TE UVS Niederösterreich 1994/11/25 Senat-WU-93-184

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Veröffentlicht am 25.11.1994
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Spruch

Herr Ing. H P in **** W***, Q******straße ***, hat in den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom **.*.199*, Zl. 3-*****-9*, betreffend Bestrafungen nach dem NÖ Tierschutzgesetz und dem NÖ Veranstaltungsgesetz fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Mag. G ber diese Berufung wie folgt entschieden:

 

1.) Der Berufung, soweit sich diese auf Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft W vom **.*.199*, Zl. 3-*****-9*, bezieht, wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991, (AVG) Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2. des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991 (VStG) eingestellt.

 

2. Der Berufung, soweit sich diese auf Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses bezieht, wird insoferne Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, (VStG) abgesehen und dem Richtsmittelwerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

Text

 

Mit Straferkenntnis vom **.*.199*, Zl. 3-*****-9*, erkannte die Bezirkshauptmannschaft W den Rechtsmittelwerber schuldig, eine Übertretung nach dem NÖ Tierschutzgesetz und eine Übertretung den NÖ Veranstaltungsgesetz begangen zu haben.

 

In der Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Rechtsmittelwerber folgendes zur Last gelegt:

 

 

"1.) Sie haben es als Betreiber des Tierparkes W zu verantworten, daß in diesem Tierpark außer Haustieren Tiere (2 Jungpfaue in einem Käfig, Wildenten, Fasan in einem Käfig 2 m x 2 m und mehrere Fasane in Volier mit Hütte, 5 Mufflon, 1 Sikkahirsch, 4 Stk. Damwild, 2 Uhus, 1 Stinktier, 1 Waschbär) gehalten werden, obwohl sie ihrer Art nach ein großes Bewegungsbedürfnis haben (Wildenten, Fasan, Mufflon, Sikkahirsch, Damwild, Waschbär, Uhus), die Haltung nicht im Interesse des Lebens oder der Gesundheit dieser Tiere oder der Einhaltung einer Tierart notwendig ist und die Haltung nicht der zoologischen Wissenschaft dient; dies wurde zuletzt anläßlich einer amtstierärztlichen Überprüfung am 02.07.1992 festgestellt.

 

2.) Sie haben es als Veranstalter des Tierparkes W zu verantworten, daß in diesem Tierpark Raubtiere (Füchse, Wölfe, Mader, Frettchen) zur Schau gestellt werden, obwohl sie dafür keine Bewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 3 NÖ Veranstaltungsgesetzes besessen haben; diese Verwaltungsübertretung wurde ebenfalls anläßlich einer amtstierärztlichen Überprüfung am 2.7.1992 festgestellt."

 

Er habe zu Pkt. 1) eine übertretung nach § 7 Abs. 2 Z 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 NÖ Tierschutzgesetz und zu Pkt. 2) eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 Z 3 i.V.m. § 23 Abs. 1 NÖ Veranstalungsgesetz begangen. Gemäß § 13 Abs. 2 NÖ Tierschutzgesetz wurde zu Punkt 1) eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und zu Punkt 2) eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt.

 

Gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit S 400,-- festgesetzt.

 

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig gegen Schuld und Strafe Berufung erhoben.

 

Bei der am **.**.199* im Gegenstand durchgeführten Berufungsverhandlung hat der Rechtsmittelwerber bezüglich der Tatanlastung zu Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses im wesentlichen ergänzend ausgeführt, daß der Tierpark W zu der Zeit, da er durch den Verein geführt worden sei, keiner Bewilligung bedurft hätte. Es würde bereits eine Bewilligung hinsichtlich der Haltung sämtlicher Tiere nach dem NÖ Veranstaltungsgesetz vorliegen und seien zahlreiche Auflagen im Bescheid vorgeschrieben worden. Er sei guten Glaubens gewesen, daß er als Privatperson den Tierpark so weiterführen könne, wie es der Verein gemacht habe und sei die nicht rechtzeitige Einholung der Bewilligung auf die entsprechende Rechtsunkenntnis zurückzuführen, jedenfalls habe er, wem er darauf aufmerksam gemacht worden sei, sich um die entsprechende Bewilligung sofort bemüht. Das Verfahren habe ca. 2 Jahre gedauert und sei ihm als Tierliebhaber nichts anderes übriggeblieben, als vorerst, auch ohne Bewilligung, den Tierpark zu betreiben.

 

Es wird festgestellt:

 

Zu Rechtzeitigkeit der Berufung:

 

Die Berufung wurde, wie sich der Aktenlage nach ergibt, verspätet erhoben. Das angefochtene Straferkenntnis wurde an Ing. H P in **** M**********, G*********-N*** **, adressiert und ergibt sich aus dem im Strafakt befindlichen Rückschein, daß dieses infolge eines am Rückschein vermerkten Nachsendeauftrages am 30.7.1993 einem Arbeitnehmer des Tierparkes W dort übergeben wurde. Mit dem Umstand der verspäteten Einbringung des Rechtsmittels vertraut gemacht, hat der Rechtmittelwerber angegeben, daß er den Bescheid zufällig am Sonntag, dem 15.8.1993, in seinem Tierpark vorgefunden habe. Im August 1993 sei er noch in M********** wohnhaft gewesen. Es sei gerade das Scheidungsverfahren anhängig gewesen. Er habe niemals einen Nachsendeauftrag nach W********** dem Postamt in M*********** erteilt und habe erst nachträglich erfahren, daß seine Frau, ohne seines Wissens, den Nachsendeauftrag aufgegeben habe. Am 30.7.1993 habe ein polnischer Angestellter, der der deutschen Sprache nicht kundig sei, die Sendung übernommen und habe ihn nicht davon verständigt, daß er ein Schreiben übernommen und dieses im Büro abgelegt habe. Er habe nach dem 30.7.1993 zwar den Tierpark besucht, jedoch nicht das Büro. Er habe am Sonntag, dem 15.8.1993, nach einem Aufenthalt in Polen, die Büroarbeit verrichtet und sei ihm gegenständliche Sendung unter diverser anderer Post aufgefallen.

 

Im Hinblick auf dieses Vorbringen wurden amtliche Erhebungen geführt und kann von der Richtigkeit des Vorbringens des Rechtsmittelwerbers dahingehend ausgegangen werden, daß der Nachsendeauftrag, ohne dessen Wissens, durch seine Gattin erfolgt ist.

 

Es kann sohin von einem Zustellmangel ausgegangen werden, der durch das tatsächliche Zukommen geheilt wurde und ist bezüglich diesem Zeitpunkt von den glaubwürdigen Angaben des Rechtsmittelwerbers auszugehen. Im Hinblick auf das Auffinden der gegenständlichen Sendung am 15.8.1993, wäre die Rechtsmittelfrist per 30.8.1993 abgelaufen und ist somit das Rechtsmittel, welches nach dem Poststempel am 27.8.1993 der Post zur Beförderung übergeben wurde, als rechtzeitig anzusehen.

 

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

§ 44 a Z 1 VStG beinhaltet das sogenannte "Konkretisierungsgebot".

 

Demnach ist es rechtlich geboten die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände sogenau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

"Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat" bedeutet, daß es rechtlich geboten ist, im Spruch eines Straferkenntisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf zu machen, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf wiederlegen zu können und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 13 Abs. 2 NÖ Tierschutzgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 50.000,-- zu bestrafen, wer u.a. gegen die Bestimmungen des § 7 NÖ Tierschutzgesetz Tiere hält oder mit ihnen Umgang hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 NÖ Tierschutzgesetz dürfen außer Haustieren, Tiere nur dann gehalten werden, wenn sie ihrer Art nach kein großes Bewegungsbedüfnis haben, die Haltung im Interesse ihres Lebens und ihrer Gesundheit oder zur Erhaltung einer Tierart notwendig ist, oder wenn die Haltung der zoologischen Wissenschaft dient.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 NÖ Tierschutzgesetz kann die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Tierhalters Ausnahmen vom Verbot des § 7 Abs. 1 mit Bescheid bewilligen, wenn die besonderen Bedürfnisse des Tieres berücksichtigt werden oder die Tierhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Sie kann durch Auflagen und Befristungen sicherstellen, daß die Ziele dieses Gesetzes erreicht werden.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 NÖ Tierschutzgesetz ist eine Bewilligung im Sinne des § 7 Abs. 2 NÖ Tierschutzgesetz nicht erforderlich, wenn für die Tierhaltung eine Bewilligung nach § 5 des NÖ Veranstaltungsgesetzes, LGBl. 7070, oder § 7 des NÖ Jagdtgesetzes 1974, LGBl. 6500 oder eine Ausnahme nach § 1 Abs. 3 des NÖ Jadgtgesetzes vorliegt.

 

§ 13 Abs. 2 NÖ Tierschutzgesetz stellt eine sogenannte "Blankettstrafnorm" dar.

 

Das sind Strafnormen, die selbst keinen oder nur einen unvollständigen Tatbestand enthalten und vielmehr auf andere Vorschriften verweisen, die damit Teil des gesetzlichen Tatbildes werden.

 

Nach § 7 NÖ Tierschtuzgesetz ist Wildtierhaltung nicht schlechthin, selbst wenn diese nach § 7 Abs. 1 NÖ Tierschutzgesetz nicht erlaubt ist, schlechthin verboten, sonderen ist die Haltung auch aufgrund einer Bewilligung nach § 7 NÖ Tierschutzgesetz, die wieder dann nicht erforderlich ist, wenn eine Bewilligung nach § 7 Abs. 3 NÖ Tierschutzgesetz vorliegt, zulässig.

 

Die Verletzung des Verbotes bezüglich der Wildtierhaltung, setzt, abgesehen davon, daß diese im Sinne des § 7 Abs. 1 als erlaubt anzusehen ist, sohin voraus, daß eine Bewilligung im Sinne des § 7 Abs. 2 NÖ Tierschutzgesetz nicht vorliegt, die wiederum dann entbehrlich ist, wenn eine solche gemäß § 7 Abs. 3 NÖ Tierschutzgesetz genannte Bewilligungen gegeben ist. Daß keine derartige Bewilligung vorlag, ist sohin wesentliches Tatbestandsmerkmal.

 

Nach der Aktenlage ist eine Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 nicht erkennbar, in welcher das dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tatverhalten in ausreichend konkreter Weise enthalten ist, weshalb im Gegenstand, im Hinblick auf die von der Behörde angenommene Tatzeit, Verfolgungsverjährung eingetreten ist und eine Bestrafung nicht mehr erfolgen hätte dürfen.

 

Es war daher, ohne näher darauf einzugehen, ob die Tierhaltung nicht als im Sinne des NÖ Tierschutzgesetzes erlaubt" anzusehen ist (§ 7 Abs. 1 leg.cit), zu Spruchteil1) des angefochtenen Bescheides spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 NÖ Veranstaltungsgesetz darf die Schaustellung von Raubtieren nur aufgrund einer Bewilligung durchgeführt werden.

 

Nach § 23 Abs. 1 NÖ Veranstaltungsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß § 23 Abs. 1 NÖ Veranstaltungsgesetz mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu anden ist, wer einem Gebot oder Verbot dieses Gesetzes zuwiderhandelt.

 

Im Hinblick auf das Vorbringen des Rechtsmittelwerbers, dem Umstand, daß mittlerweile eine entsprechende Bewilligung vorliegen dürfte, daß das Verschulden des Rechtsmittelwerbers als geringfügig bezeichnet werden kann und die Folgen, die durch die nicht rechtzeitige Einwirkung der entsprechenden Bewilligung entstanden sind, als unbedeutend bezeichnet werden können, sind nach Auffassung der erkennenden Behörde im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 21 VStG gegeben.

 

Nach § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Richtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Der gleichzeitige Ausspruch der Ermahnung ist notwendig, um den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur eingehenderen Beachtung der Bestimmungen des NÖ Veranstaltungsgesetzes zu veranlassen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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