TE UVS Niederösterreich 1994/08/11 Senat-SW-93-472

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Veröffentlicht am 11.08.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBlNr 51/1991, keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBlNr 52/1991 einen Betrag von S 520,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafen und die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz zu zahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 27.09.1993, Zl Cst ***/93, erkannte die Bundespolizeidirektion xx den Beschuldigten als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen **-***I, am 26.2.1993, um 17,50 Uhr, in xx, in der B****-H*********straße in Höhe Haus Nr **

 

1.

an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen zu sein und an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt zu haben,

2.

nach dem Verkehrsunfall nicht sofort angehalten zu haben,

3.

nach dem Verkehrsunfall nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt zu haben,

4.

den Fahrstreifen gewechselt zu haben, obwohl er sich nicht davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung und Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist und dabei ein anderes Fahrzeug gestreift hat.

 

Er hat demnach eine Übertretung gemäß

 

1.

§4 Abs1 litc StVO

2.

§4 Abs1 lita StVO

3.

§4 Abs5 StVO und

4.

§11 Abs1 StVO

 

zu verantworten und wurde über ihn

gemäß §99 Abs2 lita StVO

zu Punkt 1 und 2 eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,--

(Ersatzfreiheitsstrafe: je 16 Stunden)

 

gemäß §99 Abs3 litb StVO

zu Punkt 3 eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden) und

 

gemäß §99 Abs3 lita StVO

zu Punkt 4 eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden), verhängt.

 

Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde gemäß §64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, somit in Höhe von S 260,--, festgesetzt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Beschuldigte fristgerecht Berufung ein, in der er ausführte, daß er 500 Meter nach der Unfallsstelle sein Fahrzeug angehalten habe, darüber hinaus wäre die nächste Polizei- und Gendarmeriedienststelle in F********* gewesen, und sei er der Meinung, daß alle Polizeidienststellen gleichwertig seien. Auch habe ihn der Lastkraftwagen gestreift.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat darüber wie folgt erwogen:

 

Der Beschuldigte bestreitet in seiner Berufung nicht, daß er nicht sofort sondern 500 m nach der Unfallstelle angehalten hat, führt aus, daß er die Polizeidienststelle in F********* verständigt hat und bestreitet weiters nicht, daß er den Fahrstreifen gewechselt hat. Das Berufungsbegehren richtet sich daher ausdrücklich auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung und es konnte daher gemäß §51e Abs2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

 

Gemäß §4 Abs1 lita StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

Er bestreitet den von ihm vorgenommenen Fahrstreifenwechsel nicht. Es kann daher an der Unfallskausalität des Verhaltens des Beschuldigten kein Zweifel sein, hätte er nicht den Fahrstreifen gewechselt, wäre es nicht zu einem Auffahrunfall gekommen. Wen schließlich das Verschulden am Verkehrsunfall trifft, ist für die Begehung der Delikte des §4 StVO ohne Bedeutung, es reicht das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhanges aus. Der Berufungswerber gibt in seiner Berufung an, daß der LKW in das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug "hineingefahren" ist. Der Berufungswerber hatte demnach vom Verkehrsunfall positive Kenntnis.

 

Da der Beschuldigte mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, weiters um den Verkehrsunfall wußte, war er gemäß §4 Abs1 lita StVO zum sofortigen Anhalten des Fahrzeuges verpflichtet.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem sofortigen Anhalten nicht die Rede sein, wenn das betreffende Fahrzeug nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme des Verkehrsunfalles am Unfallsort, sondern erst in einiger Entfernung davon angehalten wird (VwGH 23.3.1988, Zl 87/18/0131).

 

Der Beschuldigte gibt selbst an, in einer Entfernung von 500 Metern von der Unfallstelle angehalten zu haben, ist demnach seiner Anhaltungsverpflichtung nicht nachgekommen und hat daher den Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Da er nicht glaubhaft machte, daß ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, gilt gemäß §5 Abs1 VStG der Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt.

 

Gemäß §4 Abs1 litc StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Mitwirungsverpflichtung im Sinne des §4 Abs1 litc StVO besteht dann, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt, oder zu kommen hat. Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein Identitätsnachweis nicht erfolgte und eine Verständigungspflicht nach §4 Abs5 gegeben ist.

 

Da sich der Beschuldigte von der Unfallstelle entfernt hat ohne die Identität nachzuweisen und ohne das Eintreffen der Organe der öffentlichen Sicherheit am Unfallsort abzuwarten, hat er den Tatbestand des §4 Abs1 litc StVO in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Da der Beschuldigte auch nicht glaubhaft machte, daß ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, gilt gemäß §5 Abs1 VStG der Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt.

 

Gemäß §4 Abs5 StVO haben die im Abs1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Der Berufungswerber führt aus, daß er der Meinung gewesen sei, daß es gleichgültig sei, welcher Gendarmerieposten von dem Verkehrsunfall verständigt wird.

 

Gemäß §4 Abs5 StVO ist die Meldung jedoch "ohne unnötigen Aufschub" zu erstatten. Ohne unnötigen Aufschub kann nur verstanden werden, daß die Meldung über einen Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden ist, nach Durchführung der am Unfallort notwendigen, durch das Gebot der Verkehrssicherheit erforderlich erscheinenden Maßnahmen bzw. nach vergeblichen Versuch des Identitätsnachweises zu erfolgen hat.

 

Der Begriff ohne unnötigen Aufschub ist streng auszulegen.

 

Wie dem erstinstanzlichen Akt zu entnehmen ist, hat der Berufungswerber den Gendarmerieposten F********* nicht von dem Verkehrsunfall verständigt. Darüber hinaus handelt es sich beim Gendarmerieposten F********* auch nicht dem der B****-H*********straße in xx nächstgelegenden Gendarmerieposten bzw die nächst gelegene Polizeidienststelle.

 

Der Berufungswerber hat daher auch diesen Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt.

Da er nicht glaubhaft machte, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift des §4 Abs5 StVO kein Verschulden trifft, gilt gemäß §5 Abs1 VStG der Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt.

 

Gemäß §11 Abs1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern, oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Der Beschuldigte bestreitet den den Unfallsgegner gefährdenden Fahrstreifenwechsel nicht.

 

Er hat daher auch diesen Tatbestand sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

 

Gemäß §19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder die Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Darüber hinaus sind die Erschwerung- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens, sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der 31jährige ledige Beschuldigte verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von S 8.000,-- und hat keine Angaben und Vermögen bzw zu den Sorgepflichten gemacht.

 

Zweck des §4 Abs1 lita, litc und Abs5 StVO ist den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird.

 

Der Beschuldigte hat durch sein Entfernen von der Unfallstelle und die Nichterstattung der Meldung den Schutzzweck der Norm des §4 StVO erheblich zuwidergehandelt.

 

Zweck des §11 Abs1 StVO ist, andere Verkehrsteilnehmer bei einem Fahrstreifenwechsel nicht zu gefährden oder zu behindern. Eine Behinderung liegt insbesondere darin vor, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer zum Bremsen und Auslenken genötigt wird.

 

Der Beschuldigte hat durch sein Fahrmanöver, welches einen Verkehrsunfall verursachte, auch dem Schutzzweck des §11 Abs1 StVO zuwidergehandelt.

 

Der Unrechtsgehalt der Taten ist daher nicht unwesentlich. Bei der Strafbemessung waren weder erschwerende noch mildernde Umstände zu werten.

 

Die erkennende Behörde ist daher unter Berücksichtigung der allseitigen Verhältnisse und des Unrechtsgehaltes der Taten zu der Ansicht gelangt, daß die von der Bundespolizeidirektion xx verhängten Geldstrafen als schuld- und tätergerecht anzusehen sind, sodaß der Täter und Dritte von der Begehung

dieser Tat abgehalten werden können.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §64 Abs2 VStG, wonach als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20% der verhängten Geldstrafe obligatorisch festzusetzen sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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