Herr F W, geb 19**, hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft K
vom A**** 199*, Zl 3-****-9*, betreffend Bestrafung nach § 4 Abs 5 i. V.m. § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 fristgerecht Berufung erhoben.
Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Unabhängige
Verwaltungssenat im Land NÖ durch das Mitglied Mag B über diese Berufung wie
folgt entschieden
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes
1991 - AVG, BGBl Nr 51,
dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Strafe von S 1.000,--
(Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) auf S 500,--
(Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) herabgesetzt wird.
Im übrigen Inhalt wird der Spruch des erstinstanzlichen
Straferkenntnisses
bestätigt.
Der gesamte Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz sind binnen
2 Wochen zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen
Übertretung des § 4 Abs 5 iVm § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt. In diesem
Straferkenntnis wurde als erwiesen angesehen, daß der Beschuldigte am M** 199*
gegen **** Uhr in K*********, L***********straße, Parkplatz vor dem S***-Markt
als Lenker des Kombi W *** ** nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen
Aufschub verständigt hat, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis
von Name und Anschrift nicht erfolgte; bei dem Unfall wurde der Mazda ** ****
leicht beschädigt (links hinten unter der Stoßstange wurde der Lack abgeschürft).
Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht berufen. Er macht
geltend, er berufe gegen Schuld und Strafhöhe; er habe bemerkt, daß er beim
Zurückschieben ein anderes Fahrzeug berührt habe und sei daraufhin ausgestiegen,
er habe aber nicht bemerkt, daß ein Schaden entstanden sei. Mit freiem Auge sei
kein Schaden ersichtlich gewesen, weshalb man ihn auch nicht verantwortlich
machen könne. Außerdem könne mit seiner Stoßstange an dieser Stelle der
gegnerischen Stoßstange kein Schaden verursacht werden. Auch die Strafhöhe sei
überhöht. Er beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Im Hinblick auf diese Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ am S******* 199* eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.
Die Mutter des Berufungswerbers, welche eine Vertretungsvollmacht des
Beschuldigten vorgelegt hat, hat angegeben, ihr Sohn sei damals aus seinem
Fahrzeug ausgestiegen und habe sich das andere Fahrzeug angesehen, dabei jedoch
keinen erkennbaren Schaden wahrnehmen können; dies habe er auch
bereits während
des erstinstanzlichen Verfahrens immer angegeben.
Als Zeugen wurden Frau C S, Frau B F und Herr K G einvernommen.
Die Zeugin S hat angegeben, sie habe sich zum angegebenen Tatzeitpunkt auf dem Parkplatz vor dem S***-Markt befunden und wahrgenommen, wie der Beschuldigte mit
seinem Wagen am Fahrzeug von Herrn G angefahren sei, wobei letzteres Fahrzeug
gewackelt habe. Der Beschuldigte sei nicht ausgestiegen, sondern weggefahren.
Sie sei dann zu dem anderen Fahrzeug gegangen, habe jedoch keinen erkennbaren
Schaden wahrgenommen; daraufhin sei sie in den Supermarkt gegangen und habe der Kassierin von dem Vorfall berichtet. Als der Besitzer des Wagens gekommen sei,
habe sie ihm die Autonummer jenes Wagens, der weggefahren sei, mitgeteilt. Ihr
Aufenthalt im S***-Markt habe nur einen ziemlich kurzen Zeitraum von vielleicht
einigen Minuten in Anspruch genommen; ob der Beschuldigte in dieser Zeit
stehengeblieben sei, zum Wagen des Zeugen gegangen sei und diesen
auf allfällige
Schäden überprüft habe, könne sie nicht angeben.
Der Zeuge K G hat angegeben, er sei zum angegebenen Tatzeitpunkt im S***-Markt
einkaufen gewesen und habe seinen PKW auf dem vor dem Markt befindlichen
Parkplatz geparkt. Er habe gerade bei der Kasse bezahlt, als Frau S ihm
mitgeteilt habe, daß eben ein anderes Fahrzeug gegen seinen PKW gefahren sei. Er
sei daraufhin hinausgelaufen, habe den anderen Fahrzeuglenker zu diesem
Zeitpunkt jedoch nicht mehr gesehen. Der verursachte Schaden sei ein relativ
geringfügiger Schaden hinten links unter der Stoßstange gewesen; im einzelnen
habe es sich um einige Lackwischer gehandelt, die er später herauspolieren
konnte, übriggeblieben sei lediglich eine geringfügige Abschürfung im
Durchmesser von ca. 0,5 cm. Von der ursprünglich beabsichtigten Reparatur dieses Schadens habe er Abstand genommen, als er gehört habe, daß diese Reparatur
bereits einige tausend Schilling kosten würde. Bei genauem Hinsehen sei der Schaden erkennbar gewesen; insbesondere deshalb, da das Fahrzeug infolge der
damals herrschenden Witterung relativ schmutzig gewesen sei, sodaß sich die Wischer von der Schmutzschicht abgehoben hätten. Er könne mit Sicherheit
ausschließen, daß dieser Schaden schon vorher bestanden habe.
Die Zeugin B F konnte sich an den verfahrensgegenständlichen Vorfall nicht mehr
erinnern; sie hat angegeben, daß es in der Zwischenzeit auf dem Parkplatz vor
jenem Supermarkt, in dem sie arbeite, einige weitere Unfälle gegeben habe, sodaß
sie über diesen konkreten Vorfall heute nichts mehr sagen könne. Das
beschädigte
Fahrzeug habe sie jedenfalls nicht gesehen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs 5 StVO 1960 haben jene Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit
einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, dann, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizeioder
Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu
verständigen; eine solche Verständigung darf lediglich unterbleiben, wenn diese Personen einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Unter einem Sachschaden im Sinne dieser Bestimmung ist nach ständiger
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits jeder noch so kleine
Lackschaden zu verstehen; selbst wenn wie im vorliegenden Fall nur eine
Lackbeschädigung im Durchmesser von 0,5 cm verursacht wurde, ist dies bereits
als derartiger Sachschaden anzusehen. Lediglich dann, wenn der frühere Zustand
ohne nennenswerten Aufwand wiederhergestellt werden kann, kann von einem
Sachschaden im Sinne dieser Bestimmung nicht gesprochen werden; der Aussage des Zeugen G zufolge hätte die Behebung des Schadens aber trotz seiner Geringfügigkeit bereits mehrere tausend Schilling gekostet, sodaß von einem
nicht unerheblichen Aufwand zur Wiederherstellung auszugehen ist.
Was das Verschulden des Berufungswerbers betrifft, so ist dieser nach seinen
Angaben zwar aus seinem Fahrzeug ausgestiegen und hat den PKW des Zeugen auf
allfällige Schäden untersucht, ohne solche zu bemerken; wie sich aus der Aussage
der Zeugen S und G ergibt, kann dieser Vorgang jedoch nur sehr kurze Zeit in Anspruch genommen haben, da Frau S den Beschuldigten zunächst wegfahren sah und
nach nur wenigen Minuten, in denen sie den Besitzer des anderen Fahrzeuges
verständigte, mit diesem auf den Parkplatz zurückkehrte, wo vom Berufungswerber
nichts mehr zu sehen war. Da sich der Schaden nach den Angaben von Herrn G von
der witterungsbedingt auf dem Auto befindlichen Schmutzschicht abgehoben hat und
somit bei genauem Hinsehen jedenfalls erkennbar war, muß angenommen werden, daß
die Prüfung des PKW's auf Schäden durch den Beschuldigten nur kurz und
oberflächlich und jedenfalls nicht mit der unter diesen Umständen erforderlichen
Sorgfalt erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist
der Tatbestand des § 4 Abs 5 StVO 1960 jedoch nicht erst dann erfüllt, wenn der Täter tatsächlich einen Schaden wahrgenommen hat, sondern schon dann, wenn er
einen solchen bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bemerken müssen.
Da es der Beschuldigte im vorliegen Fall an dieser notwendigen Aufmerksamkeit
hat fehlen lassen, hat er nach Auffassung der Berufungsbehörde die
ihm zur Last
gelegte Verwaltungsübertretung begangen.
Der Schutzzweck der verletzten Gesetzesbestimmung, nämlich den am Unfall
beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der
Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird, wurde durch das Verhalten des Beschuldigten erheblich beeinträchtigt. Trotz des Fehlens
sonstiger nachteiliger Folgen kann daher der objektive Unrechtsgehalt des
gesetzten Delikts nicht als unbedeutend angesehen werden; das Verschulden ist
jedoch als eher geringfügig einzustufen, da der Berufungswerber - wenn auch
nicht mit der zumutbaren Aufmerksamkeit - das gegnerische Fahrzeug auf
allfällige Schäden überprüft hat und auch der verursachte Schaden zwar als
Sachschaden im Sinne der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist, jedoch den
geringsten überhaupt denkbaren derartigen Schaden darstellt.
Mildernd ist die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers; erschwerende Umstände liegen nicht vor.
Nach den Angaben seiner Mutter ist der Beschuldigte Student und hat weder
Einkommen noch Vermögen oder Sorgepflichten.
Bei der Strafbemessung ist auch davon auszugehen, daß nicht nur der Beschuldigte
selbst, sondern auch die Allgemeinheit von der Begehung weiterer gleichartiger
Verwaltungsübertretungen abgehalten werden soll, sodaß auch eine generalpräventive Wirkung entsteht.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände kann nach Auffassung der Berufungsbehörde mit der nunmehr verhängten Strafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) noch das Auslangen gefunden werden. Es wird
darauf hingewiesen, daß der gesetzliche Strafrahmen bis zu S 10.000,--
(Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen) reicht.