TE UVS Niederösterreich 1994/11/11 Senat-PL-93-137

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.11.1994
beobachten
merken
Spruch

Herr M E hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom **. A***** 199*, Zl. 3-****-9*, betreffend Bestrafungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960, fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Dr. G über diese Berufung wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 (AVG), wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

Das Strafverfahren zu Spruchpunkt 1. wird gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52 (VStG),

jenes zu Spruchpunkte 2., 3. und 4. wird gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 leg.cit. eingestellt.

Text

 

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft

S vom **. A***** 199*, Zl. 3-****-9*, wurden über den Berufungswerber

1.

wegen Übertretung der §§ 99 Abs. 3 lit. a i.V.m. 20 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden),

2.

wegen Übertretung der §§ 99 Abs. 2 lit. a i.V.m. 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden),

3.

wegen Übertretung der §§ 99 Abs. 2 lit. a i.V.m. 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) sowie

4.

wegen Übertretung der §§ 99 Abs. 3 lit. b i.V.m. 4 Abs. 5 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden)

verhängt.

 

Im Spruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, daß der Berufungswerber am **.*.199* um **.** Uhr in Neulengbach beim Einbiegen von der Landesstraße **** nach rechts auf den Parkplatz des Lokales S*********** mit dem Pkw Kennzeichen N ***.***

 

1. die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen oder durch

 

   Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßenverhältnissen sowie den Eigenschaften des Fahrzeuges angepaßt hat,

 

2. das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall nicht sofort angehalten hat, obwohl das Verhalten des Berufungswerbers am Unfallsort am Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand,

 

3. bei einem Verkehrsunfall an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt hat, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand,

 

4. nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt hat, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Identitätsnachweis von Name und Anschrift nicht erfolgt war.

 

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wendete der Berufungswerber ein, daß die ihm vorgeworfene Strafhandlung auf Aussagen und Feststellungen der Gegenpartei und eines Amtssachverständigengutachtens beruhe, jedoch der vom Berufungswerber genannte Zeuge trotz zweimaligen Ersuchens nicht einvernommen worden sei. Der Berufungswerber führte aus, daß er sich für die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht schuldig fühle.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu in Entsprechung des § 51 e Abs. 1 VStG am **. S******** 199* eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, in welcher durch Einvernahme des Berufungswerbers, der Zeugen A S, R R, RevInsp. J S und T B Beweis erhoben wurde.

Beweis erhoben wurde überdies anhand der vom Berufungswerber nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung entsprechend dem Auftrag der Berufungsbehörde vorgelegten Kopie des Typenscheines sowie anhand einer Fotografie des zum Tatzeitpunkt vom Berufungswerber verwendeten Fahrzeuges.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens konnte nicht mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen werden, daß der Berufungswerber die ihm in Spruchpunkte 2. bis 4. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen begangen hat.

 

Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Die Umschreibung der Verwaltungsübertretung nach §§ 99 Abs. 3 lit. a i. V.m. 20 Abs. 1 StVO 1960 erfordert eine Konkretisierung dahingehend, welchen konkreten Umständen die Fahrgeschwindigkeit nicht angepaßt wurde. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht - ebenso wie die innerhalb der Frist für die sechsmonatige Verfolgungsverjährung vorgenommenen Verfolgungshandlungen - nicht diesem Konkretisierungsgebot nach § 44 a Z 1 VStG. Zur Feststellung, ob die Fahrgeschwindigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 StVO 1960 angepaßt ist, bedarf es der Feststellung der Straßen-, Verkehrs- bzw. Sichtverhältnisse, bezüglich welcher die zu wählende und die gefahrene Fahrgeschwindigkeit in Relation zu setzen sind.

Da sich derartige Feststellungen im gesamten Verwaltungsstrafverfahren vor der Bezirksverwaltungsbehörde entsprechend dem Akt der Bezirksverwaltungsbehörde nicht ableiten lassen, war der Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Verfahren hiezu gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Wenn auch der Konkretisierungsmangel zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses von der Berufungsbehörde nachträglich ausgebessert werden hätte können, da innerhalb der sechsmonatigen Frist für die Verfolgungsverjährung eine entsprechende Verfolgungshandlung, welche alle wesentlichen Sachverhaltselemente enthalten hat, erfolgt war, hat das Beweisverfahren zu den Spruchpunkten 2., 3. und 4. folgendes ergeben:

 

Der vom Berufungswerber namhaft gemachte und von der Berufungsbehörde erstmals einvernommene Zeuge T B, welcher sich zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt gleichfalls auf dem Parkplatz befand, bestätigte die Angaben des Berufungswerbers, wonach der Vorfall einer Beschädigung nicht wahrgenommen wurde und anläßlich der Zufahrt zum Parkplatz kein besonderer Vorfall, insbesondere nicht jener einer Beschädigung, feststellbar war. Der Zeuge T B gab an, daß er, als er mit dem Berufungswerber am Parkplatz sprach, aus seinem Fahrzeug gestiegen war und daß besondere Geräusche aus dem Umfeld des Parkplatzes, wie z.B. von einem Schneeräumgerät, nicht vorlagen. Der Zeuge gab weiters an, daß er das Radio in seinem Fahrzeug nicht laufen gehabt habe, da sein Fahrzeug über ein solches nicht verfüge.

Der Zeuge B gab an, daß er einen Schleudervorgang des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges nicht beobachtet habe, daß das Verhalten des Berufungswerbers, als er mit demselben sprach, normal wie immer war und daß ihm insgesamt betreffend den Vorgang des Zufahrens zum Parkplatz und an der Wegfahrt kein besonderer Vorfall bewußt geworden sei. Der Zeuge B bestätigte die Angaben des Berufungswerbers, wonach dieser zu dem ihm vorgeworfenen Tatzeitpunkt ohne Beifahrerin unterwegs war.

Der Berufungswerber führte in der mündlichen Verhandlung aus, daß er das von ihm gelenkte Fahrzeug zu dem ihm vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht in eine Parklücke eingeparkt habe und nicht in einen Schleudervorgang verwickelt worden sei. Er gab an, daß er sein Fahrzeug parallel hinter den auf dem Parkplatz vor der S*********** parkenden Fahrzeugen kurz angehalten hatte, um mit seinem Bekannten T B zu sprechen.

 

Den vorgenannten Aussagen des Berufungswerbers und des Zeugen T B stehen die Aussagen des Zeugen R R gegenüber, welcher angab, daß er kurz vor 16.00 Uhr durch einen Blick aus dem ebenerdigen Fenster des R*********-L****hauses festgestellt habe, daß gegenüber dem Parkplatz der S*********** ein Fahrzeug nach rechts (von der B**) kommend abgebogen war, in einen Schleudervorgang geraten war und so ein auf dem Parkplatz vor der S*********** geparktes Fahrzeug beschädigt habe.

Der Zeuge R gab weiters an, daß es sich bei dem Fahrzeug, das in den Beschädigungsvorgang verwickelt war, jedenfalls um ein Fahrzeug einer dunklen Farbgebung gehandelt habe (an die genaue Farbgebung konnte er sich nicht mehr erinnern) und führte weiters aus, daß er mit 99 %iger Sicherheit auch einen Beifahrer in dem von ihm beobachteten Fahrzeug, welches aufgrund des Schleudervorganges den Schaden am anderen, geparkten Fahrzeug verursacht hatte, beobachtet habe.

 

Sowohl die Angabe betreffend den beobachteten Beifahrer als auch die Angabe bezüglich die dunkle Farbgebung des Schädigerfahrzeuges wurden durch die übereinstimmenden Aussagen des Berufungswerbers und des Zeugen T B widerlegt. Überdies wurden vom Berufungswerber weitere Beweismittel (Farbfotokopie und Kopie des Typenscheines) vorgelegt, wonach der von ihm im behaupteten Tatzeitpunkt verwendete Pkw eindeutig eine hellgrüne Farbgebung hatte.

Die Angabe des Zeugen R, wonach er gleich nach Beobachtung des Vorfalles die Kennzeichennummer telefonisch dem Gendarmerieposten N********** weitergegeben habe, ohne sie zu notieren, wurde durch die diesbezügliche Aussage des Zeugen RevInsp. S widerlegt, wonach die Kennzeichennummer des Schädigerfahrzeuges dem Gendarmerieposten N********** nicht telefonisch weitergegeben wurde, dieselbe vielmehr vom Zeugen R dem Zeugen S erst an Ort und Stelle durch Ablesen von einem Notizzettel bekanntgegeben worden war.

 

Da somit aufgrund obiger Darstellungen nicht auszuschließen war, daß der Zeuge R zwar den Vorgang einer Beschädigung am Parkplatz vor der S*********** beobachtet hatte, die Kennzeichennummer jedoch verwechselt bzw. falsch weitergegeben hat, im übrigen die oben genannten Widersprüche betreffend die Farbgebung des Schädigerfahrzeuges, die Beobachtung eines Beifahrers und die Weitergabe der Kennzeichennummer vorhanden waren, hatte die Berufungsbehörde im Zweifel für den Beschuldigten davon auszugehen, daß der Berufungswerber die ihm in Spruchpunkte 2., 3. und 4. des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat.

Es war daher das Strafverfahren zu diesen Spruchpunkten gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten