TE UVS Stmk 1994/03/14 UVS 30.9-155/93

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Veröffentlicht am 14.03.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied

Dr. Christian Erkinger über die Berufung der Frau Dr. E Sch, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Karl Baldauf, Güssing, gegen den Bescheid des Bürgermeister der Stadt Graz vom 3.9.1993, GZ.: A4 St-657/1993/1/301, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 8.3.1994, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach mit der Maßgabe abgewiesen, daß der Spruch in seinem ersten Satz wie folgt zu lauten hat: "Sie haben in der Zeit vom 12.7. bis 3.9.1993 von Graz aus gewerbsmäßig Pauschalreisen für Kinder und Jugendliche nach Ungarn (1 Tag Budapest, 3 Tage Szeged, 2 Tage Plattensee) mit einer je einwöchigen Dauer dadurch veranstaltet, daß Sie zusammen mit Herrn A N zu oben angeführter Zeit insgesamt 8 einwöchige Sommer-Kreativseminare organisiert und diese Veranstaltungen auch in Eigenverantwortung durchgeführt haben, wobei Sie einen Kursbeitrag von S 4.990,-- pro Person, der den Transfer mit ungarischen Kleinbussen, den Seminarbeitrag sowie sechs Übernachtungen und die Verpflegung beinhaltete, abzüglich eines an Herrn N geleisteten vereinbarten Entgeltes in Höhe von DM 65,-- pro Seminarteilnehmer auf Ihren Namen und Ihre Rechnung kassierten."

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 400,--, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

Auf Grund des von der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grundlage der in Anwesenheit der Berufungswerberin sowie eines Zeugen, vorgenommenen öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 8.3.1994 ergibt sich folgender für die Entscheidungsfindung wesentlicher Sachverhalt:

Der anläßlich der Berufungsverhandlung anwesende Zeuge gab an, daß ihm von der Fachgruppe für Reisebüros bzw. von der Fachgruppe für Autobusunternehmer die Beilagen, die sich im erstinstanzlichen Verfahrensakt befinden, mit dem Ersuchen um nähere Erhebung zugemittelt worden seien. Dies habe er zum Anlaß genommen, um mit der Berufungswerberin telefonisch Kontakt aufzunehmen, wobei ihm am 6.7.1993 um 12.00 Uhr die Berufungswerberin mitgeteilt habe, daß sie insgesamt 8 einwöchige Sommer-Kreativseminare organisiert habe und diese in der Zeit vom 12.7.1993 bis 4.9.1993 in Ungarn, Plattensee abhält. Die näheren Einzelheiten über dieses Seminar habe er überdies den beiliegenden Mitteilungsblättern entnehmen können. Er habe in der gegenständlichen Angelegenheit ausschließlich mit der Berufungswerberin telefoniert und somit nur die Möglichkeit gehabt, aufgrund ihrer Aussagen bzw. aufgrund der ihm vorliegenden Beilagen, die Anzeige zu erstatten.

Die Berufungswerberin selbst gab über Befragen an, daß an der Organisation der von ihr durchgeführten Kreativseminare, wie sie den in der Anzeige beiliegenden Mitteilungsblättern zu entnehmen sind, einerseits sie selbst, andererseits Herr A N, der als Diplommusiklehrer seinen Beitrag zu diesen Kreativseminaren leistete, beteiligt gewesen seien. Die Anmeldung zu diesen Kreativseminaren sei, wie auch auf dem Mitteilungsblatt angeführt ist, durch Direkteinzahlung des gesamten Seminarbeitrages auf ein Konto, das auf ihren Namen gelautet habe, erfolgt. Die betreffenden Anmeldungen seien prinzipiell telefonisch erfolgt. Die Seminarthemen habe ausschließlich sie zusammengestellt, worauf dies hauptsächlich auf ihrem "Know How" beruhe. Bei der Festsetzung der Seminarzeiten, wie auch der Erstellung des Layouts des Mitteilungsblattes über den wesentlichen Inhalt der Kreativseminare

des Elternvereines für die Steiermark sei, behilflich gewesen. Die gegenständlichen Seminare seien die einzigen gewesen, die sie in Zusammenarbeit mit Herrn N organisiert habe. Dabei habe sie die Organisation betreffend die Unterbringung der Seminarteilnehmer in Ungarn wie auch die Organisation der Hin- und Rückreise, als auch die Verpflegung an Ort und Stelle an Herrn N delegiert. Dies sei auch dadurch dokumentiert, daß es einen schriftlichen Vertrag gäbe, - dieser wurde dem Verhandlungsleiter zwar vorgewiesen, allerdings erklärte sich die Berufungswerberin nicht einverstanden, eine Kopie desselben anzufertigen - dem zu entnehmen ist, daß Herr N vom Gesamtseminarbeitrag in der Höhe von S 4.990,-- pro Kind, einen Betrag von DM 65,-- (umgerechnet etwa S 500,--) für seine Leistung erhalten solle. In diesem Vertrag verpflichtete sich Herr N zu bestimmten Leistungen, wie beispielsweise zur Verfügungstellung eines tadellosen Busses zum angeführten Veranstaltungstermin, zur Organisation der Quartiere, wie auch der Organisation des Rahmenprogrammes. Die Berufungswerberin ihrerseits sicherte zu, eine Begleitperson für die Reise zur Verfügung zu stellen und hat auch eine Reisehaftpflichtversicherung für die Kinder ihrerseits abgeschlossen und auch bezahlt. Als Mindestteilnehmerzahl wurde vereinbart, daß fünf Kinder pro Termin an der Veranstaltung teilnehmen und stand aus organisatorischen Gründen die Teilnehmerzahl vor Antritt der Reise bereits fest. Trotz der Übergabe des Herrn N zustehenden und auch vereinbarten Betrages von DM 65,--, sei es aus seinem Verschulden zu Organisationsmängeln gekommen, wobei sie selbst letztendlich offen gebliebene Rechnungen, das Quartier betreffend, begleichen mußte, obwohl Herr N dies mit dem ihm übergebenen Betrag bereits erledigen hätte sollen. Beschwerden über derartige Organisationsmängel habe es lediglich deshalb keine gegeben, da die Berufungswerberin selbst diese Desorganisation abgefangen hätte

Die näheren Auskünfte über den Ablauf der Reise, wie Abfahrt, Ankunft etc. habe sie von Graz aus den Reiseteilnehmern bekanntgegeben. Die Seminare, wie sie im Mitteilungsblatt angekündigt wurden, also verbunden mit einer Busreise der Reiseteilnehmer nach Ungarn, haben nur einmal stattgefunden. Die Berufungswerberin führte an, daß die ihr vorgeworfene Übertretung lediglich auf einem Versehen beruhe, sie sei keinesfalls als Reiseveranstalter aufgetreten. Durch Übergabe eines in ungarischer Sprache gehaltenen Schreibens, daß ihr Herr N übergeben habe, sei auch zu entnehmen, daß "ein konzessionierter" ungarischer Reiseveranstalter die Reise durchgeführt habe.

Im übrigen verwies die Berufungswerberin auf ihr bisheriges Vorbringen.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 126 Z 23 GewO 1973 in der Fassung der Novelle 1992 BGBl. Nr. 29/1993 stellt das Reisebürogewerbe ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe dar.

Gemäß § 175 leg cit bedarf es für die Ausgabe, Vermittlung und Besorgung von Fahrausweisen (einschließlich der Anweisungen auf Liege- und Schlafwagenplätze, Platzkarten u.dgl.) in- und ausländischer Verkehrsunternehmen jeder Art, die Vermittlung von durch Verkehrsunternehmen durchzuführenden Personenbeförderungen, die Vermittlung von Pauschalreisen (Gesellschaftsfahrten), die Vermittlung und Besorgung von für Reisende bestimmter Unterkunft oder Verpflegung, sowie die Veranstaltung von Pauschalreisen (Gesellschaftsfahrten), die der Veranstalter direkt oder über einen Vermittler anbietet, eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Reisebüros (§ 126 Z 23 leg cit).

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu

S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Auf Basis des durch die Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der in Anwesenheit der Berufungswerberin selbst sowie eines Zeugen am 8.3.1993 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung ist als erwiesen festzustellen, daß die Berufungswerberin in der Zeit vom 12.7. bis 3.9.1993 durch das Anbieten und letztendlich auch die Durchführung der angebotenen "Kreativseminare" in Zusammenhang stehend mit einer Reise nach Ungarn für einen bestimmten Teilnehmerkreis eine bewilligungspflichtige gewerbliche Tätigkeit im Sinne der zitierten gewerberechtlichen Bestimmungen ausgeübt hat.

Daß die Berufungswerberin bei der Organisation der Kreativseminare

gehandelt hat, hat sich, wenn man von einer Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Momente ausgeht, daraus ergeben, daß, wie auch dem Mitteilungsblatt eindeutig zu entnehmen ist, die Anmeldung durch Einzahlung des Seminarbeitrages in einer Höhe von S 4.990,-- pro Seminarteilnehmer auf ein Konto ihres Namens erfolgt, sie über Seminarort über die näheren Modalitäten der Abwicklung der Reise, wie Treffpunkt, Ankunft, Reiseablauf in Ungarn, als auch Veranstaltungsinhalt die Organisationsgewalt hatte und auch die Anmeldungen, welche zumeist telefonisch erfolgten, ausschließlich bei ihr durchgeführt wurden. Wenn die Berufungswerberin meint, sie habe durch Delegation bestimmter organisatorischer Dinge, welchen auch ein schriftlicher Vertrag zugrunde liegt, einen Übergang des sogenannten Unternehmerrisikos bewirkt, ist dem entgegenzuhalten, daß, würde man diese vertragliche Delegierung als Auftrag gemäß § 1002 ABGB ansehen, die Besorgung der durch den Beauftragten durchgeführten Geschäfte trotzdem auf Rechnung und Gefahr des Auftraggebers - der Berufungswerberin - erfolgt. Da somit der Berufungswerberin einerseits die Kosten, andererseits die Vorteile des "Rechtsgeschäftes" zufallen hieße dies in gewerberechtlicher Hinsicht, daß sie das Unternehmerrisiko beibehalten hatte. Auch ist die in ihrem Auftrag durchgeführte (gewerbliche) Tätigkeit jener Person oder auch Personenmehrheit zuzurechnen, auf deren Rechnung und unternehmerisches Risiko sie entfaltet wird (also ihr selbst).

Daß die Berufungswerberin auch in Gewinn- bzw. Ertragserzielungsabsicht gehandelt hat, hat sich aus ihren eigenen Angaben ergeben, wonach vom Seminarbeitrag in der Höhe von

S 4.990,--, welcher pro Person zu leisten war, lediglich ein Betrag von DM 65,-- für die Abdeckung der organisatorischen Kosten abzuziehen war.

Im übrigen hat die Berufungswerberin auch nicht angegeben, daß der gesamte Seminarbeitrag lediglich dafür verwendet wurde, um die entstandenen Unkosten ganz oder auch nur zum Teil zu decken. Daß auch das dritte, für die Annahme einer gewerbsmäßig ausgeübten Tätigkeit, wesentliche Merkmal als vorliegend angenommen werden kann, ergibt sich schon daraus, daß einerseits insgesamt 8 jeweils einwöchige Seminare im genannten Zeitraum angeboten worden sind und schon alleine aus diesem Grunde nicht von einer einmaligen Handlung gesprochen werden kann, aber überdies aus den angebotenen Kreativseminaren laut Mitteilungsblatt, selbst wenn diese nur einmal stattgefunden hätten, auf die Absicht geschlossen werden kann, daß solche Seminare wiederholt stattfinden.

Da somit hinsichtlich des Vorliegens des Selbständigkeitsmerkmales

Unternehmerrisikos auf eine andere Person (Herrn N oder Herrn F) aus dem Ermittlungsverfahren nicht nachvollziebar feststellbar war, da die Berufungswerberin, wie sie auch selbst angeführt hat, auch die negativen Konsequenzen (Ersatz der Kosten, die von Herrn N verursacht wurden) und nicht nur die Konsequenzen für ihre Seminartätigkeiten sie selbst zu tragen hatte und auch getragen hat, war davon auszugehen, daß die Berufungswerberin die in ihrer konkretisierten Form vorgeworfene Übertretung zu verantworten hat.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Danach war gemäß § 1 leg cit der Berufungswerberin eine Verletzung der Interessen anderer Unternehmer im Sinne einer Changengleichheit und im Sinne eines Vertrauensgrundsatzes, daß gewerbliche Leistungen nur von befugten Unternehmen angeboten werden, durch das ihr zur Last gelegte und als erwiesen angenommene Vergehen vorzuwerfen.

Als mildernd war, wie auch bereits von der erstinstanzlichen Behörde gewertet zu berücksichtigen, daß die Berufungswerberin als verwaltungsstrafrechtlich unbescholten gilt und daß bis auf die Interessensverletzung anderer Gewerbetreibender keine nachteiligen Folgen der Tat eingetreten sind. Erschwerende Umstände waren nicht zu berücksichtigen.

Die von der Berufungswerberin anläßlich der Verhandlung bekanntgegebenen persönlichen Verhältnisse wurden, soweit konkret dargelegt, berücksichtigt, bezüglich ihres Einkommens wurde eine Schätzung vorgenommen und ein Monatsnettogehalt von S 15.000,-- angenommen.

Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, sowie unter Bedachtnahme der angeführten objektiven und subjektiven, für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien erscheint das im untersten Bereich des Strafrahmens verhängte Strafausmaß gerechtfertigt angemessen, zumal sich dieses bei einem Strafrahmen von bis zu S 50.000,-- noch im untersten Bereich bewegt.

Die Korrektur des Endes der Tatzeit auf "3.9.1993" mußte deshalb erfolgen, da dem erstinstanzlichen Akt nicht entnehmbar war, wann das angefochtene Straferkenntnis der Berufungswerberin zugestellt worden ist, und das Tatzeitende somit mit Schöpfung des Straferkenntnisses aufzunehmen war. Da sich die Tatzeit lediglich um einen Tag verkürzte, hatte dies keinen Einfluß auf die ausgesprochene Strafe. Der Tatort "Graz" konnte entsprechend der Begründung des Straferkenntnisses, die auf das Flugblatt mit der Grazer Telefonnummer, über die die Anmeldung erfolgte, ausdrücklich Bezug genommen hat, ergänzt werden, zumal dem Rechtsvertreter der betreffende Akteninhalt übermittelt wurde. Aus den angeführten Erwägungen war daher auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Schlagworte
Gewerbeordnung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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