TE UVS Niederösterreich 1994/06/13 Senat-HL-93-008

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Veröffentlicht am 13.06.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG)  k e i n e Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß in der Tatbeschreibung anstelle der Worte "als handels- und gewerberechtliche Verantwortliche" die Wortfolge "Sie haben es als gewerberechtliche Geschäftsführerin" tritt und nach dem Wort "Mi************" die Wortfolge "in Ausübung des Handelsgewerbes" sowie nach dem Wort "Tankreinigung" der Klammerausdruck "(Entleerung und Reinigung eines mit ca 2.000 l Heizöl befüllten Heizöltankes)" eingefügt wird.

 

Gemäß §64 Abs1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 400,-- zu bezahlen.

 

Gemäß §59 Abs2 AVG ist der Gesamtbetrag von S 2.600,-- binnen einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 7. Mai 1993, 3-***-93, wurde über die Beschuldigte S B wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z1 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt und ihr die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von S 200,-- auferlegt.

In diesem Strafbescheid wird ihr angelastet, "als handels- und gewerberechtlicher Verantwortliche der Firma J M GesmbH, **** Mi************", dafür verantwortlich zu sein, daß diese Firma in H, L****straße Nr 8, eine Tankreinigung durchgeführt habe, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung ("Tankreiniger" - §103 Abs1 litb Z45a GewO 1973) erlangt zu haben.

 

In der Begründung dieses Straferkenntnisses, welches innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erlassen worden ist, ist hiezu ausgeführt, J L aus H habe durch die J M GesmbH seinen Heizöltank, in welchem sich noch ca 2.000 l Heizöl leicht befunden hätten, auspumpen und reinigen lassen. Für diese Tätigkeit habe die J M GesmbH eine Rechnung über S 9.000,-- gelegt, welche von J L auch bezahlt worden sei.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung der Beschuldigten, in welcher unter Bezugnahme auf die Bestimmung des §44a lita VStG 1950 (wohl richtig: §44a Z1 VStG) vorgebracht wird, daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht dem dort enthaltenen Konkretisierungsgebot entspreche. So gehe aus dem Spruch des Straferkenntnisses lediglich hervor, daß sie als handels- und gewerberechtliche Verantwortliche der Firma J M GesmbH bestraft werde, was nicht dem §44a Z1 VStG entspreche. Außerdem habe sie Herrn J M zum "Verantwortlichen Beauftragten" der J M GesmbH im Sinne des §9 Abs2 VStG bestellt. Aus all diesen Gründen stellt die Berufungswerberin den Antrag, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zu diesem Berufungsvorbringen hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, bei der Beweis erhoben worden ist durch Einvernahme des Zeugen J L jun und Verlesung des Verwaltungsstrafaktes, insbesondere des Schreibens der Berufungswerberin vom 9.6.1994, mit welchem sie ihr Fernbleiben von der öffentlichen mündlichen Verhandlung entschuldigt und per Telefax eine "Vereinbarung über die Bestellung zum Beauftragten" vorlegt.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, daß die J M GesmbH am 11.12.1992 in der aufgelassenen Fleischhauerei von J L in **** H, Bstraße 11, den dort befindlichen Heizöltank, welcher mit ca 2.000 l Heizöl leicht befüllt war, entleert und gereinigt hat. Für diese Entleerung des Heizöltanks und die anschließende Reinigung hat die J M GesmbH eine mit 11.12.1992 datierte Rechnung über S 9.000,-- gelegt, welche zwischenzeitig von J L bezahlt worden ist. Diese Rechnung erliegt in Kopie im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt und weist folgenden Briefkopf auf: "J M Gesellschaft M.B.H., Mineralölhandel, **** Mi************ 89, Tel 0****/****". Nach dem Rechnungsbetrag und den Worten "Betrag dankend erhalten" findet sich noch ein Stempelabdruck mit folgendem Wortlaut: "J M Gesellschaft M.B.H, Großhandel, **** Mi************ 89". Über diesen Stempelabdruck ist die handschriftliche Fertigung mit "J M" erkennbar. Gewerberechtliche Geschäftsführerin der J M GesmbH für die Ausübung des Handelsgewerbes war zur Tatzeit die Berufungswerberin S B. Die J M GesmbH war am 11.12.1992 nicht im Besitz der Gewerbeberechtigung "Tankreiniger" gemäß §103 Abs1 litb Z45 a GewO 1973. Die Entleerung und Reinigung des gegenständlichen Heizöltankes wurde vom Standort der Ausübung des Handelsgewerbes, somit von **** Mi************ 89 aus, durch diese Gesellschaft vorgenommen.

 

Zu diesen Feststellungen gelangte der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund der Aussage des Zeugen J L, die präzise war und mit dem übrigen Akteninhalt, wie etwa der in Kopie erliegenden Rechnung der J M GesmbH, nicht in Widerspruch steht. Neben anderen kontaktierten Firmen hat nach der glaubwürdigen Schilderung des Zeugen die Firma J M GesmbH das finanziell günstigste Angebot für die Vornahme der Entleerung und Reinigung des in Rede stehenden Heizöltankes gemacht. Daß die inkriminierten Arbeiten auch tatsächlich von der J M GesmbH durchgeführt worden sind, ergibt sich auch eindeutig aus der in Kopie vorliegenden Rechnung der J M GesmbH vom 11.12.1992. In dieser wird für das Auspumpen und Reinigen des Heizöltankes ein Betrag von S 7.500,-- zuzüglich eines Betrages von 1.500,-- (20 % Mehrwertssteuer), sohin ein Gesamtbetrag von S 9.000,-- in Rechnung gestellt. So wird von der Berufungswerberin auch gar nicht bestritten, daß der gegenständliche Auftrag von der J M GesmbH durchgeführt worden ist, sondern lediglich darauf verwiesen, daß die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht bei ihr, sondern bei J M gelegen sei. In diesem Zusammenhang wurde von der Berufungswerberin eine "Vereinbarung über die Bestellung zum Beauftragten" der Berufungsbehörde vorgelegt, die zwischen ihr als gewerberechtliche Geschäftsführerin der J M GesmbH und Herrn J M am 7.9.1990 abgeschlossen worden ist. Auch daraus ergibt sich, daß die Berufungswerberin sich ihrer Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin der J M GesmbH (in Ausübung des Handelsgewerbes) bewußt gewesen ist.

 

In rechtlicher Hinsicht war der so festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß §1 Abs1 GewO 1973 gilt dieses Bundesgesetz grundsätzlich für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

 

Gemäß §1 Abs2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Die in Rede stehende Tätigkeit ist unbestritten auf Rechnung und Gefahr der J M GesmbH vorgenommen worden, weshalb sie als selbständig im Sinne des §1 GewO 1973 zu werten ist.

 

Gemäß §1 Abs4 GewO 1973 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

 

Die gegenständliche Tätigkeit des Entleerens und Reinigens von Mineralöltanks erfordert spezielle Einrichtungen und kann ohne diese Einrichtungen bzw ohne entsprechende Fachkunde nicht ausgeführt werden. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens werden derartige Einrichtungen in einem Gewerbebetrieb nur dann angeschafft, wenn sie in der Folge auch wiederholt eingesetzt werden können. Aufgrund dieser Umstände, sowie nicht zuletzt auch im Hinblick darauf, daß die Firma J M GesmbH den Auftrag der Familie L durch Erstellen eines besonders günstigen Anbotes förmlich an sich gezogen hat, war davon auszugehen - zumal das gewerbsmäßige Handeln im gegenständlichen Fall auch gar nicht bestritten worden ist -, daß auch das Merkmal der "Regelmäßigkeit" im Sinne des §1 Abs4 GewO 1973 vorliegt.

 

Durch die Rechnungslegung über einen Betrag von S 9.000,-- für die geleistete Tätigkeit ist letztlich auch die "Gewinnerzielungsabsicht" im Sinne des §1 GewO 1973 als erwiesen anzusehen.

 

Da die in Rede stehende Tätigkeit im technischen Sinn dem "Tankreiniger" nach §103 Abs1 litb Z45a GewO 1973 zuzuordnen ist und diese - wie gezeigt - unbestritten gewerbsmäßig im Sinne des §1 GewO 1973 vorgenommen worden ist, ist die unbefugte Ausübung des Tankreinigergewerbes (der Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung wurde nicht einmal behauptet) als erwiesen anzusehen.

 

Nach dem Vorbringen in der Berufung, bzw in dem per Telefax der Berufungsbehörde übermittelten Schreiben vom 9. Juni 1994 weist die Beschuldigte die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die gegenständliche Tat zurück und führt im wesentlichen aus, daß die strafrechtliche Verantwortlichkeit den zum "Verantwortlichen Beauftragten" der J M GesmbH bestellten J M treffe.

 

Hiezu ist auf folgendes zu verweisen:

Gemäß §370 Abs2 GewO 1973 sind Geld- und Arreststrafen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt (§39) wurde, gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

 

Im vorliegenden Fall ist die unbefugte Gewerbeausübung der J M GesmbH, also einer juristischen Person zuzurechnen. Diese hat die inkriminierte Tat als "Handelsbetrieb" (vgl Rechnung vom 11.12.1992 - "Mineralölhandel", "Großhandel") gesetzt. Nach §9 Abs1 GewO 1973 war daher ein Geschäftsführer (bzw Pächter) zu bestellen ("notwendige Stellvertretung"). Diesen Geschäftsführer trifft daher im Sinne der Vorschrift des §370 GewO 1973 die strafrechtliche Verantwortung. Diese strafrechtliche Verantwortung bezieht sich auf alle gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung; dazu gehören letztlich alle Regelungen, die auf den Kompetenztatbestand Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie im Art10 Abs1 Z8 B-VG fußen.

 

Eine Übertragung der strafrechtlichen Verantwortung auf "Verantwortliche Beauftragte" nach §9 Abs2 bis 7 VStG kommt für den Bereich des Gewerberechtes im Hinblick auf die Speziallnorm des §370 GewO 1973 nicht in Frage, weshalb auch das diesbezügliche Vorbringen der Berufungswerberin und die mit Schreiben vom 9.6.1974 vorgelegte "Vereinbarung über die Bestellung zum Beauftragten" ins Leere geht. Die Berufungswerberin konnte daher die ihr aufgrund ihrer Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin der J M GesmbH zukommende strafrechtliche Verantwortung nicht nach §9 Abs2 VStG an eine andere Person weiterdelegieren.

 

Die im Rahmen des Handelsbetriebes der J M GesmbH gesetzte Tankreinigung am 11.12.1992 war daher in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht (mangels Vorliegen einer entsprechenden Berechtigung) der Berufungswerberin aufgrund ihrer Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin voll zuzurechnen.

 

Da die näheren Umstände, wovon sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei einer unbefugten Gewerbeausübung ableiten läßt, nicht Tatbestandsmerkmal sind, war die Berufungsbehörde berechtigt (§66 Abs4 AVG), die diesbezügliche Passage im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses - ohne Verletzung des Konkretisierungsgebotes nach §44a Z1 VStG - zu berichtigen. Die übrigen Einfügungen im Spruch waren aus Klarstellungsgründen vorzunehmen.

 

Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe war folgendes zu erwägen:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Ausgehend von der Bestimmung des §366 Abs1 Z1 GewO 1973 ist zunächst festzuhalten, daß ein Interesse der Allgemeinheit daran besteht, daß nur Personen der Anwendbarkeit der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeiten gewerbsmäßig ausführen, die die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Gewerbeberechtigung erfüllen und eine solche auch besitzen. Durch die Nichtanmeldung des gegenständlichen Gewerbes bei der Bezirkshauptmannschaft und die Ausübung der in Rede stehenden Tätigkeit im Rahmen des Handelsgewerbes sollte die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises für das Tankreinigergewerbe offenbar umgangen werden. Das Ausmaß der Gefährdung bzw Beeinträchtigung der vom Gesetz geschützten Interessen war daher als durchaus beträchtlich zu bewerten. Außerdem wurde durch das Verhalten der J M GesmbH anderen (berechtigten) Gewerbebetrieben der gegenständliche Auftrag vorenthalten bzw entzogen. Insofern sind durch die Tat auch konkrete nachteilige Folgen eingetreten.

 

Im übrigen waren weder Strafmilderungs- noch Erschwerungsgründe zu berücksichtigen.

 

Zum Grad des Verschuldens ist festzuhalten, daß der Beschuldigten vorsätzliches Verhalten (Wissentlichkeit) anzulasten ist. Sie hat zwar den tatbildmäßigen Erfolg nicht bezweckt, aber gewußt, daß der verpönte Erfolg sicher mit ihrer Handlung verbunden ist.

 

Von einer gewerberechtlichen Geschäftsführerin für einen Handeslbetrieb kann wohl angenommen werden, daß sie über die einschlägigen Bestimmungen über die Gewerbausübung Bescheid weiß.

 

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und den mit Schreiben vom 2.6.1993 an die Behörde erster Instanz bekanntgegebenen persönlichen Verhältnisse (monaltiches Nettoeinkommen ca S 8.000,--, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) findet die Berufungsbehörde unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens (bis S 50.000,--) nicht, daß die Strafe unangemessen hoch festgesetzt wurde. Die verhängte Strafe scheint vielmehr notwendig, um der Beschuldigten das Unrecht ihres Verhaltens aufzuzeigen und sie von einem weiteren gleichartigen Tätigwerden abzuhalten. Da letztlich von einer Bestrafung auch eine allgemein abschreckende Wirkung ausgehen soll, war das Ausmaß der verhängten Strafe aufrecht zu erhalten und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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