TE UVS Niederösterreich 1994/11/30 Senat-MD-93-743

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Veröffentlicht am 30.11.1994
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Spruch

Herr S S hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft M vom **.**.199*, Zl. 3-*****-9*, betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Dr. H A. K nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am **.**.199* folgende Berufungsentscheidung verkündet:

 

 

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991, BGBl. Nr. 51/1991, keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991, BGBl. Nr. 52/1991, einen Betrag von S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz zu bezahlen (§ 59 Abs. 2 AVG).

Text

 

Mit Straferkenntnis vom **.**.199*, Zl. 3-*****-9*, erkannte die Bezirkshauptmannschaft M den nunmehrigen Berufungswerber schuldig, am **.**.199* um **.** Uhr, im Ortsgebiet M******, auf der Bundesstraße ** bei km **,*** in Fahrtrichtung W*. N******, als Lenker des Fahrzeuges PKW

* ******, schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren zu sein (mittels Radarmessung gemessene Geschwindigkeit: 66 km/h).

 

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung nach §§ 99 Abs. 3 lit. a, 20 Abs. 2, jeweils StVO verhängte die Erstbehörde gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden) und schrieb gemäß § 64 Abs. 2 VStG einen Kostenbeitrag von S 50,-- vor.

 

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Beschuldigte fristgerecht im wesentlichen mit der Begründung Berufung ein, nicht der Fahrer gewesen zu sein und in seinem letzten an die Erstbehörde gerichteten Schreiben auch potentielle Fahrer zur Überprüfung angegeben zu haben.

 

Mit Schreiben vom **.**.199* teilte die Bezirkshauptmannschaft M mit, vom Recht einer Berufungsvorentscheidung keinen Gebrauch zu machen und um Bestätigung der angefochtenen Entscheidung zu ersuchen.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

1. VERHANDLUNG:

 

Gemäß § 51 e Abs. 1 VStG wurde am **.**.199* eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, welcher der Beschuldigte trotz ausgewiesener Ladung unentschuldigt fernblieb.

 

2. ENTSCHEIDUNGSRELEVANTER SACHVERHALT:

 

Der Beschuldigte S S fuhr am **.**.199* um **.** Uhr, im Ortsgebiet M****** auf der Bundesstraße ** bei km **,*** in Fahrtrichtung W*. N******, als Lenker des PKW

* ******, mit einer mittels Radarmessung gemessenen Fahrgeschwindigkeit von 66 km/h und überschritt damit die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.

 

3. BEWEISWÜRDIGUNG:

 

Der Beschuldigte bestritt im gegenständlichen Verfahren ausschließlich seine Lenkereigenschaft zum Tatzeitpunkt. Mit Ausnahme der zu diesem Sachverhaltselement getroffenen Feststellung gründen sich sämtliche übrigen Feststellungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt auf den - unbestritten gebliebenen - unbedenklichen Inhalt der schriftlichen Anzeige des Gendarmeriepostens M****** vom **.**.199*, GZ P **.***/9*, welcher eine Kopie des Radarfotos beigefügt ist.

 

Auf dem besonders deutlichen und klaren Radarfoto ist ausschließlich das Tatfahrzeug abgebildet und wird neben der genauen Tatzeit die Fahrgeschwindigkeit des abgebildeten Fahrzeuges mit 66 km/h sowie die genaue Bezeichnung des Tatortes ausgewiesen.

 

Anhaltspunkte, die für eine nicht sach- und fachgerechte Aufstellung sowie Bedienung und eine dadurch bedingte Fehlmessung sprechen, haben sich im durchgeführten Verfahren nicht ergeben, und wurde überdies eine Fehlerhaftigkeit der Radarmessung vom Beschuldigten nicht einmal behauptet.

 

Weiters steht aufgrund der vom Kraftfahrt-Bundesamt F******** am **.**.199* erteilten Auskunft, deren inhaltliche Richtigkeit vom Berufungswerber nicht bestritten wurde, fest, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt Halter des Tatfahrzeuges war.

 

Im fristgerecht am **.**.199* eingebrachten Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft M vom **.**.199*, Zl. 3-*****-9*, gab der Beschuldigte an, zum Tatzeitpunkt nicht der Fahrer gewesen sein zu können und bat, ihm "umgehend ausreichendes Beweismaterial (deutliches Frontfoto, Zeugen etc.) zuzusenden, damit der Fahrer ermittelt werden" könne.

 

Mit Schreiben vom **.**.199* gab die Erstbehörde dem Beschuldigten die Gelegenheit, im Rahmen einer Stellungnahme den tatsächlichen Fahrzeuglenker bekanntzugeben, woraufhin der Beschuldigte am **.**.199* per Telefax die Namen von fünf Personen mitteilte, "die zum besagten Zeitpunkt das Fahrzeug gesteuert haben können". Neben jeden dieser Namen setzte der Beschuldigte die Ortsbezeichnung "M******", ohne jedoch die konkrete Adresse auch nur einer dieser Personen anzuführen.

 

Mit Schreiben vom **.**.199* teilte die Bezirkshauptmannschaft M dem Beschuldigten mit, daß die namentliche Nennung von fünf als Fahrzeuglenker in Betracht kommenden Personen nicht der konkreten Bekanntgabe des tatsächlichen Fahrzeuglenkers zum Tatzeitpunkt entspreche, und räumte gleichzeitig dem Beschuldigten neuerlich die Möglichkeit zur Stellungnahme ein.

Die Annahme dieser Briefsendung wurde vom Beschuldigten verweigert.

 

In der Berufungsschrift brachte der Rechtsmittelwerber lediglich vor, nicht der Fahrer gewesen zu sein und in seinem letzten Schreiben auch "potentielle Fahrer zur Überprüfung angegeben" zu haben.

 

Die Verantwortung des Beschuldigten beschränkte sich somit im gesamten gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren ausschließlich auf die bloße, substanzlose Bestreitung der Lenkereigenschaft zum Tatzeitpunkt.

 

Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit den Beschuldigten nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, und für seine Behauptungen entsprechende Beweise anzubieten. Dazu reicht die bloße Bestreitung der Lenkereigenschaft und die namentliche Benennung von fünf Personen, die vom Beschuldigten selbst lediglich als "potentielle" bzw. "mögliche" Lenker bezeichnet werden, in keiner Weise aus, sondern wäre der Beschuldigte im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gehalten gewesen, den tatsächlichen Fahrzeuglenker des von ihm gehaltenen Tatfahrzeuges zum Tatzeitpunkt bekanntzugeben, zumal vom Fahrzeughalter erwartet werden muß, zu wissen, wem er sein Kraftfahrzeug, noch dazu für Fahrten im Ausland, überläßt.

 

Dazu kommt noch, daß der Beschuldigte nicht einmal konkret behauptete, daß sich auch nur eine der von ihm genannten Personen zum Tatzeitpunkt tatsächlich in Österreich aufgehalten habe und in keiner Weise nachvollziehbar erscheint, aufgrund welcher Tatsachen der Beschuldigte zur Auffassung gelangte, nicht der Fahrzeuglenker gewesen sein zu können, zumal er nicht einmal behauptete, sich zum Tatzeitpunkt nicht am Tatort befunden zu haben.

 

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß ein von einer natürlichen Person gehaltenes Fahrzeug in der Regel vom Fahrzeughalter gelenkt wird.

 

Aus dem Umstand, daß der Beschuldigte trotz mehrfacher diesbezüglicher Aufforderung durch die Erstbehörde, nicht bereit war, eine bestimmte Person als tatsächlichen Fahrzeuglenker namhaft zu machen, läßt sich nur der Schluß ziehen, daß keine der genannten Personen zum Tatzeitpunkt Lenker des Tatfahrzeuges war und somit die Beschuldigtenangaben bestätigen hätte können, da es nahezu auszuschließen ist, daß ein Beschuldigter, der in seiner Eigenschaft als Fahrzeughalter naturgemäß wissen muß, wem er das von ihm gehaltene Fahrzeug zum Lenken (noch dazu im Ausland) überließ, sich durch die Nichtbekanntgabe des tatsächlichen Fahrzeuglenkers dieses entlastenden Vorbringens enthält und damit eine verwaltungsbehördliche Verurteilung in Kauf nimmt.

 

Dazu kommt noch, daß der Beschuldigte der Berufungsverhandlung trotz Ladung unentschuldigt fernblieb, wodurch der Eindruck entsteht, daß sich der Rechtsmittelwerber scheut, seine stets nur schriftlich vorgebrachte Verantwortung persönlich vorzutragen und er eine direkte Befragung durch die Berufungsbehörde zu vermeiden trachtet, was nur für den Fall nachvollziehbar erscheint, daß seine Version einer näheren Überprüfung nicht Stand zu halten vermag.

 

Der Beschuldigte, der seine Anwesenheit am Tatort nicht bestritt, hat überdies keine Angaben dazu gemacht, in welcher Eigenschaft er sich, wenn nicht als Fahrzeuglenker, im Tatfahrzeug befand, insbesondere behauptete er nie, nur Beifahrer oder sonstiger Mitfahrer gewesen zu sein.

 

Entsprechend der den Beschuldigten treffenden Mitwirkungspflicht hat er zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, wobei zur Entkräftung der ihm konkret vorgehaltenen Lenkereigenschaft die bloße Erklärung, nicht der Fahrzeuglenker gewesen zu sein, nicht ausreicht, wenn diesem Vorwurf nicht ebenso konkrete Behauptungen entgegengesetzt und entsprechende Beweise angeboten werden. Fehlt es an einem solchen konkreten Vorbringen, liegt kein Verfahrensmangel vor, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt. Auf unbestimmt und allgemein gehaltene Einwendungen des Beschuldigten braucht nicht eingegangen zu werden.

 

Im Lichte dieser Erwägungen wertet die Berufungsbehörde die Verantwortung des Beschuldigten als völlig unglaubwürdige Schutzbehauptung, welche offenbar nicht einmal er selbst bereit ist, entsprechend nachzuweisen und auf persönlichem Wege (mündlich) zu vertreten.

 

Nach Auffassung der Berufungsbehörde läßt sich das Verhalten des Beschuldigten nur damit erklären, daß er durch das Einbringen des Einspruches und der Berufung, welche sich ausschließlich auf eine Schutzbehauptung stützen, lediglich die Rechtskraft der Entscheidung hinauszuzögern versuchte.

Da sich im gesamten gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren keinerlei konkrete, gegen die Lenkereigenschaft des Beschuldigten sprechenden Umstände ergaben, gelangte die Berufungsbehörde zur Überzeugung und folglich zur Feststellung, daß niemand anderer als der Beschuldigte selbst das Tatfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat.

 

4. RECHTLICHE BEURTEILUNG:

 

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet, abgesehen von im gegenständlichen Fall nicht zutreffenden Ausnahmen, nicht schneller als 50 km/h fahren.

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, hat der Beschuldigte diesen Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht. Da der Beschuldigte nicht einmal behauptete, daß ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, gilt gemäß § 5 Abs. 1 VStG der Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht als erfüllt.

 

Der Schuldberufung war daher keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch vollinhaltlich zu bestätigen.

5. STRAFBEMESSUNG:

 

Die Verletzung einer dem Interesse aller Verkehrsteilnehmer dienenden Schutzvorschrift, wie § 20 Abs. 2 StVO eine darstellt, vergrößert die sich aus dem Straßenverkehr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit von Menschen ergebenden Gefahren.

 

Durch die mit 66 km/h erhebliche Überschreitung (32 %) der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ergibt sich eine beträchtliche Vergrößerung der Gefahr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit von Menschen, eine höhere Unfallswahrscheinlichkeit und schwerwiegendere Folgen im Falle eines Unfalles.

 

Bei der Bezirkshauptmannschaft M scheinen laut Auskunft von **.**.199* keine den in D********** wohnhaften Beschuldigten betreffenden Vormerkungen auf.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO ist die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach der oben zitierten Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen, zu bestrafen.

 

Die Berufungsbehörde wertet mildernd die Unbescholtenheit, erschwerend die deutliche Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit, dies in Anbetracht der damit verbundenen, oben dargestellten, erheblichen Gefahrenerhöhung.

 

Unter Anwendung der in § 19 VStG normierten Strafbemessungskriterien, somit im Hinblick darauf, daß der Beschuldigte durch sein Verhalten den Schutzzweck der übertretenen Norm verletzt hat, der Unrechtsgehalt der Tat nicht unwesentlich ist, die Höchststrafe für das zur Last gelegte Delikt S 10.000,-- beträgt, sowie unter Berücksichtigung des Verschuldensausmaßes, des Milderungs- und Erschwerungsgrundes und general- und spezialpräventiver Erfordernisse ist die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe von S 500,-- (ebenso wie die Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden) auch für den Fall ungünstigster allseitiger Verhältnisse (überhaupt kein Einkommen, kein Vermögen, bestehende Sorgepflichten) tat- und schuldangemessen zu erachten.

 

Ein Überschreiten des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung ist nicht zu erkennen, weil über den Beschuldigten - selbst unter der Annahme ungünstigster allseitiger Verhältnisse - angesichts des erheblichen Unrechtsgehaltes der Tat, des Verschuldensausmaßes und des gewichtigen Erschwerungsgrundes eine geradezu milde Strafe in der Höhe von S 500,--, also lediglich 5 % der Höchststrafe, verhängt wurde.

 

Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) lagen nicht vor, weil das Verschulden nicht als geringfügig zu werten war, eine außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG) kam bei der gegenständlichen, keine Mindestgrenze enthaltenden Strafdrohung nicht in Betracht.

 

Der Strafberufung war daher keine Folge zu geben und waren der erstinstanzliche Straf-, folglich auch der Kostenausspruch vollinhaltlich zu bestätigen.

 

6. SONSTIGES:

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

 

Sämtliche in dieser Entscheidung zitierten gesetzlichen Bestimmungen des AVG gelten gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren und waren deshalb anzuwenden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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