TE UVS Niederösterreich 1994/06/14 Senat-MD-93-611

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Veröffentlicht am 14.06.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrengesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991 in Verbindung mit §24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 VStG S  2.200,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zweiter Instanz binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz zu bezahlen

(§59 Abs2 AVG).

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx bestrafte den Berufungswerber F W mit Straferkenntnis vom 4.6.1993, Zl 3-*****-92, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §99 Abs1 litb StVO in Verbindung mit §5 Abs2 StVO, weil er als Fahrzeuglenker des PKW **-***H am 8.5.1992 um 22.47 Uhr am Gendarmerieposten F die Untersuchtung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Orgen der Straßenaufsicht verweigert habe, obwohl er das Fahrzeug am 8.5.1992 gelenkt habe und vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 11.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 240 Stunden) verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz wurden S 1.100,-- vorgeschrieben.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob F W fristgerecht Berufung und beantragte, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht im Stande war, daß Alkomatgerät ordnungsgemäß zu bedienen. Wie aus den von ihm vorgelegten Befunden hervorgehe, sei er zu dieser Zeit in ärztlicher Behandlung gestanden und es sei ihm zum Zeitpunkt der Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt nicht möglich gewesen, eine entsprechende Luftmenge in das Alkomatgerät zu blasen.

 

Gegenüber den einschreitenden Beamten habe er mehrfach die Untersuchung durch einen Amtsarzt einschließlich einer Blutabnahme gefordert, was jedoch von den einschreitenen Beamten abgelehnt worden sei.

 

Abgesehen von dem Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung wäre von einem Arzt feststellbar gewesen, daß er aufgrund seines Leidens nicht in der Lage gewesen sei, in das Alkomatgerät eine ausreichende Luftmenge zu blasen. Dadurch wäre er von dem Vorwurf befreit worden, die Atemluftuntersuchung zu verweigern.

Am 27. April 1994 fand die öffentliche mündliche Verhandung in der Berufungssache F W vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ statt.

 

Der Berufungswerber gab ergänzend an, daß es ihm auch bei seiner Untersuchung beim Lungenfacharzt nicht gelungen sei, ausreichend Luft in das Meßgerät einzublasen. Warum diese Tatsache im Befund nicht angeführt worden sei, wisse er nicht.

 

Er stellte ausdrücklich außer Streit, daß er mindestens drei bis vier Versuche am Gendarmerieposten gemacht habe, Luft in den Alkomat einzublasen; es sei ihm nicht gelungen zu einem gültigen Meßergebnis zukommen.

 

Vor dem Alkomattest habe er die Beamten nicht darauf hingewiesen, daß er nicht ausreichend Luft in das Gerät einblasen könne, dies sei ihm erst nach den ersten Versuchen aufgefallen, worauf er die Beamten darauf hingewiesen habe. Vorher sei er nicht in Behandlung eines Lungenarztes gewesen, er habe nur bemerkt, daß er wenig Luft bekomme. Vier Tage nach dem Vorfall auf dem Gendarmerieposten habe er eine praktische Ärztin aufgesucht, weil sich seine Halsbeschwerden verschlimmert hätten.

 

Dem Gendarmeriebeamten gegenüber habe er nach dem zweiten oder dritten Fehlversuch erklärt, daß er Halsschmerzen habe und keine Luft bekomme. Von den Beamten sei er dann aufgeklärt worden, daß sein Verhalten eine Verweigerung des Alkotests darstelle und er selber einen Arzt suchen möge.

 

Im Rahmen der Beweisaufnahme erfolgte die zeugenschaftliche Einvernahme der anzeigenden Beamten Bez Insp W H und Rev Insp R Ha.

 

Bez Insp H gab an, der Berufungswerber sei von ihm und Kollegen Ha in S angehalten worden. Unmittelbar nach der Anhaltung wurde der Berufungswerber aufgrund des Vorliegends von Alkoholisierungsmerkmalen aufgefordert, eine Atemluftuntersuchung mittels Alkomat durchzuführen. Dieser Aufforderung habe er zugestimmt. Danach seien sie mit ihm zum Gendarmerieposten F gefahren, wo Kollege Ha den Alkomattest mit ihm vornehmen habe wollen. Kollege Ha habe dem Beschuldigten die Funktionsweise des Alkomaten erklärt und es habe ein gutes Gesprächsklima bestanden. Der Beschuldigte habe dann nur kurz in das Gerät hineingeblasen, sodaß das Gerät kein Ergebnis liefern habe können. Auf dem Display bzw auf dem Ausdruck sei der Hinweis erschienen, daß die Blaszeit zu kurz sei. Nach dem ersten Fehlversuch sei dem Beschuldigten die Funktionsweise des Alkomaten nochmals erklärt worden und auch darauf hingewiesen worden, daß das Einblasen akustisch wahrnehmbar sei. Der Beschuldigte habe trotz dieser Erklärung in der Folge neuerlich zu kurz geblasen, sodaß der Versuch neuerlich als Fehlversuch gewertet worden sei.

Der Beschuldigte habe insgesamt fünfmal zu kurz in das Gerät eingeblasen, worauf dieses Verhalten letztendlich als Verweigerung gewertet worden sei.

 

Daran, daß der Berufungswerber auf seinen gesundheitlichen Zustand hingewiesen habe und damit sein Unvermögen, ausreichend Luft einblasen zu können, begründet habe, könne er sich nicht mehr erinnern. Falls er derartiges gesagt hätte, wäre dies sicher in der Anzeige von seinem Kollegen vermerkt worden. Er habe jedenfalls den Eindruck gewonnen, daß der Beschuldigte nicht mitarbeiten habe wollen bzw kein Ergebnis geliefert bekommen wollte. Ein Verlangen, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorgeführt zu werden, sei vor Beendigung der Amtshandlung nicht gestellt worden. Die Amtshandlung sei mit dem letzten Fehlversuch beendet gewesen.

 

Eine Kurzatmigkeit des Berufungswerbers sei ihm nicht aufgefallen, er habe auch zwischen den Fehlversuchen nicht gehustet und auch die Treppe in den ersten Stock zum Gendarmerieposten F ohne Beschwerden bewältigt.

 

Der Zeuge Rev Insp  R Ha bestätigt im wesentlichen die Angaben des Zeugen H. Am 8. Mai 1992 sei er mit Kollegen H mit der Zivilstreife unterwegs gewesen, wobei ihnen das Fahrzeug des Beschuldigten aufgefallen sei. Im Zuge der Kontrolle seien beim Beschuldigten Alkoholisierungsmerkmale festgestellt worden, worauf er zu einem Alkomattest aufgefordert worden sei. Dieser Aufforderung habe der Berufungswerber zugestimmt, worauf der Gendarmerieposten F angefahren worden sei.

 

Er habe dann dem Beschuldigten die Funktionsweise des Alkomatgerätes ausführlich erklärt, dabei habe er den Eindruck gehabt, daß der Beschuldigte die Erklärung verstanden habe.

 

Es sei dann in der Folge zu fünf Fehlversuchen gekommen, wobei er zwischen den Fehlversuchen dem Beschuldigten nochmals eindringlich die Funktionsweise des Gerätes erklärt habe.

 

Der Berufungswerber habe nicht verlangt, einem Amtsarzt vorgeführt zu werden. Er habe möglicherweise gesagt, daß er den Alkotest nicht schaffe.

 

Aufgrund der Art, wie der Beschuldigte das Mundstück in den Mund genommen habe, habe er schon erkannt, daß er nicht bereit sei, eine entsprechende Menge Luft einzublasen.

 

Hinweise auf eine allfällige Atemwegs- oder Lungenerkrankung habe er bei der Amtshandlung nicht gemacht. Der Berufungswerber sei ohne Probleme in den ersten Stock des Gebäudes, in dem der Gendarmerieposten untergebracht sei, hinaufgegangen. Eine Kurzatmigkeit sei ihm nicht aufgefallen.

 

Zu dem Beweisthema, ob der Beschuldigte zur Tatzeit unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen und des Inhaltes des ärztlichen Attestes von Dr G W vom 19.2.1993 und des Lungenarztbefundes von Dr C W vom 12. Mai 1992 in der Lage gewesen ist, den Alkomat ordnungsgemäß zu bedienen, erstattete die medizinische Sachverständige folgendes Gutachten.

 

F W habe auf Befragen angegeben, zu diesem Zeitpunkt an geschwollenen Mandeln gelitten zu haben und Grippetabletten eingenommen zu haben. Es sei ihm in den Monaten davor eine Kurzatmigkeit bei Belastung und vermehrter Husten aufgefallen. Vier Tage später habe Herr W die praktische Ärztin aufgesucht, die eine Behandlung wegen Seitenstrangangina und Bronchitis bescheinigt habe und zum Lungenfacharzt überwiesen habe. Dieser habe laut Befund vom 12. Mai 1992 eine Raucherbronchitis festgestellt. Eine damalige Testung der Lungenfunktionsparameter habe normale Werte ergeben.

 

Aus der Sicht der Sachverständigen sei dazu zu sagen, daß eine Seitenstrangangina zu keiner Einschränkung der Lungenfunktion führe, ebensowenig wie die Einnahme von Grippetabletten.

 

Laut den vorliegenden Unterlagen habe keine akute Bronchitis bestanden, sondern lediglich eine Raucherbronchitis, also eine chronische Bronchitis.

 

Für ein korrektes Meßergebnis sei eine Mindestmenge von 1 1/2 Atemluft erforderlich. Die maximale ausatembare Luftmenge, also die Vitalkapazität betrage zwischen 2 1/2 bis 6 Liter. Das bedeute, daß die Menge von 1 1/2 Liter selbst bei eingeschränkter Lungenfunktion, wie sie bei akuter Bronchitis oder bei Astma bronchiale auftrete, leicht auszuatmen sei. Es könne aufgrund der vorliegenden Befunde gesagt werden, daß die Fehlversuche nicht durch eine eingeschränkte Lungenfunktion bedingt gewesen seien, und daß F W aus medizinischer Sicht in der Lage gewesen wäre, ausreichend Luft in das Alkomatgerät zu blasen.

 

Die Vierte Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ hat dazu erwogen:

 

Aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht als erwiesen fest, daß der Berufungswerber F W als Fahrzeuglenker des PKW ** *** H am 8.5.1992 um 22.47 Uhr auf dem Gendarmerieposten F die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigerte, obwohl er das Fahrzeug am 8.5.1992 gelenkt hat und vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

 

Zur Klärung des Sachverhaltes standen der erkennenden Behörde die zeugenschaftlichen Aussagen der die Amtshandlung durchführenden Beamten zur Verfügung. Diese Aussagen sind klar, schlüssig und detailgenau. Die beiden Gendarmeriebeamten gaben übereinstimmend an, daß ihnen keine gesundheitliche Beeinträchtigung am Berufungswerber aufgefallen ist und er eine solche während der Atemluftuntersuchung nicht behauptete.

 

Sie hatten den Eindruck, daß der Berufungswerber die Mitarbeit verweigerte und aus diesem Grund kein gültiges Meßergebnis zustandekam.

 

Aufgrund ihrer einschlägigen Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrungen ist es ihnen zuzutrauen, diese Frage beurteilen zu können.

 

Dem Berufungswerber wurden fünf Versuche zugebilligt, obwohl die Verwendungsrichtlinien des Bundesministerium für Inneres für Atemalkoholanalysegeräte lediglich 2 Messungen vorsehen.

 

In Anbetracht dieser überkorrekten Vorgangsweise ist auch die Aussage der Zeugen glaubwürdig, daß sie den Berufungswerber auf Verlangen einem Arzt vorgeführt hätten. Es besteht daher kein Grund, an der Richtigkeit der unter Wahrheitspflicht gemachten Aussagen der Zeugen zu zweifeln.

 

Aus dem Sachverständigengutachten geht hervor, daß der Berufungswerber zum Zeitpunkt des Vorfalles aus medizinischer Sicht in der Lage war, ausreichend Luft in das Alkomatgerät zu blasen. Da eine aus medizinischen Gründen bestehende Unfähigkeit die Atemluftprobe abzulegen, nicht vorlag, besteht kein Mangel im Tatbestand. In rechtlicher Sicht hat der Berufungswerber folglich das Tatbild des §99 Abs1 litb StVO verwirklicht.

 

Der Gesetzgeber gesteht dem Untersuchten kein Wahlrecht zwischen Alkotest und ärztlicher Untersuchung zu. Mit der unberechtigten Weigerung, sich der Atemluftprobe zu unterziehen, ist der Tatbestand erfüllt. Als Weigerung ist jedes Verhalten des Untersuchten zu werten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert, jedenfalls aber wenn die Atemluft zu schwach oder überhaupt nicht ausgeblasen wird (VwGH vom 9.4.1980 ZfVB 1981/1/140, VwGH vom 30.10.1981, ZfVB 1983/1/232).

 

Zur Strafbemessung ist festzuhalten:

§99 Abs1 litb StVO stellt die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft unter dieselbe Strafdrohung wie die Inbetriebnahme eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Der Strafrahmen reicht von S 8.000,-- bis S 50.000,--. Dadurch stellt der Gesetzgeber sicher, daß ein Fahrzeuglenker, bei dem vermutet werden kann, daß er durch Alkohol beeinträchtigt ist, sich durch die Verweigerung oder Verhinderung des Alkotestes der Bestrafung nicht entziehen kann. Sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Gründen soll ein der Alkoholisierung verdächtigter Fahrzeuglenker nicht straffrei bleiben.

 

In Anbetracht der Höhe des monatlichen Nettoeinkommens von S 20.000,-- und der im Gesetz angedrohten Mindeststrafe von S 8.000,-- ist die Geldstrafe in Höhe von S 11.000,-- angemessen. Es ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, daß die Behörde bei erstmaliger Verweigerung der Atemluftprobe nur die Mindeststrafe verhängen dürfte (VwGH vom 16.12.1981, 1742/80).

Die Geldstrafe ist in einer solchen Höhe zu bemessen, daß sie den Bestraften in Hinkunft von der Begehung derartiger strafbarer Handlungen abhält. Dazu ist es notwendig, daß sie einen entsprechenden Eingriff in die finanzielle Situation des Bestraften darstellt, der für seine Einkommensverhältnisse adäquat ist. Der Gesetzgeber setzte für dieses konkrete Delikt den höchsten Strafrahmen der StVO fest.

 

In Anbetracht der Tatsache, daß auch Notstandshilfempfänger von der gleichen Mindeststrafe bedroht sind, stünde die Verhängung einer geringeren Geldstrafe in keinem Verhältnis zum Einkommen des Berufungswerbers.

 

Die Vermögens- und Familienverhältnisse wurden berücksichtigt. Da der Berufungswerber selbst angibt, nicht unbescholten zu sein, waren keine Milderungsgründe zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand.

 

Da die Berufung als unbegründet abzuweisen ist, sind dem Berufungswerber auch die Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20% des verhängten Strafbetrages aufgrund der bezogenen Gesetzesstelle aufzuerlegen.

 

Die Kammerzuständigkeit gründet sich auf die Bestimmung des §51c VStG, weil die im angefochtenen Bescheid verhängte Geldstrafe S 10.000,-- übersteigt.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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