TE UVS Niederösterreich 1993/06/30 Senat-MD-92-402

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Veröffentlicht am 30.06.1993
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Spruch

Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 51 - AVG, als unbegründet abgewiesen.

 

Der Berufungswerber hat dem Land Niederösterreich gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl 52 - VStG, S 180,-- als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren binnen 14 Tagen ab Zustellung dieser Entscheidung zu ersetzen.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx erkannte den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 14. Mai 1992, Zl 3-*****-91, für schuldig, am 18. September 1991, in der Zeit von 7,30 Uhr bis 8,00 Uhr, im Ortsgebiet von xx, B**********gasse 18-20, den PKW, mit dem amtlichen Kennzeichen **-****,

 

1. vor der Grundstückseinfahrt,

 

2.

im Bereiche des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" und

 

3.

im Bereich von weniger als 5 m vor dem Schutzweg aus der Sicht des ankommenden Verkehrs geparkt zu haben, obwohl die Benützung des Schutzweges nicht durch Lichtzeichen geregelt war

 

und dadurch

 

zu 1. eine Übertretung gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 in Verbindung mit §24 Abs3 litb StVO 1960,

 

zu 2. eine Übertretung gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 in Verbindung mit §24 Abs1 lita StVO 1960, und

 

zu 3. eine Übertretung gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 in Verbindung mit §24 Abs1 litc StVO 1960,

begangen zu haben.

 

Gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 wurde für die unter den Punkten 1 bis 3 genannten Übertretungen je eine Geldstrafe von S 300,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt.

 

Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde der Kostenbeitrag mit S 90,-- bestimmt.

 

Außerdem erfolgte gemäß §54d Abs1 des Verwaltungsstrafgesetzes ein Ausspruch über die Kosten des Strafvollzuges.

 

In der gegen dieses Erkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung führt der Rechtsmittelwerber im wesentlichen aus, nicht in Abrede zu stellen, daß er sein Fahrzeug, an der im Straferkenntnis bezeichneten Stelle, vor einer Grundstückseinfahrt geparkt gehabt habe. Er vermeint jedoch, daß im gegenständlichen Fall keinesfalls kumulativ drei Strafen verhängt werden könnten, weil davon auszugehen sei, daß er nur einen Tatbestand setzen könne, wenn er seinen Wagen im erwähnten gesetzlichen Parkverbot abstelle.

 

In Anbetracht des Umstandes, daß vor einer Grundstückseinfahrt immer ein Halte- und Parkverbot herrsche, wäre das Halte- und  Parkverbot, welches an der in Rede stehenden Stelle durch Verkehrsschilder samt Zusatztafel "an Schultagen von 7,00 bis 14,00 Uhr" ausgewiesen ist, deshalb nicht relevant, weil an der besagten Stelle, an welcher der PKW des Einschreiters gestanden sei, ohnehin immer ein Parkverbot bestehe, also auch an Zeiten, zu welchen das Halte- und Parkverbot, welches durch Tafeln normiert ist, nicht bestehe.

 

Da sich zudem die bereits erwähnte Grundstückseinfahrt innerhalb der 5 m Grenze vor dem Fußgängerübergang befinde, wäre auch dieses Delikt nicht gesondert zu bestrafen, weil, wie bereits ausgeführt, ohnehin ein gesetzliches Halte- und Parkverbot vor der bezüglichen Grundstückseinfahrt bestünde.

 

Aus dem weiteren Umstande, daß vor der beschriebenen Einfahrt eine am Boden angebrachte Zik-Zak-Linie vorhanden sei, welche lediglich dem Zweck einer verstärkten Publizität diene, zieht der Einschreiter ferner den analogen Schluß, daß auch das vorhandene Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" nur als "zusätzlich" angebracht, zu gelten hätte und ausschließlich der Steigerung der Öffentlichkeitswirksamkeit diene.

 

Der Rechtsmittelwerber beantragt, aus den vorstehend ausgeführten Gründen das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben bzw dahingehend abzuändern, daß über ihn nur wegen einer Übertretung eine Strafe verhängt werde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx beantragte in ihrem Schreiben vom 9. Juni 1992 die Bestätigung des Straferkenntnisses vom 14. Mai 1992.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat hiezu erwogen:

 

Gemäß §51e Abs2 VStG konnte im gegenständlichen Fall von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird bzw sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in der Berufung nicht gesondert verlangt worden ist.

 

Nach Lage der Akten war von nachstehend angeführten, im übrigen auch vom Beschuldigten nicht in Abrede gestellten Sachverhalt auszugehen:

 

Der Rechtsmittelwerber hatte seinen PKW, mit dem amtlichen Kennzeichen **-****, in xx, in der B**********gasse, gegenüber dem Haus ONrn 18 bis 20 unmittelbar vor einer Grundstückseinfahrt und überdies ca nur 20 cm vor dem dort befindlichen Schutzweg abgestellt.

 

Für diesen Bereich wurde - vom Berufungswerber unbestritten - mit Verordnung vom 26. Juli 1990 des Bürgermeisters der Stadtgemeinde xx aufgrund der Bestimmung des §94d Z4 StVO 1960, BGBl 159 idgF gemäß §43 StVO 1960 die Verkehrsbeschränkung "Halten und Parken verboten" im Sinne des §52 Z13b StVO 1960, mit den Zusätzen "Anfang" und "Ende" sowie dem Zusatz "an Schultagen von 7,00 bis 14,00 Uhr" an der Südseite der B**********gasse, und zwar beginnend 2 m östlich der westlichen Hausfluchtkante der Volksschule B**********gasse und endend unmittelbar bei der vorspringenden Gehsteigkante, westlich des Hauses B**********gasse ONr 22, verfügt.

Diese Verordnung trat mit ihrer Kundmachung gemäß §44 StVO 1960, am 28. August 1990, 9,00 Uhr in Kraft.

 

Demnach erhellt, daß sie zum Tatzeitpunkt 18. Oktober 1991 bereits Rechtswirksamkeit erlangt hatte.

 

In rechtlicher Hinsicht ist der Argumentation des Rechtsmittelwerbers - dies sei bereits vorweg gesagt - nicht beizupflichten:

 

Gemäß §22 VStG sind für den Fall, daß eine Tat unter mehrere, einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die vorgesehenen Strafen nebeneinander zu verhängen.

Hat der Täter mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, so gilt im Verwaltungsstrafverfahren - anders als im gerichtlichen Strafverfahren - das Kumulationsprinzip.

 

Dies bedeutet, daß für jedes Delikt eine eigene Strafe, somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen sind. Hiebei macht es keinen Unterschied, ob der Täter durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat - sei es solche gleicher oder verschiedener Art (gleichartige oder ungleichartige Realkonkurrenz) oder durch ein und dieselbe Tat mehrere verschiedene Übertretungen, wie im gegenständlichen Fall zutreffend, verwirklicht werden (Idealkonkurrenz).

 

Demnach war zunächst zu prüfen, ob die dem Beschuldigten angelasteten Übertretungen drei verschiedene Tatbilder darstellen, die einander nicht ausschließen, weil jedes für sich allein und alle drei gleichzeitig verwirklicht werden können (Idealkonkurrenz).

 

Die Verwirklichung dreier verschiedener Tatbilder liegt im konkret zu beurteilenden Fall vor, weil jede der hier zu betrachtenden Übertretung einem spezifischen Schutzzweck dient, welcher im Falle der Zuwiderhandlung gegen diesen auch einer gesonderten Strafdrohung unterliegen muß, weil ansonsten der jeweils verbleibende strafrechtliche Überhang keiner Sanktion unterworfen wäre.

 

Ausgehend vom Schutzzweck der Norm soll durch das Halte- und Parkverbot vor Grundstückseinfahrten die freie und ungehinderte Zufahrt zu dem jeweiligen Grundstück gewährleistet werden.

 

Jedoch und dies ergibt sich aus der akteninhaltlichen Übersichtsskizze über die örtliche Situation am Tatort, soll durch das verordnete Halte- und Parkverbot mit dem Zusatz: an Schultagen von 7,00 bis 14,00 Uhr, insbesondere die körperliche Unversehrtheit von Schulkindern dadurch gewährleistet werden, daß diesen nicht durch anhaltende und parkende Kraftzeuge die Sicht beim Überqueren der B**********gasse genommen ist. Wobei noch der nicht zu vernachlässigende Aspekt der passiven Sicherheit durch ihre frühzeitige Wahrnehmbarkeit durch die sonstigen Straßenverkehrsteilnehmer hinzukommt.

 

Ferner dient die Bestimmung, daß das Halten und Parken in einer Entfernung von mindestens 5 m vom Schutzweg verboten ist, dem zusätzlichen Ziel, daß Schutzwegbenutzer bereits frühzeitig von Fahrzeuglenkern gesehen werden, um auch diese in die Lage zu versetzen, ihr Fahrverhalten dementsprechend defensiv gestalten zu können. Würde nämlich der 5 m lange Sicherheitsabstand fehlen, wäre zu besorgen, daß auf dem Schutzweg befindliche Passanten durch abgestellte Fahrzeuge verdeckt, vom Fließverkehr möglicherweise erst in letzter Sekunde und somit in vielen Fällen zu spät gesehen werden, welcher Umstand der Intension eines Fußgängerüberganges zuwider laufen würde.

 

Obzwar die beiden letztgenannten Schutzzwecke sich insoferne nahe kommen, als sie das ungehinderte Überqueren der B**********gasse gewährleisten sollen, so sind sie dennoch nicht ident, weil sie auf verschiedene Rechtssubjekte abzielen:

 

So dient die Einhaltung des 5-metrigen Sicherheitsabstandes vom Schutzweg in erster Linie der Gewährleistung der ungehinderten und gefahrlosen Benützung desselben durch die Fußgänger.

 

Die Verkehrsbeschränkung "Halten- und Parken verboten", mit dem Zusatz von "7,30 Uhr bis 14,00 Uhr" soll in erster Linie der körperlichen Unversehrtheit der sich in diesem Bereich (vor dem Schulgebäude) tummelnder Schulkinder, welche der Erfahrung des täglichen Lebens entsprechend, nicht immer unter Einhaltung der Vorschriften der StVO an der vorbezeichneten Stelle (Schutzweg) die B**********gasse überqueren, weshalb sie im übrigen auch vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen sind, gewährleisten.

 

Zudem kommt noch, daß Kinder aufgrund ihrer Körpergröße ein begrenzteres Sichtsfeld aufweisen, weil sie eben noch nicht voll entwickelt sind, sodaß auch auf diesen Gesichtspunkt Bedacht zu nehmen war.

 

Aus den vorstehenden Erwägungen gelangte der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich zur Auffassung, daß im gegenständlichen Fall keinesfalls von unechter Idealkonkurrenz auszugehen war und demnach weder ein Fall der Konsumtion, Spezialität oder Subsidiarität vorliegt, weil eben mit der Unterstellung unter einen Deliktstypus der Unrechtsgehalt aller Deliktstypen nicht voll erfaßt wäre.

 

Da gegenständlich insgesamt 3 in §24 StVO 1960 enthaltene Tatbestände und nicht etwa nur 3 Begehungsformen eines einzigen Tatbestandes gesetzt worden sind, ergibt sich, daß auch jeder einzelne Tatbestand einer gesonderten Strafdrohung unterliegt.

 

Aber auch der Rechtsauffassung des Rechtsmittelwerbers, das angebrachte Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" würde rechtlich dieselbe Bedeutung haben, wie die erwähnte Zik-Zak-Linie vor der besagten Grundstückseinfahrt, konnte nicht zum Durchbruch verholfen werden:

 

Wie der Einschreiter zutreffend ausführt, dient die Bodenmarkierung vor der Grundstückseinfahrt grundsätzlich nur einer verstärkten Publizität, die ausschließlich Hinweischarakter hat. Rechtlich ist diese jedoch deswegen ohne Belang, weil das Vorhandensein einer Bodenmarkierung keinesfalls ein Tatbestandsmerkmal im Sinne des §24 Abs3 litb StVO 1960 darstellt.

 

Demnach ist auch der vom Einschreiter gezogene Analogieschluß, daß den, den Beginn und das Ende der hier interessierenden Halte- und Parkverbotszone anzeigenden Schildern der gleiche rechtliche Charakter innewohnt, wie der bereits erwähnten Bodenmarkierung, rechtlich verfehlt, weil gemäß §24 Abs1 lita StVO 1960 das Halten und Parken im Bereich der Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten, "Anfang und Ende" nach Maßgabe der Bestimmungen des §52 Z13b auch tatbildmäßig integriert, das Vorhandensein oder Fehlen von

 

Bodenmarkierungen vor Grundstückseinfahrten hingegen rechtlich ohne Bedeutung ist.

 

Demnach erhellt, daß die bezüglichen Vorschriftszeichen, im Gegensatz zu der erwähnten Bodenmarkierung, Tatbestandsmerkmale sind, weshalb ein derartiger Vergleich rechtlich unzulässig ist.

 

Aus all diesen Überlegungen war dem Rechtsmittelwerber in Bezug auf die erflossenen Schuldsprüche der Erfolg zu versagen.

 

Hinsichtlich der ausgesprochenen Strafen ist wie folgt auszuführen:

 

Der Beschuldigte verdient monatlich ca S 14.000,-- netto und ist, seinen eigenen Angaben zufolge, vermögenslos. An Miet- und Kreditverpflichtungen obliegen ihm monatlich ca S 8.000,--. Sorgepflichten treffen den Genannten keine.

 

Gemäß §19 Abs2 VStG in Verbindung mit den §§ 33 bis 35 des Strafgesetzbuches sind, den Grundsätzen der Strafbemessung folgend, die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Ferner ist auf das Ausmaß des Verschuldens des Täters insbesonders Bedacht zu nehmen. Zudem sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im gegenständlichen Fall war dem Beschuldigten das Tatsachengeständnis als mildernd anzurechnen. Erschwerend war eine einschlägige ungetilgte Vorstrafe durch die Bundespolizeidirektion K*********, Strafamt, zu gewichten.

 

In Würdigung der bereits eingangs dargestellten Strafzumessungsgründe, der beschriebenen allseitigen Verhältnisse des Berufungswerbers sowie unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit war das spruchgegenständliche Stafmaß als tat- und tätergerecht zu bestätigen:

 

Dies vor allem deshalb, weil jeder einzelne, hier zum Tragen kommende, mögliche Strafrahmen, eine Höchststrafe von S 10.000,-- im Nichteinbringungsfall 2 Wochen Arrest, vorsieht, welcher ohnehin nur geringfügig ausgeschöpft worden ist.

 

Ferner konnte eine Strafreduktion auch deshalb nicht Platz greifen, weil es zu besorgen gilt, den Beschuldigten und andere mögliche Täter von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, um dergestalt das Überhandnehmen von durch den ruhenden Verkehr begangenen Übertretungen auch nur einigermaßen einzudämmen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle, derzufolge der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Geldstrafen zu bemessen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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