TE UVS Wien 1993/04/21 02/32/24/92

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Veröffentlicht am 21.04.1993
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Betreff

Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Festnahme; Hausdurchsuchung; Zurückweisung; Abweisung

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied DDr Schönberger über die Beschwerde der Frau Margarete L, vertreten durch RA, wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte 1) auf persönliche Freiheit ("Art5 MRK, Art8 StGG") durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien und 2) auf Unverletzlichkeit des Hausrechtes sowie Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Wohnung ("Art9 StGG, Art8 MRK") durch Organe der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland unter Hilfeleistung der Organe der Bundespolizeidirektion Wien nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit wird gemäß §67c Abs3 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Die Beschwerde wegen des Eingriffs in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Hausrechts sowie in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und der Wohnung wird gemäß §67c Abs3 AVG als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat gemäß §79a AVG den obsiegenden Parteien (in Punkt 1) der Bundespolizeidirektion Wien, in Punkt 2) der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland bzw dem Fernmeldebüro) binnen 14 Tagen (ab Zustellung des schriftlichen Bescheides) bei sonstiger Exekution Kosten in der Höhe von je S 2.023,-- (für den Schriftsatz und Vorlageaufwand), das sind insgesamt S 4.046,-- an den Bund, zu bezahlen.

Text

Begründung:

1. Beweismittel

1.1. Beschwerdevorbringen

Die Beschwerdeführerin brachte vor, daß sie am 13.3.1992 um etwa

12.10 Uhr im Stiegenhaus der Hochschule gemeinsam mit M P, W Ste und I St vorerst von den Organen der Fernmeldebehörde mit dem Bemerken, sie seien von der Fernmeldeüberwachung, aufgehalten worden sei, als sie gerade vom Dachboden Richtung Erdgeschoß der Hochschule unterwegs gewesen wären. Sie seien von den Beamten der

 

Post- und Telegraphendirektion aufgefordert worden, die Taschen abzustellen.

Bei den Taschen habe es sich konkret um einen Rucksack, den M P in der Hand gehabt hätte, sowie um einen Schreibmaschinenkoffer und eine Plastiktasche gehandelt, in der sich die Sendeanlage samt Antenne befunden habe, welche I St getragen hätte. Sie selbst habe nichts in der Hand gehabt, auch W Ste habe nichts gehalten. Kurz darauf seien ihrer Erinnerung nach zwei Beamte der Polizeidirektion und noch zwei Beamte der Post- und Telegraphendirektion nachgekommen.

Von den Beamten seien sie dann aufgefordert worden, die Plastiktasche, den Rucksack und den Schreibmaschinenkoffer zu öffnen und sich auszuweisen. Sie hätten dieser Aufforderung unverzüglich Folge geleistet.

Die Organe der Post- und Telegraphendirektion hätten dann sowohl die Sendeanlage samt Antenne, die sich in der Plastiktasche befunden habe, als auch die anderen Geräte, die in keinem Zusammenhang mit der Sendeanlage gestanden seien, wie beispielsweise zwei Stück Kopfhörer, 1 CD-Player, ein Rundfunkportable, Marke Samsung, und andere Geräte samt dem Rucksack und dem Schreibmaschinenkoffer, beschlagnahmt. Über die beschlagnahmten Geräte sei eine Inventarliste aufgenommen worden. Diese Geräte seien im Erhebungsbericht festgehalten worden.

In der Folge hätten dann die Organe der Polizeidirektion ihre Daten aufgenommen.

Nachdem ihre Daten und kurzen Aussagen aufgenommen worden seien, wären sie gemeinsam mit den Beamten in das Erdgeschoß gegangen. Obwohl die Beamten keine weiteren Amtshandlungen mehr gemacht hätten, hätten sie bei den Beamten vor dem Haustor im Vorgarten warten müssen. Sowohl ihr selbst als auch den anderen Betroffenen sei verboten worden, den Platz zu verlassen. Sie seien sogar konkret am Weggehen gehindert worden, indem sich die Beamten der Bundespolizeidirektion sich ihnen in den Weg gestellt hätten. Einem Studenten, der ein Photo hätte machen wollen, sei dies von einem Organ der Bundespolizeidirektion untersagt worden. Bereits im Stiegenhaus sei ihnen mitgeteilt worden, daß noch eine Hausdurchsuchung gemacht werde. Ursprünglich hätte die Hausdurchsuchung jedoch nur bei W Ste und M P durchgeführt werden sollen. Erst als ein Postbeamter auf einem Netzstecker ein Postüberprüfungspickerl gefunden habe, hätten die einschreitenden Beamten erklärt, daß auch bei ihr und I St eine Hausdurchsuchung vorgenommen werde. Als sie in der Zwischenzeit einen Kaffee trinken hätten wollen, sei ihnen dies verwehrt worden. Die Amtshandlung im Stiegenhaus habe etwa 20 Minuten gedauert. Von

12.30 bis ungefähr 13.20 Uhr hätten sie vor dem Haustor gemeinsam mit den Polizisten gewartet.

Wie bereits erwähnt, sei in dieser Zeit keine Amtshandlung mehr vorgenommen worden, sie hätten jedoch auch nicht weggehen dürfen. Am Weggehen seien sie konkret durch Polizisten, die sich ihnen in den Weg gestellt hätten, gehindert worden.

Um etwa 13.20 Uhr seien sie mit zwei Funkstreifenwagen auf die Bundespolizeidirektion Wien, gebracht worden.

Auch auf der Bundespolizeidirektion sei keine weitere Amtshandlung mehr vorgenommen worden. Sie hätten jedoch die Bundespolizeidirektion nicht verlassen dürfen. Ebenso sei ihr Vorschlag, zu Hause auf die Hausdurchsuchung zu warten, abgelehnt worden.

 

Als sie einmal telephonieren habe wollen, sei ihr das von den Organen der Bundespolizeidirektion untersagt worden. Der Student P R habe auf der Bundespolizeidirektion nur durch die Glastüre zu ihnen reden dürfen und sei dann wieder weggeschickt worden. Es sei ihnen nicht erlaubt gewesen, die Bundespolizeidirektion zu verlassen. Konkret habe ihnen ein Beamter erklärt, daß sie aus dem Haus nicht hinausgelassen würden. Etwa zwischen 15.00 und 15.15 Uhr seien sie auf je vier Streifenwagen verteilt worden und sei bei jedem einzelnen die Hausdurchsuchung durchgeführt worden.

Bei ihrer Hausdurchsuchung sei ein Postbeamter und ein Beamter der Bundespolizeidirektion anwesend gewesen, die ihre Wohnung in Wien durchsucht hätten.

Vor dem Eingang sei ihr die in Kopie beiliegende Ermächtigung der Bundespolizeidirektion Wien, Abteilung I, ausgehändigt worden. Nachdem die Beamten die Wohnung durchsucht hätten, hätten sie diese wieder verlassen und hätten ihr eine Bescheinigung ausgestellt, daß bei der Hausdurchsuchung nichts gefunden worden wäre. Diese Bescheinigung liege ebenfalls dieser Beschwerde in Kopie bei.

Als Beschwerdegründe machte die Beschwerdeführerin geltend, daß gemäß §35 VStG die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt seien, Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zwecke ihrer Vorführung vor die Behörde festzunehmen, und zwar, wenn die Identität nicht oder nicht sofort feststellbar sei, Fluchtgefahr bestehe oder der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharre oder sie zu wiederholen suche.

Bei ihr habe die Identitätsfeststellung sofort durchgeführt werden können und habe keine Fluchtgefahr bestanden. Sie habe einen festen Wohnsitz und studiere auf der Hochschule in Wien, und es ergebe sich auch aus dem angeblich von ihr verübten Verwaltungsvergehen kein Fluchtgrund.

Auch gehe aus der Sachverhaltsdarstellung , die von den Erhebungsorganen erstellt worden sei, nicht hervor, daß ihre Festnahme zur Verhinderung einer weiteren Verwaltungsübertretung notwendig gewesen wäre. Davon abgesehen werde von der belangten Behörde selbst nicht behauptet, daß eine Festnahme gemäß §35 VStG erfolgt wäre.

Der Verfassungsgerichtshof verstehe unter Verhaftung nicht nur solche Freiheitsbeschränkungen, die formell als "Verhaftung" verfügt würden, sondern jene Amtshandlungen, die primär auf eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit gerichtet seien. Art8 StGG schütze vor willkürlicher Verhaftung. Im gegenständlichen Fall sei sie durch die Amtsgewalt der Bundespolizeidirektion von etwa 12.15 bis etwa 15.30 Uhr (inkl Hausdurchsuchung), also etwa 3 1/4 Stunden, in ihrer Freiheit beschränkt gewesen.

Aber selbst wenn man davon ausgehen würde, daß die Beschränkung ihrer Freiheit als sekundäre Folge der Anwesenheitspflicht bis zur Vornahme der Hausdurchsuchung auszulegen sei, so müsse dennoch von einer "Überspannung der staatlichen Gewalt" gesprochen werden, da die Hausdurchsuchung zu Unrecht erfolgt wäre.

Der Art9 StGG (Unverletzlichkeit des Hausrechtes) gewährleiste den Schutz gegen willkürliche Hausdurchsuchungen. Laut dem Gesetz vom 27.10.1862 zum Schutz des Hausrechtes, das im Verfassungsrang stehe, dürften Hausdurchsuchungen zum Behufe der polizeilichen Aufsicht nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vorgenommen werden.

 

In §28 Abs3 des Fernmeldegesetzes sei eine Hausdurchsuchung vorgesehen. Aber auch bei einer nach §28 Abs3 vorgenommenen Hausdurchsuchung müßten laut §3 des Gesetzes zum Schutze des Hausrechtes 1862 sowohl die Vorschriften des §2 als auch die Vorschriften der Strafprozeßordnung (§139 ff StPO) beachtet werden.

In der Regel dürfe also eine Hausdurchsuchung nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehls unternommen werden. Dieser Befehl sei den Beteiligten sogleich oder doch innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen. Einen richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl habe sie bis heute nie erhalten. Eine Hausdurchsuchung sei weiters nur insoferne zulässig, als weder die freiwillige Herausgabe des Gesuchten noch die Beseitigung der die Durchsuchung veranlassenden Gründe erfolgt sei.

Im gegenständlichen Fall sei die UKW-Sendeanlage (103,3 MHz), mit der angeblich gegen §26 Abs1 Zi1 und 2 Fernmeldegesetz verstoßen worden sei, bereits um 12.10 Uhr auf der Stiege im Gebäude der Hochschule beschlagnahmt worden. Die Organe der Post- und Telegraphendirektion seien also lange vor der Hausdurchsuchung bereits im Besitz der Geräte, nach denen in der Hausdurchsuchung gesucht werden sollte, gewesen.

Im gegenständlichen Fall sei aber auch keine "Gefahr im Verzug" vorgelegen, die diese Hausdurchsuchung gerechtfertigt hätte. Dies gehe auch aus der beiliegenden Ermächtigung hervor, auf der der Satz "Die Einholung eines richterlichen Befehles war wegen Gefahr im Verzug nicht möglich" oben durchgestrichen worden sei. Durch die gegenständliche Hausdurchsuchung sei außerdem das Recht auf ihr Privat- und Familienleben und insbesondere ihre Wohnung (Art8 EMRK) verletzt worden.

In diesem Zusammenhang wendete die Beschwerdeführerin gleichzeitig ein, daß die Anwendung des §28 Abs3 zur Durchführung von Hausdurchsuchungen gegen Personen, die UKW-Sendeanlagen für eine "nicht besetzte Frequenz" errichten, besitzen oder betreiben, gegen das in Art10 MRK festgeschriebene Recht der Freiheit der Meinungsäußerung und der Information verstoße.

So schlage beispielsweise der Ausschuß für Kultur und Erziehung der parlamentarischen Versammlung des Europarates in seiner Stellungnahme zu den Lokalradios in Europa vor, daß die Existenz lokaler und speziell nicht kommerzieller Privatradios bei gesetzlicher Regelung offiziell anerkannt werden sollte.

1.2. Vorbringen der Bundespolizeidirektion Wien

In ihrer Gegenschrift vom 16.6.1992 führte die Bundespolizeidirektion Wien unter anderem folgendes aus:

"Die Beschwerdeführerin bringt vor, Organe der belangten Behörde hätten dadurch, daß sie der Beschwerdeführerin "verboten, den Platz zu verlassen" und sich ihr "in den Weg stellten" sowie dadurch, daß sie ihr verwehrten, Kaffee trinken zu gehen, faktischen Zwang ausgeübt, der als Verhaftung anzusehen ist. Eine Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt einen Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt werden würde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl zB VfSlg 7034) ist Voraussetzung für die Qualifikation als sogenannte faktische Amtshandlung (seit dem BVG BGBl Nr 1975/302: Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, VfSlg 3701), daß die Amtshandlung ein behördliches Handeln im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, daß der Amtshandlung in irgendeiner Form eine

 

rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann, daß es sich dabei also um einen gegen eine individuell bestimmte Person gerichteten Verwaltungsakt und somit um eine Amtshandlung individuellen normativen Inhaltes handelt (VfSlg 7346). (Sinngemäß Klecatsky-Morscher, Das österreichische Verfassungsrecht, 3 Auflage, Wien 1982, E 76 zu Art144 B-VG). Die Aktenlage läßt eine derartige als Zwang zu wertende Vorgangsweise der belangten Behörde nicht erkennen. Die beteiligten Beamten machten die Beschwerdeführerin ausdrücklich darauf aufmerksam, daß sie nicht festgenommen sei und die Örtlichkeit verlassen dürfe. Auch setzten sie keine Maßnahmen, um sich der Person der Beschwerdeführerin tatsächlich zu versichern. Konkrete Ausübung von Zwang wird im übrigen selbst von der Beschwerde nicht behauptet." (gemeint wohl: von der Beschwerdeführerin)

1.3. Vorbringen der Post- und Telegraphendirektion

In ihrer Gegenschrift vom 5.10.1992 führte die Post- und Telegraphendirektion unter anderem folgendes aus:

Die Beschwerdeführerin wurde hinsichtlich der Übertretung nach §26 Abs1 Z2 FG (unbefugter Besitz) auf frischer Tat betreten. Sie hat am 13. März 1992 auch zugegeben, die in Rede stehende Funkanlage zuvor errichtet und betrieben zu haben.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß einerseits die Fernmeldebehörde schon in den Monaten vorher wiederholt derartige Sendeanlagen festgestellt und ausgeforscht hat, wobei Herkunft und Betreiber der Anlagen in mehreren Fällen nicht eruiert werden konnten, und andererseits die Beschwerdeführerin und die Mittäter bei der ersten Befragung übereinstimmend keine Angaben über die Herkunft des Senders machten bzw den angeblichen Überbringer bewußt verschwiegen haben, bestand aus Sicht der belangten Behörde der dringende Verdacht, daß weitere Sender vorhanden sein konnten. Das an die Bundespolizeidirektion Wien gerichtete Ersuchen um Durchführung einer Hausdurchsuchung gemäß §28 Abs3 FG entsprach somit dem Gesetz. Daß diese Hausdurchsuchung - wie in der Beschwerde mehrmals erwähnt wird - der Suche nach dem zuvor beschlagnahmten Funkgerät dienen sollte, scheint in diesem Zusammenhang denkunmöglich.

Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde geben im Verein mit der - nach richtiger Zitierung des §28 Abs3 FG - rechtsirrigen Ansicht, daß für die Durchsuchung ein richterlicher Befehl erforderlich gewesen wäre, zur Vermutung Anlaß, daß die Tätigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates mutwillig in Anspruch genommen wird.

Da - wie oben ausgeführt - die Hausdurchsuchung gesetzlich vorgesehen ist und nach Ansicht der Post- und Telegraphendirektion Wien als Fernmeldebehörde I Instanz eine Maßnahme darstellte, die der Verhinderung von strafbaren Handlungen (nämlich dem weiteren Besitz bzw Betrieb von Funksendeanlagen ohne Bewilligung) diente, liegt nach Ansicht der belangten Behörde auch keine Verletzung des Art8 EMRK vor."

1.4. Mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat

Wien

In der am 20. und 21.10.1992 stattgefundenen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wurden die Beschwerdeführerin sowie 17 Zeugen (davon 4 Studenten und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule, die dortige Leiterin des Instituts für Öffentlichkeitsarbeit, 5 Polizeibeamte und 6 Organe der Fernmeldebehörde) einvernommen.

 

Die Einvernahme 5 weiterer Zeugen wurde abgewiesen, da sie in der Beschwerde zwar angeführt wurden, aber nicht dargelegt wurde, zu welchem konkreten Vorbringen sie eine Aussage aus eigener Wahrnehmung machen hätten können. Bei zwei dieser nominierten Zeugen (Ing Stra und R Eb) war außerdem ersichtlich, daß sie sich nur bei der Bundespolizeidirektion Wien telefonisch nach der Beschwerdeführerin und ihrer drei Kollegen erkundigen wollten und keine Auskunft erhielten. Erst aus der Aussage der I St (Beiblatt 4, Seite 5, 2. Absatz) geht hervor, daß R Eb, M M und Ch N (der entgegen der Beschwerdeschrift laut I St keine Studentin, sondern ein Student ist) jene Studenten waren, die mit der Beschwerdeführerin bzw I St und M P im Vorgarten des Instituts sprachen. Aus der Aussage des W Ste (Beiblatt 5, Seite 4, vorletzter Absatz) geht hervor, daß auch er mit Ch N gesprochen hat.

Da aber auch aus den Aussagen von I St und W Ste nicht hervorgeht, zu welchem für den Hauptinhalt des Spruchs dieses Bescheides wesentlichen Beweisthema diese Zeugen befragt werden hätten sollen, erschien ihre Einvernahme entbehrlich; denn weder im Falle, daß diese Zeugen mit der Beschwerdeführerin und ihren drei Kollegen gesprochen haben (vgl die Aussagen von I St und W Ste), noch im Falle, daß sie mit der Beschwerdeführerin und den drei anderen nicht sprechen hätten dürfen (vgl Aussage der Beschwerdeführerin, Beiblatt 1, Seite 3, 3. Absatz, die jedoch hierbei keine Namen nennt), hätten diese Zeugen zu der Behauptung, daß die Beschwerdeführerin festgenommen war, Entscheidendes beitragen können: Im Falle, daß diese Zeugen mit der Beschwerdeführerin (und den drei anderen einer Übertretung nach dem Fernmeldegesetz verdächtigen Studenten) gesprochen haben, hätte dies gegen die Behauptung der Beschwerdeführerin gesprochen; im Falle, daß sie nicht mit der Beschwerdeführerin hatten sprechen dürfen, ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Amtshandlung betreffend die Beschwerdeführerin (und die drei anderen Studenten) offenbar noch nicht beendet gewesen war. Auch ein allfälliges "Sprechverbot" mit anderen Studenten würde daher kein Indiz für eine Festnahme der Beschwerdeführerin bilden.

Ebenso war die Einvernahme des W Pf nicht erforderlich, zumal der Beschwerde nicht zu entnehmen war, ob und an welchem Teil der Amtshandlung er teil hatte und zu welchem konkreten Beweisthema er befragt werden sollte; erst aus den Aussagen der Beschwerdeführerin und der drei anderen Studenten ging hervor, inwiefern er überhaupt mit der Amtshandlung betreffend die Beschwerdeführerin zu tun gehabt hatte: Er war auf die Bundespolizeidirektion Wien gekommen, um nach der Beschwerdeführerin und den drei anderen Studenten zu sehen; er hatte mit ihnen gesprochen und war schließlich von einem Kriminalbeamten nach seinem Passierschein gefragt und (weil er sich keinen besorgt hatte) zum Verlassen der Bundespolizeidirektion Wien aufgefordert worden. Da der Unabhängige Verwaltungssenat Wien keinen Anlaß hatte, diesen Umständen (Auftauchen des W Pf im Gebäude der Bundespolizeidirektion Wien, Nichtvorhandensein eines Passierscheines, Aufforderung, das Gebäude zu verlassen) keinen Glauben zu schenken, war die Einvernahme des W Pf nicht notwendig. Im übrigen hat der Vertreter der Beschwerdeführerin den Antrag auf Einvernahme der fünf Zeugen in seinen Schlußausführungen nicht aufrechterhalten.

 

Auch eine neuerliche Ladung des Sicherheitswachebeamten Si wurde nicht beantragt, und schien dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien auch entbehrlich, da er nur einer der vier Sicherheitswachebeamten gewesen war, die die Beschwerdeführerin und ihre drei Studienkollegen mit dem Streifenkraftwagen vom Gelände der Universität in das Gebäude der Bundespolizeidirektion Wien gefahren hatten.

2. Beweiswürdigung

2.1. Aus den Aussagen der Polizei- und der Fernmeldebeamten in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien geht hervor, daß die Berufungswerberin und die drei anderen Studenten nicht festgenommen wurden und jederzeit (aus dem Vorgarten des Instituts bzw aus der Bundespolizeidirektion Wien) weggehen hätten können (Aussage von GrInsp W T, Beiblatt 12, Seite 3, 4. Absatz; des BezInsp W Schr, Beiblatt 15, Seite 2, 3. Absatz, und Seite 3, viertletzter Absatz; RevInsp H Ri, Beiblatt 16, Seite 2, 5. Absatz; RevInsp C E, Beiblatt 17, Seite 2, Rev. Ing  H G, Beiblatt 11, Seite 2, 2. Absatz und RevInsp T Sch, Beiblatt 18, Seite 2).

 

Hingegen behaupten die Beschwerdeführerin und die drei anderen Studenten, daß sie sowohl im Vorgarten des Instituts als auch in der Bundespolizeidirektion Wien am Weggehen gehindert worden seien. Sie hätten in ein Cafe gehen bzw heimfahren wollen (vgl die Aussagen der Beschwerdeführerin, Beiblatt 11, Seite 1, vorletzter und letzter Absatz, von I St, Beiblatt 4, Seite 4, letzter Absatz sowie W Ste, Beiblatt 5, Seite 4, letzter Absatz, vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien), doch sei ihnen das verwehrt worden.

Daß die drei anderen Studenten mit ihren Angaben die Behauptungen der Beschwerdeführerin stützen, erklärt sich nicht nur daraus, daß sie aufgrund ihrer Freundschaft ein gewisses Naheverhältnis zur Beschwerdeführerin aufweisen, sondern auch daher, daß alle drei selbst aus denselben Gründen wie die Beschwerdeführerin eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt eingebracht hatten und daher auch ein persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hatten. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien schenkt diesbezüglich den zeugenschaftlichen Aussagen der Polizei- und der Fernmeldebeamten mehr Glauben als den Angaben der Beschwerdeführerin und der drei anderen Studenten.

Die Beamten unterliegen aufgrund ihrer verfahrensrechtlichen Stellung als Zeugen der Wahrheitspflicht, wurden auf diese auch ausdrücklich aufmerksam gemacht und hätten im Falle ihrer Verletzung mit dienst- und strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen gehabt.

Daß sich die Polizei- und Fernmeldebeamten zwar an viele Einzelheiten konkret erinnern konnten, ihre Aussagen untereinander jedoch nicht bis in die kleinsten Details übereinstimmen, spricht nicht gegen, sondern für die Zeugen, die sich eben nur an für sie besonders markante Umstände des Vorfalls erinnern konnten, zumal bei ihrer Einvernahme rund 7 1/2 Monate seit dem Vorfall verstrichen waren und die Sicherheitswachebeamten in der Zwischenzeit zahlreiche andere Amtshandlungen durchzuführen hatten.

Außerdem ergibt sich eine divergente Sicht mancher Umstände etwa auch aus den verschiedenen und noch dazu wechselnden Standorten der Polizei- und Fernmeldebeamten (so ging der eine Sicherheitswachebeamte zweimal zu einer Telefonzelle, war also nicht immer zugegen, einige Fernmeldebeamten trugen teilweise die

 

beschlagnahmten Gegenstände zum Fahrzeug, andere hinterlegten die Beschlagnahmebestätigung im Rektorat; ein weiterer blieb die gesamte Zeit in seinem Fahrzeug sitzen) bzw aus ihrem zu verschiedenen Zeiten erfolgten Eintreffen am Vorfallsort und den verschiedenen Zeiten ihrer Anwesenheit bei der Beschwerdeführerin und den drei anderen Beteiligten, zumal es sich sowohl am Vorfallsort als auch in der Bundespolizeidirektion Wien um ein bewegtes Geschehen handelte, das sich laufend änderte. Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die Beamten die Beschwerdeführerin (und die drei Mitbeteiligten) festgenommen hätten und dies nunmehr abstreiten wollten, zumal sich in der Anzeige kein Hinweis auf eine Festnahme der Beschwerdeführerin (oder der drei anderen Studenten) findet, obwohl die Anzeige kurz nach der Amtshandlung verfaßt worden war, jedenfalls also mehrere Wochen bevor die hier gegenständliche Beschwerde eingebracht wurde.

2.2. Die Aussagen der Beamten, daß keine Festnahme der Beschwerdeführerin erfolgt sei, werden insofern auch von den Ausführungen der Beschwerdeführerin und der drei Mitbeteiligten gestützt, als auch aus ihnen hervorgeht, daß ihnen die Kriminalbeamten auf Befragen mitteilten, daß sie nicht festgenommen wären.

Daß die Beamten das Vorliegen einer Festnahme der Beschwerdeführerin gegenüber abstreiten sollten, obwohl sie ihre Festnahme beabsichtigt und durchgeführt hätten, wäre völlig widersinnig und ist daher nicht anzunehmen.

2.3. GrI W T gab vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (Beiblatt 12, Seite 2, drittletzter Absatz) sogar an, daß er einer der beschuldigten Personen erklärt habe, daß sie bei der Hausdurchsuchung gar nicht dabeisein müßten. Es würde jedoch der Schlüsseldienst beauftragt und ein Nachbar oder Hausbesorger ersucht werden, dabei zu sein. Dies hätten die Studenten aber nicht gewollt und sich freiwillig bereiterklärt, bei der Hausdurchsuchung anwesend zu sein.

Diese Aussage wird durch jene des Studienkollegen der Beschwerdeführerin, W Ste, bekräftigt, wonach man ihnen (ihm, der Beschwerdeführerin und den beiden anderen Studenten) gesagt hätte, daß man dann den Schlüsseldienst holen müßte, den sie zu bezahlen hätten (Beiblatt 5, Seite 5 oben).

2.4. Hingegen ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie hätten den Vorgarten des Institutsgebäudes und die Bundespolizeidirektion Wien nicht verlassen dürfen, aus folgenden Gründen unschlüssig:

2.4.1. Aus mehreren Aussagen geht hervor, daß in der Nähe des gegenständlichen Institutsgebäudes ein Fest gefeiert wurde (Aussage des Ph R vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Beiblatt 7, Seite 2, 2. Absatz, ebenso des RevIng H G, Beiblatt 11, Seite 2, 4. Absatz), daß im gegenständlichen Institutsgebäude die Mensa und die Österreichische Hochschülerschaft untergebracht sind und daß - noch dazu angesichts der Mittagszeit - viele Personen von der Straße in den Vorgarten kamen (Aussage der Beschwerdeführerin, Beiblatt 1, Seite 3, 3. Absatz, des ZI K K, Beiblatt 8, Seite 4, 4. Absatz, 6. Absatz und Seite 5, 4. Absatz, des OI E Str, Beiblatt 9, Seite 2, 5. Absatz, des RevIng H G, wie oben, vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien).

Dafür, daß die Beamten jede in den Garten hinein- bzw aus dem Garten hinausgehende Person erst "gestoppt" und überprüft hätten, bevor diese hinein- oder hinausgehen durfte, findet sich kein Hinweis. Wenn aber diese Personen ungehindert ein- und ausgehen konnten, ist es unwahrscheinlich, daß die Beschwerdeführerin bei

 

diesem regen Personenverkehr nicht den Garten verlassen hätte können.

Ebenso ist aus denselben Gründen unglaubwürdig, daß die zwei Kriminalbeamten "das Gartentor schlossen" (Aussage des M P vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Seite 4, drittletzter Absatz). Im übrigen ist es nur M P, welcher angibt, daß sich die beiden Kriminalbeamten vor das Gartentor stellten. Aus der Aussage der Beschwerdeführerin, der I St und des W Ste geht nicht hervor, ob die "vor dem Gartentor aufgestellten" Beamten Postbeamte oder Polizeibeamte gewesen waren. Die Beschwerdeführerin sagte vielmehr aus (Beiblatt 1, Seite 1), daß sie schwer unterscheiden habe können, ob es sich um Polizei- oder Postbeamte gehandelt habe.

2.4.2. Dazu kommt noch, daß der eine der beiden Kriminalbeamten längere Zeit weg war, da er erst eine funktionierende Telefonzelle finden, die Bundespolizeidirektion Wien anrufen, ein Gespräch wegen der von den Beamten der Funküberwachung beantragten Hausdurchsuchung führen und den Weg wieder zurückgehen mußte; außerdem ging er hierauf noch ein zweites Mal telefonieren, um um die Entsendung von zwei Streifenkraftwagen zu ersuchen. Schon aus diesem Grunde kann das Gartentor nicht von beiden Kriminalbeamten "bewacht" worden sein. Sollten jedoch Beamte der Post und Telegraphendirektion vor dem "Gartentürl" "postiert" gewesen sein (zufällig, weil sie auch auf die Fortsetzung der Amtshandlung etc warteten, oder absichtlich, um zu hören, was die Beschwerdeführerin mit ihren Studienkollegen besprach), so ist festzuhalten, daß das "Stehen" von Beamten der Funküberwachung vor dem Gartentor schon deswegen keine Festnahme der Beschwerdeführerin bewirken konnte, weil ihnen gar keine derartige Kompetenz zukommt.

2.4.3. Schließlich geht auch aus der Aussage der I St vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien hervor (Beiblatt 4, Seite 4 unten/5 oben), daß die Beamten die Amtshandlung noch nicht für beendet hielten und dies als Grund für die erforderliche Anwesenheit der Beschwerdeführerin und der drei anderen Beteiligten anführten (vgl auch die Aussage von ZI K K vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, wonach es auf dem Gelände der Universität für Bodenkultur nicht gelungen ist, ein Protokoll mit den vier Studenten aufzunehmen, weil es ständig Störungen gab, Beiblatt 8, Seite 4; ebenso die Aussage von ORev A K vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Beiblatt 10, Seite 2, vorletzter Absatz und Seite 3 unten; ebenso die Aussage von RevIng H G vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Beiblatt 11, Seite 2, vorletzter und letzter Absatz).

2.4.4. Die Angaben der drei anderen Studenten in bezug auf den gemeinsamen Studienkollegen und Freund, Ph R, und dessen Ausführungen erscheinen konstruiert und abgesprochen:

Ph R gab vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien an (Beiblatt 7, Seite 2), daß er am fraglichen Tag einer der Organisatoren der Aktionswoche auf der Universität für Bodenkultur gewesen war und von Fremden gehört hatte, daß ein Peilwagen gekommen sei und die Beschwerdeführerin und drei weitere Freunde mitgenommen worden wären.

Da er von der Arbeit für die Aktionswoche ziemlich müde gewesen war, habe er beschlossen, wegzufahren und Socken zu kaufen. Er sei daher in den 40A gestiegen und zum Schottentor gefahren, habe aber nicht gewußt, wo dort ein Sockengeschäft wäre. Er sei sodann auf der rechten Seite der Ringstraße Richtung Universität gegangen und bei der Suche nach Socken bei der Bundespolizeidirektion Wien vorbeigekommen. Während er dort am Gehsteig gegangen sei, habe ihn plötzlich I St gerufen.

 

Daß Ph R "zufällig" an der Bundespolizeidirektion Wien vorbeigekommen sein soll, weil er sich "Socken kaufen" wollte, ist unglaubwürdig.

Denn erstens wußte er von Kollegen, daß seine vier Freunde "mitgenommen worden" seien. Da auch andere Studenten wußten, daß die Beschwerdeführerin mit drei weiteren Kollegen auf die Bundespolizeidirektion Wien gefahren worden sei (vgl diesbezüglich auch die Ausführungen aus der Beschwerde und das Erscheinen von W Pf in der Bundespolizeidirektion Wien), wird wohl auch Ph R erfahren haben, daß die Beschwerdeführerin, I St, W Ste und M P auf die Bundespolizeidirektion Wien mitgenommen worden seien. Zweitens erscheint es merkwürdig, daß jemand, weil er müde ist (so die Begründung des Ph R!), Socken kaufen fährt (statt heim zu fahren und sich niederzulegen!).

Drittens wird jemand, der ohnehin schon ziemlich müde ist, und Socken kaufen will, kaum planlos zur Ringstraße fahren, sondern in ein Kaufhaus oder in eine Einkaufsstraße (zB Währinger Straße/Nußdorfer Straße), wo es zahlreiche Geschäfte, auch für Textilwaren, gibt.

Wenn sich ein Student in Universitätsnähe nicht auskennt, wird er Kollegen oder Passanten fragen (und nicht ziellos irgendwohin fahren) oder nach Hause fahren und auf dem Weg nach Hause bzw in Wohnortnähe (wo man sich nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eher auskennt und in Frage kommende Geschäfte kennt) Socken kaufen.

Viertens erscheint es als allzu großer "Zufall", daß I St gerade zu dem Zeitpunkt durch das Glastor auf den Gehsteig geblickt hat, als Ph R vorbeiging, und daß er ihre Rufe trotz des tagsüber großen Straßenlärms überhaupt gehört hat, befindet sich doch das Tor der Bundespolizeidirektion Wien nicht unmittelbar neben dem Gehsteig, sondern ist es eine Vielzahl von Stufen vom Gehsteig wegversetzt.

Es ist daher wesentlich wahrscheinlicher, daß auch Ph R nicht zufällig, sondern mit der Absicht, in der Bundespolizeidirektion Wien nach seinen vier Freunden zu fragen (wie vor ihm ein anderer Studienkollege, nämlich W Pf), zur Bundespolizeidirektion Wien gefahren ist. Mit der "Sockengeschichte" und dem "zufälligen" Vorbeikommen an der Bundespolizeidirektion Wien sollten offenbar das besondere Interesse des Ph R am Verbleib seiner Freunde und sein Naheverhältnis zu ihnen verschleiert bzw seiner Zeugenaussage mehr Gewicht verliehen werden.

Letztendlich machte Ph R aber keine eigenen Wahrnehmungen darüber, ob die Beschwerdeführerin und die drei anderen Freunde die Bundespolizeidirektion Wien verlassen hätten können oder nicht, da diese gar nicht versucht haben, in seiner Anwesenheit die Bundespolizeidirektion zu verlassen.

2.4.5. Im übrigen sind die Aussagen der Beschwerdeführerin und ihrer drei Studienkollegen nicht widerspruchsfrei geblieben. Teilweise mag das darauf zurückzuführen sein, daß die vier Freunde - insbesondere im Vorgarten - nicht die ganze Zeit beisammen standen, sondern sich teilweise voneinander entfernten, bzw jeder von ihnen mit anderen Beamten und weiteren Studenten sprach. Im folgenden sollen nur einige der Widersprüche aufgezeigt werden.

2.4.5.1. So wußten etwa die Beschwerdeführerin (Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Beiblatt 1, Seite 3, drittvorletzter Absatz), W Ste (Beiblatt 5, Seite 4, letzter Absatz) und M P (Beiblatt 6, Seite 5, 1. Absatz), daß sie auf die Bundespolizeidirektion Wien gebracht werden würden.

 

I St behauptete vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien hingegen (Beiblatt 4, Seite 5, 5. Absatz), daß man ihnen nicht gesagt hätte, wohin sie mit den Streifenkraftwagen gebracht würden ("Wir hatten gefragt, ..., wohin wir denn fahren würden, und hatten zur Antwort bekommen 'irgendwohin'".).

2.4.5.2. Die Beschwerdeführerin gab an, sie und ihre 3 Freunde hätten im Vorgarten nicht mit anderen Leuten sprechen dürfen; die Beamten hätten die Leute sofort zum Weitergehen aufgefordert (Beiblatt 1, Seite 3, 3. Absatz).

I St gab hingegen an (Beiblatt 4, Seite 5, 2. und 3. Absatz), daß drei Kollegen von der Straße in den Vorgarten kamen und sich mit ihnen (auch mit der Beschwerdeführerin!) unterhielten (vgl auch die Aussage von W Ste, Beiblatt 5, Seite 4, vorletzter Absatz). Erst später hätten die Beamten gesagt, daß sie "eigentlich" gar nicht zusammen reden dürften.

2.4.5.3. Die Beschwerdeführerin gab an, W Ste sei von zwei Beamten ins Gesteinekammerl begleitet worden (Beiblatt 1, Seite 2, 2. Absatz).

I St (Beiblatt 4, Seite 4, letzter Absatz) und M P (Beiblatt 6, Seite 4, vorletzter Absatz) sagten hingegen aus, daß nur ein Beamter mit W Ste mitgegangen sei.

2.4.5.4. I St gab an (Beiblatt 4, Seite 5, 2. Absatz), daß  drei Bekannte, R Eb, M M und Ch N, mit ihr, der Beschwerdeführerin und M P gesprochen hätten. W Ste sei hingegen gerade im Gesteinekammerl gewesen, um seine Schultasche zu suchen. W Ste gab hingegen an, daß (auch) er mit Ch N gesprochen  habe (Beiblatt 5, Seite 4, vorletzter Absatz).

2.4.5.5. Die Beschwerdeführerin sagte aus, daß ihr Freund W Pf von einem Beamten nach seinem Ausweis und danach, was er hier tue, gefragt und gleich hinausgeworfen worden sei (Beiblatt 1, Seite 4, drittletzter Absatz).

I St gab zu Protokoll, daß W Pf erst mit ihnen gesprochen habe und sie dabei auch ein Gespräch mit einem Postbeamten geführt hätten. Erst kurz darauf sei ein Kriminalbeamter gekommen, habe W Pf gefragt, was er hier tue und ob er einen Passierschein habe. Als er dies verneint hätte, habe der Polizeibeamte ihn grob zum Verlassen des Gebäudes aufgefordert (Beiblatt 4, Seite 6, vorletzter Absatz).

Laut W Ste (Beiblatt 5, Seite 6, letzter Absatz) hatten sie mit W Pf eine Rauchpause gemacht, bevor der Kriminalbeamte kam, nach dem Passierschein fragte und W Pf eindringlich zum Weggehen aufforderte.

M P schilderte, daß W Pf kurz mit dem Wachposten diskutiert und sodann die Bundespolizeidirektion Wien betreten hatte. Er habe sie gefragt, was vorgefallen sei und was mit ihnen geschehen würde. Dann sei ein Beamter gekommen, habe W Pf nach dem Passierschein gefragt und ihm gesagt, daß er weggehen müsse (Beiblatt 6, Seite 5, letzter Absatz).

2.4.5.6. I St gab an, daß sie, als W Pf bei ihnen in der Bundespolizeidirektion Wien war, beschlossen hätten, in ein Cafe zu gehen. Ein Postbeamter habe angegeben, daß sie es ja probieren könnten; er glaube aber nicht, daß der Wachposten sie rauslassen würde (Beiblatt 4, Seite 6, drittletzter Absatz).

W Ste sagte aus, daß sie, als Ph R mit ihnen durch die Glastür sprach, beabsichtigt hätten, in ein Kaffeehaus zu gehen (Beiblatt 5, Seite 6, viertletzter Absatz).

Auch M P meinte, daß sie mit Ph R in ein Cafe gehen hätten wollen (Beiblatt 6, Seite 6, 5. Absatz).

 

Ph R gab jedoch auf die Frage des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin, ob die Beschwerdeführerin und I St versucht hätten, das Haus zu verlassen, an, daß sie dies nicht vor ihm versucht hätten (!). Vom Wunsch, mit ihm ein Cafe aufzusuchen, erwähnte er jedenfalls nichts (Beiblatt 7, Seite 4).

2.4.5.7. Laut der Beschwerdeführerin standen sie und ihre drei Freunde unbeaufsichtigt im Erdgeschoß. Erst nachdem W Pf aus der Bundespolizeidirektion Wien gewiesen worden war, sei auf der zum ersten Stock führenden Stiege immer ein Beamter gestanden, der ihre Gespräche belauschte (Beiblatt 1, Seite 4, vorletzter Absatz).

Nach der Aussage der I St (Beiblatt 4, Seite 6, 4. Absatz) hätten sie sich in der Bundespolizeidirektion Wien zunächst auf Stühle gesetzt und seien einige Zeit allein gelassen worden, aber nicht sehr lang. Bald sei ein Mann von der Post gekommen, habe sich auf den Stufen plaziert, sei hin- und hergegangen und habe gelauscht.

W Ste gab an, daß sie einige Zeit unbeaufsichtigt am Gang gestanden wären. Nach längerer Zeit sei ein Postbeamter, der in einem vertraulichen Ton zu ihnen gesprochen habe (Beiblatt 5, Seite 6, 1. und 2. Absatz), gekommen.

M P führte aus, daß etwa nach 5 bis 10 Minuten ein Beamter gekommen sei, der sie bewacht habe (Beiblatt 6, Seite 6, vorletzter Absatz).

2.4.5.8. W Ste führte aus, daß sie in der Bundespolizeidirektion Wien gar nicht gewußt hätten, worauf sie warten sollten (Beiblatt 5, Seite 6 oben); erst ein Postbeamter, der nach längerer Zeit gekommen sei, habe ihnen erklärt, daß es um die schriftliche Ermächtigung für die Hausdurchsuchung gehe.

Nach M P (Beiblatt 6, Seite 5, 1. Absatz) und der Beschwerdeführerin (Beiblatt 1, Seite 3, drittletzter Absatz) wurde ihnen aber bereits im Vorgarten der Universität gesagt, daß sie wegen der "Hausdurchsuchungs- Befehle" zur Bundespolizeidirektion Wien mitfahren müßten.

2.4.5.9. W Ste gab an, daß die Beschwerdeführerin in der Bundespolizeidirektion Wien telefonieren habe wollen, was ihr aber nicht gestattet worden sei (Beiblatt 5, Seite 7, letzter Absatz). Die Beschwerdeführerin gab hingegen nicht an, daß sie telefonieren habe wollen.

I St sagte aus, daß sie in der Bundespolizeidirektion Wien telefoniert habe; sie sei dazu, in ein Büro geführt worden (Beiblatt 4, Seite 7, vorletzter Absatz).

Es erscheint unwahrscheinlich, daß die Polizeibeamten I St zu telefonieren erlaubt hätten, der Beschwerdeführerin aber nicht.

2.5. Die Aussage des Dr. B vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, wonach er "entschieden nicht den Eindruck" gehabt hatte, daß die Beschwerdeführerin und die drei anderen Studenten weggehen hätten können, ist (angesichts der Tatsache, daß er dies erst nach Befragen durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin von sich gab, während er vorher - auf Befragen der Verhandlungsleiterin - ausgesagt hatte, daß er nicht wisse, ob die Beschwerdeführerin (und die anderen) weggehen hätten dürfen, er habe den Eindruck gehabt, daß sie verschreckt gewesen seien) mit Vorsicht zu bewerten; dazu kommt noch, daß Dr B den Eindruck, die Studenten hätten nicht weggehen dürfen (wenn er diesen Eindruck tatsächlich gewonnen haben sollte), schon deswegen haben konnte, weil die Amtshandlung noch im vollen Gange war. Auch bei einer "gewöhnlichen" Fahrzeug- und Lenkerkontrolle würde ein unbeteiligter Dritter nicht davon ausgehen, daß der Lenker während der noch andauernden Kontrolle "einfach wegfahren" kann.

 

Im übrigen hat die Beschwerdeführerin selbst bei ihrer Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien die von ihr behaupteten Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit auf das Warten im Vorgarten und im Gebäude der Bundespolizeidirektion Wien bezogen und nicht auf den im Inneren des Institutsgebäudes erfolgten Teil der Amtshandlung.

Dr B hat die folgende Amtshandlung im Vorgarten nicht beobachtet und konnte daher hierzu keine Aussage machen.

Auch aus der Aussage von Dr Sp geht hervor, daß sie die die Beschwerdeführerin (und die drei anderen Studenten) betreffenden Wahrnehmungen nur im Institutsgebäude und nicht im Vorgarten gemacht hat.

2.6. Zusammenfassend sprechen folgende Beweisergebnisse gegen das Vorliegen einer Festnahme

2.6.1. Auch aus den Einvernahmen der Beschwerdeführerin und der drei anderen Beteiligten (und nicht nur aus jenen der Beamten selbst) geht hervor, daß die beiden Kriminalbeamten auf Befragen der Beschwerdeführerin gegenüber mehrmals ausdrücklich angegeben haben, daß die Beschwerdeführerin (und die drei anderen Beteiligten) nicht festgenommen bzw verhaftet wäre(n). Der Wille der Organe war daher jedenfalls nicht auf eine Festnahme gerichtet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat den Aussagen der Beamten Glauben geschenkt, daß die Beschwerdeführerin jederzeit weggehen hätte können (vgl insbesondere die Ausführungen zu 2.1.).

2.6.2. Die Aussagen der Beschwerdeführerin und der drei anderen Beteiligten, daß sie am Weggehen aus dem Vorgarten des zur Universität für Bodenkultur gehörenden Gebäudes von Beamten gehindert worden wären, waren diesbezüglich nicht schlüssig. Vielmehr geht aus ihnen hervor, daß die Amtshandlung noch nicht beendet war (vgl Aussage der I St vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Beiblatt 4, Seite 4 unten/Seite 5 oben:

"Ihr seid noch nicht fertig, es ist noch nicht erledigt, ihr müßt noch warten.").

Zu der Begründung der Unschlüssigkeit der Behauptung der Beschwerdeführerin, daß sie am Weggehen aus dem Vorgarten des zur Universität für Bodenkultur befindlichen Gebäudes gehindert worden wären, siehe auch die Ausführungen zu 2.4.1 und 2.4.2. Auch jene Aussagen, aus denen hervorgeht, daß W Ste von einem Beamten (oder zweien) begleitet wurde, als er seine Schultasche aus dem Gesteinekammerl holen wollte, lassen nicht auf eine Festnahme schließen. Vielmehr erscheint es schlüssig, daß angenommen werden mußte, daß sich in dieser "Schultasche" noch weitere Teile von Sendeanlagen befinden könnten und daß deswegen ein Beamter mitging.

2.6.3. Auch die Tatsache, daß vom Schlüsseldienst die Rede gewesen war (vgl die Ausführungen unter 2.3.), beweist, daß darüber gesprochen worden war, was geschehen würde, wenn die Beschwerdeführerin und ihre drei Kollegen nicht bei der Hausdurchsuchung anwesend wären, dh wenn sie aus dem Vorgarten weggingen.

2.6.4. Aus keiner der Aussagen geht konkret hervor, worin die Hinderung am Weggehen aus dem Vorgarten tatsächlich bestanden haben soll. So sagte die Beschwerdeführerin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien folgendes:

"Die Beamten blieben vor dem Türl stehen, sodaß wir nicht weggehen konnten; ich kenne mich in rechtlichen Dingen nicht aus, sodaß ich nicht wußte, ob ich nicht auch da bleiben muß, auch wenn die Beamten gesagt haben, daß ich nicht verhaftet bin." (Beiblatt 1, Seite 2, 3. Absatz).

 

Zusätzlich führte sie aus:

"Ich weiß nicht, was die Beamten in der Zwischenzeit, als wir vor dem Gartentor warteten, gemacht haben; sie haben sich unterhalten, ich weiß nicht worüber; einer war oft weg und ich hatte den Eindruck, daß er immer etwas checkt. Iris hatte vorher gefragt, ob die Beamten überhaupt die Erlaubnis des Rektors hätten, das Gelände zu betreten, und die Antwort erhalten 'Ja, die haben wir'; sie haben uns die Genehmigung aber nicht gezeigt. Ich hatte den Eindruck, daß die Beamten vielleicht jetzt erst, während Iris und ich vor dem Gartentor standen, diese Genehmigung einholten."

Weder die Beschwerdeführerin noch die drei anderen Studenten versuchten, wegzugehen. Für ihre Vermutung, daß sie aus dem Vorgarten

nicht weggehen hätten dürfen, findet sich daher kein Anhaltspunkt.

2.6.5. Auch daß der Beschwerdeführerin gesagt worden war, sie (die Beschwerdeführerin, die drei anderen Studenten und die Beamten) würden schnell auf die Bundespolizeidirektion Wien fahren, um den "Hausdurchsuchungs-Befehl" zu holen (Aussage der Beschwerdeführerin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Seite 3, drittletzter Absatz), zeigt, daß die Beschwerdeführerin (und ihre drei Freunde) nicht festgenommen war(en) und eine Festnahme auch gar nicht beabsichtigt wurde.

2.6.6. Es gab somit mehrere Gründe für die Fahrt der Beschwerdeführerin und der drei anderen Studenten zur Bundespolizeidirektion Wien:

Das Abholen der Ermächtigung zur Hausdurchsuchung, die Fortsetzung der Amtshandlung durch Beamte der Funküberwachung ohne störende Dritte und die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin und ihre drei Studienkollegen bei der Hausdurchsuchung selbst anwesend sein und kein Geld für den Schlüsseldienst ausgeben wollten; bei einer Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln mußten sie befürchten, später als die Beamten in der Wohnung zu sein.

Der Grund für die Fahrt zur Bundespolizeidirektion Wien lag jedenfalls nicht darin, daß die Beschwerdeführerin (und ihre drei Freunde) festgenommen war(en), zumal nur ein ganz kurzer Aufenthalt in der Bundespolizeidirektion Wien vorgesehen war.

2.6.7. Auch die Tatsache, daß der eine Kriminalbeamte nicht bereits beim ersten Telefonat mit dem Journalbeamten in der Bundespolizeidirektion Wien (bei dem es um die Ermächtigung zur Hausdurchsuchung ging) Streifenkraftwagen "bestellte", um die Beschwerdeführerin und die drei anderen Beteiligten auf die Bundespolizeidirektion Wien zu bringen, sondern diesbezüglich erst ein zweites Mal telefonieren gehen mußte, spricht eindeutig dafür, daß die Beschwerdeführerin nicht festgenommen war.

2.6.8. Ebenso zeigt die Tatsache, daß nur zwei Streifenkraftwagen für insgesamt 4 Personen (die Beschwerdeführerin und die drei anderen Beteiligten) angefordert wurden, daß es zu keiner Festnahme auch nur einer dieser vier Personen gekommen ist. Denn es ist unüblich, daß zwei Festgenommene miteinander im Streifenkraftwagen transportiert werden. Die übliche Vorgangsweise ist die, daß in einem Streifenkraftwagen nur eine festgenommene Person transportiert wird; mehrere Festgenommene können nur in speziellen Fahrzeugen (Arrestantenwagen = "Frosch") zur Behörde gebracht werden. Ein solches Fahrzeug wurde aber damals nicht zur Universität für Bodenkultur geschickt.

2.6.9. Außerdem wurden weder die Beschwerdeführerin noch die anderen Beteiligten vor dem Einsteigen in den Streifenkraftwagen visitiert, wie dies bei festgenommenen Personen unerläßlich ist.

 

2.6.10. Auch die "Behandlung" der Beschwerdeführerin und der drei anderen Beteiligten in der Bundespolizeidirektion Wien widerspricht eindeutig der "Behandlung" von Festgenommenen:

Erstens standen sie unbeaufsichtigt im Parterre der Bundespolizeidirektion Wien. Anfangs setzte ORev A K seine Erhebungen fort, in dem er alle vier Beschuldigten gleichzeitig befragte (Aussage des ORev A K vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, Beiblatt 10, Seite 3, vorletzter Absatz). Die Anwesenheit von Postbeamten (bei der Fortsetzung der Erhebungen sowie später "auf der Treppe") stellt keinen eine Festnahme begründenden Umstand dar, zumal Beamte der Post- und Telegraphendirektion (abgesehen davon, daß sie nicht die Absicht hatten, irgendwen festzunehmen) gar keine Festnahmebefugnis haben. Auch die Anwesenheit jenes Polizeibeamten, der das Tor der Bundespolizeidirektion Wien bewacht, kann wohl nicht ernstlich als "Indiz" für die Festnahme der Beschwerdeführerin angesehen werden, da die Aufgabe dieses Torpostens nicht die Bewachung irgendwelcher (polizei)fremder Personen, die im Inneren des Gebäudes im Erdgeschoß herumstehen, ist, sondern der Schutz des Gebäudes und der in ihm aufhältigen Bediensteten.

Zweitens wurden die Beschwerdeführerin und ihre drei Freunde nicht einmal voneinander getrennt.

Drittens wurden sie weder visitiert (üblicherweise erfolgt eine nochmalige, diesmal gründlichere Visitierung auf der Behörde selbst) noch in der Bundespolizeidirektion Wien von Polizeibeamten einvernommen.

Viertens wurden die bei einer Festnahme erforderlichen Formulare (Personal- und Anhalteblatt, Haftzettel etc) nicht ausgefüllt. Fünftens erfolgte keine Abnahme von Effekten und keine Abgabe in den Arrest.

Sechstens fand sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die Beschwerdeführerin konkret versucht hätte, die Bundespolizeidirektion Wien zu verlassen, und daran gehindert worden wäre.

Daß die Beschwerdeführerin und die drei anderen Studenten in ein Kaffeehaus gehen hatten wollen, spricht nicht einmal für einen Versuch des Weggehens, sind die diesbezüglichen Aussagen doch widersprüchlich (vgl die Ausführungen zu 2.4.5.6.). Keiner der Beamten kann sich erinnern, gefragt worden zu sein, oder ist gefragt worden, ob die Studenten in ein Cafe gehen dürften.

Aber selbst wenn die Beschwerdeführerin (oder ihre Freunde) einen Beamten gefragt hätte(n), ob sie in ein Cafe gehen dürften, ist nicht erwiesen, daß sie einen Polizeibeamten gefragt hat/(haben). I St sagte ausdrücklich, daß sie einen "Postmenschen" gefragt hätten und dieser gemeint hätte, sie könnte es ja probieren, er glaube aber nicht, daß der Torposten sie rauslassen würde (Beilage 4, Seite 6, drittletzter Absatz). Daß sie auch den Kriminalbeamten, der W Pf wegen des fehlenden Passierscheines zum Verlassen der Bundespolizeidirektion Wien aufgefordert hatte, gefragt hätten, ist der Aussage von I St nicht zu entnehmen. Im übrigen kann auch in der Angabe der Postbeamten, daß sie für den Fall, daß die Studenten gefragt hätten, ob sie in ein Kaffeehaus gehen dürften, geantwortet hätten, daß dies im Hinblick auf die Hausdurchsuchung nicht sinnvoll wäre, kein Indiz für eine erfolgte Festnahme erblickt werden, zumal die Beamten gleichzeitig aussagten, die Studenten hätten dennoch jedenfalls weggehen können (vgl zB Aussage des ORev A K, Beiblatt 10, Seite 4, viertletzter Absatz).

 

2.6.11. Schließlich können festgenommene Personen auch nicht formlos entlassen werden, sondern erst nach Anordnung eines Polizeijuristen. Eine derartige Anordnung war im gegenständlichen Fall nicht erforderlich und wurde auch nicht getroffen.

2.7. Was die Abwicklung der Hausdurchsuchung bei der Beschwerdeführerin betrifft, so wurde diesbezüglich von den Angaben der Beschwerdeführerin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ausgegangen (Beiblatt 1, Seite 5 ab dem 4. Absatz, und Seite 6, 1. bis 6. Absatz), die mit jenen des Rev R W in Einklang stehen und von diesem ergänzt werden (Beiblatt 13, Seite 3, ab dem 3. Absatz).

2.8. Ergebnis der Beweiswürdigung betreffend die Festnahme

Nach Prüfung und Würdigung der Verfahrensergebnisse sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat Wien aus all den vorher aufgezählten Gründen außer Stande, als erwiesen anzusehen, daß die Beschwerdeführerin am 13.3.1992 im Vorgarten des Instituts festgenommen wurde.

Vielmehr sieht es der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als erwiesen an, daß die die Beschwerdeführerin betreffende Amtshandlung wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fernmeldegesetz, bei der sie auf frischer Tat betreten worden war, noch nicht beendet war (und dann von einem Beamten der Fernmeldebehörde im Parterre der Bundespolizeidirektion Wien sowie durch die vorgenommene Hausdurchsuchung fortgesetzt wurde). Die Beschwerdeführerin hätte aber (trotz nicht beendeter Amtshandlung) ohne weiteres den Vorgarten verlassen und wegfahren können (dies wäre nicht anders zu werten gewesen, als wenn ein Autolenker anläßlich eines Alkomattests, während dieser noch nicht abgeschlossen ist, davongeht).

Unbestritten ist auch, daß die Beschwerdeführerin wußte, daß auch in ihrer Wohnung eine Hausdurchsuchung geplant war. Weiters sieht es der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als erwiesen an, daß die Beamten der Beschwerdeführerin und den drei anderen der Verwaltungsübertretung nach dem Fernmeldegesetz verdächtigen Studenten mitgeteilt hatten, daß im Falle, daß sie bei der Hausdurchsuchung nicht in der Wohnung anwesend sein würden, der Schlüsseldienst die Wohnung aufsperren würde und Nachbarn oder der Hausbesorger als Zeugen der Hausdurchsuchung beigezogen werden müßten.

Der Beschwerdeführerin war es auch bekannt, daß die Ermächtigung zur Hausdurchsuchung erst von der Bundespolizeidirektion Wien abgeholt werden mußte und daß die Beamten der Ansicht waren, daß dies nur wenige Minuten dauern würde. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sieht es daher als erwiesen an, daß es im Interesse der Beschwerdeführerin war, nicht später als die Beamten in ihrer Wohnung einzutreffen und daß sie daher das Angebot, mit den Beamten gemeinsam zwecks Abholung der Ermächtigung zur Hausdurchsuchung in die Bundespolizeidirektion Wien und anschließend mit ihnen in ihre Wohnung zu fahren, angenommen hat. Abgesehen von all den schon oben (vgl 2.6.7., 2.6.8. und 2.6.9.) angeführten Überlegungen betreffend die Fahrt mit dem Streifenkraftwagen in die Bundespolizeidirektion Wien ist noch auszuführen, daß nicht jedes Mitfahren im Streifenkraftwagen für sich allein bereits eine Festnahme bedeuten kann, da sonst Gendarmerie- oder Polizeibeamte etwa nie eine Person, die eine Autopanne hat, zur nächsten Werkstätte oder sonstwohin bringen dürften, wenn diese Personen bei einer Mitnahme im Streifenkraftwagen automatisch als festgenommen gälte.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sieht es als erwiesen an, daß die Beschwerdeführerin aber nicht nur nicht im Vorgarten des Instituts festgenommen worden war, sondern auch nicht später in der Bundespolizeidirektion Wien. Welche Umstände im Gebäude der Bundespolizeidirektion Wien eindeutig gegen eine Festnahme der Beschwerdeführerin sprachen, wurde oben ausführlich dargestellt (vgl 2.6.10.).

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien lag daher weder eine Festnahme noch eine daraus resultierende Anhaltung der Beschwerdeführerin vor.

2.9. Ergebnis der Beweiswürdigung betreffend die Hausdurchsuchung Was die Hausdurchsuchung betrifft, so ergeben sich zwischen den Aussagen der Beschwerdeführerin und der Beamten nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien keine Divergenzen. Unbestritten geblieben ist, daß am 13.3.1992 der illegale Sender "Radio B." in Betrieb war, und von ca 12.02 bis 12.08 Uhr eine fernmeldebehördlich nicht bewilligte Sendung ausstrahlte. Kurz darauf, nachdem die Örtlichkeit angepeilt worden war, wurden die Beschwerdeführerin und die drei anderen Studenten der Universität von den Beamten der Funküberwachung im Institut in der Nähe des mutmaßlichen Sendestandortes (dem Dachboden) mit einer Funksendeanlage, einer Antenne und diversen sonstigen zum Ausstrahlen von Sendungen benötigten Gerätschaften auf frischer Tat betreten.

Daß die Beamten der Fernmeldebehörde bei der Beschwerdeführerin (und den drei anderen im Institut auf frischer Tat betretenen Studenten) weitere Sendeanlagen bzw Teile von Sendeanlagen vermuteten (zumal schon bei früheren verbotenen Ausstrahlungen Sendeanlagen beschlagnahmt worden waren, "jedoch ohne die Täter aufzugreifen") und daher eine Hausdurchsuchung (auch) bei der Beschwerdeführerin beantragten, ist den Aussagen der Beamten der Funküberwachung und den beiden Kriminalbeamten, die bei der Amtshandlung auf dem Gebäude der Universität anwesend gewesen waren, zu entnehmen. Auch aus den Aussagen der Beschwerdeführerin und ihrer drei Studienkollegen geht hervor, daß eine Hausdurchsuchung in der Wohnung jedes einzelnen von ihnen geplant gewesen war.

Der Beschwerdeführerin war auch bekannt, daß die Beamten die Ermächtigung zur Hausdurchsuchung (laut Aussage der Beschwerdeführerin, Beiblatt 1, Seite 3, drittletzter Absatz, den sogenannten "Hausdurchsuchungs-Befehl") erst von der Bundespolizeidirektion Wien abholen mußten.

Daß dieses Abholen der Ermächtigung zur Hausdurchsuchung letztlich nicht nur wenige Minuten, sondern etwa eine Stunde gedauert hat, war nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien darauf zurückzuführen, daß 8 Kriminalbeamte für die Hausdurchsuchung benötigt wurden und nicht sofort zur Verfügung standen. Erst gegen 15.00 Uhr standen die Kriminalbeamten zur Verfügung, sodaß die Fahrt zur Hausdurchsuchung angetreten werden konnte. Daraufhin fuhren die Beschwerdeführerin, zwei Kriminalbeamte und ein Beamter der Funküberwachung in einem Streifenkraftwagen von der Bundespolizeidirektion Wien in die Wohnung der Beschwerdeführerin in Wien. Die Beschwerdeführerin sperrte selbst die Wohnung auf.

Während die Beschwerdeführerin in der Küche ihrer Wohnung Kaffee kochte, durchsuchten die Beamten das Kabinett der Wohnung, welches als Schlafzimmer verwendet wurde, nach einer Sendeanlage bzw Teilen einer Sendeanlage. Danach wurde auch das größere Zimmer (zB der dort befindliche Schreibtisch) durchsucht.

 

Die Hausdurchsuchung dauerte nicht lange. Es wurde keine Sendeanlage gefunden. Der Beschwerdeführerin wurde eine diesbezügliche Bestätigung ausgehändigt.

3. Als erwiesen angesehener Sachverhalt

Wegen wiederholter unerlaubter Aussendungen auf einer bestimmten Frequenz vom Standort der Universität aus wurde diese Frequenz von der Funküberwachung Wien beobachtet.

Ein Beamter der Funküberwachung informierte den Rektor der Universität der Rektor erklärte, daß die Aussendungen ohne seine Einwilligungen erfolgten, und sagte der Funküberwachung jede Unterstützung im Rahmen seiner Möglichkeiten zu.

Am 13.3.1992 wurde als Standort des Senders ein bestimmtes Gebäude der Universität geortet.

Der Sender wurde von ca. 12.02 Uhr bis ca. 12.08 Uhr ohne entsprechende fernmeldebehördliche Bewilligung betrieben. Die Bundespolizeidirektion Wien wurde hierbei von Beamten der Funküberwachung um Assistenzleistung ersucht.

Zwei Kriminalbeamte begleiteten Beamte der Funküberwachung zum Sendeort, wo sie zwischen 12.10 Uhr und 12.20 Uhr eintrafen. In dem betreffenden Institutsgebäude, in dem die Aussendung am 13.3.1992 geortet wurde, trafen die Beamten in der Nähe der Dachbodentür 4 Studenten (die Beschwerdeführerin, I St, M P und W Ste) mit Taschen, Rucksäcken bzw Nylonsackerln an. Die Beamten ersuchten sie, die Taschen etc zu öffnen und fanden hierauf technische Gerätschaften, die eindeutig insgesamt eine Funksendeanlage mit Zusatzgeräten bildeten.

Diese technischen Gegenstände wurden beschlagnahmt und hierauf eine Beschlagnahmebescheinigung ausgestellt, welche später beim Rektor bzw im Rektorat hinterlegt wurde.

Weiters wurde die Identität der 4 Studenten festgestellt, wobei die Beschwerdeführerin und I St ihre Ausweise erst aus einem Raum im Erdgeschoß holen mußten.

Da schon bei früheren Amtshandlungen (etwa ab April 1991) gleichartige Sendeanlagen gefunden worden waren, lag der begründete Verdacht nahe, daß all diese Sendeanlagen einschließlich der eben aufgefundenen aus ein- und derselben Quelle stammten und daß noch weitere Sendeanlagen bei den 4 verdächtigen Studenten vorhanden sein könnten.

Die Beamten der Funküberwachung beantragten daher die Vornahme einer Hausdurchsuchung, zunächst nur bei den beiden männlichen Studenten und dann erst später auch bei der Beschwerdeführerin und I St, nachdem eine der beiden Frauen angegeben hatte, ein aufgefundenes Akkuladegerät mit einem postinternen Postprüfpickerl gehöre ihr, um nach weiteren (Teilen von) Sendeanlagen zu suchen. Die Amtshandlung verlagerte sich sodann vom Institutsgebäude teils in den Vorgarten, teils auf die Straße.

Die Amtshandlung im Institutsgebäude dauerte mindestens eine halbe S

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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