TE UVS Wien 1993/11/29 03/08/2912/93

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Veröffentlicht am 29.11.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Pipal über die Berufung des Herrn Helmut Z gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden, Cst 47/W/93, vom 31.8.1993, wegen Übertretung des § 8 Abs 4 in Verbindung mit 99 Abs 3 lit a StVO, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatzeit auf "23.10.1992, 7.20 Uhr" und die Verfügung über die Anrechnung folgendermaßen abgeändert wird:

"Der bereits bezahlte Strafbetrag von S 800,-- ist gemäß § 49a Abs 9 VStG auf die nunmehr verhängte Geldstrafe anzurechnen. "

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen. Der noch zu bezahlende Gesamtbetrag (Strafe nach Abzug des bereits bezahlten Betrages/Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens/Kosten des

Berufungsverfahrens) beträgt daher S 500,--.

Text

Begründung:

1.) Der gegenständlichen Berufung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Anonymverfügung schrieb die Bundespolizeidirektion Wien dem Berufungswerber die Bezahlung eines Strafbetrages in der Höhe von S 800,-- vor, weil der unbekannte Lenker des auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen LN-1 am 23.10.1992 um 7.20 Uhr in

Wien, S-gasse, gegen die Bestimmung des § 8 Abs 4 StVO verstoßen habe. Am 25.3.1993 richtete die Bundespolizeidirektion Wien - Strafamt zur Anonymverfügung 922607043029 an den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des genannten Fahrzeuges die Anfrage, wer das Kraftfahrzeug am Tatort abgestellt habe, sodaß es dort zur Tatzeit gestanden sei. Diese Anfrage beantwortete der Zulassungsbesitzer dahingehend, daß er selbst das gegenständliche Fahrzeug am Tatort abgestellt und den mit Strafverfügung (gemeint offenbar: Anonymverfügung) verhängten Strafbetrag bereits termingerecht liquidiert habe. Nunmehr erließ die Bundespolizeidirektion Wien eine Strafverfügung vom 16.4.1993, Cst 47/W/93, mit der über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen Verletzung des § 8 Abs 4 StVO verhängt wurde. In seinem fristgerecht erhobenen Einspruch führt der Berufungswerber im wesentlichen aus, daß er den mit Anonymverfügung vorgeschriebenen Strafbetrag über S 800,-- unter Verwendung des Posterlagscheines fristgerecht in der Weise bezahlt habe, daß er diesen Posterlagschein als Überweisungsauftrag an seine Bank verwendet habe, welche ihrerseits diesen Betrag gemeinsam mit dem entsprechenden Zahlungsabschnitt des ihm von der Bundespolizeidirektion Wien zugegangenen Erlagscheines als Beleg an die Bundespolizeidirektion Wien weitergeleitet habe. Gleichzeitig legte er eine Kopie des entsprechenden Empfangscheines bei.

Diese Angaben bekräftigte der Berufungswerber bei seiner Vernehmung beim Stadtamt T am 26.7.1993. Die Bundespolizeidirektion Wien erließ nunmehr das angefochtene Straferkenntnis, worin der Berufungswerber schuldig befunden wurde, daß er am 23.10.1993 (richtig: 23.10.1992) um 7.20 Uhr in Wien, S-gasse, das KFZ LN-1 teilweise auf dem Gehsteig

abgestellt und diesen somit vorschriftswidrig benützt habe; dadurch habe er § 8 Abs 4 StVO verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von

S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, verhängt und ihm ein Betrag von

S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zur Zahlung vorgeschrieben. Weiters wurde verfügt, daß der verspätet einbezahlte Betrag von S 800,-- in Abzug gebracht wird.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, in welcher der Berufungswerber im wesentlichen ausführt, daß die Begehung der Verwaltungsübertretung nicht bestritten werde. Nach einer Wiederholung der im Einspruch vorgebrachten Angaben wird erläutert, daß Sinn und Zweck des § 49a VStG in einer Verwaltungsvereinfachung gelegen sei, sodaß nur Zahlungen unter Verwendung des beigegebenen Beleges anerkannt werden könnten, daß jedoch eine Barzahlung nicht gefordert werde.

2.) Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

2.1) Es ist vorerst die Frage zu prüfen, ob die seitens des Berufungswerbers gewählte Zahlungsform, nämlich die Überweisung von einem Konto bei einer anderen Bank als der Postsparkasse auf das Konto der Bundespolizeidirektion Wien bei der Postsparkasse bei gleichzeitiger Übermittlung des Beleges gemäß § 49a Abs 4 VStG, dem Gesetz entspricht.

Gemäß § 49a Abs 4 VStG ist der Anonymverfügung ein zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneter Beleg beizugeben. Nach Abs 6 der zitierten Bestimmung wird die Anonymverfügung gegenstandslos, wenn nicht binnen vier Wochen nach Ausfertigung die Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs 4) erfolgt. Ist die

Anonymverfügung gegenstandslos geworden, so hat die Behörde gemäß § 34 vorzugehen.

Nach Abs 7 der angeführten Bestimmung hat die Behörde von der Ausforschung des unbekannten Täters endgültig Abstand zu nehmen und jede Verfolgungshandlung zu unterlassen, wenn der Strafbetrag mittels

Beleges (Abs 4) fristgerecht einbezahlt wird.

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich zweifelsfrei, daß der Gesetzgeber hier eine bestimmte Zahlungsform vorgeschrieben hat, nämlich die "postalische Einzahlung mittels Beleges" im Sinne des § 49a Abs 4 in Verbindung mit Abs 6 bzw 7 VStG.

Nun führt bereits eine einfache Wortinterpretation zu dem Ergebnis, daß die Formulierung "mittels Beleges" eine Einzahlung "durch" diesen

Beleg verlangt. Der Beleg stellt dabei das "Mittel" dar, durch welches die Einzahlung bewirkt wird. Wenn hingegen der Beleg bloß als

Beilage zu einem Überweisungsauftrag verwendet wird, liegt eben eine Einzahlung "mittels Überweisungsauftrages" vor und keine Einzahlung "mittels Beleges".

Die Zahlungsform der Banküberweisung ist also nur in einem Fall gesetzmäßig im Sinne des § 49a VStG, nämlich wenn sie unmittelbar mittels des in Rede stehenden Beleges - von einem Konto bei der Postsparkasse auf ein anderes - durchgeführt wird.

Diese Auslegung der gegenständlichen Gesetzesbestimmung ergibt sich auch zwingend, wenn man den Sinn und Zweck der Regelung über die Anonymverfügung betrachtet. Durch die Verwendung des Beleges zur Einzahlung des Strafbetrages wird die Kontrolle der Einzahlung, insbesondere bei Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, wesentlich vereinfacht (vgl VwGH 21.10.1992, 92/02/0200).

Daß gegen eine derartige Vorschreibung einer bestimmten Zahlungsform keine verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf Art 7 B-VG, bestehen, hat der Verfassungsgerichtshof zur vergleichbaren Regelung des § 50 VStG bereits dargetan (Erkenntnis vom 28.9.1973, B 208/73).

Der Berufungswerber hat den Strafbetrag durch Überweisung von seinem Konto bei der Raiffeisenbank einbezahlt. Da diese Zahlungsform nicht der dargestellten Regelung des § 49a VStG entspricht, wurde bereits aus diesem Grund die Anonymverfügung gegenstandslos, sodaß die Behörde gemäß § 34 VStG die Ausforschung des Täters und Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens vorzunehmen hatte. Zur Beantwortung der Frage, ob im gegenständlichen Fall die Einzahlung des in der Anonymverfügung vorgeschriebenen Strafbetrages rechtzeitig erfolgt ist, ist vorerst zu klären, in welchem Zeitpunkt eine "postalische Einzahlung mittels Beleges", wie sie § 49a Abs 4 in

Verbindung mit Abs 6 bzw 7 VStG fordert, bewirkt wird. Da das Verwaltungsstrafrecht keine hier anwendbaren Regelungen hinsichtlich der Zahlungszeit enthält, sind die einschlägigen Bestimmungen des ABGB analog anzuwenden. Gemäß § 1413 ABGB kann gegen

seinen Willen weder der Gläubiger gezwungen werden, etwas anderes anzunehmen, als er zu fordern hat, noch der Schuldner etwas anderes zu leisten, als er zu leisten verbunden ist. Dieses gilt auch von der

Zeit, dem Orte und der Art, die Verbindlichkeit zu erfüllen. Gemäß § 1424 ABGB muß der Schuldbetrag dem Gläubiger oder dessen zum Empfange

geeigneten Machthaber, oder demjenigen geleistet werden, den das Gericht als Eigentümer der Forderung erkannt hat.

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich - wie erwähnt - zweifelsfrei, daß der Gesetzgeber eine bestimmte Zahlungsform vorgeschrieben hat, nämlich die postalische Einzahlung mittels des dafür vorgesehenen Beleges.

Diese Einschränkung hinsichtlich der Zahlungsform ist auch für die Frage der Rechtzeitigkeit der Zahlung von Bedeutung:

Die Einzahlung wird mit dem Einlangen des Betrages bei der Postsparkasse bzw beim Postamt bewirkt. Dabei steht es dem Einzahlenden, sofern er die gesetzlich vorgeschriebene Form (postalische Einzahlung mittels Beleges) einhält, durchaus frei, entweder den Betrag selbst einzuzahlen oder einen Dritten damit zu beauftragen.

Die postalische Einzahlung mittels Beleges im Sinne des § 49a Abs 4 in Verbindung mit Abs 6 bzw Abs 7 VStG ist in jedem Falle erst am Tage des Einlangens des Betrages mittels Beleges bei der Postsparkasse bzw beim Postamt bewirkt, nicht bereits mit einer Zahlung an einen beliebigen Dritten, etwa an eine andere Bank. Im gegenständlichen Fall war der 30.12.1992 der letzte Einzahlungstag. Der Berufungswerber hat die Einzahlung nicht selbst in bar durchgeführt, sondern die R-bank damit beauftragt. Der Betrag wurde laut Mitteilung der Buchhaltung der Bundespolizeidirektion Wien

am 4.1.1993 dem Konto der Bundespolizeidirektion Wien bei der Postsparkasse gutgeschrieben. Daher war die postalische Einzahlung verspätet.

Es war also auch aus diesem Grund gemäß § 49a Abs 6 VStG die Ausforschung des Täters und die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens durchzuführen.

2.2) Hinsichtlich des Schuldspruches wird ausgeführt:

Gemäß § 8 Abs 4 StVO ist unter anderem die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen aller Art verboten.

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, unter anderem, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

Die im Spruch umschriebene Verwaltungsübertretung wurde seitens des Berufungswerbers in der Berufung ausdrücklich gestanden und ist unbestrittenermaßen erwiesen.

2.3) Hinsichtlich der Strafbemessung wird ausgeführt:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient

und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach

sich

gezogen hat.

Gemäß Abs 2 der angeführten Bestimmung sind im ordentlichen

Verfahren

(§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Schutzzweck der übertretenen Norm besteht darin, Störungen des Fußgängerverkehrs zu vermeiden, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, als nicht unbedeutend zu werten ist. Als Erschwerungsgrund war die vorsätzliche

Begehung, als Milderungsgrund die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zum Zeitpunkt der Tat zu berücksichtigen. Da der Berufungswerber Angaben über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse verweigerte, waren diese von der angerufenen Behörde zu schätzen. Auf Grund des Alters und der beruflichen Stellung des Berufungswerbers als Verkaufsdirektor war von überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe

- selbst bei Vorliegen von Sorgepflichten - durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.

2.4) Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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