TE UVS Niederösterreich 1994/12/15 Senat-BN-92-088

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Spruch

Herr H W S, vertreten durch Dr. J S, Dr. P P W, Rechtsanwälte in **** W***, E******** *, hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom **.*.199*, Zl. 3-*****-9*, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch die * Kammer unter Vorsitz von Dr. H im Beisein der Mitglieder Dr. G und Dr. W über diese Berufung, soweit sie den Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses betrifft, wie folgt entschieden:

 

 

Der Berufung wird, soweit sie Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses betrifft, gemäß § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, teilweise Folge gegeben. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insoweit abgeändert, als

 

a)

die Tatbeschreibung zu Punkt 1. lautet:

"1.

die Ausländerinnen F L, M O und V

M entgegen § 3 AuslBG als Animierdamen und Prostituierte beschäftigt hat, obwohl für die genannten Personen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde,"

 

b) anstelle der zu Punkt 1. verhängten Geldstrafe von

S 30.000,-- drei Geldstrafen in Höhe von je S 5.000,-- (insgesamt S 15.000,--) und

 

   anstelle der zu Punkt 1. verhängten Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen drei Ersatzfreiheitsstrafen von je 2 Tagen

   verhängt werden und

 

c)

der gemäß § 64 Abs. 2 VStG zu zahlende Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz hinsichtlich des Spruchpunktes 1. mit S 1.500,-- bemessen wird.

 

Im übrigen wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, soweit er Spruchpunkt 1. betrifft, vollinhaltlich bestätigt.

Text

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom **.*.199*, Zl. 3-*****-9*, wurde Herr H-W S im Spruchpunkt 1. wegen Übertretung des § 3 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG mit einer Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) bestraft, wobei ihm vorgeworfen wurde, er habe am **. M*** 199* in T***********, W******Straße **, "O**-B**" als nach § 9 VStG Verantwortlicher (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der K Ges.m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft die Ausländerinnen F L, M O und V M entgegen dem § 3 AuslBG als Tänzerinnen beschäftigt hat, obwohl für die genannten Personen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der strafbare Tatbestand sei durch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erwiesen. Einer Aufforderung, sich im Verfahren zu rechtfertigen, sei der Beschuldigte nicht nachgekommen. Das Strafausmaß sei mit Rücksicht auf den gesetzlichen Strafrahmen, den Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat sowie unter Bedachtnahme auf die allseitigen Verhältnisse als angemessen anzusehen.

 

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung führte der Beschuldigte zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses im wesentlichen aus, die Ausländerinnen F L, M O und V M seien in Geschäftsbeziehung mit der "***-**** K*******************agentur" H L Ges.m.b.H. gestanden. Mit dieser Agentur habe die K Ges.m.b.H. Engagementverträge am **.*. bzw. **.*.199* abgeschlossen, welche zum Beweis vorgelegt wurden. Aufgrund der vorgenannten Engagementverträge habe eine Vertragsbeziehung zwischen der "***-**** K*******************agentur" und der K Ges.m.b.H. bestanden und seien die genannten Künstlerinnen vom zuständigen Finanzamt einkommenssteuermäßig veranlagt worden. Die Bezahlung der vereinbarten Gagen sei direkt an die "***-**** K*******************agentur" H L Ges.m.b.H. erfolgt. Der Berufungswerber beantragte, das gegenständliche Straferkenntnis nach Durchführung der beantragten Beweise gemäß § 45 VStG einzustellen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat in Entsprechung des § 51 e Abs. 1 VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, in welcher durch Einvernahme des Beschuldigten sowie der Zeugen O M und M T (vorm.: V) sowie des Herrn A K Beweis erhoben wurde. Der Beweiserhebung dienten auch die vom Berufungswerber vorgelegten Engagementverträge zwischen der H L Ges.m.b.H. und der K Ges.m.b.H. sowie die im Akt befindlichen und in der mündlichen Verhandlung verlesenen Werkverträge, abgeschlossen jeweils zwischen der "***-**** K*******************agentur" H L Ges.m.b.H., und M V, O M und L F. Ermittelt wurde auch, daß O M und M V im Jahr 199* steuerlich veranlagt waren.

 

Der Vertreter des Arbeitsmarktservice NÖ beantragte nach Abschluß des Beweisverfahrens die Bestätigung des bekämpften Straferkenntnisses wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz. Vom Beschuldigtenvertreter wurde abschließend die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 VStG beantragt.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

Am **. M*** 199* waren im Betrieb der K Ges.m.b.H., nämlich in der in T***********, W******Straße **, etablierten "***-***" die spruchgegenständlichen Ausländerinnen als Animierdamen und Prostituierte tätig. Für ihre Tätigkeit erhielten die Ausländerinnen Entgelt, und zwar eine prozentuelle Beteiligung am Getränkeumsatz, Fixbeträge für Separètätigkeit sowie ein monatliches Fixum. Das Entgelt wurde stets von einer der K Ges.m.b.H. zuzurechnenden Person an die Ausländerinnen ausbezahlt.

 

Zu diesem Beweisergebnis gelangte die Berufungsbehörde insbesondere aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Ausländerinnen M T (vorm.: V) und O M, sowie aufgrund der Angaben des Zeugen A K. Aufgrund der Angaben der beiden Ausländerinnen steht fest, daß deren Tätigkeit in der "***-***" darin bestand, Gäste zum Getränkekonsum zu animieren und sich zu prostituieren, wo hingegen die Ausländerinnen Tanzdarbietungen nicht zu vollführen hatten. Nach den Angaben der beiden Ausländerinnen ist es zu deren Beschäftigung in der "***-***" durch Absprache mit A K gekommen, wobei bei dieser auch H L anwesend war, der den Mädchen als Ansprechperson für alle Formalitäten genannt wurde und als Agenturbesitzer vorgestellt wurde. Wenn nun von den Ausländerinnen Werkverträge mit einer L Ges.m.b.H. einerseits und Engagementverträge zwischen der K Ges.m.b.H. und der L Ges.m.b.H. abgeschlossen wurden, so widersprechen diese Vertragsinhalte - wie sich aus den Angaben aller Zeugen ergibt - der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung der Tätigkeiten. Nicht nur, daß den Ausländerinnen nach ihren eigenen Angaben der Inhalt des schriftlichen Vertrages nicht bekannt und auch nicht bewußt war, haben die Ausländerinnen de facto andere Tätigkeiten als die vertraglich vereinbarten erbracht und erhielten sie ihr Entgelt von der K Ges.m.b.H. und nicht, wie schriftlich vereinbart, von der L Ges.m.b.H.. Daß die vertragliche Gestaltung ganz offenkundig nur in der Absicht der Umgehung gesetzlicher Bestimmungen erfolgte, ergibt sich auch daraus, daß beispielsweise die Zeugin T davon ausging, Herrn L gegenüber keinerlei Entgeltansprüche gehabt zu haben. Es mag zutreffen, daß sich H L der K Ges.m.b.H. bzw. A K gegenüber zur Erledigung gewisser Formalitäten verpflichtet hat, doch ändert dieser Umstand nichts daran, daß die Ausländerinnen im Betrieb der K Ges.m.b.H. beschäftigt waren und von dieser entlohnt wurden. Nach den Angaben auch des Zeugen A K erfolgte die Auszahlung des Anteiles an den Umsatzprozenten in regelmäßigen Zeitabs

tänden durch den Neffen von A K oder durch diesen selbst und ging die einmal monatlich ausbezahlte Gage zu Lasten der K Ges.m.b.H.. Aufgrund der Angaben der beiden Ausländerinnen T und M, die über die tatsächliche Beschäftigungssituation Aufschluß gaben und die in allen Punkten, nämlich sowohl im Bezug auf die Art der Tätigkeit, die Auszahlung des Entgeltes durch die K Ges.m.b.H. und die Absprache des Vertragsverhältnisses mit A K übereinstimmen, konnte eine weitere Beweisführung, insbesondere auch die Einvernahme des vom Beschuldigten beantragten Zeugen H L unterbleiben.

 

Dem Beschuldigten als handelsrechtlichem Geschäftsführer der K Ges.m.b.H. ist daher die Beschäftigung der ausländischen Arbeitskräfte ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligung anzulasten.

 

Der festgestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Gemäß § 2 Abs. 2 lit. b leg. cit. gilt als Beschäftigung auch die Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird und ist gemäß § 2 Abs. 3 lit. a einem Arbeitgeber in diesem Fall gleichzuhalten der inländische Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist.

 

Aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 AuslBG folgt, daß der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse umfaßt, und daß unter Arbeitgeber nicht nur der Vertragspartner eines Arbeitsvertrages zu verstehen ist. Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft daher auch einen Vertragspartner, wenn das Vertragsverhältnis so beschaffen ist, daß der Ausländer zwar nicht in der Frage seiner persönlichen, aber in der Frage seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit einem Arbeitnehmer nahezu gleichkommt. Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen, wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der organisatorische Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist im gegenständlichen Fall so beschaffen, daß aufgrund der Beschaffenheit der Tätigkeit von einem Rechtsverhältnis gesprochen werden kann, das als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie bei einem persönlich abhängigen Arbeitnehmer eingegangen anzusehen ist, weshalb diese Tätigkeit als Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis anzusehen ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß zwei der Ausländerinnen nachweislich zur Einkommenssteuer veranlagt waren.

 

Aufgrund des § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG war die K Ges.m.b.H. als Vertragspartner der Ausländerinnen im gegenständlichen Fall anzusehen, und wäre daher der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K Ges.m.b.H. zur Einholung von Beschäftigungsbewilligungen verpflichtet gewesen.

 

Der Beschuldigte selbst räumt ein, daß nicht er selbst, sondern Herr A K die entsprechenden Vereinbarungen getroffen hat. Der Beschuldigte machte demgemäß seine Angaben auch aufgrund der ihm vorliegenden Verträge bzw. aufgrund von Informationen des Herrn A K, wobei er jedoch zur tatsächlichen Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse keine näheren Angaben machen konnte. Der Umstand, daß der Beschuldigte die Abwicklung seiner Geschäfte im wesentlichen Herrn A K überließ, mindert zwar den Grad seines Verschuldens, doch ist dem Beschuldigten zumindest fahrlässiges Verhalten bei Begehung dieser Verwaltungsübertretungen anzulasten, da er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der K Ges.m.b.H. verpflichtet gewesen wäre, Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten zu lassen.

 

Zur Strafhöhe wird erwogen:

 

Aufgrund des Verschuldens, das als leichte Fahrlässigkeit zu qualifizieren ist, und des Umstandes, daß der Beschuldigte bisher noch keine einschlägigen Verwaltungsübertretungen gesetzt hat, erachtete die Berufungsbehörde die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe als ausreichend und geeignet, um ihn in Hinkunft von der Begehung gleicher oder gleichartiger Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes abzuhalten. Milderungs- oder Erschwerungsgründe sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Entsprechend der Herabsetzung der verhängten Geldstrafe war auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bemessen. Die Berufungsbehörde hatte überdies die als Gesamtstrafe verhängte Geldstrafe sowie die Ersatzfreiheitsstrafe aufzuteilen, da das Ausländerbeschäftigungsgesetz seit der Fassung der Novelle BGBl. 1988/231 für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine eigene Strafdrohung aufstellt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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