TE UVS Niederösterreich 1994/09/09 Senat-KO-93-467

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Veröffentlicht am 09.09.1994
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Spruch

Herr F W, geb 19**, hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft K

vom  A**** 199*, Zl 3-****-9*, betreffend Bestrafung nach § 4 Abs 5 i. V.m. § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 fristgerecht Berufung erhoben.

 

Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Unabhängige

Verwaltungssenat im Land NÖ durch das Mitglied Mag B über diese Berufung wie

folgt entschieden

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes

1991 -  AVG, BGBl Nr 51,

dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Strafe von S 1.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) auf S 500,--

(Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) herabgesetzt wird.

 

Im übrigen Inhalt wird der Spruch des erstinstanzlichen

Straferkenntnisses

bestätigt.

 

Der gesamte Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz sind binnen

2 Wochen zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen

Übertretung des § 4 Abs 5 iVm § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt. In diesem

Straferkenntnis wurde als erwiesen angesehen, daß der Beschuldigte am  M** 199*

gegen **** Uhr in K*********, L***********straße, Parkplatz vor dem S***-Markt

als Lenker des Kombi W *** ** nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen

Aufschub verständigt hat, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis

von Name und Anschrift nicht erfolgte; bei dem Unfall wurde der Mazda ** ****

leicht beschädigt (links hinten unter der Stoßstange wurde der Lack abgeschürft).

 

Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht berufen. Er macht

geltend, er berufe gegen Schuld und Strafhöhe; er habe bemerkt, daß er beim

Zurückschieben ein anderes Fahrzeug berührt habe und sei daraufhin ausgestiegen,

er habe aber nicht bemerkt, daß ein Schaden entstanden sei. Mit freiem Auge sei

kein Schaden ersichtlich gewesen, weshalb man ihn auch nicht verantwortlich

machen könne. Außerdem könne mit seiner Stoßstange an dieser Stelle der

gegnerischen Stoßstange kein Schaden verursacht werden. Auch die Strafhöhe sei

überhöht. Er beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

Im Hinblick auf diese Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ am S******* 199* eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Die Mutter des Berufungswerbers, welche eine Vertretungsvollmacht des

Beschuldigten vorgelegt hat, hat angegeben, ihr Sohn sei damals aus seinem

Fahrzeug ausgestiegen und habe sich das andere Fahrzeug angesehen, dabei jedoch

keinen erkennbaren Schaden wahrnehmen können; dies habe er auch

bereits während

des erstinstanzlichen Verfahrens immer angegeben.

 

Als Zeugen wurden Frau C S, Frau B F und Herr K G einvernommen.

 

Die Zeugin S hat angegeben, sie habe sich zum angegebenen Tatzeitpunkt auf dem Parkplatz vor dem S***-Markt befunden und wahrgenommen, wie der Beschuldigte mit

seinem Wagen am Fahrzeug von Herrn G angefahren sei, wobei letzteres Fahrzeug

gewackelt habe. Der Beschuldigte sei nicht ausgestiegen, sondern weggefahren.

Sie sei dann zu dem anderen Fahrzeug gegangen, habe jedoch keinen erkennbaren

Schaden wahrgenommen; daraufhin sei sie in den Supermarkt gegangen und habe der Kassierin von dem Vorfall berichtet. Als der Besitzer des Wagens gekommen sei,

habe sie ihm die Autonummer jenes Wagens, der weggefahren sei, mitgeteilt. Ihr

Aufenthalt im S***-Markt habe nur einen ziemlich kurzen Zeitraum von vielleicht

einigen Minuten in Anspruch genommen; ob der Beschuldigte in dieser Zeit

stehengeblieben sei, zum Wagen des Zeugen gegangen sei und diesen

auf allfällige

Schäden überprüft habe, könne sie nicht angeben.

 

Der Zeuge K G hat angegeben, er sei zum angegebenen Tatzeitpunkt im S***-Markt

einkaufen gewesen und habe seinen PKW auf dem vor dem Markt befindlichen

Parkplatz geparkt. Er habe gerade bei der Kasse bezahlt, als Frau S ihm

mitgeteilt habe, daß eben ein anderes Fahrzeug gegen seinen PKW gefahren sei. Er

sei daraufhin hinausgelaufen, habe den anderen Fahrzeuglenker zu diesem

Zeitpunkt jedoch nicht mehr gesehen. Der verursachte Schaden sei ein relativ

geringfügiger Schaden hinten links unter der Stoßstange gewesen; im einzelnen

habe es sich um einige Lackwischer gehandelt, die er später herauspolieren

konnte, übriggeblieben sei lediglich eine geringfügige Abschürfung im

Durchmesser von ca. 0,5 cm. Von der ursprünglich beabsichtigten Reparatur dieses Schadens habe er Abstand genommen, als er gehört habe, daß diese Reparatur

bereits einige tausend Schilling kosten würde. Bei genauem Hinsehen sei der Schaden erkennbar gewesen; insbesondere deshalb, da das Fahrzeug infolge der

damals herrschenden Witterung relativ schmutzig gewesen sei, sodaß sich die Wischer von der Schmutzschicht abgehoben hätten. Er könne mit Sicherheit

ausschließen, daß dieser Schaden schon vorher bestanden habe.

 

Die Zeugin B F konnte sich an den verfahrensgegenständlichen Vorfall nicht mehr

erinnern; sie hat angegeben, daß es in der Zwischenzeit auf dem Parkplatz vor

jenem Supermarkt, in dem sie arbeite, einige weitere Unfälle gegeben habe, sodaß

sie über diesen konkreten Vorfall heute nichts mehr sagen könne. Das

beschädigte

Fahrzeug habe sie jedenfalls nicht gesehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 4 Abs 5 StVO 1960 haben jene Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit

einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, dann, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizeioder

Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu

verständigen; eine solche Verständigung darf lediglich unterbleiben, wenn diese Personen einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Unter einem Sachschaden im Sinne dieser Bestimmung ist nach ständiger

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits jeder noch so kleine

Lackschaden zu verstehen; selbst wenn wie im vorliegenden Fall nur eine

Lackbeschädigung im Durchmesser von 0,5 cm verursacht wurde, ist dies bereits

als derartiger Sachschaden anzusehen. Lediglich dann, wenn der frühere Zustand

ohne nennenswerten Aufwand wiederhergestellt werden kann, kann von einem

Sachschaden im Sinne dieser Bestimmung nicht gesprochen werden; der Aussage des Zeugen G zufolge hätte die Behebung des Schadens aber trotz seiner Geringfügigkeit bereits mehrere tausend Schilling gekostet, sodaß von einem

nicht unerheblichen Aufwand zur Wiederherstellung auszugehen ist.

 

Was das Verschulden des Berufungswerbers betrifft, so ist dieser nach seinen

Angaben zwar aus seinem Fahrzeug ausgestiegen und hat den PKW des Zeugen auf

allfällige Schäden untersucht, ohne solche zu bemerken; wie sich aus der Aussage

der Zeugen S und G ergibt, kann dieser Vorgang jedoch nur sehr kurze Zeit in Anspruch genommen haben, da Frau S den Beschuldigten zunächst wegfahren sah und

nach nur wenigen Minuten, in denen sie den Besitzer des anderen Fahrzeuges

verständigte, mit diesem auf den Parkplatz zurückkehrte, wo vom Berufungswerber

nichts mehr zu sehen war. Da sich der Schaden nach den Angaben von Herrn G von

der witterungsbedingt auf dem Auto befindlichen Schmutzschicht abgehoben hat und

somit bei genauem Hinsehen jedenfalls erkennbar war, muß angenommen werden, daß

die Prüfung des PKW's auf Schäden durch den Beschuldigten nur kurz und

oberflächlich und jedenfalls nicht mit der unter diesen Umständen erforderlichen

Sorgfalt erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist

der Tatbestand des § 4 Abs 5 StVO 1960 jedoch nicht erst dann erfüllt, wenn der Täter tatsächlich einen Schaden wahrgenommen hat, sondern schon dann, wenn er

einen solchen bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bemerken müssen.

 

Da es der Beschuldigte im vorliegen Fall an dieser notwendigen Aufmerksamkeit

hat fehlen lassen, hat er nach Auffassung der Berufungsbehörde die

ihm zur Last

gelegte Verwaltungsübertretung begangen.

 

Der Schutzzweck der verletzten Gesetzesbestimmung, nämlich den am Unfall

beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der

Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird, wurde durch das Verhalten des Beschuldigten erheblich beeinträchtigt. Trotz des Fehlens

sonstiger nachteiliger Folgen kann daher der objektive Unrechtsgehalt des

gesetzten Delikts nicht als unbedeutend angesehen werden; das Verschulden ist

jedoch als eher geringfügig einzustufen, da der Berufungswerber - wenn auch

nicht mit der zumutbaren Aufmerksamkeit - das gegnerische Fahrzeug auf

allfällige Schäden überprüft hat und auch der verursachte Schaden zwar als

Sachschaden im Sinne der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist, jedoch den

geringsten überhaupt denkbaren derartigen Schaden darstellt.

 

Mildernd ist die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers; erschwerende Umstände liegen nicht vor.

 

Nach den Angaben seiner Mutter ist der Beschuldigte Student und hat weder

Einkommen noch Vermögen oder Sorgepflichten.

 

Bei der Strafbemessung ist auch davon auszugehen, daß nicht nur der Beschuldigte

selbst, sondern auch die Allgemeinheit von der Begehung weiterer gleichartiger

Verwaltungsübertretungen abgehalten werden soll, sodaß auch eine generalpräventive Wirkung entsteht.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände kann nach Auffassung der Berufungsbehörde mit der nunmehr verhängten Strafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) noch das Auslangen gefunden werden. Es wird

darauf hingewiesen, daß der gesetzliche Strafrahmen bis zu S 10.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen) reicht.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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