TE UVS Niederösterreich 1993/06/04 Senat-MD-92-131

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Veröffentlicht am 04.06.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 51 - AVG, Folge gegeben.

 

Gemäß §45 Abs1 Ziff1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl 52 - VStG, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx erkannte die Rechtsmittelwerberin mit Straferkenntnis vom 29. April 1992, Zl: 3-*****-91, für schuldig, am 16. März 1991, gegen 15,15 Uhr, im Ortsgebiet von H**********, auf der Hauptstraße 16, als Lenkerin des PKWs, mit dem amtlichen Kennzeichen W-*****C

 

1.

das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall nicht sofort angehalten zu haben, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand

 

2.

nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt zu haben, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Identitätsnachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte und dadurch

 

zu 1. eine Übertretung gemäß §99 Abs2 lita in Verbindung mit

§4 Abs1 lita StVO 1960

 

und zu 2. eine Übertretung gemäß §99 Abs3 litb in Verbindung mit

§4 Abs5 StVO 1960 begangen zu haben.

 

Gemäß §99 Abs2 lita StVO 1960 wurde zu 1. eine Geldstrafe von S 2.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, gemäß §99 Abs3 litb StVO 1960 wurde zu 2. eine Geldstrafe von S 2.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt.

 

Außerdem wurde der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes mit S 400,-- bestimmt.

 

In ihrer gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung führt die Beschuldigte im wesentlichen aus, daß sie weder einen Verkehrsunfall noch einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hätte, weil an ihrem Wagen bei der Begutachtung durch einen Polizeibeamten des Wachzimmers  D****************** an der Stoßstange rechts vorne lediglich ein zwei Milimeter langer bzw kurzer, dünner, heller Strich festgestellt worden sei. Zudem wäre eine allfällige, im übrigen ihr nicht zur Kenntnis gebrachte Beschädigung des gegnerischen Fahrzeuges, auf welche die wider sie erhobene Anzeige zu beruhen scheine, nicht weiter zuordbar.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx beantragte in ihrem Schreiben vom 18. Mai 1992 die Bestätigung des Straferkenntnisses vom 29. April 1992.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat aufgrund der durchgeführten, öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 1993 nachstehend angeführten Sachverhalt als erwiesen angenommen und dieser Entscheidung zugrundegelegt:

 

Am 16. März 1991 erstattete der Lenker des PKWs, der Marke Suzuki Swift, mit dem Kennzeichen W-*****B, beim Gendarmerieposten H********** dahingehend Anzeige, daß die Lenkerin des PKWs, Citroen AX, mit dem Kennzeichen W *****C, seine hintere Stoßstange abgeschürft hätte.

 

Eine Besichtigung des Suzuki ist weder bei dieser Gelegenheit noch zu irgend einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

 

Am 22. Oktober 1991, anläßlich seiner Eivernahme bei der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat *********, gab der Anzeiger an, daß er den verursachten Schaden lediglich als Bagadellschaden qualifizieren würde, zumal es sich hiebei lediglich um einen Kratzer in der unlackierten Plastikstoßstange handle.

 

Auch fand keine Schadensliquitierung durch eine Versicherungsanstalt statt, weil der angeblich Geschädigte

keinerlei Schadenersatzansprüche gestellt hat.

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung schilderte der Anzeiger das in Rede stehende Ereignis wie folgt:

 

Er habe mit seiner Freundin am 16. März 1991 nachmittags einen Wochenendausflug nach H********** unternommen. Kurz nach der Abzweigung in Richtung S******** hätte er angehalten, um sich zu orientieren. Da er bemerkte, daß ein Fahrzeug hinter ihm fahre, hätte er auch aus diesem Grunde, den rechten Blinker gesetzt, um dem nachkommenden Fahrzeug anzuzeigen, daß er beabsichtige, stehen zu bleiben. Das hinter ihm fahrende Fahrzeug wäre zunächst stehen geblieben und hätte dann versucht, nach links auszuscheren. Bei diesem Manöver, welches seiner Meinung nach nicht sachgemäß durchgeführt worden sei, wäre die nunmehrige Rechtsmittelwerberin an seine linke hintere Stoßstange angefahren. Die Lenkerin wäre zunächst stehen geblieben und dann, allerdings ohne sich auszuweisen, weitergefahren. Er selbst und auch seine Beifahrerin, wären in der Folge ausgestiegen, um den mutmaßlich angerichteten Schaden zu besichtigen. Dabei hätte er allerdings an seiner linken hinteren Kunststoffstoßstange lediglich einen Kunststoffabrieb festgestellt, wobei es ihm unmöglich gewesen sei, die auf der Stoßstange befindlichen Kunststoffteile zuzuordnen.

 

Der Zeuge gab unumwunden zu, daß der in Rede stehende Abrieb auch von dem Wagen der Beschuldigten stammen hätte konnte. Weitere Beschädigungen waren nicht vorhanden.

 

Die als Zeugin einvernommene Beifahrerin des Anzeigers, bestätigte im wesentlichen die Angaben ihres Bekannten und fügte dem hinzu, daß sie sich um die Art des Schadens nicht sonderlich gekümmert hätte, da es sich nicht um ihr Fahrzeug gehandelt habe. Weiters vermeinte sie in diesen Zusammenhang nicht mehr sagen zu können, wo das "sogenannte Kratzerl" gewesen sei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat hiezu erwogen:

 

Voraussetzung für die Erfüllung für die Tatbestände des §4 Abs1 lita und des §4 Abs5 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon.

 

Weiters ist der Begriff Sachschaden im Sinne des §4 Abs5 StVO dahin zu verstehen, daß es sich um einen Schaden an einer dem Beschuldigten nicht gehörenden Sache handeln muß. Ein noch so kleiner Lackschaden oder eine bleibende Verformung eines Teiles eines Fahrzeuges ist als Sachschaden zu werten, nicht jedoch etwa eine mit einem Reinigungsmittel von der Ziehrleiste eines Fahrzeuges entfernbare Lackspur oder ein durch Gummiabrieb entstandener "Fahrer", bei dem keine Eindellung der Karosserie erfolgt ist.

 

Im gegenständlichen Fall war, zumal eine Objektivierung der Anprallfolgen weder erfolgt ist noch eine solche im Zeitpunkt des Verfahrens zweiter Rechtsstufe mehr nachvollziehbar war, ausschließlich von den Angaben des Anzeigers zu diesem Beweisthema auszugehen:

 

Demzufolge spricht der Genannte von einem nicht zuordbaren Gummiabrieb, welcher sich auf seiner hinteren Stoßstange befunden hätte. Da der Zeuge keinen weiteren Schaden feststellen konnte und sich zudem dahingehend äußerte, daß der von ihm erwähnte Abrieb auch von dem anderen Fahrzeug stammen könne, war im Lichte der bereits oben wiedergegebenden herrschenden Judikatur davon auszugehen, daß im gegenständlichen Fall nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit von einem Sachschaden im Rechtssinn ausgegangen werden konnte.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß, wie bereits erläutert, beide der hier zu beurteilenden Übertretungen den tatsächlichen Eintritt eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden zur Voraussetzung ihrer Tatbildmäßigkeit haben, diese jedoch aus den bereits genannten Gründen nicht als erwiesen angenommen werden konnten, war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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