TE UVS Wien 1994/09/13 03/21/3331/94

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Veröffentlicht am 13.09.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung des Herrn Walter K, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 20.7.1994, Zl Pst 1086-Ls/94, wegen Übertretung des §45 Abs4 iVm §45 Abs1 KFG entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Aufgrund des abgeführten Ermittlungsverfahrens erging gegen den Beschuldigten das Straferkenntnis vom 20.7.1994 mit folgender Tatumschreibung:

"Sie haben am 26.01.1994 von 01.50 bis 06.30 Uhr in Wien, E-straße, als Lenker den PKW der Marke Renault 11TSE, rot lackiert, mit den Probefahrtkennzeichen W-14 auf öffentlichem Straßengut abgestellt, obwohl keine Fahrt zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit und der Leistungsfähigkeit der Teile oder Ausrüstungsgegenstände und keine Überstellungsfahrt durchgeführt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§45/4 KFG iVm §45/1 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 1.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden gemäß §134/1 KFG

..."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser im wesentlichen ausführt, daß er in den Bestimmungen des KFG kein Verbot des Parkens mit Probekennzeichen finden könne. Im Gegenteil ist im §45 KFG, Nachsatz "zu Abs3" Handelsagenten, Handelsvertretern uä die Zuerkennung von Probekennzeichen ausdrücklich erlaubt. Es sei hier mit keinem Wort erwähnt, daß diese ihre Handelsware nicht bei ihren Betriebsstätten (zumeist ident mit Wohnung!) parken und somit anbieten dürfen. Es sei eher davon auszugehen, daß dies als selbstverständlich vom Gesetzgeber angesehen werde. Im gegenständlichen Fall sei der Anzeigeort in unmittelbarer Umgebung seiner Betriebsstätte. Auch im §48 "Kennzeichen" werde nirgendwo das Abstellen eines Fahrzeuges ausdrücklich erwähnt, auch in keinem anderen § des KFG werde das Abstellen eines Kfzs ausdrücklich erwähnt. Im Gegenteil werden im §48 Probe- und Überstellungskennzeichen gleichgestellt. Fahrzeuge mit Überstellungskennzeichen dürften ausdrücklich auf öffentlichem Grund abgestellt werden (laut Auskunft des Verkehrsamtes Wien!). Es sei also durchaus als selbstverständlich anzusehen, daß Fahrzeuge mit welchem Kennzeichen auch immer, auf öffentlichem Grund abgestellt oder geparkt werden können.

Vorweg ist dem Berufungswerber auf einen diesbezüglichen Einwand in der Berufung zu entgegen, daß im Verfahren erster Instanz allenfalls aufgetretene Verfahrensmängel im Berufungsverfahren und mit der damit dem Beschuldigten eingeräumten Möglichkeit der Rechtfertigung in der Berufung, saniert werden.

In der Sache selbst bestreitet der Berufungswerber nicht die Abstellung des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges mit Probefahrtkennzeichen zur Tatzeit am Tatort.

Gemäß §45 Abs1 KFG dürfen Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichen Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenständen oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes und Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und IV. Abschnitt. Gemäß §45 Abs4 2. Satz KFG dürfen Probefahrtkennzeichen (§48 Abs3) nur bei Probefahrten geführt werden.

Die Verwendung von Probefahrtkennzeichen bei anderen als bei Probefahrten ist verboten und strafbar (VwGH vom 7.6.1961, 1953/60, ZVR 1962/47).

Eine Fahrt kann nur dann als Probefahrt im Sinne des §45 KFG angesehen werden, wenn ihr auch tatsächlich der Charakter einer Probefahrt zukommt.

Gelegentlich ergibt sich aber aus der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit, mit einer Probefahrt einen Nebenzweck zu verbinden, ohne daß der Charakter Probefahrt verloren ginge, wenn anläßlich einer Probefahrt etwa eine Tankstelle zum Tanken aufgesucht oder die Probefahrt kurz unterbrochen wird, damit der Fahrzeuglenker etwa ein Poststück in den Briefkasten einwerfen oder er die Toilette aufsuchen kann. Der Charakter einer Probefahrt besteht aber jedenfalls dann nicht, wenn der zeitliche und örtliche Zusammenhang mit der Probefahrt verloren geht. Ist ein solcher Zusammenhang nicht mehr gegeben, wird anzunehmen sein, daß der Hauptzweck Probefahrt mehr oder minder zu Gunsten des Nebenzwecks zurücktritt und daher die Fahrt nicht mehr als Probefahrt angesehen werden kann (VwGH 7.3.1977, 16031/76, ZVR 1977/261).

Auch das Abstellen eines Fahrzeuges mit Probefahrtkennzeichen auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, wenn es nicht zu in §45 Abs1 genannten Zwecken erfolgt, ist nach Abs4 strafbar (VwGH 30.9.1981, 81/03/0085, ÖJZ 1982, 472/389). Dient eine Fahrt zwar zunächst einem der in §45 Abs1 KFG angeführten Zwecke, erfährt in der Folge der funktionelle Zusammenhang des Verhaltens des Lenkers mit einem dieser Zwecke eine Unterbrechung, die nicht durch eine innerhalb angemessener Zeit vorgenommene Befriedigung von sich täglich einstellenden Lebensbedürfnissen bedingt ist, und wird das betreffende Fahrzeug gleich wohl noch auf der Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet, so liegt insoweit keine Probefahrt mehr vor (VwGH 28.10.1983, 83/02/0053).

Schon allein aufgrund der vom Meldungsleger in der Anzeige festgehaltenen und unbestritten gebliebenen Abstelldauer von fast 5 Stunden (!) kann schon rein begrifflich nicht davon gesprochen werden, daß eine Probefahrt - sollte eine solche tatsächlich durchgeführt worden sein - nur kurz zur Befriedigung eines wichtigen Bedürfnisses unterbrochen wurde. Das Gesetz sieht aber nicht vor, das Kraftfahrzeuge mit einem Probekennzeichen versehen auf einer öffentlichen Verkehrsfläche geparkt werden dürfen, um diese Fahrzeuge im Rahmen eines Betriebes anzubieten, fällt doch dieses "Anbieten" von Kraftfahrzeugen keinesfalls unter den in §45 Abs1 KFG definierten Begriff der "Probefahrt".

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Verwendung von ordnungsgemäß ausgestatteten Kraftfahrzeugen im öffentlichen Verkehr. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich nicht geringfügig.

Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Das Fehlen einschlägiger Verwaltungsvormerkungen wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 30.000,-- reichenden Strafsatz, ist die verhängte Geldstrafe, auch bei unterdurchschnittlichem Einkommen und Vermögenslosigkeit und dem Bestehen von gesetzlichen Sorgepflichten, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind und kam daher eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht in Betracht.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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