TE UVS Niederösterreich 1995/02/20 Senat-PL-94-154

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Veröffentlicht am 20.02.1995
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Text

Entsprechend dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt 3-***-93 der Bezirkshauptmannschaft xx und hier zunächst der Anzeige der Bundespolizeidirektion xx, Verkehrsunfallkommando vom 18. Jänner 1993 ist zu entnehmen, daß Herr Dkfm H**** D***** W**** als Lenker des PKW * *****1 am 23. Dezember 1992 gegen 22.30 Uhr in xx auf der W******** Straße 16 in einen Verkehrsunfall involviert war.

 

Die einschreitenden Polizeibeamten konnten an ihm an Alkoholisierungsmerkmalen einen leichten Geruch der Atemluft nach Alkohol sowie eine leichte Rötung der Augenbindehäute wahrnehmen. Auch hat der Beschuldigte den Beamten gegenüber angegeben, vor der Fahrt am 23. Dezember 1992 in der Zeit 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr drei Sektorange und 1/3 l Bier getrunken zu haben.

 

Aus diesem Grund, da der Beschuldigte somit in Verdacht stand, das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, wurde an ihm am 23. Dezember 1992 um 23.22 Uhr bzw 23.24 Uhr eine Alkomatmessung durchgeführt, wobei ein einheitlicher Meßwert von 0,45 mg/l festgestellt wurde.

 

Am 25. Februar 1993 hat sich der Beschuldigte vor der Bezirkshauptmannschaft xx geständig verantwortet und wurde die gesetzlich vorgeschriebene Mindeststrafe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) gemäß §5 Abs1 iVm §99 Abs1 lita StVO 1960 wegen Lenkens des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ausgesprochen.

 

Mit einem Schreiben vom 5. April 1994 hat der Beschuldigte, jedoch anwaltlich vertreten einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt. In der Hauptverhandlung am 31. März 1994 vor dem Bezirksgericht xx sei ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt worden, aus welchem hervorgehe, daß der Beschuldigte zum Unfallszeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat diesen Antrag auf Wiederaufnahme mit dem Bescheid vom 16. Mai 1994, 3-***-93, abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß das ärztliche Gutachten, das nach Rechtskraft des Straferkenntnisses im gerichtlichen Verfahren erstattet worden sei, keinen Wiederaufnahmegrund darstelle (VwGH 29.10.1970, Zl 1256/69). Ausdrücklich werde dabei festgestellt, daß es sich bei den Anführungen im Gutachten des medizinischen Sachverständigen für gerichtliche Medizin vom 5. Jänner 1994 nur um neue Schlußfolgerungen und nicht um neu hervorgekommene Tatsache handle, ein Wiederaufnahmegrund somit nicht gegeben sei.

 

Gegen diese Entscheidung hat der Beschuldigte Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land NÖ erhoben. Der Rechtsmeinung der Bezirkshauptmannschaft, daß ein Sachverständigengutachten keinen Wiederaufnahmegrund darstelle, wurde mit der Begründung entgegen getreten, daß sich ein medizinisches Gutachten in Befundaufnahme und Sachverständigenschlußfolgerung, dem Gutachten in engerem Sinne gliedert:

 

Im gegenständlichen Fall seien Tatsachen, die zwar bereits früher bestanden hätten, erst später jedoch festgestellt worden seien, vorgelegen bzw dem Sachverständigen zur Kenntnis gelangt. Und zwar habe der Beschuldigte in der Hauptverhandlung vom 13. August 1993 in Ergänzung zu seinem bisherigen Vorbringen hinsichtlich des Alkoholkonsums vor der Fahrt angegeben, daß er zusätzlich zwischen 15,00 und 17,00 Uhr 2/4 l Wein pur getrunken habe. Bei diesen Angaben des Beschuldigten hinsichtlich des zusätzlichen Alkoholkonsumes handle es sich um neue Tatsachen, die bereits zum Zeitpunkt des Unfalles bestanden hätten, aber nicht im Behördenprotokoll aufscheinen.

 

Gestützt auf diese neuen Angaben hätte der Amtssachverständige im Gerichtsverfahren auf die sehr konkrete Möglichkeit hingewiesen, daß zum Unfallszeitpunkt noch nicht der ganze bei der späteren Untersuchung erfaßte Alkohol schon im Blut vorhanden gewesen sei.

 

Diesem Vorbringen ist seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Land NÖ als Berufungsbehörde in rechtlicher Hinsicht entgegenzuhalten:

 

Wie auch die Bezirkshauptmannschaft xx im angefochtenen Bescheid vertritt die Berufungsbehörde die Rechtsmeinung, daß das vom Beschuldigte nunmehr relevierte Sachverständigengutachten keinen Wiederaufnahmegrund darstellt. Im einzelnen ist auszuführen:

 

Gemäß §69 Abs1 litb AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Beschein nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten:

 

Wenn der Beschuldigte im Gegenstand nach Abschluß des Verfahrens bei der Bezirkshauptmannschaft im parallel laufenden Gerichtsverfahren die Behauptung aufstellt, er habe zu seinen bisherigen Angaben betreffend Alkoholkonsum am Unfalltag vor der Fahrt in der Zeit von 15,00 bis 17,00 Uhr noch 2/4 l Wein pur konsumiert, so stellt dies keine neue Tatsache dar, die ohne Verschulden des Beschuldigten bisher nicht geltend gemacht hätte werden können. Wenn der Beschuldigte bei seiner Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft bzw schon zuvor den einschreitenden Polizeibeamten gegenüber diese Angaben gemacht bzw die Wahrheit gesagt hätte, wäre eine Berücksichtigung im Verfahren der Bezirkshauptmannschaft ohne weiteres möglich gewesen. Der Beschuldigte hat den nunmehr geltend gemachten Alkoholkonsum im Verfahren der Behörde I. Instanz jedoch verschwiegen.

 

Abgesehen davon handelt es sich bei der Angabe des Beschuldigten, daß er am 23. Dezember 1992 in der Zeit 15,00 bis 17,00 Uhr noch 2/4 l Wein pur getrunken habe, um eine bloße Behauptung desselben, welche durch nichts bewiesen ist, sodaß schon in dieser Hinsicht vom Vorliegen einer Tatsache nicht gesprochen werden kann.

 

Wenn aufgrund dieser nunmehr vorliegenden zusätzlichen Angabe des Beschuldigten der medizinische Sachverständige in seinem ärztlichen Gutachten die Meinung vertritt, der Blutalkoholgehalt habe zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges unter Umständen einen relevanten Wert noch nicht erreicht, so ist dem in Übereinstimmung mit der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft entgegenzuhalten:

 

Das Sachverständigengutachten stellt für sich gesehen keinen Wiederaufnahmegrund dar, zumal es sich nicht an einer Tatsache, sondern, der bloßen Behauptung des Beschuldigten auf zusätzlichen Alkoholkonsum orientiert.

 

Auch spricht das Sachverständigengutachten in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Beschuldigten ja keineswegs aus, daß sich dieser zweifelsfrei in keinem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Im Gutachten ist bloß die Möglichkeit angeführt, daß zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges (zu Unfallszeitpunkt) noch nicht der ganze bei der späteren Alkomatmessung erfaßte Alkohol schon im Blut vorhanden war.

 

Dazu ist seitens der Berufungsbehörde zunächst festzuhalten, daß das Nichterreichen eines entsprechenden Blutalkoholgehaltes in der Anflutungsphase keineswegs signifikant ist. Die Ansicht, daß die Anstiegsphasen sich besonders nachteilig auf die Fahrtüchtigkeit auswirken, steht mit dem Stand der medizinischen Wissenschaft in Einklang (VwGH 27.10.1982, 81/03/0012).

 

Schließlich ist mit dem Wortlaut des Gesetzes auszuführen:

 

Gemäß §5 Abs1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 %o) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkokohl beeinträchtigt.

 

Dabei stellt die Verwendung eines Alkomatmeßgerätes gemäß §5 Abs2a litb wie im Gegenstand verwendet einen Beweis der Alkoholbeeinträchtigung dar, welcher nur durch eine Blutuntersuchung widerlegt werden kann (§5 Abs4a StVO 1960). Es gilt also seitens des Gesetzes, die gesetzliche Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung bei Vorliegen wie im Gegenstand eines Alkomatmeßwertes von mehr als 0,4 mg/l (hier: 0,45 mg/l), welche Gesetzesvermutung nur durch eine durchgeführte Blutalkoholbestimmung widerlegt werden könnte.

 

Im Gegenstand ist jedoch entsprechend der Aktenlage eine Blutalkoholuntersuchung nicht erfolgt. Das Sachverständigengutachten Senatsrat Dr P**** im Strafverfahren vor dem BG xx 4U**/93 weist nur auf die potentielle Möglichkeit der Fehlerhaftigkeit einer Alkomatmessung hin, ohne jedoch konkrete Blutalkoholmeßwerte zu verwerten.

 

Abgesehen von den übrigen Voraussetzungen ist nun eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §69 Abs1 litb AVG nur zulässig, wenn die neuen vorgebrachten Tatsachen alleine oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten:

 

Da die gesetzliche Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung aufgrund der ausgewiesenen Alkomatmeßwerte von 0,45 mg/l zufolge des Fehlens einer Blutuntersuchung auch durch das vom Beschuldigten relevierte Sachverständigengutachten vor dem GP xx 4U**/93 nicht widerlegbar ist, liegt auch aus diesem Grunde keine Tatsache vor, welche die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würde.

 

Es ist daher spruchgemäß die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft zu bestätigen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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