TE UVS Tirol 1994/09/14 18/123-2/1994

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.1994
beobachten
merken
Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §24 VStG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in Höhe von S 10.000,-- auf S 8.000,--, bei Uneinbringlichkeit 8 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß §64 Abs2 VStG mit S 800,-- festgesetzt.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten vorgeworfen, sie habe am 16.02.1994 um 00.35 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen in Innsbruck, Sebastian-Scheel-Straße Nr 25,in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach §5 Abs1 StVO zur Last gelegt und wurde über sie eineGeldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen. In dieser Berufung wurde darauf hingewiesen, daß es nicht zutreffen würde, daß die Beschuldigte zum Zeitpunkt des Lenkens in einem 0,8 Promille übersteigenden Umfang alkoholisiert gewesen wäre. Diesbezüglich wurde auf ein vom Vertreter der Beschuldigten eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Dr. H U vom 16.03.1994 verwiesen, wonach als wahrscheinlichster fiktiver Alkomattestwert für die Anhaltezeit von einem Meßwert von 0,39 mg/l auszugehen sei. Überdies sei die Beschuldigte nach Vorliegen des Alkomattestergebnisses nicht entsprechend und ausführlich darüber belehrt worden, daß nunmehr lediglich durch eine Blutabnahme dieses Alkomattestergebnis zu widerlegen sei. Dabei wäre auch die Einvernahme der die Amtshandlung durchführenden Polizeibeamten notwendig gewesen.

 

Bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde die Beschuldigte einvernommen. Darüber hinaus wurde der erstinstanzliche Akt samt dem in der Berufung angeführten Gutachten vom 16.03.1994 dargetan.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ist der aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ersichtliche Sachverhalt als erwiesen anzusehen.

 

Aus der Anzeige ergibt sich, daß die Beschuldigte am 16.02.1994 um 00.35 Uhr als Lenkerin des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen in Innsbruck in der Sebastian-Scheel-Straße auf Höhe des Hauses Nr 25 angehalten worden ist. Aufgrund von Alkoholisierungssymptomen wurde die Beschuldigte zur Durchführung eines Alkomattestes im Wachzimmer Pradl aufgefordert. Laut Meßprotokoll ergab dieser Alkomatentest am 16.02.1994 folgendes

Ergebnis:

 

1. MESSUNG

UHRZEIT:        00.56

BLAS VOL        2,6 L

BLAS ZEIT       5 S

GEMESSENE AAK   0,45 mg/l

 

2. MESSUNG

UHRZEIT         00.57

BLAS VOL        2,1 L

BLAS ZEIT       8 S

GEMESSENE AAK   0,49 mg/l

 

Diese Meßergebnisse wurden von der Beschuldigten als solche nicht angezweifelt. Trotzdem vertritt die Beschuldigte unter Hinweis auf ein von ihrem Vertreter in Auftrag gegebenes Privatgutachten des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck vom 16.03.1994 die Auffassung, eine relevante Alkoholbeeinträchtigung zum Tatzeitpunkt sei nicht erweislich.

 

Dieses Gutachten geht davon aus, daß die Beschuldigte vor Fahrtantritt ein ganzes Glas Wein in der Menge von 1/8 Liter in mittlerer Qualität noch schnell ausgetrunken hat.Unter dieser Prämisse kommt der Sachverständige zur Zusammenfassung, daß der gegenständliche Alkoholisierungsgrad der PKW-Lenkerin G H zur gegenständlichen Anhalteteit am 16.02.1994 um 00.35 Uhr einen typischen Grenzfall darstellen würde. Unabhängig davon, ob man nun von einem Trinkenden am 16.02.1994 um 00.15 Uhr oder um 00.30 Uhr ausgehen würde, steht fest, daß zur Deliktzeit die gegenständliche Alkoholresorption noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Der wahrscheinlichste fiktive Alkomattestwert für die Anhaltezeit errechne sich mit 0,39 mg/l bei einer Streubreite zwischen 0,45 mg/l und 0,34 mg/l. Dieser Wert stelle keinen Beweis für eine Mindestblutalkoholkonzentration von 0,8 Promille dar.

 

Nach Auffassung der erkennenden Behörde kann dieses Sachverständigengutachten jedoch aufgrund nachstehender Überlegungen die Beschuldigte nicht von ihrer Verantwortlichkeit nach §5 Abs1 StVO entlasten. Diese gab an, daß sie ein Körpergewicht von 61,5 kg habe. Am 15.02.1994 (Faschingsdienstag) habe sie am Abend auf einer privaten Faschingsparty von Frau R in Innsbruck teilgenommen. An diesem Tag habe sowohl die Beschuldigte als auch Frau R Geburtstag gehabt. Aus der Verantwortung der Beschuldigten ergibt sich, daß sie dort kurz nach 19.00 Uhr eingetroffen sei. Die anderen Gäste hätten Rotwein konsumiert. Da die Beschuldigte keinen Rotwein trinke, hätte sie eine Flasche Weißwein hingestellt bekommen. Dabei hätte es sich um eine 0,7 Liter-Flasche Wein, stammend aus Deutschland, gehandelt. Dieser Wein sei recht süß gewesen und hätte der Beschuldigten eigentlich nicht geschmeckt, da sie herbe Weine bevorzuge. Diese Flasche habe sie im Zuge des Abends fast vollständig ausgetrunken. Lediglich ein Glas Wein sei davon übriggeblieben. Sie habe diesen Wein dabei kontinuierlich verteilt über den ganzen Abend getrunken. etwa gegen 00.10 Uhr habe sie sodann die Wohnung der Frau R verlassen. Da sie noch einige Geschenke in das Auto zu verladen gehabt habe, hätte sich die Abfahrt ein wenig verzögert. In der Folge sei sie sodann in die Sebastian-Scheel-Straße gefahren. Unmittelbar bevor sie die Wohnung der Frau R verlassen habe, habe sie die Hälfte eines Weinglases in einem Zug ausgetrunken. Dabei könne es auch sein, daß sie das halbe Glas unter zwei oder drei Zügen ausgetrunken habe. Es habe sich dabei um ein 1/8-Liter Glas gehandelt.

 

Somit ist aufgrund der Angaben der Beschuldigten zweifelsfrei davon auszugehen, daß das vom Vertreter der Beschuldigten vorgelegte Sachverständigengutachten von unrichtigen Prämissen ausgeht. Im Gutachten wird nämlich davon ausgegangen, daß die Beschuldigte kurz vor Fahrtantritt, entweder um 00.15 Uhr oder um 00.30 Uhr, ein ganzes Glas in der Menge von einem 1/8 Liter Wein ausgetrunken hat. Tatsächlich hat die Beschuldigte jedoch ein halbes 1/8 Liter Glas Wein und noch dazu jedenfalls vor 00.10 Uhr ausgetrunken. Somit kann von einem Grenzfall in keiner Weise mehr gesprochen werden, da es sich eben lediglich um die Hälfte der vom Sachverständigen angenommenen Weinmenge handelt, sodaß die Beschuldigte auch nach den Angaben in diesem Sachverständigengutachten lediglich 0,15 Promille Blutalkoholkonzentration durch dieses halbe Glas Wein anresorbieren hätte können. Noch dazu spricht der Sachverständige davon, daß die Resorptionszeit mit ca. 30 Minuten anzusetzen wäre. Daraus ergibt sich, daß dieses halbe Glas Wein jedenfalls nahezu zur Gänze bereits zum Zeitpunkt der Anhaltung um 00.35 Uhr anresorbiert gewesen sein muß, da die Beschuldigte ja das von ihr erwähnte halbe Glas Wein in jedem Fall noch vor 00.10 Uhr ausgetrunken hat.

 

Davon unabhängig hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, daß eine allfällige Anflutungsphase besonders nachteilige Auswirkungen für einen Lenker hat, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Lenkens ein Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille erreicht worden ist oder nicht. Die besonders nachteiligen Wirkungen der Anflutungsphase sind nach Rechtsprechung des Verwaltugsgerichtshofes mit dem Stand der medizinischen Wissenschaft in Einklang zu bringen.

 

Ergibt eine Alkomatenuntersuchung einen Atemalkoholgehalt von 0,4 mg/l oder mehr, so steht es der betroffenen Person zur Erbringung des Gegenbeweises frei, gemäß §5 Abs4b StVO die Veranlassung einer Blutabnahme zu verlangen. Unterläßt die betroffene Person dies, so begibt sie sich des maßgeblichen Gegenbeweises, ist doch gemäß §5 Abs4a StVO das Ergebnis einer Atemluftuntersuchung nach §5 Abs2a litb StVO ausschließlich durch eine Blutabnahme mit anschließender Bestimmung des Blutalkoholgehaltes widerlegbar.

 

Dazu gab die Beschuldigte an, daß sie nach Vorliegen des Alkomatentestes von den Polizeibeamten darüber informiert wurde, daß nunmehr eine Blutabnahme möglich wäre. Hierauf habe die Beschuldigte zum betreffenden Polizeibeamten gesagt, sie würde alles mache, was notwendig sei. Der Polizeibeamte habe jedoch hierauf gesagt, daß sie eine Blutabnahme nicht machen müsse. Von ihr aus habe die Beschuldigte jedenfalls keine Blutabnahme verlangt. Somit ist schon ausgehend von den Angaben der Beschuldigten erwiesen, daß sich diese des maßgeblichen Gegenbeweises begeben hat. Die von ihr behauptete Auskunft des Beamten, daß sie eine Blutabnahme nicht machen "müsse", ist nach hieramtlicher Auffassung rechtlich irrelevant, da eine solche Verpflichtung der Beschuldigten tatsächlich nicht bestanden hat, und ihr im Gegenteil eine Blutabnahme als Recht zugestanden wäre. Eine solche hat sie jedoch nicht verlangt. Als Besitzerin einer Lenkerberechtigung wäre die Beschuldigte gehalten gewesen, sich über die Bedeutung einer Blutabnahme ausreichend zu informieren, wenn es tatsächlich zutreffend gewesen wäre, daß sie nicht dezidiert darüber belehrt worden ist, daß das Alkomatenergebnis nur durch eine Blutabnahme widerlegt werden kann. Für ein solches Vorgehen der Polizeibeamten ergibt sich jedoch davon unabhängig im erstinstanzlichen Akt keinerlei Hinweis.

 

Aufgrund dieser Ausführungen war die Einvernahme der amtshandelnden Beamten nach ha. Auffassung nicht notwendig.

 

Bei der Strafbemessung ist darauf zu verweisen, daß die Beschuldigte offensichtlich unbescholten ist. Hinsichtlich dem Verschulden kann der Beschuldigten lediglich fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden. Selbst bei Berücksichtigung des hohen von der Beschuldigten angegebenen Einkommens, nämlich einer Pension in der Höhe von S 28.000,--, Eigentümerin eines schuldfreien Einfamilienhauses, keine Sorgepflichten, konnte noch mit der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten