TE UVS Wien 1995/01/16 04/23/858/93

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Veröffentlicht am 16.01.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch den Vorsitzenden Dr Frey, die Berichterin Mag Schöbinger und den Beisitzer Dr Maukner über die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn Sami K gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, vom 18.10.1993, MBA 20 - S 5698/93, wegen Übertretung des §366 Abs1 Z1 der Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, idgF, entschieden:

Gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis - mit Ausnahme der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen - mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beginn des Spruches "Sie haben als Obmann und somit als gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener des Vereines O zu verantworten, ... " und die Strafnorm "§366 Abs1 Einleitungssatz iZm Z1 leg cit in der derzeit geltenden Fassung" zu lauten haben.

Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen wird gemäß §16 Abs2 VStG auf 2 Wochen herabgesetzt.

Gemäß §65 VStG werden demnach dem Berufungswerber keine Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Begründung:

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (im folgenden: BW) zur Last gelegt, er hätte es als namhaft gemachter Obmann des Vereines O zu verantworten, daß dieser Verein in Wien, P-straße in der Zeit von 2. September 1993 bis 30. September 1993 ein Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos dadurch ausgeübt hätte, indem in den dort befindlichen Gasträumen diverse Getränke, wie zum Beispiel Tee, Flaschenbier, Cola usw ausgeschenkt worden seien, ohne daß dieser Verein O im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung gewesen wäre.

Er hätte dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§366 Abs1 Z1 der Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974 idgF Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 20.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen "gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz in der derzeit geltenden Fassung".

Ferner habe er gemäß §64 VStG S 2.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe, zu zahlen. In seiner fristgerecht eingebrachten Berufung brachte der BW im wesentlichen folgendes vor:

"Mit Schreiben vom 27.9.1993 teilen Sie mir mit, daß ich gegen folgende Rechtsvorschriften verstoße:

§74 GewO 1973 der in geltenden Fassung in Verbindung mit §366 AbsZif1 (3 GewO 1973 §1973) §16 Abs2 VStG.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen hiemit mitteilen, daß der Gegenstand der Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder nicht gegeben ist.

Da seitens des Vereines O allein an Miete und Stromaufwand im Monat ca S 13.000.- ausgegeben werden.

Es entspricht den Tatsachen, daß das Lokal einen Anschein eines Gastgewerbebetriebes hat. Trotzdem wird kein Gastgewerbe ausgeübt, da nicht auf die Erzielung eines wirtschaftlichen Erfolges gearbeitet. Wir haben diesen Verein nur gegründet um unseren Landsleuten die Möglichkeit zu geben, Freunde zu treffen und dies nicht unbedingt auf der Straße erfolgen zu lassen.

Da es aus mentalitätsbedingten Unterschieden leider, zu Beanstandungen seitens der Bevölkerung gekommen ist, tut uns sehr leid und hoffen auf Ihr Verständnis."

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Rahmen der am 16.12.1994 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung hat Herr Manfred K, Leiter der Marktamtsabteilung für den 20. Bezirk, als Zeuge vernommen, folgendes angegeben:

"Über Vorhalt der Anzeige vom 27.9.1993 gebe ich an, daß ich am 2.9. und 3.9.1993 zu den in der Anzeige genannten Uhrzeiten jeweils eine Erhebung im Gastgewerbebetrieb des Vereines in Wien, P-straße durchgeführt habe. Es handelte sich beim gegenständlichen Betrieb um einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Espressos, da der Verabreichungsumfang einem Espresso entsprach. Ich erinnere mich an die damaligen örtlichen Gegebenheiten noch genau und verweise hiezu auf die diesbezüglichen Anzeigeangaben. Bei beiden Erhebungen sagte der anwesende Herr K zu mir, daß Tee, Cola, Fanta, Apfelsaft, und Flaschenbier verabreicht werden. Die Konsumation dieser Getränke durch die im Lokal Anwesenden wurde von mir auch beobachtet. Die im Lokal anwesenden Personen waren meiner Wahrnehmung nach ausschließlich Türken. Herr K sprach gebrochen Deutsch, verstand meine Fragen jedoch mit Sicherheit. Die Verabreichung von Speisen nahm ich nicht wahr. Direkt bei der Eingangstüre auf der Straßenseite befand sich lediglich eine türkische Aufschrift. Herr K gab mir gegenüber an, daß der Betrieb täglich von 11.00 bis 22.00 Uhr geöffnet sei. Der gegenständliche unbefugte Gastgewerbebetrieb wurde - wie auch aus dem Akt hervorgeht - am 30.9.1993 in meiner Anwesenheit gemäß §360 Abs1b GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 wegen offenkundiger unbefugter Gewerbeausübung geschlossen. Zum Zeitpunkt der ersten Kontrolle vom 2.9.1993 waren ca 20 Mitglieder anwesend. Ich führte stichprobenweise Kontrollen durch dahingehend, ob diese Mitglieder auch Mitgliedsausweise hatten. Einige - ca 5 oder 6 - wiesen einen Mitgliedsausweis des gegenständlichen Clubs vor. Herr K gab an, daß der Verein 142 Mitglieder habe, und diese zahlten einen monatlichen Beitrag von 150,-- Schilling, welcher sie berechtige, einen Tee und ein weiteres Getränk nach Wahl zu konsumieren.

Am Tag der zweiten Erhebung, dem 3.9.1993, fand im gegenständlichen Betrieb, und zwar nur im vorderen gassenseitigen Raum ein Fest statt, an welchem ca 60 Personen teilnahmen. Mir ist aus vielfachen Erhebungen in derartigen "Moslemsclubs" bekannt, daß nur erwachsene Männer Mitglieder sein dürfen. Da am 3.9.1993 unter den Gästen auch Frauen und Jugendliche waren, zog ich daraus den Schluß, daß es sich zumindest bei diesen Personen nicht um Vereinsmitglieder, sondern um Gäste gehandelt hat. Herr K gab mir gegenüber an, daß es sich um eine Geburtstagsfeier gehandelt habe. Am 3.9.1993 war in jenem Raum, in welchem die Theke aufgestellt war und welcher sich im hinteren Teil des Lokals befand, normaler Clubbetrieb. Das heißt, dort habe ich nur erwachsene Männer wahrgenommen.

Die übrigen anwesenden Personen habe ich nicht befragt, da diese ausschließlich Türkisch sprachen.

Ich kann mit Sicherheit angeben, daß jedenfalls im September 1994 der gegenständliche unbefugte Gastgewerbebetrieb geschlossen war. Nach dem 30.9.1993 wurden weder bei der Bezirksvorstehung für den

20. Bezirk noch beim MBA 20 noch bei der MAA 20 Anrainerbeschwerden registriert."

Bemerkt wird, daß für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien schon im Hinblick auf das Vorbringen des BW keine Veranlassung bestand, an der vorzitierten Zeugenaussage zu zweifeln.

Der objektive Tatbestand ist aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzunehmen. Verschulden im Sinne des §5 Abs1 VStG ist ebenfalls anzunehmen.

Der objektive Unrechtsgehalt ist im Hinblick auf den großen Betriebsumfang beträchtlich. Verschulden in der Form zumindest des bedingten Vorsatzes ist im Hinblick auf die wegen genau des selben strafbaren Tatbestandes für den Tatzeitraum vom 7.4.1993 bis 3.6.1993 rechtskräftig verhängte Strafe von S 15.000,-- (vgl das Verwaltungsstrafverfahren des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 20. Bezirk, zur GZ MBA 20-S/3352/93) anzunehmen. Als erschwerend war der lange Tatzeitraum sowie das Vorliegen von insgesamt vier rechtskräftigen Vorstrafen wegen Übertretung der Gewerbeordnung zu werten; mildernde Umstände kamen auch im Berufungsverfahren nicht hervor. Der BW gab im erstinstanzlichen Verfahren an, ein monatliches Nettoeinkommen von ca S 7.000,-- zu haben und für seine Familie in der Türkei sorgepflichtig zu sein. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse waren demnach als ungünstig zu werten. Bereits die Erstinstanz hat die Angaben des BW diesbezüglich bei der Strafbemessug berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe war daher zu bestätigen, zumal auch die zuletzt wegen unbefugter Gewerbeausübung über den BW verhängte Geldstrafe von S 15.000,-- nicht geeignet war, diesen von der Begehung einer weiteren einschlägigen Straftat wirksam abzuhalten. Die Abänderungen im Spruch waren deshalb vorzunehmen, um die Funktion des BW als Obmann und somit zur Vertretung nach außen Berufenen des im Spruch genannten Vereines darzulegen und die Strafnorm richtig zu zitieren.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war deshalb herabzusetzen, da gemäß §16 Abs2 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen nicht übersteigen darf, weil für die gegenständliche Verwaltungsübertretung keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist. Gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz GewO 1973 in der geltenden Fassung ist lediglich die Verhängung einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- vorgesehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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