TE UVS Niederösterreich 1994/05/20 Senat-BL-94-009

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Veröffentlicht am 20.05.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem in Anfechtung gezogenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft xx über Herrn F P gemäß §74 Abs1 LMG 1975 eine Geldstrafe in Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt und überdies die Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 100,-- sowie von Barauslagen in Höhe von S 520,-- ausgesprochen.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung des Beschuldigten mit dem Vorbringen, daß unrichtigerweise als Tatzeitpunkt der 19.9.1991 angegeben worden wäre, obwohl das Inverkehrbringen des Lebensmittels bereits am 2.9.1991 erfolgt wäre.

 

Darüber hinaus wird auf den Umstand verwiesen, daß die Magistratsabteilung 60 (Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien) ein mit 4.11.1992 datiertes Gutachten erstattet und in diesem festgestellt habe, daß ein mit "Natur Makrelenfilet" bezeichnetes Lebensmittel entsprechend der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung gekennzeichnet gewesen wäre. Die divergierenden Ansichten (MA 60 gegenüber der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Graz) könnten ihm daher nicht zur Last gelegt werden, da er im Vertrauen auf das genannte Gutachten gehandelt habe. Auch verhalte es sich so, daß unter dem Begriff "Natur" nicht ein rohes Lebensmittel verstanden werden könne. Schließlich erwarte ein Konsument, der in einem Lokal ein "Natur Schnitzel" bestellt nicht, daß er ein rohes Kalbs- oder Schweinsschnitzel erhält. Beantragt wurden die Einholung eines Gutachtens des zuständigen Bundesministeriums, weiters die Ladung des Vorstandes der MA 60 Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §7 Abs1 litc LMG 1975 ist es verboten, Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind.

 

Gemäß §8 litf LMG 1975 sind Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe als falsch bezeichnet anzusehen, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Mängel, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§9) in Verkehr gebracht werden.

 

In gegenständlichem Fall wurde das bezughabende Lebensmittel mit der Bezeichnung "Natur Makrelenfilet" in Verkehr gebracht. Zunächst ist unmißverständlich darauf hinzuweisen, daß die Fragen, ob mit der Bezeichnung "Natur" ein mehr als unerheblicher Teil des angeprochenen Personenkreises (Kosumentenkreises) eine bestimmte Vorstellung verbindet und wenn ja, welcher Art diese Vorstellung ist, auschließlich Rechtsfragen sind, die selbständig von der Behörde (!) zu lösen sind. Keinesfalls verhält es sich so, daß es sich um eine Fachfrage handelt, zu deren Lösung die Beiziehung eines Sachverständigen (so auch eine Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung) erforderlich ist. Keineswegs ist die zuständige Behörde an derartiger "Gutachten" gebunden.

 

Unbestritten hat der Berufungswerber das Lebensmittel "Makrelenfilet" am 2.9.1991 durch Lieferung an die Z Filiale in J in Verkehr gebracht. Ebenso unbestritten war dieses Lebensmittel mit der Bezeichnung "Natur Makrelenfilet" gekennzeichnet, weiters fanden sich auf dem Etikett die Bezeichnungen "Wacholder geräuchert" und "INGR: Makrelenfilet geräuchert, Salz, Gewürze, Zucker".

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ist unter der Bezeichnung "Natur" nicht ein Lebensmittel in rohem Zustand zu verstehen, dies um so mehr, als von der Verbrauchererwartung her betrachtet wohl niemand einen rohen Fisch in einer Vakumverpackung erwarten wird. "Natur" bedeutet generell auf Lebensmittel bezogen lediglich, daß diese keinen Behandlungsmethoden wie z B Panieren, Räuchern, Einbrennen und u dgl unterzogen wurden. Eine Garung steht nach Ansicht der Berufungsbehörde der genannten Bezeichnung jedoch nicht entgegen.

 

Hinsichtlich des Räucherns verhält es sich - wie eben dargelegt - so, daß ein derartiger Vorgang grundsätzlich der Bezeichnung "Natur" entgegensteht, im konkreten Fall wurde jedoch auf dem Etikett in zweifacher Weise auf die Räucherung hingewiesen ("Wacholder geräuchert", "Makrelenfilet geräuchert"), sodaß aufgrund dieses doppelten Hinweises von zur Irreführung geeigneten Angaben nicht gesprochen werden kann, sodaß der von der Erstbehörde erhobene Tatvorwurf nicht aufrecht erhalten werden kann, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e VStG abgesehen werden, da bereits aus der Aktenlage die Notwendigkeit der Bescheidbehebung zu ersehen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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