TE UVS Wien 1994/06/13 07/21/1003/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.1994
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch seine Mitglieder Mag Werner Romano als Vorsitzender, Dr Irene Hollinger als Berichterin und Dr Ernst Schopf als Beisitzer über die Berufung des Herrn Werner S, zH der Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Linz vom 20.9.1993, Zl 502-32/Sta/We/22/91c, wegen Übertretung des §31 Abs2 litp Arbeitnehmerschutzgesetz in Verbindung mit §12 Abs2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutverordnung entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 4.000,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Aufgrund des abgeführten Ermittlungsverfahrens erging gegen den Beschuldigten das Straferkenntnis vom 20.9.1993 mit folgender Tatumschreibung:

"Der Beschuldigte, Herr Werner S, hat es als gem §9 Abs2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der K reg GenmbH mit dem Sitz in Wien, für die Filiale S, E-Straße, zu vertreten, daß in dieser Filiale am 23.10.1991, wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat aufgrund von Messungen der Raumtemperatur und der Luftgeschwindigkeit mit einem Hygeotest 6400 (Raumtemperatur) und Testovent 4200 (Luftgeschwindigkeit) an den unten angeführten Arbeitsplätzen festgestellt wurde, die in §12 Abs2 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung für Tätigkeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung normierten Grenzwerte (Raumtemperatur zwischen 19 Grad - 25 Grad C, Luftgeschwindigkeit darf nicht mehr als 0,10 m/sec betragen) nicht eingehalten wurden.

 

Die Messungen brachten folgende Ergebnisse:

Meßstelle:                  Raumtemp:     Luftgeschwindigkeit:

Kasse Nr 4

(bei eingesch Heizstr)      18,8 Grad C   0,02 - 0,20

Kasse Nr 2

(ohne eingesch Heizstr)     18,5 Grad C   0,15 - 0,47

Kasse Nr 6                 18,4 Grad C   0,02 - 0,37

Kundeninformation

(bei eingesch Heizstr)      17,8 Grad C   0,05 - 0,28

Verkaufspult Sportabt       18,0 Grad C

Verkaufspult Textilabt      17,9 Grad C

Arbeitstisch bei der Obst-

und Gemüsevorbereitung im

Lager                    14,2 Grad C

Arbeitstisch bei der Waren-

übernahme im Lager          12,4 Grad C

Außentemperatur              6,0 Grad C   -----------

Der Beschuldigte hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß §31 Abs2 litp Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl Nr 234/1972 idgF, iVm §12 Abs2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl Nr 218/1983 idgF, begangen und wird über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 20.000,-- verhängt. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Tagen. Der Beschuldigte hat gemäß §64 Abs2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 vH der verhängten Strafe, das sind S 2.000,-- zu leisten."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser im wesentlichen folgendes ausführt:

Es sei von Seiten der erstinstanzlichen Behörde unterlassen worden, Erhebungen über die Höhe der Windgeschwindigkeit am 23.10.1991 im Raum S durchzuführen.

Die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften sei ihm im Sinne des §9 Abs5 VStG unzumutbar gewesen. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation sei von der Anbringung eines Luftvorhanges abgesehen worden. Aufgrund seiner Stellung als bloßer Vertriebsleiter sei es evident, daß ihm keine Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich einer solchen Investition, welche mit Kosten von ca S 400.000,-- verbunden wäre, zukomme. Er habe die Aufforderung des Arbeitsinspektorates von Anfang Jänner 1988 an die Unternehmensleitung weitergegeben, habe jedoch von dieser keine finanziellen Mittel für die Anbringung des Luftvorhanges erhalten. Damit sei aber der Befreiungstatbestand des §9 Abs5 VStG erfüllt.

Es fehle an jeglicher Feststellung sowie an jeglichem Beweisergebnis dafür, daß es sich bei den Arbeitsplätzen um solche handelt, an denen Tätigkeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung durchgeführt würden. Dies gelte insbesondere für die Tätigkeiten an den Arbeitstischen im Lager.

Im Bescheid werde die gemessene Luftgeschwindigkeit in Form einer Bandbreite festgestellt. Daraus gehe nicht hervor, ob es sich dabei beim einzelnen Arbeitsplatz um mehrere Messungen gehandelt habe, die ein Ergebnis im Rahmen dieser Bandbreite gebracht hätten, oder ob der Wert der Luftgeschwindigkeit nicht genau ermittelt werden konnte und sich dieser jeweils zwischen den angegebenen minimalen und maximalen Luftgeschwindigkeiten bewegt habe. Im übrigen sei die verhängte Geldstrafe jedenfalls weit überhöht.

Da die Überschreitung der zulässigen Luftgeschwindigkeit nicht unwesentlich auf die zum Zeitpunkt der Kontrolle herrschende ungewöhnliche Windsituation zurückzuführen sei und da aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens eine Glaubhaftmachung im Sinne des §9 Abs5 VStG zu sehen sei, wäre ein Vorgehen nach §21 Abs1 VStG angebracht.

Das im Verfahren Parteienstellung innehabende Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk, gab in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen folgende Stellungnahme ab:

"Wie aus der Beilage im I.-Instanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschuldigten hervorgeht, hat dieser mit eigenhändiger Unterschrift seiner Bestellung als verantwortlich Beauftragter im Sinne des §9 VStG zugestimmt. In der Bestellungsurkunde ist explicit angeführt, daß der Beschuldigte auch für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften der Verkaufsstätten in OÖ verantwortlich ist, und er diesbezüglich die volle Handlungsbefugnis, welche zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften erforderlich ist, habe. Der Beschuldigte ist somit auch, selbst unter der Voraussetzung, daß zur Behebung des ungesetzlichen Zustandes eine Investitionssumme von behaupteten S 400.000,-- erforderlich ist, für die gegenständliche Übertretung der Allg Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl Nr 218/1983 idgF BGBl Nr 220/1993, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Die Ausführungen des Rechtsvertreters des Beschuldigten, daß dieser keine entsprechende Anordnungsbefugnis zur Behebung des ungesetzlichen Zustandes gehabt hätte, erscheint daher dem Arbeitsinspektorat als Schutzbehauptung und ist für die Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht maßgebend.

Gemäß §12 AAV darf bei Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung die Raumluftgeschwindigkeit 0,10 m/sec nicht überschreiten. Dies bedeutet, daß auch unter der Annahme der ungünstigsten Witterungsbedingungen dieser Wert nicht überschritten werden darf. Zugluft ist eine nicht konstante Luftbewegung im Raum und somit ergibt sich bei sorgfältiger Messung selbstverständlich eine wie im ha Strafantrag angeführte Bandbreite. Diese angeführte Bandbreite wiederspiegelt nur die Genauigkeit und die Sorgfalt der durchgeführten Messung. Jedenfalls aber wurde an allen der angegebenen Meßstellen der Grenzwert von 0,10 m/sec überschritten."

Aufgrund einer diesbezüglichen Anfrage seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien gab die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik mit Datum 15.12.1993 folgendes meteorologischen Gutachten ab:

"Am 23.10.1991 lagen die Lufttemperaturen im Raum S bei bedecktem Himmel zwischen 2 Grad und 5 Grad C. Es traten großräumig starke Winde aus westlichen Richtungen mit Böenspitzen von über 60 km/h auf".

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 11.4.1994 und am 9.5.1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. An dieser Verhandlung nahm jeweils ein rechtsfreundlicher Vertreter des Beschuldigten sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates für den

9. Aufsichtsbezirk teil und wurden die Zeugen Walter H und Peter Q einvernommen:

Der Vertreter des Beschuldigten gab an:

"Die Berufung wird auch in Hinblick auf die Stellungnahme der Zentralanstalt für Meteorologie in vollem Umfang aufrecht erhalten. Neuerlich wird darauf verwiesen, daß die Behebung der beanstandeten Zustände einen Kostenaufwand im Ausmaß von S 400.000,-- verursacht hätte, die Liquidierung entsprechender Mittel wurde auch durch den Beschuldigten beantragt. Darüberhinaus wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen."

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates führte aus:

"Ich verweise darauf, daß die AAV hinsichtlich der raumklimatischen Verhältnisse keinerlei Rücksichtnahme auf die allgemeinen meteorologischen Umstände vorsieht. Es handelt sich bei den gegenständlichen um ständige Arbeitsplätze, es haben daher die in §12 Abs2 normierten Verhältnisse zu gelten. Es wird darauf verwiesen, daß die Einwendungen von der Beschuldigtenseite eher zur Belastung beitragen. Bei einer Außentemperatur von 8 Grad und einer Windgeschwindigkeit von 41 km/h, der Wind war nicht in Richtung zum Haupteingang gerichtet, sind die äußeren Verhältnisse als eher günstig anzusehen. Wenn etwa der Eingang mit einer Windgeschwindigkeit von 50 - 60 km/h bei Außentemperaturen von etwa -10 Grad angeströmt wird, wäre ein weiteres Unterschreiten der Meßwerte zu erwarten gewesen.

Der Beschuldigte wurde erstmalig am 13.1.1988 auf Probleme mit dem Raumklima schriftlich aufmerksam gemacht, anläßlich einer neuerlichen Messung am 6.3.1989 wurde festgestellt, daß dennoch Abweichungen von den an das Raumklima zu stellenden gesetzlichen Forderungen vorlagen. Erst im Jahr 1991 wurde ein Strafantrag eingebracht. Diese Zeitspanne hätte den Beschuldigten zweifelslos in die Lage stellen müssen, auch budgetäre Vorkehrungen zur Behebung des Mißstandes zu treffen.

Das Vorbringen, durch zusätzliche Heizungen und Schiebetüren seien Verbesserungen angestrebt worden, kann nicht als schuldmildernd angesehen werden, da diese Maßnahmen erst nach Einleitung des Strafverfahrens ergriffen wurden.

Zu ergänzen ist noch, daß im Rahmen einer Besprechung zwischen der Firmenleitung und dem Arbeitsinspektorat, bei welcher auch der Betriebsrat beigezogen wurde, eine Häufung von Krankenständen bei den Kassen im Bereich des Einganges festgestellt wurde."

Herr Walter H gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Ich habe die gegenständlichen Messungen selbst durchgeführt. Vor der Durchführung der konkreten Raummessung wurde die Umgebungssituation erhoben und im Strafantrag aktenkundig gemacht. Unter anderem wurde die vor dem Gebäude herrschende Außentemperatur gemessen. Im Anschluß daran wurden Beobachtungen durchgeführt, welche Kundenfrequenz betroffen haben. Sodann wurden die ständigen Arbeitsplätze ausfindig gemacht. Dazu gehört auch die Erhebung der Art der Tätigkeiten, die an den Arbeitsplätzen verrichtet werden und die Verweildauer.

Mir standen seinerzeit zwei Meßgeräte zur Verfügung, eines zur Erhebung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, ein weiteres zur Messung der Luftgeschwindigkeit. Mit letzterem Gerät kann auch die statische Lufttemperatur gemessen werden. Es ist auch möglich, mit dem erstgenannten Gerät die Raumtemperatur zu messen. Erst, wenn beide Geräte übereinstimmend eine gleiche Temperatur ausweisen, kann auf Grund einer Eineichung des Luftgeschwindigkeitsmeßgerätes auf die Raumtemperatur mit der Messung der Luftbewegungen begonnen werden. Dieses Verfahren wurde beim gegenständlichen Einsatz eingehalten. Die Strömungsrichtung im Raum wird vorerst mit einem Prüfröhrchen ermittelt, die Luftgeschwindigkeit wird nur dann richtig angezeigt, wenn genau in die Strömungsrichtung gemessen wird. Wenn eine Messung nicht exakt in die Strömungsrichtung vorgenommen wird, zeigt das Meßgerät verfälschte - geringere - Werte an. Die Stömungsgeschwindigkeit wird an den Arbeitsplätzen gemessen, im gegenständlichen Fall wurden auch verschiedene Höhen gemessen, an welchen die Zugluft die Arbeitnehmer berührt. Die Bandbreite in den aktenkundigen Messungen ergibt sich daraus, daß solche unter verschiedenen äußeren Umständen durchgeführt wurden, so etwa wurde gemessen, wenn ein Kunde gerade das Geschäft verläßt, wenn die Türen geschlossen oder im Öffnen begriffen waren, mit oder ohne Heizstrahler.

Am Meßgerät befindet sich vorne eine durch eine Kappe abgedeckte Kapsel, welche einen freiliegenden Draht trägt. Vor der Messung wird bei geschlossener Kappe durch Verwendung der Eichtaste überprüft, ob das Gerät die Nullstellung einnimmt. Nach Abnehmen der Kappe erwärmt sich der Draht in der Raumtemperatur und kühlt sich im Falle einer Einströmung wieder ab. Dieses Phänomen wird durch die geräteinterne Elektronik zum Meßergebnis errechnet. Die Vorgangsweise im Zusammenhang mit der gesamten Messung entspricht gängiger Praxis auf Grund der Einschulung für die Tätigkeit im Bereich des Arbeitsinspektorates. Die Differenzen an den verschiedenen Kassen bei eingeschaltetem bzw nicht eingeschaltetem Heizstrahler sind gering und weisen darauf hin, daß ein Heizstrahler keine geeignete Maßnahme für Beseitigung der vorliegenden Mißstände ist.

Auf Grund meiner Aktenlage kann ich bestätigen, daß wegen einer Betriebsüberprüfung bereits am 13.1.1988 eine schriftliche Aufforderung erging, die Arbeitsplätze vor Zugluft zu schützen. Als geeignete Maßnahmen wurde etwa die Einrichtung eines Warmluftvorhanges empfohlen. In der daraufhin zwischen der Unternehmungsleitung und dem Arbeitsinspektorat ergangenen Korrespondenz wurde dem K eine Fristerstreckung bis 30.9.1988 zur Meldung der Durchführung geeigneter Maßnahmen eingeräumt. Am 2.2.1989 wurde eine weitere Betriebsüberprüfung durchgeführt, diese jedoch ohne Durchführung von Messungen. Am 9.3.1989 erfolgte die nächste Überprüfung, nunmehr wurde eine Messung durchgeführt, welche ähnliche Resultate erbracht hat wie die gegenständliche. Mit Schreiben vom 29.3.1989 wurde der Beschuldigte neuerlich aufgefordert, geeignete Maßnahmen zur Hintanhaltung überhöhter Luftgeschwindigkeiten zu treffen. Im Anschluß daran erfolgte auch eine Besprechung unter Beiziehung des Zentralbetriebsrates wegen dieser Problematik. Am 11.1.1990 erbrachte eine neuerliche Messung ähnliche Werte wie die gegenständliche, ein Strafantrag wurde eingebracht, das Verfahren jedoch wegen des Eintrittes der Verfolgungsverjährung eingestellt.

Mir wurde mitgeteilt, daß es beobachtbar war, daß an exponierten Arbeitsplätzen in gegenständlichem Betrieb während der kalten Jahreszeit vermehrt Krankenstände aufgetreten sind. Ich möchte ergänzend vorbringen, daß Überprüfungstermine ein bis zwei Wochen vorher koordiniert werden und sich die Witterungssituation rein zufällig ergeben hat. Es muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß die Witterungsverhältnisse eher jahreszeitlich gesehen günstig waren."

Herr Peter Q gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Ich bin heute und war auch anläßlich der seinerzeitigen Messung Filialleiter der Filiale in S. Der Arbeitsinspektor hat seinerzeit seine Windbewegungsmessungen durchgeführt und mir das Ergebnis informativ zur Kenntnis gebracht. Ich war jedoch damals zur Behebung eines derartigen Mißstandes nicht kompetent, dies hätte durch die Zentrale veranlaßt werden müssen. Zur Behebung wäre konkret nicht S berufen gewesen, sondern aufgrund der internen Aufteilung die Bauabteilung. Seitens der Bauabteilung wurden im Anschluß an die Messung folgende Maßnahmem getroffen:

Es wurden automatische Flügeltüren installiert, welche ein schnelleres Öffnen und Schließen der Türflügel ermöglichen. Weiters wurde eine Schaltuhr eingebaut, um eine Zuführung von Warmluft bereits ab 4.00 Uhr morgens zu ermöglichen. Außerdem wurden im Bereich der Kassen Heizstrahler angebracht. Bislang wurden auch keine darüberhinausgehenden Maßnahmen getroffen, ich kann nicht aussagen, ob die Überschreitung der Luftgeschwindigkeiten dadurch beseitigt wurden. Die Raumtemperatur ist seit diesen Maßnahmen um etwa 5 Grad im Durchschnitt gestiegen. Messungen seitens des Arbeitsinspektorates wurden nicht mehr durchgeführt.

Meine Funktion als Filialleiter bezieht sich im wesentlichen darauf, Informationen und Anweisungen zwischen der Unternehmensleitung und dem Personal weiterzugeben, mir obliegt auch die Personal- und Diensteinteilung und die Kontrolle von gesetzlichen Vorschriften, wie etwa betreffend die Lehrlingsausbildung, das Lebensmittelgesetz und das Arbeitsgesetz. Im Fall von Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes und des Lebensmittelgesetzes bin ich selbst haftbar, alle weiteren Wahrnehmungen habe ich der Unternehmensleitung zu melden. Hinsichtlich der Kompetenz des Beschuldigten kann ich nur angeben, daß auch er im Falle eines erheblichen Finanzbedarfes die Unternehmensleitung zu kontaktierten hatte. Ein genaues Pouvoir kann ich jedoch nicht angeben. Verstärkte Krankenstände im Bereich des Kassierpersonals waren mir nicht auffällig. Meines Erachtens halten sich die Krankenstände etwa im Schnitt des übrigen Personals. Die obzitierten Maßnahmen waren - im Gegensatz zu den vorigen Feststellungen - durchaus auf Dauer angelegt (Türen, Schaltuhr und Heizlüfter). Ich kann nicht aussagen, mit welchem Gefühl ich einer weiteren Kontrolle des Arbeitsinspektorates entgegensehen würde. Diesbezüglich wären wohl Messungen erforderlich."

Gemäß §12 Abs1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) muß in Arbeitsräumen die Raumtemperatur in der kalten Jahreszeit innerhalb der in Abs2 angeführten Grenzen liegen.

Gemäß Abs2 leg cit muß die Raumtemperatur bei Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung zwischen 19 Grad C und 25 Grad C liegen, bei Arbeiten mit normaler körperlicher Beanspruchung müssen die Grenzen des Temperaturbereiches 18 Grad C und 24 Grad C betragen, bei Arbeiten mit starker körperlicher Beanspruchung darf die Raumtemperatur nicht unter 12 Grad C liegen.

Gemäß §12 Abs2 AAV darf die Luftgeschwindigkeit bei Arbeiten mit geringer körperlicher Belastung nicht mehr als 0,1 m/sec betragen. Gemäß §31 Abs2 litp Arbeitnehmerschutzgesetz begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des §24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder den aufgrund des §27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.

Der Sachverhalt, wie er von der Behörde erster Instanz aufgrund der Messungen des Herrn Walter H als erwiesen angenommen wurde und wie er auch gegenständlicher Entscheidung zugrundegelegt wurde, erweist sich als Übertretung der im Spruch genannten Normen. Aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung kann von einer ordnungsgemäßen, genauen und gewissenhaften Messung ausgegangen werden.

Zutreffend führt das Arbeitsinspektorat in seiner Stellungnahme aus, daß die in §12 AAV genannten Werte auch bei Annahme der ungünstigsten Witterungsbedingungen - wovon im gegenständlichen Fall allderdings nicht ausgegangen werden kann - nicht überschritten werden dürfen.

Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, hier auch insbesonders aufgrund der Ausführungen des Arbeitsinspektorates, steht weiters als erwiesen fest, daß die an den Meßstellen vom Verkaufspersonal durchgeführten Tätigkeiten als Tätigkeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung anzusehen sind, zumal das Berufsbild eines Kassiers/einer Kassiererin unzweifelhaft Tätigkeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung beinhaltet. Der Berufungswerber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß selbst bei Annahme normaler körperlicher Beanspruchung die gemäß §12 Abs2 AAV zulässige Mindestgrenze von 18 Grad C an mehreren Meßstellen (Kundeninformation, Verkaufspult Textilabteilung, Arbeitstisch bei der Obst- und Gemüsevorbereitung im Lager und Arbeitstisch bei der Warenübernahme im Lager) unterschritten wurde.

Zum weiteren Vorbringen des Berufungswerbers wird zunächst darauf verwiesen, daß der Berufungswerber gemäß der von ihm unterzeichneten Bestellungsurkunde als verantwortlicher Beauftragter gemäß §9 Abs2 VStG anzusehen ist und bezüglich seiner ihn treffenden Verantwortung auch für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen in allen Verkaufsstätten der K-Vertriebsschiene, ua in OÖ verantwortlich ist. Gemäß der Bestellungsurkunde hatte der Berufungswerber die volle Anordnungsbefugnis, um in den ihm unterstehenden Verkaufsstätten die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Die Bestellung als verantwortlicher Beauftragter gemäß §9 Abs2 VStG wurde vom Berufungswerber ausdrücklich zustimmend zur Kenntnis genommen.

Der Berufungswerber war somit aufgrund dieser unbedenklichen Urkunde gemäß §9 Abs2 VStG - auch - für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verantwortlich.

Wenn der Berufungswerber in diesem Zusammenhang auf §9 Abs5 VStG verweist, so ist er zunächst auf den gesetzlichen Wortlaut dieser Bestimmung hinzuweisen:

"Verletzt der verantwortliche Beauftragte aufgrund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war."

Nun wird aber im gesamten Verwaltungsstrafverfahren und auch in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht vorgebracht, daß der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter aufgrund einer besonderen Weisung seines Auftraggebers die vom Arbeitsinspektorat geforderten Maßnahmen zur Hintanhaltung der Mißstände nicht getätigt hat, mit anderen Worten, daß von der Unternehmensleitung die ausdrückliche Weisung gekommen wäre, der Berufungswerber möge danach trachten, daß die Bestimmungen des §12 Abs2 AAV nicht eingehalten werden. In der Nichtbereitstellung der erforderlichen Geldmittel kann eine solche Weisung selbstverständlich nicht erblickt werden. Als verantwortlicher Beauftragter hatte der Berufungswerber aber auch die volle Anordnungsbefugnis die Mißstände zu beseitigen und geeignete Maßnahmen zu setzen, um die Luftgeschwindigkeit auf die gesetzlichen Werte zu reduzieren, selbst wenn diese Maßnahmen beträchtliche Geldmittel erfordert hätten. Der Berufungswerber hat somit - auch durch Hinweis auf die finanziell schlechte Lage des Unternehmens - nicht glaubhaft machen können, daß ihm die Einhaltung der Bestimmungen der AAV unzumutbar war.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Durch die angelastete Verwaltungsübertretung wurde das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse an der menschengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen gefährdet. Die Tat schädigte somit in nicht unerheblichem Maße das Interesse am Schutz der Arbeitnehmer vor nachteiliger Beeinflussung am Arbeitsplatz. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, dh, selbst wenn keine erhöhten Krankenstände auf die erhöhten Luftgeschwindigkeitswerte zurückzuführen sind, nicht geringfügig.

Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß der Berufungswerber von Seiten des Arbeitsinspektorates seit 1988 mehrmals auf die Mißstände hingewiesen wurde und trotzdem die Behebung der Mißstände unterließ.

Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerber wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet.

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde seitens der erkennenden Behörde unter Berücksichtigung des Umstandes, daß von Seiten des Berufungswerbers keine Angaben gemacht wurden und unter Berücksichtigung einer anhand der beruflichen Stellung des Berufungswerbers und seines Alters durchgeführten Schätzung von überdurchschnittlichem Einkommen, Vermögenslosigkeit und dem Bestehen von gesetzlichen Sorgepflichten ausgegangen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den gesetzlichen Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Auch eine vom Berufungswerber beantragte Anwendung des §21 VStG konnte nicht zum Tragen kommen, setzt doch ein Absehen von der Strafe ein geringfügiges Verschulden des Berufungswerbers und unbedeutende Folgen der Übertretung voraus. Da aber durchaus nicht abgeleitet werden kann, daß das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem die betreffende Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt in erheblicher Weise zurückgeblieben ist, war ein Absehen von der Strafe gemäß §21 VStG nicht gerechtfertigt.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.

Schlagworte
Tätigkeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung, verantwortlicher Beauftragter, Inhalt, Umfang
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten