TE UVS Tirol 1994/11/08 18/155-2/1994

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Veröffentlicht am 08.11.1994
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §24 VStG  wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis zur Gänze behoben und werden die Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt 1) und zu Punkt 2) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gemäß §45 Abs1 Z3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

"1) Der Beschuldigte, Herr E D H, geb am, wohnhaft in H, BRD, hat am 05.10.1993 gegen 16.50 Uhr im Bereich der Grenzkontrollstelle Pfunds - Schalklhof (Verwaltungsbezirk Landeck) anläßlich der Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich eine gemäß §9 litc Grenzkontrollgesetz erteilte Weisung eines Grenzkontrollorganes mißachtet und hiedurch eine beträchtliche Störung der Grenzkontrolle mitverschuldet.

 

2) Der Beschuldigte hat sich weiters trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht (Grenzkontrollorgan der Bezirkshauptmannschaft Landeck) während das Grenzkontrollorgan seine gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen hat, aggressiv und äußerst lautstark, das noch dazu mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbunden war, verhalten und dadurch eine ordnungsgemäße Amtshandlung in nicht unerheblichem Ausmaß gröblichst behindert."

 

Dem Beschuldigten wird zu Punkt 1) eine Verwaltungsübertretung nach §15 Abs1 litc Grenzkontrollgesetz und zu Punkt 2) eine Verwaltungsübertretung nach §82 Abs1 Sicherheitspolizeigesetz zur Last gelegt und wurde über ihn jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (jeweils Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Tagen) verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte berufen.

 

Dieser Berufung kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dabei wird der Vorschrift des §44a Z1 VStG dann entsprochen, wenn

 

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im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

 

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der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Dabei genügt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die reine Anführung des Gesetzestextes  im Spruch des Straferkenntnisses nicht. Zum zu Punkt 1) zur Last gelegten Tatvorwurf ist dabei darauf zu verweisen, daß §15 Abs1 litc Grenzkontrollgesetz denjenigen unter Strafe stellt, der vorsätzlich eine gemäß §9 litc Grenzkontrollgesetz erteilte Weisung ungeachtet vorausgegangener Abmahnung mißachtet und hiedurch eine beträchtliche Störung der Grenzkontrolle oder eine Verspätung eines nach Fahrplan verkehrenden Massenverkehrsmittels verschuldet.

 

§9 litc des Grenzkontrollgesetzes sieht vor, daß Grenzkontrollorgane die zur ordnungsgemäßen, zweckmäßigen und raschen Abwicklung der Grenzkontrolle erforderlichen Weisungen, insbesondere betreffend das Bereithalten der Reisedokumente, das Verbleiben in Verkehrsmitteln oder das Verlassen derselben, die Mitfolge in die Grenzkontrollstelle oder in das Dienstabteil eines Massenverkehrsmittels, die Reihenfolge der Grenzkontrolle und dergleichen erteilen können. Welche konkrete Weisung nunmehr tatsächlich vom Beschuldigten nicht befolgt wurde, findet sich weder im Spruch des Straferkenntnisses noch in sonst einer nach der Aktenlage in Frage kommenden Verfolgungshandlung der Erstbehörde, sodaß aufgrund der Tatzeit am 05.10.1993 auch Verfolgungsverjährung eingetreten ist und neben der Behebung des Straferkenntnisses auch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens unter Punkt 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu verfügen war.

 

Ähnlich verhält es sich zu Punkt 2) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses. Dabei lautet der Gesetzestext der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach §82 Abs1 des Sicherheitspolizeigesetzes, daß sich derjenige, der sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentliche Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert, eine Verwaltungsübertretung begeht.

 

Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof zu Artikel 9 Abs1 Z2 EGVG ausgesprochen, daß es für diese Verwaltungsübertretung im Spruch des Straferkenntnisses nicht genügt, daß sich der Beschuldigte "ungestüm benommen" habe (VwGH vom 4.6.1982, 28/43/80). Zudem wurde mit Erkenntnis vom 26.9.1988, 88/10/0084, ausgesprochen, daß dann, wenn die Behörde verabsäumt, im Spruch ihres Bescheides zum Ausdruck zu bringen, worin sie das ungestüme Benehmen des Beschuldigten erblickt, anzuführen, sie jedenfalls dem Konkretisierungsgebot des §44a Z1 VStG nicht entspricht.

 

Im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu Punkt 2) findet sich lediglich, daß sich der Beschuldigte "aggressiv und äußerst lautstark, das noch dazu mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbunden war" verhalten habe. Worin, also in welchem Verhalten, etwa einem Schreien oder Herumfuchteln, das aggressive Verhalten tatsächlich begründet gewesen ist, wird nicht ausgeführt. Diesbezüglich findet sich auch keine geeignete Verfolgungshandlung im erstinstanzlichen Akt, sodaß auch diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist und neben der Behebung des Straferkenntnisses auch die Einstellung des diesbezüglichen Verwaltungsstrafverfahrens erforderlich war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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