TE UVS Niederösterreich 1994/06/30 Senat-MD-93-723

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991, BGBl Nr 51/1991, keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 Abs1 und Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1991, BGBl Nr 52/1991, einen Betrag von S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe am 09.09.1992 gegen 17.35 Uhr im Gemeindegebiet B auf der Bundesstraße **a von der Autobahnabfahrt der A ** aus Richtung Wien kommend, kurz nach der Einmündung der Autobahnabfahrt in die B **a als Lenker des Fahrzeuges PKW ** ***A den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich davon überzeugt zu haben, daß dies ohne Gefährdung und Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei.

 

Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs3 lita, 11 Abs1, jeweils StVO begangen, und wurde gemäß §99 Abs3 lita StVO eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden) verhängt sowie gemäß §64 Abs2 VStG ein Kostenbeitrag von S 50,-- vorgeschrieben.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht am 24.05.1993 Einspruch und verwies auf seine niederschriftlichen Angaben vom 14.12.1992, in welchen er zugestand, zum Tatzeitpunkt mit dem Tatfahrzeug am Tatort gefahren zu sein.

Er habe rechtzeitig mit dem Fahrtrichtungsanzeiger den bevorstehenden Fahrstreifenwechsel angezeigt. Als er bereits zum Fahrstreifenwechsel angesetzt habe, habe er plötzlich im Rückspiegel ein sich schnell näherndes Fahrzeug gesehen (vermutlich jenes der Anzeigerin), welches sein Fahrzeug überholt habe, sodaß er gezwungen gewesen sei, den Spurwechsel noch nicht durchzuführen und eine Vollbremsung einzuleiten, um einen Zusammenstoß zu verhindern.

 

Mit Schreiben vom 12.10.1993 teilte die Bezirkshauptmannschaft xx mit, vom Recht einer Berufungsvorentscheidung keinen  Gebrauch zu machen und um Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses zu ersuchen.

 

Die Berufungsbehörde wertet das gegenständliche Rechtsmittel trotz der unrichtigen Bezeichnung ("Einspruch") als Berufung.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

1. ZUSTÄNDIGKEIT:

 

Da nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat im Gemeindegebiet B begangen wurde, ist gemäß §51 Abs1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ zur Entscheidung über die Berufung zuständig.

 

2. VERHANDLUNG:

 

Gemäß §51e Abs1 VStG wurde am 26.05.1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, anläßlich welcher die Einvernahme der Zeugen B C und S O erfolgte.

 

Der Beschuldigte blieb dieser Verhandlung trotz ordnungsgemäß ausgewiesener Ladung unentschuldigt fern.

 

3. ENTSCHEIDUNGSRELEVANTER SACHVERHALT:

 

Der Beschuldigte P F R lenkte am 09.09.1992 gegen 17.35 Uhr den PKW ** ***A mit Anhänger ** **FA im Gemeindegebiet B auf der Bundesstraße **a von der Autobahnabfahrt der A ** aus Richtung Wien kommend, kurz nach der Einmündung der Autobahnabfahrt in die B **a auf dem rechten der beiden für diese Fahrtrichtung bestehenden Fahrstreifen.

 

Zur gleichen Zeit fuhr die Zeugin B C mit dem PKW W ***** B, in welchem Fahrzeug sich der Zeuge S O als Beifahrer befand, mit einer Fahrgeschwindigkeit von 50 - 60 km/h auf dem linken Fahrstreifen der oben beschriebenen Straßenörtlichkeit, ebenfalls aus Richtung Wien kommend.

 

Als sich die beiden Fahrzeuge in etwa auf gleicher Höhe befanden, nahm der Beschuldigte einen Fahrstreifenwechsel vor und lenkte dabei seinen PKW vom rechten auf den linken Fahrstreifen.

 

Der Beschuldigte hat sich vor diesem Fahrmanöver nicht von der gefahrlosen und behinderungsfreien Durchführung des Fahrstreifenwechsels, insbesondere durch entsprechende Beobachtung des Nachfolgeverkehrs, überzeugt.

 

Aufgrund des vom Beschuldigten durchgeführten Fahrstreifenwechsels mußte die Zeugin C ihr Fahrzeug auslenken und zwecks Kollisionsvermeidung beschleunigen, um den eben beginnenden dritten Fahrstreifen (Linksabbiegespur) zu erreichen. In der Folge konnte sie nicht mehr ihre beabsichtigte Fahrtroute einhalten, sondern war genötigt, mit ihrem Fahrzeug entsprechend des Einordnens links abzubiegen.

 

Durch den vom Beschuldigten vorgenommenen Fahrstreifenwechsel wurde die Zeugin C behindert und trat überdies eine Gefährdung der Zeugen C und O ein.

 

Ein Verkehrsunfall konnte nur deshalb vermieden werden, weil unmittelbar nach der Örtlichkeit, an welcher der Beschuldigte das oben beschriebene Fahrmanöver tätigte, sich die Straße um einen Fahrstreifen verbreiterte, wodurch ein kollisionsfreies Auslenken möglich war.

Ohne diese Fahrbahnverbreiterung wäre ein Zusammenstoß des Beschuldigtenfahrzeuges mit dem vom der Zeugin C gelenkten Fahrzeug oder ein durch das Auslenken bedingter Anprall des vorfallsgegnerischen Fahrzeuges an die seitlich befindlichen Betonleitschienen unvermeidbar gewesen.

 

4. BEWEISWÜRDIGUNG:

 

Die Feststellungen zur Tatzeit, zum Tatort sowie zu den beteiligten Fahrzeugen und Fahrzeuglenkern gründen sich auf die diesbezüglich unbestritten gebliebenen und übereinstimmenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens.

 

Bezüglich der Feststellungen zum Geschehensablauf folgt die Berufungsbehörde den Angaben der Zeugin C, deren Aussage den Vorfall und die Verkehrssituation in glaubwürdiger, nachvollziehbarer und in sich geschlossener Darstellung wiedergibt.

 

Auch in der Berufungsverhandlung schilderte die Zeugin lebensnah und eindrucksvoll die Situation, wobei sie an das doch bereits längere Zeit (mehr als eineinhalb Jahre) zurückliegende Ereignis noch immer eine sehr konkrete und detaillierte Erinnerung aufwies.

 

Nach den im gesamten gegenständlichen Verfahren  übereinstimmenden Angaben der Zeugin C nahm der Beschuldigte den Fahrstreifenwechsel in dem Zeitpunkt vor, als sich der von ihr gelenkte PKW und das Tatfahrzeug etwa auf gleicher Höhe befanden.

Der Zeuge O bestätigte im erstinstanzlichen Verfahren diese Angaben, meinte allerdings in der Berufungsverhandlung, daß der Spurwechsel vom Beschuldigten zu dem Zeitpunkt durchgeführt worden sei, als sich das von der Zeugin gelenkte Fahrzeug etwa auf Höhe der Anhängevorrichtung des Beschuldigtenfahrzeuges befunden habe, gestand aber gleichzeitig zu, dem detaillierten Verkehrsgeschehen keine konzentrierte Beachtung geschenkt zu haben, sondern erst aufgrund der durch das Ansetzen des Beschuldigten zum Fahrstreifenwechsel eingetretenen  Gefahrensituation auf das konkrete Geschehen aufmerksam geworden zu sein.

 

Dem Zeugen O ist als Beifahrer im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung zuzubilligen, zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung an das Geschehen vor der für ihn erkennbaren Gefahrensituation keine so genaue Erinnerung mehr zu haben wie etwa die Fahrzeuglenkerin selbst und ist durchaus verständlich, daß für den Zeugen der Geschehensablauf nach der Gefahrwahrnehmung wesentlich einprägsamer war.

 

Beide Zeugen verdeutlichten in der Berufungsverhandlung die durch das Fahrverhalten des Beschuldigten bedingte Behinderung sowie die erhebliche Gefahrensituation und verwiesen nachdrücklich darauf, daß eine Kollision des vorfallsgegnerischen Fahrzeuges (entweder mit der Leitschiene oder dem Beschuldigtenfahrzeug) nur aufgrund der im Bereich der Tatörtlichkeit beginnenden Fahrbahnverbreiterung (dritte Fahrspur) vermieden werden konnte.

 

Aus diesen Angaben wird verständlich, daß insbesondere die Zeugin C noch eine sehr exakte Erinnerung an den Vorfall hatte, da die Gefährlichkeit der Situation offensichtlich für beide Zeugen ein extremes Erlebnis darstellte.

 

Die Berufungsbehörde erachtet die Angaben der Zeugin C weiters auch deshalb als besonders glaubwürdig, weil sie sofort nach dem Vorfall Anzeige beim Gendarmerieposten B erstattete.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es für eine Privatperson nicht alltäglich ist, jemanden anzuzeigen, besteht eine gewisse Hemmschwelle, die jene im Regelfall abhält, unbedeutende und geringfügige Verstöße gegen die Rechtsordnung anzuzeigen und sich dem daraus resultierenden Unbill (Zeitaufwand für Anzeigeerstattung, Einvernahmen, Konfrontation mit dem Täter) auszusetzen. Die Überwindung dieser Barriere spricht vehement dafür, daß es sich beim Verhalten des Beschuldigten um einen bedeutsamen Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften handelte, durch welchen die Anzeigerin und ihr Beifahrer massiv gefährdet und behindert wurden. Dazu kommt noch, daß die Zeugin C weder vor noch nach diesem Vorfall eine derartige Anzeige erstattet hat.

 

Letztendlich ist zu beachten, daß die Zeugen mehrfach unter Wahrheitspflicht stehend ausgesagt haben und sie im Falle falscher Zeugenaussagen strafgerichtliche Konsequenzen zu gewärtigen hätten.

 

Darüber hinaus behauptete nicht einmal der Beschuldigte Umstände, wie etwa persönliche Animositäten, welche die Zeugen veranlaßt haben könnten, ihn wahrheitswidrig zu belasten.

 

Demgegenüber steht die Verantwortung des Beschuldigten, wonach er rechtzeitig den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt und schon zum Abbiegen (gemeint: Spurwechsel) angesetzt habe, als er plötzlich im Rückspiegel ein sich schnell näherndes Fahrzeug ihn überholen gesehen habe, sodaß er gezwungen gewesen sei, den Spurwechsel noch nicht durchzuführen.

 

Diesen Angaben zufolge hat der Beschuldigte vor Beginn des Fahrstreifenwechsels das Fahrzeug der Zeugin C offenbar nicht wahrgenommen hat, woraus folgt, daß der Berufungswerber offensichtlich den Nachfolgeverkehr nicht oder zumindest nicht mit der erforderlichen Aufmerksamkeit beobachtete und zum Fahrstreifenwechsel ansetzte, ohne sich vorher in entsprechender und ausreichender Weise davon überzeugt zu haben, durch das Fahrmanöver keine anderen Straßenbenützer zu gefährden und zu behindern.

 

Der Berufungswerber blieb der Berufungsverhandlung trotz ordnungsgemäß ausgewiesener Ladung unentschuldigt fern, wodurch der Eindruck entsteht, daß sich der Beschuldigte scheut, die Bestreitung des Tatvorwurfes persönlich vorzutragen, er einer direkten, persönlichen Konfrontation mit den Angaben der beiden Tatzeugen ausweicht und auch einer Befragung durch die Berufungsbehörde aus dem Weg geht.

 

Die Textierung der Berufung, welche lediglich auf die Niederschrift vom 14.12.1992 verweist, ohne irgend welche näheren konkreten Ausführungen zu enthalten, und der Umstand, daß der Beschuldigte dem Gang des von ihm angestrengten Berufungsverfahrens keine weitere Beachtung widmete und nicht einmal von der Möglichkeit Gebrauch machte, persönlich seine Version des Vorfalles vor der Berufungsbehörde darzustellen, bestärken den Eindruck, daß der Berufungswerber mit der Rechtsmittelerhebung lediglich den Eintritt der Rechtskraft der vorfallsbezogenen Verurteilung zu verzögern trachtete.

 

Die oberflächliche Berufungsschrift und das Nichterscheinen vor der Berufungsbehörde läßt den Schluß zu, daß offensichtlich nicht einmal dem Beschuldigten klar war, womit er seine Bestreitung fundiert begründen sollte.

 

Schlußendlich ist aus den niederschriftlichen Angaben des Beschuldigten vom 14.12.1992 zum konkreten Tatvorwurf lediglich zu entnehmen, daß er zwar zum Fahrstreifenwechsel angesetzt, von diesem jedoch Abstand genommen haben will.

 

Die Berufungsbehörde wertet diese Verantwortung als völlig unglaubwürdige Schutzbehauptung, welche offenbar nicht einmal der Beschuldigte selbst bereit ist, vor der Berufungsbehörde zu vertreten.

 

Diese Verantwortung ist in keiner Weise geeignet, die äußerst glaubwürdigen, in sich geschlossenen und nachvollziehbaren Aussagen der beiden Zeugen zu widerlegen oder auch nur in Zweifel zu ziehen, wobei anzumerken ist, daß allein schon durch den vom Beschuldigten zugestandenen begonnenen Spurwechsel für die Zeugen die geschilderte Gefahrensituation entstehen konnte, welche zu den entsprechenden Abwehrmaßnahmen (insbesondere dem  Auslenken des Fahrzeuges durch die Zeugin C) führte.

 

Der von den beiden Zeugen geschilderte Geschehensablauf erscheint aber auch im Hinblick darauf, daß der Beschuldigte laut eigenen Angaben vor hatte, links abzubiegen, also den dritten Fahrstreifen (Linksabbiegespur) zu benützen, im höchsten Grade glaubwürdig, weil es durchaus nachvollziehbar ist und der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, daß manche Fahrzeuglenker zwecks Einhaltung ihrer beabsichtigten Fahrtroute, riskante und gefährdende Fahrstreifenwechsel ohne Rücksicht auf den Nachfolgeverkehr vornehmen, um gewiß und  schnellstmöglich vom ersten auf den dritten Fahrstreifen, also auf die Linksabbiegespur zu gelangen, was fallbezogen insbesondere aufgrund der beschriebenen örtlichen Gegebenheiten sehr wahrscheinlich erscheint.

 

5. RECHTLICHE BEURTEILUNG:

 

Gemäß §11 Abs1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Bei jeder Änderung der Fahrtrichtung und bei jedem Wechsel des Fahrstreifens gilt der Grundsatz, daß ein solches Manöver nur dann durchgeführt werden darf, wenn es der übrige Verkehr zuläßt. Die Frage der Zeichengebung ist, unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, von untergeordneter Bedeutung und stellt nur eine zusätzliche Verpflichtung des Lenkers dar.

 

Die Pflicht, sich von der Gefahrlosigkeit des beabsichtigten Fahrstreifenwechsels zu überzeugen, besteht unabhängig davon, ob sich die bei Bedachtnahme auf alle gegebenen Möglichkeiten in Betracht kommenden Verkehrsteilnehmer ihrerseits richtig verhalten oder nicht.

 

Ein Fahrstreifenwechsel hat zu unterbleiben, wenn die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gegeben ist. Eine Behinderung liegt insbesondere dann vor, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer zum Bremsen oder Auslenken genötigt wird.

 

Ein Wechsel des Fahrstreifens liegt schon dann vor, wenn ein Fahrzeug seine Bewegung so ändert, daß es auch nur teilweise auf einen anderen Fahrstreifen gerät.

 

Vor Durchführung eines Fahrstreifenwechsels besteht somit die Verpflichtung zur rechtzeitigen Anzeige dieses Fahrmanövers und Beobachtung des Nachfolgeverkehrs, wobei der Fahrstreifenwechsel bei einer Behinderung und Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer unterlassen werden muß.

 

Wie sich aus den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergibt, begann der Beschuldigte den Fahrstreifenwechsel zu einem Zeitpunkt, in welchem sich das Beschuldigtenfahrzeug und das von der Zeugin C gelenkte Fahrzeug etwa auf gleicher Höhe befanden, also das Beschuldigtenfahrzeug mit Sicherheit nicht so weit vor dem PKW der Zeugin C fuhr, um ohne Behinderung oder Gefährdung der Zeugin C einen Fahrstreifenwechsel durchführen zu können.

 

Aus der Vornahme des Fahrstreifenwechsels unter diesen Gegebenheiten folgt, daß sich der Beschuldigte offensichtlich nicht in gehöriger und notwendiger Weise unter Anwendung der erforderlichen Aufmerksamkeit davon überzeugte, daß der Fahrstreifenwechsel ohne Behinderung und Gefährdung anderer Straßenbenützer möglich war.

 

Wegen des vom Beschuldigten unter Mißachtung bzw Außerachtlassung des Nachfolgeverkehrs durchgeführten Fahrstreifenwechsels wurde die Zeugin C zum Auslenken  und Beschleunigen ihres Fahrzeuges zwecks Erreichens des erst beginnenden dritten Fahrstreifens gezwungen, was nach ständiger Judikatur einer Behinderung im Sinne des §11 Abs1 StVO entspricht, und (ebenso wie ihr Beifahrer) in der körperlichen Integrität massiv gefährdet, weil durch das vom Beschuldigten gesetzte Verhalten eine Situation mit konkreter Kollisionsmöglichkeit geschaffen wurde.

 

Im Hinblick darauf, daß aufgrund des überhaupt nicht vorhandenen Tiefenabstandes ein Fahrstreifenwechsel ohne Behinderung und Gefährdung anderer Straßenbenützer unmöglich war, hätte ein derartiges Fahrmanöver auf jeden Fall unterlassen werden müssen, sodaß es für die gegenständliche Entscheidungsfindung unerheblich ist, ob der Fahrstreifenwechsel durch Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers angezeigt wurde.

 

Der Beschuldigte hat somit sämtliche objektiven  Tatbestandsmerkmale der Verwaltungsübertretung nach §11 Abs1 StVO erfüllt und das ihm zur Last gelegte Delikt auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht, sodaß der erstinstanzliche Schuldspruch vollinhaltlich zu bestätigen war.

 

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, daß selbst bei rechtzeitiger Fahrtrichtungsanzeige ein Fahrstreifenwechsel nicht mehr vorgenommen werden darf, wenn dadurch andere Straßenbenützer behindert und gefährdet werden. Im übrigen muß eine Fahrtrichtungsanzeige so rechtzeitig vor Beginn des geplanten Fahrmanövers erfolgen, daß andere Straßenbenützer diese wahrnehmen können und ihnen die entsprechende Zeit zur Verfügung steht, das Fahrverhalten auf den durch Anzeige angekündigten Vorgang einzustellen.

 

Auch wenn man (hypothetisch) unterstellt, daß die Zeugin C die Fahrtrichtungsanzeige des Beschuldigten nicht wahrgenommen hätte, wäre für den Standpunkt des Beschuldigten nichts gewonnen, da die Zeugin naturgemäß nur eine rechtzeitige Anzeige wahrnehmen kann und selbst bei rechtzeitiger Anzeige, wie bereits oben ausgeführt, ein Fahrstreifenwechsel ohne vorhandenen Tiefenabstand aufgrund der mit Sicherheit eintretenden Behinderung und Gefährdung anderer Straßenbenützer zu unterbleiben hat.

 

6. STRAFE:

Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Strafbemessung das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Darüber hinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, auf das Verschuldensausmaß Bedacht zu nehmen, sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Zweck der gesetzlichen Bestimmung des §11 Abs1 StVO liegt ua darin, Lenker unmittelbar nachfolgender Fahrzeuge vor einer Gefährdung und Behinderung zu schützen.

 

Eine Übertretung gemäß §11 Abs1 StVO vergrößert daher die sich aus dem Straßenverkehr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit von Menschen ergebenden Gefahren.

 

Gemäß §99 Abs3 lita StVO ist die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach §11 Abs1 StVO mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen, zu bestrafen.

 

Obwohl bei der für den Wohnort des Beschuldigten zuständigen Bezirkshauptmannschaft G laut Auskunft vom 18.05.1994 mehrere rechtskräftige, ungetilgte Vormerkungen wegen Verwaltungsübertretungen nach dem KFG evident sind, kommt dem Berufungswerber im gegenständlichen Verfahren der Milderungsgrund der Unbescholtenheit noch zu, weil diese Vorstrafen entweder nach der gegenständlichen Tat begangene Taten betreffen oder zum verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt noch nicht rechtskräftig waren.

 

Bei der Bezirkshauptmannschaft xx bestehen laut Mitteilung vom 09.05.1994 keine, den Beschuldigten betreffende Vorstrafen.

 

Die Behörde erster Instanz hat weder Milderungs-, noch Erschwerungsgründe angeführt und unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens, sowie der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und dem Verschulden eine Geldstrafe von S 500,-- verhängt.

 

Bezüglich seiner persönlichen Verhältnisse gab der Beschudigte niederschriftlich einvernommen am 22.04.1993 vor dem Gemeindeamt V an, ledig, vermögenslos und für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig zu sein sowie als Kaufmann aus dem Gewerbebetrieb ein monatliches Einkommen von ca S 10.000,-- zu beziehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ wertet mildernd die Unbescholtenheit, erschwerend die bedingt vorsätzliche Tatbegehungsweise.

 

In Hinblick darauf, daß der Beschuldigte durch sein rechtswidriges Verhalten den Schutzzweck der übertretenen Norm des §11 Abs1 StVO verletzt hat, die Höchststrafe für das zur Last gelegte Delikt S 10.000,-- beträgt, unter Berücksichtigung des Milderungs- und Erschwerungsgrundes, sowie der allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten, ist die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe gerade noch als ausreichend zu erachten, um dem besonderen Unrechtsgehalt der Tat und dem beträchtlichen Verschuldensgrad, sowie general- und spezialpräventiven Zwecken zu entsprechen.

Die Verhängung einer Geldstrafe im Betrag von S 500,-- liegt an der absoluten Untergrenze des möglichen Ermessensspielraumes und ist daher als gerade noch tat- und schuldangemessen zu betrachten.

 

Der Strafberufung war daher aus diesen Gründen der Erfolg zu versagen, und die von der Bezirkshauptmannschaft xx verhängte Geldstrafe von S 500,-- auch der Höhe nach zu bestätigen.

 

Der Berufung des Beschuldigten war somit insgesamt keine Folge zu geben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich zu bestätigen.

 

7. KOSTEN:

 

Gemäß §64 Abs1 VStG ist in jeder Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10 %, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 %, jeweils der verhängten Strafe zu bemessen.

 

 

Sämtliche in dieser Entscheidung zitierten gesetzlichen Bestimmungen des AVG gelten gemäß §24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren und waren deshalb anzuwenden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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