TE UVS Niederösterreich 1993/12/02 Senat-MD-92-184

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Veröffentlicht am 02.12.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, teilweise Folge gegeben.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird insoweit abgeändert, als er wie folgt zu lauten hat:

 

"Sie haben es als Komplementär und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Kaffeehandelsgesellschaft KG D********* D****** zu verantworten, daß diese Gesellschaft vom 16.2.1980 bis 3.4.1992 Regenwässer von den Betriebsgrundstücken Nr ***, ***, ***, ***, ***, *** und ****/23 (alle KG V********) in den P*****bach eingeleitet und somit eine Einwirkung auf Gewässer vorgenommen hat, ohne im Besitz der hiefür gemäß §32 Abs1 und 2 WRG 1959 erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung zu sein.

 

Übertretungsnorm:

§§32 Abs1 und 2 iVm 137 Abs1 WRG 1959 idF BGBl Nr 693/1988 (vom 16.2.1980 bis 30.6.1990) und §§32 Abs1 und 2 iVm 137 Abs3 litg WRG 1959 idF BGBl Nr 252/1990 (vom 1.7.1990 bis 3.4.1992)

 

Gemäß §137 Abs1 WRG 1959 idF BGBl 693/1988 und §137 Abs3 WRG 1959 idF BGBl Nr 552/1990 wird über Sie eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Tage) verhängt.

 

Gemäß §64 Abs1 und 2 VStG haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Behörde I. Instanz den Betrag von S 2.000,-- zu bezahlen."

Gemäß §59 Abs2 AVG ist der Gesamtbetrag von S 22.000,-- binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft xx über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (Ersatzarrest: 20 Tage) verhängt und überdies die Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 2.000,-- ausgesprochen, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der A******* D********* D****** Kaffeehandels KG (richtig wohl: Kaffeehandelsgesellschaft KG D********* D******) zu verantworten habe, daß die A******* D********* D****** Kaffeehandelsgesellschaft KG vom 16.2.1980 bis 3.4.1992 Regenwässer von den Betriebsgrundstücken Nr ***, ***, ***, ***, ***, *** und ****/23, sämtliche KG V********, in den P*****bach eingeleitet hat, obwohl für die Einleitung keine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde. Gestützt wurde der Strafausspruch auf §137 Abs3 litg WRG 1959.

 

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wird die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers für die A******* Kaffeehandels KG bestritten und vorgebracht, daß gemäß §9 Abs2 VStG ein Geschäftsführer bestellt worden wäre, nämlich Herr P**** K*****. Diese Tatsache wäre der Bezirkshauptmannschaft xx als erkennende Behörde bekannt, da das diesbezügliche Bestellungs- und Genehmigungsverfahren bei ihr abgeführt wurde.

 

Weiters wurde noch vorbracht, daß die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- in einem ersten derartigen Fall eine zu hohe Geldstrafe darstelle, dies umso mehr, als in der Zwischenzeit ein entsprechendes Wasserprojekt zur Behandlung eingereicht worden wäre.

 

Beantragt wurde daher die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die schuldangemessene Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Unbestritten war die Kaffeehandelsgesellschaft KG D********* D****** im Besitz der wasserrechtlichen Bewilligung zur Einleitung der Regenwässer auf den Grundstücken Nr ***, ***, ***, ***, ***, *** und ****/23 (alle KG V********) in den P*****bach und ist dieses Recht infolge Fristablaufes am 15.2.1980 gemäß §27 Abs1 litc WRG 1959 erloschen (Feststellungsbescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 17.4.1987, III/1-******/2-87). Ebenso unbestritten wurden die Regenwässer von den genannten Grundstücken auch nach dem 15.2.1980 in den P*****bach eingeleitet und somit eine im Sinne des §32 WRG 1959 bewilligungspflichtige Maßnahmen ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung gesetzt.

 

Der Berufungswerber versucht sich nun damit zu exkulpieren, daß gemäß §9 Abs2 VStG ein Geschäftsführer bestellt worden wäre und legt er zum Beweis dafür einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 18. Jänner 1989, 12-G-*****/28, vor, mit dem die Bestellung von Herrn P**** K***** zum Geschäftsführer für die Ausübung des Gewerbes Erzeugung und Verpackung von geröstetem Bohnenkaffee, sowie für die Abfüllung und fabriksmäßige Verpackung von Bohnenkaffee-Extrakt in der Form eines Industriebetriebes bestellt wurde. Rechtsgrundlage für diesen Bescheid waren die §§9 Abs1, 39 Abs4, 345 Abs8 Z1 und 5 der Gewerbeordnung 1973 sowie die §§76 und 78 AVG.

 

Hiezu ist folgendes festzustellen:

 

Gemäß §9 Abs1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Gemäß Abs2 legcit sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Preis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Gemäß Abs4 legcit kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzende Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

 

Weiters verfügt die Gewerbeordnung in ihren §§9 Abs1 und 370 Abs2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Durchführung des strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristische Personen. Für den Bereich des Gewerberechtes ist demnach nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des §9 Abs1 VStG, der die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber allfälligen entsprechenden Regelungen in den besonderen Verwaltungsgesetzen normiert, §9 Abs2 VStG nicht anwendbar (VwGH 15.12.1987, Slg 12590A).

 

Die Verantwortlichkeit des gewerbebehördlich bestellten Verantwortlichen ist demnach auf den durch §39 Abs1 und §370 Abs2 Gewerbeordnung abgesteckten Rahmen beschränkt (VwGH 28.3.1980, 2465/79).

 

Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, daß die zur Last gelegte Übertretung von Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 nicht jenem Bereich zuzuordnen ist, der in den Verantwortungsbereich eines gewerberechtlich bestellten Geschäftsführers fällt und somit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung wasserrechtlicher Bestimmungen nach wie vor dem Komplementär der Kaffeehandelsgesellschaft KG D********* D****** (somit dem Berufungswerber) obliegt.

 

Zur Strafbemessung ist festzustellen:

 

Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Das Ausmaß der Schädigung der zu schützenden Interessen ist nach Ansicht der Berufungsbehörde als erheblich einzustufen, zumal mehr als 12 Jahre lang Regenwässer von Betriebsgrundstücken in ein Gewässer eingeleitet wurden und daher die Möglichkeit einer erheblichen Gewässerverunreinigung durch mehr als ein Jahrzehnt gegeben war. Der Nachweis einer konkret bzw tatsächlich eingetretene Verunreinigung ist nicht erforderlich.

 

Mildernd war kein Umstand zu werten (die Unbescholtenheit scheidet aufgrund mehrerer rechtskräftiger Verwaltungsvorstrafen aus, von einem Geständnis ist im Hinblick auf die Bestreitung der persönlichen Verantwortung ebenfalls nicht auszugehen), erschwerend ist die Begehung der angelasteten Übertretung über einen längeren Zeitraum (§33 Z1 StGB). Somit ist der von der Erstbehörde angenommene Milderungsgrund des Fehlens einer einschlägigen Verwaltungsvorstrafe nicht gegeben, da dieser Umstand lediglich keinen Erschwerungsgrund darstellt. Den eben genannten Erschwerungsgrund hat die Erstbehörde ebenfalls unberücksichtigt gelassen.

 

Der gesetzliche Strafrahmen für die angelastete Verwaltungsübertretung reichte bis 30.6.1990 bis S 20.000,--, seit 1.7.1990 beträgt die Obergrenze S 100.000,--.

 

Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers wurden mit einem Einkommen von monatlich netto etwa S 50.000,--, einem Vermögen (Firmen- und Liegenschaftsbesitz) in Höhe von S 1 Mio und Sorgepflichten hinsichtlich einer Person eingeschätzt. Diese Werte wurden im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens dem Beschuldigten zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eröffnet, sich hiezu zu äußern. Eine derartige Äußerung ist unterblieben.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände gelangt die Berufungsbehörde zur Ansicht, daß die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- nicht als unangemessen hoch zu betrachten ist, hingegen war die Ersatzarreststrafe herabzusetzen, da mangels spezieller Bestimmungen im WRG 1959 das Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen (§16 Abs2 VStG) beträgt. Aus diesem Grunde war daher der Berufung teilweise Folge zu geben und waren daher auch keine Kosten für das Berufungsverfahren vorzuschreiben.

 

Zur Korrektur des Bescheidspruches ist ergänzend festzustellen, daß sich mit der WRG-Novelle 1990 eine Änderung der Strafbestimmungen ergab und daher sowohl die Übertretungs- als auch die Strafnorm entsprechend zu teilen waren.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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