TE UVS Niederösterreich 1993/09/22 Senat-GF-92-225

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Veröffentlicht am 22.09.1993
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Ebenso Senat-GF-92-226 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51, (AVG) F o l g e gegeben und der verhängte Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über den Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren) aufgehoben.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 26. August 1992, 3-***1-92, wurde über die Beschuldigte Q*** L* X* wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z2 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 240 Stunden) verhängt und ihr die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von S 1.000,-- auferlegt.

In diesem Strafbescheid wird ihr angelastet, am 26. Februar 1992 um 18,10 Uhr in **** L***********, R*********straße **, "das China-Restaurant betrieben und somit das Gastgewerbe ohne die hiefür erforderliche Konzession ausgeübt zu haben".

 

In der dagegen erhobenen Berufung vom 16. September 1992 wird ausschließlich um die Herabsetzung der verhängten Strafe ersucht.

 

Ohne auf die in der gegenständlichen Berufung vorgetragenen Gründe für eine Herabsetzung der verhängten Strafe einzugehen, wird in rechtlicher Hinsicht zu dem im Strafausspruch angefochtenen Straferkenntnis im Zusammenhalt mit der Berufung folgendes bemerkt:

 

Dadurch, daß die Beschuldigte in ihrer Berufung nur das Ausmaß der verhängten Strafe bekämpft hat, ist der Schuldspruch im vorliegenden Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx in Rechtskraft erwachsen.

 

Nach der Bestimmung des §66 Abs4 zweiter Satz AVG ist die Berufungsbehörde berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Diesem Recht der Berufungsbehörde, einen Bescheid nach jeder Richtung abändern zu können, sind nur Grenzen durch den allfälligen Eintritt einer Teilrechtskraft (wie im vorliegenden Fall hinsichtlich des Schuldspruches) und durch das Verbot der reformatio in peius gesetzt (vgl VwGH 15.6.1987, Slg12489A). Im gegenständlichen Fall hat die Bezirkshauptmannschaft xx mit Straferkenntnis vom 26. August 1992, 3-***6-92, die Berufungswerberin wegen derselben Tat hinsichtlich der Tatzeit "11. Februar 1992, 14,30 Uhr" bestraft. Der diesbezügliche Schuldspruch im Straferkenntnis ist mangels Einbringung einer vollen Berufung in Rechtskraft erwachsen und gehört ebenso wie der Schuldspruch im vorliegenden Straferkenntnis dem Rechtsbestand an.

 

Vom Spruch der beiden Strafbescheide ausgehend ist daher festzuhalten, daß der Berufungswerberin für jeweils verschiedene Tatzeiten eine unbefugte Ausübung des Gastgewerbes in **** L***********, R*********straße **, angelastet worden ist. Die unbefugte Gewerbeausübung ist in rechtlicher Hinsicht als fortgesetztes Delikt zu qualifizieren, wodurch die Anwendung des im §22 VStG normierten Kumulationsprinzips ausgeschlossen ist. Aus dem Wesen einer Straftat als fortgesetzes Delikt folgt weiters, daß die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum auch die in diesem gelegenen, wenn auch allenfalls erst später bekanntgewordenen Einzeltathandlungen erfaßt. Dies bedeutet, daß ungeachtet einer im Spruch des Strafbescheides der Behörde erster Instanz angeführten Tatzeit alle Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung erfolgten Fällung des Strafbescheides erster Instanz erfaßt sind und daher wegen solcher Einzeltathandlungen nicht neuerlich gegen denselben Täter eine Strafe verhängt werden darf (VwGH 2.7.1982, 3445, 3446/80, 14.10.1983, 83/04/0090). Im gegenständlichen Fall umfaßt die im ersten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx (Zl 3-***6-92) angeführte Tatzeit den Zeitraum von 11. Februar 1992, 14,30 Uhr bis zur Fällung des Straferkenntnisses (das ist der 3. September 1992). Somit liegt die Einzeltathandlung vom 26. Februar 1992, 18,10 Uhr, wie sie im vorliegenden rechtskräftigen Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt ist, noch innerhalb des vom ersten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 26. August 1992, 3-***6-92, erfaßten Tatzeitraumes.

 

Die Berufungswerberin ist somit durch das Straferkenntnis mit der Zahl 3-***6-92 für die im gegenständlichen Straferkenntnis am 26. Februar 1992 um 18,10 Uhr gesetzte Tathandlung (automatisch) "mitbestraft" worden. In Wahrnehmung des der Berufungsbehörde nach §66 Abs4 AVG zustehenden Abänderungsrechtes, welches sich im vorliegenden Fall naturgemäß wegen der eingetretenen Teilrechtskraft nur auf den vom Schuldausspruch nicht erfaßten Teil des Straferkenntnisses beziehen kann, war daher ohne Vornahme einer inhaltlichen Prüfung der Strafzumessungsgründe der Strafausspruch zu beheben, da wegen der im vorliegenden Straferkenntnis angeführten Übertretung von der Behörde erster Instanz bereits eine Strafe verhängt worden ist; eine neuerliche Bestrafung würde dem allgemeinen Grundsatz des Verbots der reformatio in peius widersprechen.

 

Nach der Bestimmung des §52a Abs1 VStG kann von amtswegen ein rechtskräftiger erstinstanzlicher Bescheid, durch den zum Nachteil des Bestraften das Gesetz offenkundig verletzt worden ist, von der Behörde, die ihn erlassen hat oder von der sachlichen in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

 

Mangels Zuständigkeit war daher einer Aufhebung des Schuldspruches durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht näherzutreten. Es war daher aufgrund der vorstehenden Erwägungen spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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