon ausgehen konnten, daß der von ihnen beabsichtigte Alkotest noch ein verwertbares Ergebnis zeitigen hätte können.

 

Eine Verwaltungsübertretung gemäß §99 Abs1 litb in Verbindung mit §5 Abs2 StVO 1960 begeht unter einem, wer sich als Fahrzeuglenker von der Behörde hiezu ermächtigten Organen der Straßenaufsicht gegenüber weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wenn vermutet werden kann, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

Gemäß §5 Abs2a litb StVO 1960 ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt, vorzunehmen.

 

Gemäß §99 Abs1 litb StVO 1960 ist derjenige, wegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von S 8.000,-- bis S 50.000,-- im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen  - zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in §5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich demnach aus dem bereits wiedergegebenen Verhalten des Beschuldigten, daß dieser nicht gewillt war, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Da ihm die hiefür gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolge von dem einschreitenden Organ der öffentlichen Sicherheit bekannt gegeben worden ist, war seine Vorgangsweise als Verweigerung der Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt im Rechtsinn zu qualifizieren.

 

Zumal das Tatbild des §5 Abs2 in Verbindung mit §99 Abs1 litb StVO 1960 lediglich die bloße Vermutung eines durch Alkohol beeinträchtigten Zustandes und keinesfalls die volle Gewißheit erfordert und es sich bei dem Aufforderer um ein besonders geschultes Organ im Sinne leg cit gehandelt hat, lagen im gegenständlichen Fall sämtliche Voraussetzungen vor, welche die Aufforderung zur Vornahme der Atemluftprobe gerechtfertigt erscheinen lassen.

 

Im Anbetracht des weiteren Umstandes, daß eine Untersuchung der Atemluft wegen des Verdachtes der Alkoholisierung eines KFZ-Lenkers auch noch nach angemessener Zeit nach Beendigung des Lenkers zulässig ist, war der ergangene erstinstanzliche Schuldspruch vollinhaltlich zu bestätigen.

 

Dennoch kommt der gegenständlichen Berufung in Hinblick auf die Strafhöhe Berechtigung zu:

Bei der Strafbemessung ist gemäß §19 VStG die Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu würdigen. Darüberhinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

Der 40-jährige Beschuldigte ist laut eigenen Angaben ledig, Angestellter der S***************** der g*********** W********* in E*********, verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca S 11.500,-- und über ein Vermögen im Gesamtwert von ca S 540.000,--.

 

Sorgepflichten hat der Beschuldige nicht zu tragen.

 

Eine Vorstrafenabfrage durch die Bezirkshauptmannschaft yy ergab, daß der Beschuldigte bereits am 27. September 1988 wegen Übertretung des §5 StVO bestraft wurde.

Die strengen gesetzlichen Voraussetzungen, die der Gesetzgeber an die Verkehrstauglichkeit der Fahrzeuglenker stellt, dienen der Verkehrssicherheit auf den öffentlichen Straßen  Österreichs. Auf die Einhaltung dieser Vorschriften dürfen alle Verkehrsteilnehmer vertrauen. Zweifelsohne und durch eine Vielfalt von Untersuchungen bestätigt, vermindert übermäßiger Alkoholgenuß die Leistungs- und Reaktionsfähigkeit erheblich. Durch die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten durch Alkoholeinfluß im Zusammenhang mit den genannten negativen Einflüssen des Alkohols auf den Menschen entstehen häufig folgenschwere Unfälle, die es zu verhindern gilt. Es ist daher geboten, bereits bei geringem Verdacht einer Alkoholisierung beim Lenken eines Fahrzeuges eine Überprüfung vorzunehmen.

 

Da davon auszugehen ist, daß der Beschuldigte um die Gefährlichkeit des Alkoholgenusses beim Lenken eines Fahrzeuges durch die verschiedenen Medien und nicht zuletzt aufgrund seiner einschlägigen Vorstrafe weiß, ist es unverständlich, daß er sich, wo er doch behauptet, zuvor nur einen Schluck Barack  getrunken zu haben, weigerte, den Alkotest durchzuführen.

 

Als mildernd war bei der Strafbemessung kein Umstand, als erschwerend demgegenüber die einschlägige Vorstrafe zu werten. In Anbetracht der allseitigen Verhältnisse und der angeführten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschuldigten war die von der Bundespolizeidirektion xx verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

 

Die Kammerzuständigkeit gründet sich auf die Bestimmung des §51c VStG, weil die im angefochtenen Bescheid verhängte Geldstrafe S 10.000,-- übersteigt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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