TE UVS Niederösterreich 1993/04/15 Senat-WN-92-019

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Veröffentlicht am 15.04.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991, BGBl Nr 51/1991 Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben. Gemäß §45 Abs1 Ziff 2 des Verwaltungsstrafgesetzes

(VStG) 1991 BGBl Nr 52/1991, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirekion xx vom 7.2.1992, Zl St ****/91, wurde der Beschuldigte laut Spruch der Übertretung des §103 Abs1 Z1 KFG 1967 in Verbindung mit §101 Abs1 lita KFG 1967 für schuldig befunden und über ihn gemäß §134 Abs1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen * ***.**2 und dem Sattelanhänger * ***.**3 nicht dafür gesorgt hat, daß das von B T am 8.11.1991, um 16,00 Uhr in xx, Z*****gürtel Nr 99, Richtung Norden gelenkte Sattelkraftfahrzeug * ***.**2/* ***.**3, der Vorschrift des §101 Abs1 lita KFG 1967, BGBl Nr 267/76 entspricht, da durch die Beladung die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte des Sattelzugfahrzeuges und des Sattelanhängers von 31.080 kg um 8.100 kg überschritten wurde (Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges 39.180 kg).

 

Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde gemäß §64 Abs2 VStG mit 10% der verhängten Geldstrafe,sohin in Höhe von S 1.500,-- festgesetzt.

 

Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben. In der Begründung führt dieser aus, daß das höchste zulässige Gesamtgewicht des Sattelzugfahrzeuges * ***.**2, aufgrund des Zulassungscheines 16.000 kg betrage und das höchste zulässige Gesamtgewicht des Sattelanhängers * ***.**3, 31.000 kg. Das ergebe ein höchstzulässiges Gesamtgewicht unter Abzug der gleichhohen Sattellasten von 9.000 kg in Höhe von 38.000 kg, womit die Überladung lediglich 1.180 kg betrage und nicht wie angeschuldigt

8.100 kg.

 

Die Bundespolizeidirektion xx hat aus Anlaß dieser Berufung Ermittlungen getätigt, denenzufolge die Überladung tatsächlich lediglich 1.180 kg zum Tatzeitpunkt betrug. In Folge dessen wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 17.3.1992 die Geldstrafe von S 15.000,-- auf S 3.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe von 15 auf 3 Tage und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 1.500,-- auf S 300,-- herabgesetzt.

 

Dagegen hat der Beschuldigte abermals Berufung (gemeint einen Vorlageantrag) erhoben, mit der Begründung, die erkennende Behörde habe die Tat im Spruch des Straferkenntnisses nicht ausreichend konkretisiert. §44a Z1 VStG verlange, da es sich bei einer Übertretung gemäß §103 Abs1 Z1 KFG zweifellos um ein Dauerdelikt handle, daß im Spruch des Straferkenntnisses Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens angeführt hätten werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, beantrage er die Einstellung des Strafverfahrens.

 

Im Zuge der öffentlich mündlichen Verhandlung am 10.3.1993 gab der Beschuldigte ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen an, er fühle sich der festgestellten Überladung nicht schuldig, da er den Fahrer bei seinem Einstellungsgespräch mündlich darauf hingewiesen habe, daß dies er keine Überladungen vornehmen dürfe. Schriftliche Dienstanweisung habe er keine erteilt. Im übrigen verwies der Beschuldigte darauf, daß einerseits die festgestellte Überladung geringfügig sei und überdies die wirtschaftliche Lage seines Unternehmens schlecht wäre. Er habe 27 LKWs in seinem Unternehmen in U************** laufen und sei um eine Auslastung dieser gewährleisten zu können, gezwungen, die niedrigen Frachtpreise anzunehmen. Außerdem sei er der Meinung, daß andere Mitkonkurrenten in ** keiner so strengen Kontrolle unterzogen werden, wie er.

 

Der Zeuge gab zu gegenständlichen Sachverhalt an,

am 8.11.1991, um 16,00 Uhr, in xx Patrouilliendienst mit dem Dienstfahrzeug versehen zu haben, im Zuge dessen sei ihm am Z*****gürtel das gegenständliche Sattelkraftfahrzeug im Hinblick auf eine mögliche Überladung verdächtig vorgekommen. Er habe dieses daher am Z*****gürtel vor dem Haus Nummer 99 gestoppt und eine Fahrzeug- und Lenkerkontrolle durchgeführt. Aufgrund der Daten im Zulassungsschein und den durch den vom Lenker vorgewiesenen Wägezettels ergab sich eine Überladung um 8.100 kg.

 

Einige Tage nach diesem Vorfall, habe er sich, da ihm Bedenken hinsichtlich des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes laut Zulassungsschein kamen, mit der Bezirkshauptmannschaft O in Verbindung gesetzt. Die zuständige Sachbearbeiterin habe ihm dort erklärt, Herr S sei bereits mehrmals aufgefordert worden, eine Korrektur des Zulassungsscheines vornehmen zu lassen, weil das dort angeführte höchstzulässige Gesamtgewicht des Sattelzugfahrzeuges falsch eingetragen wurde. Richtigerweise betrage das höchstzulässige Gesamtgewicht des Sattelzugfahrzeuges 16.000 kg.

 

Zu dem Vorwurf des Beschuldigten, es würden insbesondere die LKWs der Firma S einer laufenden Kontrolle durch die Bundespolizeidirekion unterzogen, erklärt der Zeuge, es seien heutzutage vielfach die LKW mit CB-Funks ausgerüstet, womit die Standorte der Polizeiorgane rasch unter den LKW-Fahrern bekannt gegeben werden und von diesen dann andere Routen gefahren werden. Er sei daher verhalten, solange sein Standort noch unbekannt ist, alle einer Überladung verdächtigen LKW zu überprüfen. Dies werde auch gemacht. Der Verdacht einer Überladung ergebe sich aus seiner langjährigen Diensterfahrung, wonach hiefür überhöhte Wände an den LKW, heruntergebogene Federböcke, Reifengeräusche, vorallem aber die Bombierung der Reifen wichtige Indizien dafür liefere.

 

Die sechste Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich hat dazu erwogen:

 

Das gegenständliche Berufungsbegehren ist ausdrücklich auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung in Zusammenhang mit §44a VStG gerichtet:

 

Wie der Rechtsmittelwerber richtig darlegt, ist bei Dauerdelikten laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Spruch der Entscheidung Anfang und Ende der strafbaren Handlungen anzuführen.

 

Dauerdelikte liegen jedoch nur dann vor, wenn nicht  nur die Herbeiführung sondern auch die Erhaltung eines rechtswidrigen Zustandes der Strafdrohung unterliegt.

 

Gemäß §103 Abs1 Ziff1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oderbewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Dies bedeutet, daß der Zulassungsbesitzer mit dieser gesetzlichen Pflicht, ungeachtet, welches gesetzliche Gebot im Einzelfall zu überprüfen er unterlassen hat, das Verhalten darauf zu richten hat, Sorge für die Einhaltung der genannten Bestimmungen zu tragen. Für die hier zu beurteilende Verwaltungsstrafsache heißt dies, daß der Beschuldigte nicht unter Strafsanktion steht, weil er keine ordnungsgemäße Beladung durchgeführt hat und den Zustand des Beladenseins des Fahrzeuges aufrecht erhalten hat, sondern eben, weil er seiner gesetzlich aufgetragenen Sorgfaltspflicht gemäß §103 Abs1 Ziff 1 KFG nicht nachgekommen ist und so zum angegebenen Zeitpunkt eine Überladung festgestellt werden konnte.

 

Die hiermit dargelegten Tatbilder entsprechen jenen eines Ungehorsamsdeliktes gemäß §5 Abs1, 2. Satz VStG, wonach die Handlung allein auf ein bloßes Verhalten ohne Merkmale eines Erfolges gerichtet sein muß. In diesem Sinn hat auch der Verwaltungsgerichtshof zahlreiche Entscheidungen gefällt (VwGH 15. November 1976 Slg 9180A, 11. März 1981 2947/80, 18. Dezember 1979, 2495/79, 4. Juni 1980, 3217/78,

26. März 1987, 86/02/0193, 30 September 1987 87/03/0155, 18. Oktober 1989, 89/02/0085, 27. Februar 1992, 92/02/0084, 27. Februar 1992, 92/02/0085 ua).

 

Die Übertretung des §103 Abs1 KFG wird dadurch bewirkt, daß der Täter es unterläßt, dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

 

Als Tatort ist bei Unterlassungsdelikten jener Ort anzusehen, an dem der Täter handeln hätte sollen. Der Ort, an dem ein Zulassungsbesitzer seiner Verpflichtung nach §103 KFG nachzukommen hat, ist in der Regel der Standort des Fahrzeuges. Bei Unternehmungen ist dies jener Ort, von dem aus der Zulassungsbesitzer über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt.

 

Im Hinblick auf den konkreten Fall bedeutet dies, daß der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer, die ihn treffende Verpflichtung nicht an der im Straferkenntnis als Tatort der angegebenen Stelle, den Ort der Anhaltung des Fahrzeuges zwecks anschließender Überprüfung erfüllen hätte müssen, sondern an dem Standort des LKWs. Der Tatort nach §103 Abs1 KFG ist aber nicht davon abhängig, an welchem Ort, ein mit dem Fahrzeug fahrender Lenker angehalten und das strafbare Verhalten festgestellt wird.

 

Daraus folgt, daß die Bestimmungen des §103 Abs1 KFG zwischen der Begehung der strafbaren Handlung durch den Zulassungsbesitzer einerseits und der Anhaltung des Lenkers und Feststellung des inkriminierten Sachverhaltes andererseits unterscheidet.

 

Im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren hätte daher vorerst der dauernde Standort des Fahrzeuges ermittelt werden müssen, um eine entsprechende Verfolgungshandlung setzen zu können.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß dem in §44a VStG postulierten Konkretisierungsgebot - wie dargetan - nicht entsprochen wurde, ist die erstinstanzlichen Entscheidung mit einer inhaltlichen im Berufungswege nicht mehr sanierbar Rechtswidrigkeit behaftet.

 

 

Die Kammerzuständigkeit gründet sich auf die Bestimmung des §51c VStG, weil die im angefochtenen Bescheid verhängte Geldstrafe S 10.000,-- übersteigt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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