TE UVS Niederösterreich 1995/01/17 Senat-TU-93-041

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Veröffentlicht am 17.01.1995
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG)  F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 4. November 1993, 3-****-93, wurde über den Beschuldigten N****** K*** H***** wegen zweier Übertretungen nach "§366 Abs1 Z3, §74 Abs1 und 2" Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 GewO 1973 zwei Geldstrafen zu je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 36 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in Höhe von S 200,-- auferlegt.

 

In diesem Strafbescheid werden dem Beschuldigten die Verwaltungsübertretungen wie folgt angelastet:

 

"Sie habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma R*******, *** GesmbH & Co KG xx, B********** Nr 3 zu verantworten, daß die genehmigungspflichtige Betriebsanlage (Sammelstelle zum Zwecke der Tierkörperbeseitigung) in H*******dorf Nr 32

1.) am 15.1.1993, 14,05 Uhr und am 3.2.1993, 17,45 Uhr durch die Zulieferung von Schlachtabfällen in einem Firmen-LKW und Deponierung in einem Container und

2.) am 3.2.1993, 17,45 Uhr durch die Abstellung eines LKWs mit Schlachtabfällen ohne die hiefür erforderliche gewerberechtliche Genehmigung betrieben wurde.

Die Genehmigung der Betriebsanlage war erforderlich, weil die Betriebsanlage wegen ihrer Betriebsweise (Anlieferung, Deponierung von tierischen Abfällen bis zur Abholung und Abholung mit LKWs) geeignet war, die Nachbarn durch Geruch, Lärm oder in anderer Weise zu belästigen."

 

Mit der Berufung vom 19. November 1993 wird das angefochtene Straferkenntnis aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft und beantragt, "daß gegen den Beschuldigten keine Strafe verhängt werde".

 

Ohne auf das Vorbringen in der Berufung im einzelnen einzugehen, wird in rechtlicher Hinsicht zum Spruch des Straferkenntnisses und zum Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes folgendes angemerkt:

 

Gemäß §366 Abs1 Z3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß §74 Abs1 GewO 1973 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß §31 Abs1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

 

Gemäß §31 Abs2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Als Tatzeit ist im angefochtenen Straferkenntnis einerseits der 15.1.1993, 14,05 Uhr, und andererseits der 3.2.1992, 17,45 Uhr, angeführt. Das angefochtene Straferkenntnis vom 4. November 1993 wurde sohin nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist erlassen. Als einzige innerhalb der Verjährungsfrist nach §31 Abs1 VStG vorgenommene Verfolgungshandlung ist daher die Strafverfügung vom 13. Mai 1993 anzusehen.

 

In dieser Strafverfügung wird dem Berufungswerber die Tat wie folgt angelastet:

 

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa R*******, *** GesmbH & Co KG xx, B********** Nr 3 zu verantworten, daß die genehmigungspflichtige Betriebsanlage (Sammelstelle zum Zwecke der Tierkörperbeseitigung) in H*******dorf Nr ** am 15.1.1993, 14,05 Uhr und am 3.2.1993, 17,45 Uhr durch das Abstellen von je einem LKW mit Schlachtabfällen ohne die erforderliche Genehmigung betrieben wurde. Die Genehmigung war erforderlich, weil die Betriebsanlage wegen ihrer Betriebsweise geeignet war, die Nachbarn durch Geruch, Lärm oder in anderer Weise zu belästigen."

 

Gegenstand einer Tatanlastung im vorliegenden Strafverfahren kann sohin nicht die im Straferkenntnis angeführte "Zulieferung von Schlachtabfällen in einem Firmen-LKW und Deponierung in einem Container" sein, sondern das in der Strafverfügung bereits angeführte "Abstellen von einem LKW mit Schlachtabfällen am 15.1.1993 und am 3.2.1993.

 

Das Abstellen eines für den öffentlichen Verkehr zugelassenen Lastkraftwagens, auch wenn er mit Schlachtabfällen beladen ist, stellt jedoch nicht den Betrieb einer "Sammelstelle zum Zwecke der Tierkörperbeseitigung" dar. Hinzu kommt, daß im vorliegenden Fall von einem Abstellen eines einzelnen LKWs (einmal am 15.1.1993 und ein weiteres Mal am 3.2.1993) auszugehen ist, sodaß nicht einmal vom Betrieb eines Abstellplatzes gesprochen werden könnte. Zutreffend wird daher auch in der Berufung auf diesen Umstand hingewiesen und angemerkt, daß derartige mit Konfiskaten beladene Lastkraftwagen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen abgestellt werden müssen bzw dürfen.

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das heißt, daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der Spruch muß demnach geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Im gegenständlichen Fall fehlen im Spruch durch eine Verfolgungshandlung innerhalb des §31 Abs2 VStG gedeckte Anführungen, durch welche konkreten Handlungen bzw Verhaltensweisen die gegenständliche Sammelstelle zum Zwecke der Tierkörperbeseitigung betrieben worden sei. Außerdem geht aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht hervor, in Ausübung welchen Gewerbes die angelasteten Verhaltensweisen gesetzt worden sind (es ist fraglich, ob die inkriminierten Handlungen in Ausübung des Abdeckergewerbes vorgenommen wurden).

 

Da sohin eine den Anforderungen des §44a Z1 VStG entsprechende Tatanlastung innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach §31 VStG nicht vorgenommen worden ist und es der Berufungsbehörde verwehrt ist, im Rahmen der ihr nach §66 Abs4 AVG zustehenden Befugnisse Tatbestandselemente im Spruch eines Strafbescheides zu ergänzen, wenn sie nicht eine entsprechende Deckung in einer Verfolgungshandlung finden, ist daher im Gegenstande Verfolgungsverjährung eingetreten und war aus diesem Grunde der Berufung Folge zu geben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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