TE UVS Stmk 1993/11/08 30.10-185/92

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Veröffentlicht am 08.11.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn H L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 14.9.1992, GZ.: 8 Le 31/92, wegen einer Übertretung des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986 (im folgenden Stmk. JagdG.), nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 8.11.1993, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 200,-- binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

Mit dem im Spruch bezeichneten Straferkenntis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es als Jagdberechtiger im Eigenjagdrevier "L" bis zum 15.2.1992, das heißt trotz Setzens einer Nachfrist unterlassen, den im Abschußplan für das Jagdjahr 1991/92 festgesetzten Rotwildabschuß vollständig zu erfüllen, da ein Stück Rotwild zu wenig erlegt wurde (am Abschußplan wurde der Abschuß von 1 Hirsch, 1 Tier und 1 Kalb festgesetzt, das Tier wurde nicht erlegt). Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 56 Abs 6 des Stmk. JagdG. 1986 begangen und wurde gemäß § 77 leg. cit. eine Geldstrafe von S 1.000,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung, worin der Berufungswerber insbesondere ausführt, daß sein Revier eine Ausdehnung von etwa 150 ha aufweise und Rotwild daher nicht als Standwild angesehen werden könne. Er habe zur Genehmigung lediglich zwei Stück Hochwild beantragt, in den Abschußplan wurden jedoch 3 Stück Hochwild aufgenommen. Der Jagddruck im Nachbarrevier sei im Jahr 1991/92 erhöht worden, sodaß er nicht in der Lage gewesen sei, trotz der durchgeführten Riegeljagden das Tier zu erlegen.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlung vom 8.11.1993 wird nachfolgender Sachverhalt festgestellt:

Die Eigenjagd L liegt nordöstlich des Höhenrückens Sp-Kogel- Nwirt. Sie liegt von zwischen 900 und 1300 m Seehöhe und ist als sehr schattig zu bezeichnen. Die Eigenjagd ist 140 ha groß, der größte Teil ist mit Wald bestockt, 16 ha sind Wiesen und Äcker. In der Eigenjagd wurden zwei Wildäsungsflächen angelegt. Östlich der Eigenjagd liegt die Gemeindejagd G, südwestlich die Gemeindejagd H, im Norden grenzt die Eigenjagd der Agrargemeinschaft Ho an. In nordwestlicher Richtung beginnt in ca. 500 m Entfernung die Eigenjagd H/P, in der Rotwild an zwei Fütterungen während der Winterzeit versorgt wird.

Die Region H, insbesondere der hintere Teigitschgrabenbereich ist seit Jahren als Problemgebiet hinsichtlich von Wildschäden, besonders Schälschäden bekannt. Als Konsequenz dieser Schäden wurden die Rotwildabschüsse seitens der Revierinhaber bzw. des Bezirksjägermeisters oder der Jagdbehörde in den letzten Jahren wesentlich erhöht. Im Jagdjahr 1991/92 wurde der Abschuß in der Gemeindejagd H/P von 7 auf 19 Stück erhöht und auch durchgeführt und in der Gemeindejagd G von 3 auf 6 Stück erhöht und ebenfalls durchgeführt. In der Eigenjagd H/P wurden ebenfalls erhöhte Abschüsse durchgeführt, diese sind zum heutigen Zeitpunkt jedoch zahlenmäßig nicht bekannt. Der Berufungswerber hat für das Jagdjahr 1991/92 den Abschuß von 2 Stück Hochwild beantragt. Mit Abschußplan vom 30.4.1991 wurde jedoch der Abschuß von 3 Stück Rotwild, nämlich 1 Hirsch, 1 Tier und 1 Kalb aufgetragen. Mit Beginn des Jagdjahres 1991/92, also im Sommer 1991, war im gesamten Revier des Berufungswerbers Rotwild immer wieder zu spüren. Der Hirsch und das Kalb wurden im November 1991 erlegt. Mit Ende November wurde zunehmend weniger Rotwild im Revier gespürt und konnte dann auch anläßlich der durchgeführten Treibjagden zu den Weihnachtsfeiertagen und im Jänner kein Rotwild gesichtet werden.

In den Sommermonaten wurde kein Abschuß getätigt und auch eine intensivere Bejagung zur Erfüllung des Abschußplanes nicht durchgeführt.

Diese Feststellungen konnten einerseits auf Grund der übereinstimmenden Aussagen aller einvernommenen Zeugen getroffen werden, welche angaben, daß während der Sommermonate sich wesentlich mehr Rotwild im Revier aufhält, als während der Wintermonate, da dieses Revier des Berufungswerbers sich auf der Schattenseite befindet. Übereinstimmend gaben auch alle Zeugen an, welche sich auf der Treibjagd befunden haben, daß anläßlich dieser Jagden kein Rotwild gesichtet worden war. Sowohl dem Berufungswerber wie auch dem Aufsichtsjäger und Zeugen J K war bekannt, daß sich im Sommer Rotwild im Revier aufhält und das Rotwild in den Wintermonaten in tiefere und sonnseitigere Lagen wechselt. Warum in den Sommermonaten nicht schon mit einer intensiveren Bejagung begonnen worden ist, erklärte der Zeuge und Bezirksjägermeister W Sch damit, daß meistens eine lange Beobachtungszeit zur richtigen Auswahl der abzuschießenden Tiere vorliegt und dann die Zeit zu knapp wird.

Aus den Aussagen des Berufungswerbers und der Zeugen J K ergibt sich die nicht unschlüssige Feststellung, daß auf Grund der Arbeitsbelastung des Berufungswerbers und auch des Zeugen, eine intensive Bejagung erst im Herbst vorgenommen wurde. Insbesondere auf Grund des Gutachtens des Amtsachverständigen, Dipl. Ing. St, kann davon ausgegangen werden, daß sich im Sommer mit Sicherheit Rotwild regelmäßig im Revier aufgehalten hat und zu dieser Zeit ein Abschuß laut Abschußplan durchaus möglich gewesen wäre. Unbestritten schwieriger war er, diesen Abschuß im Dezember und Jänner in der Eigenjagd L durchzuführen, da auf Grund der Lage des Revieres das Rotwild in den Wintermonaten in tiefere und sonnseitigere Lagen wechselt.

Rechtlich ist hiezu auszuführen, daß der Abschußplan gemäß § 56 Abs 2 Stmk. JagdG. ein Pflichtabschußplan ist, dessen Gesamtabschußzahlen weder unter- noch überschritten werden dürfen und ist gemäß Absatz 3 der zitierten Gesetzesstelle vom Jagdberechtigten beim zuständigen Bezirksjägermeister die Genehmigung des Abschußplanes einzureichen. Der Abschußplan stellt einen Bescheid dar, an den der Landesgesetzgeber die Rechtsfolge knüpft, daß jedermann der der Jagd nachgeht, diesen Plan einzuhalten hat. Im Rahmen des § 56 Abs 4 leg. cit. erfüllt der Bezirksjägermeister demnach eine behördliche Aufgabe und stellt die Genehmigung des Abschußplanes eine besondere Anordnung dar, die eine taugliche Grundlage für die Bestrafung im Sinne des § 77 Stmk. JagdG. bildet (VwGH 26.5.1976, 2059/71). Aus den Abschußrichtlinien ergibt sich, daß ab dem ersten Tag der Schußzeit die Abschüsse zu tätigen sind. Aus obgenannten Bestimmungen ergibt sich, daß die Sinnhaftigkeit des festgesetzten Abschußplanes im nachhinein nicht diskutiert werden kann und der Jagdberechtigte alle für ihn zumutbaren Anstrengungen unternehmen muß, diesen fristgerecht zu erfüllen. Der Jagdberechtigte muß mit dem Abschuß so zeitig beginnen, daß er von vorneherein damit rechnen kann, ihn spätestens bis zum Ende des Jagdjahres, also bis zum 15. Jänner, allerspätestens jedoch innerhalb einer behördlich festzusetzenden angemessenen Nachfrist, erfüllen zu können. Daher ist bei Nichterfüllung des Abschußplanes nicht dessen Sinnhaftigkeit, sondern nur dessen Erfüllbarkeit Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens, wobei es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten obliegt, dessen Unerfüllbarkeit trotz rechtzeitiger und ausreichender Jagdanstrengung darzutun. Bei dem dem Berufungswerber angelasteten Delikt handelt es sich nämlich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne der vorzitierten Bestimmung. Bei Ungehorsamsdelikten hat die Behörde dem Täter nur den objektiven Tatbestand nachzuweisen, weil nach § 5 Abs 1 VStG iVm § 45 Abs 1 AVG bei diesen Delikten die Rechtsvermutung für das Verschulden des Täters besteht (VwGH 20.5.1968, Zl. 187/64). Diese Umkehr der Beweislast bedeutet aber nicht, daß die Behörde entlastende Umstände, die schon bei der Ermittlung des äußeren Tatbestandes festgestellt werden können, außer Betracht lassen kann.

Der Berufungswerber bestritt nicht, den Abschußplan nicht erfüllt zu haben, behauptet aber, daß die Erfüllung des Abschußplanes wegen des zu geringen Wildstandes unmöglich gewesen sei. Ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergibt sich nunmehr eindeutig, daß der vorgeschriebene Abschuß zu Beginn des Jagdjahres 1991/92, also in den Sommer- und frühen Herbstmonaten sicherlich durchzuführen gewesen wäre und nicht unmöglich war. Erst in den Wintermonaten, Dezember und Jänner sei objektiv die Durchführung eines solchen Abschusses wie er im Jagdplan vorgeschrieben war, schwierig gewesen. Auf Grund der Zeugenaussagen kann sogar gesagt werden, daß ein solcher Abschuß im Jagdjahr 1991/92 im Dezember/Jänner objektiv unmöglich war, da von keinem der Zeugen Rotwild im Revier gesichtet worden ist. Hiezu ist jedoch auszuführen, daß es im Dispositionsbereich des Jagdberechtigten liegt, den Abschuß zeitlich so zu wählen, daß dieser während des Jagdjahres durchgeführt werden kann. Da dem Berufungswerber bekannt war, daß sein Revier schattseitig liegt und Rotwild in den Wintermonaten die sonnseitigen tieferen Lagen aufsucht und daher der Abschuß in diesem Revier in den Wintermonaten zwangsläufig schwieriger wird, ist ihm ein Verschulden dahingehend anzulasten, als er mit dem Abschuß so lange zugewartet hat, bis es ihm objektiv nicht mehr möglich war, diesen zu tätigen. Dieses Untätigbleiben in den Sommermonaten ist vom Jagdberechtigten zu verantworten, da sich andernfalls jeder Verpflichtete durch vorsätzliche Untätigkeit der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entziehen könnte und hiedurch die Intentionen, welche durch die Festsetzung von Abschußquoten erreicht werden sollen, nämlich eine ökologisch orientierte Nutzung des gesamten Lebensraumes, wodurch die ökonomischen und ökologischen Schäden minimiert werden sollen, umgangen werden könnten.

Der Berufungswerber hätte daher schon ab Beginn der Schußzeit in verstärktem Maße für eine möglichst frühzeitige Durchführung des Abschusses sorgen müssen, da ihm bekannt sein mußte, daß mit fortgeschrittener Zeit der Abschuß in seinem Revier immer schwieriger werden würde. Er hätte daher glaubhaft machen müssen, daß er in der witterungsbeständigen Jahreszeit, als das Rotwild sich noch auf der Schattseite und somit in seinem Revier aufgehalten hat, alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, den Abschuß zu tätigen. Dies war jedoch nicht der Fall, wie das Beweisverfahren ergeben hat, da in den Sommermonaten keine Abschüsse getätigt worden sind und auch der Berufungswerber angaben, wesentlich weniger Zeit für die Jagd verwendet zu haben.

Auf Grund dieser Überlegungen gelang die Berufungsbehörde zu der Auffassung, daß dem Berufungswerber jedenfalls ein Verschulden in Form der Fahrlässigkeit an der Nichterfüllung des Abschußplanes anzulasten ist, weswegen der Tatbestand erfüllt ist.

Es bleibt daher noch zu prüfen, ob die über den Berufungswerber verhängte Strafe schuld- und tatangemessen ist.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Aus dem Gutachten des beigezogenen Sachverständigen ergibt sich, daß gerade der fehlende Abschuß eines weiblichen Tieres das ökologische Gleichgewicht im Hinblick auf das Geschlechtsverhältnis der Tiere untereinander stört und somit im Folgejahr mit einer erhöhten Geburtenrate zu rechnen ist. Die Folgen der Tat sind daher nicht unbedeutend und ist die übertretene Norm in Verbindung mit dem Abschußplan gerade darauf abgestellt, das ökologisch und ökonomische Gleichgewicht im Wald herzustellen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (Landwirtschaft mit einem Einheitswert von S 241.000,--, Schulden, eine jährliche Rückzahlung von S 50.000,--) erscheint das verhängte Strafausmaß angepaßt, wobei weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe zu berücksichtigen waren. Die Strafbemessung erscheint auch dem Verschulden, zu welchem bereits oben ausführlich Stellung genommen wurde, zu entsprechen und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Abschußplan
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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