TE UVS Wien 1995/04/07 07/03/77/95

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Veröffentlicht am 07.04.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Wilfert über die Berufung des Herrn Rudolf S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk, vom 4.1.1995, MBA 13/14 - S/13/1634/93, entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und das Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde behoben.

Gemäß §65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"Sie haben als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W 92, ein Transporter der Firma V-GesellschaftmbH, etabl in Wien, A-straße, am 30.7.1992 in L, A-straße, neben Einfahrt Haus Nr 9, Baustelle, somit einer auswärtigen Arbeitsstelle, über die Identität von den drei im Fahrzeug befindlichen Personen trotz Aufforderung und unter Hinweis auf die Rechtsfolgen den einschreitenden Organen der Behörde keine Auskunft gegeben, obwohl Grund zu der Annahme bestand, daß es sich bei den in Frage kommenden Personen offensichtlich um ausländische Arbeitskräfte handelte, die beschäftigt worden waren.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§26 Abs4 iVm §28 Abs1 Z2 litf des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl Nr 218/1975, in der geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen gemäß §28 Abs1 Z2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes

Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher

S 3.300,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 25.1.1995 in welcher der Berufungswerber im wesentlichen geltend macht, er sei nicht als Bevollmächtigter im Sinne des §26 Abs4 AuslBG anzusehen.

2. Die Berufung ist begründet.

a) Gemäß §51 Abs1 VStG steht dem Beschuldigten das Recht zur Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde.

Wie der Verfassungsgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 16.10.1991, G 187/91, G 269/91, klargestellt hat, ist bei der Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zunächst davon auszugehen, daß ein Bescheid nicht nur aus dem Spruch sondern unter Umständen auch im Zusammenhalt mit seiner Begründung auszulegen ist. Nennt auch die Bescheidbegründung den Tatort nicht ausdrücklich, muß der Tatumschreibung in örtlicher Beziehung der konkretisierte Tatvorwurf, wie er sich aus den Akten in Verbindung mit der Bescheidbegründung in der Regel notwendig ergibt, zu Grunde gelegt werden.

Wenn sich auch die erstinstanzliche Behörde im Berufungsfall mit der Frage des Tatortes nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat, ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt doch erkennbar, daß die Bezirkshauptmannschaft Baden die Sache mit Verfügung vom 12.8.1992 gemäß §27 VStG - mit dem Hinweis "zum Firmensitz" - an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13. und 14. Bezirk abgetreten hat und dieser sodann zunächst am 18.3.1993 eine Strafverfügung und in der Folge das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis erlassen hat.

Daraus erhellt, daß der Magistrat der Stadt Wien, ebenso wie die Bezirkshauptmannschaft Baden, davon ausgegangen ist, daß der Tatort am Sitz des Unternehmens in Wien, A-straße, gelegen ist, und daß somit die erstinstanzliche Behörde mit der Wiedergabe des Firmensitzes im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses den Tatort bezeichnet hat.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ist daher zur Entscheidung über die Berufung gegen dieses Straferkenntnis zuständig.

b) Gemäß §27 Abs1 VStG ist örtlich zuständig jene Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen hat, ist als Tatort jener Ort anzunehmen, wo der Beschuldigte hätte handeln sollen. Wenn eine solche Unterlassung im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgt, so fällt dieser Ort im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammen (vgl zB VwGH vom 19.11.1990, 90/19/0413 und die dort genannte Vorjudikatur). Auch im Falle von Übertretungen gegen §28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingegangen bzw wäre von dort aus die allenfalls erforderliche Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen (vgl VwGH vom 15.9.1994, 94/09/0140).

Dazu ist festzustellen, daß auch im Falle von Übertretungen gegen §28 AuslBG der Sitz des Unternehmens nur im Zweifel als Tatort anzusehen ist und nur in jenen Fällen, in welchen davon auszugehen ist, daß der Beschuldigte an diesem Ort hätte handeln sollen. Dies trifft im Berufungsfall jedoch nicht zu. Dem Berufungswerber wird vorgeworfen, auf einer Baustelle in L, A-straße, und somit einer auswärtigen Arbeitsstelle des im Spruch genannten Unternehmens, den auf dieser Baustelle einschreitenden Organen über die Identität von Personen keine Auskunft gegeben zu haben, obwohl Grund zu der Annahme bestand, daß es sich bei den in Frage kommenden Personen offensichtlich um ausländische Arbeitskräfte gehandelt habe.

Der Ort, an welchem der Berufungswerber somit hätte handeln sollen, indem er die von den auf der Baustelle einschreitenden Organen geforderte Auskunft erteilt hätte, ist somit zweifelsfrei die Baustelle in L, weshalb kein Raum dafür bleibt, im Zweifel den Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers als Tatort anzunehmen. Da die erstinstanzliche Behörde als Tatortbehörde im Sinne des §27 Abs1 VStG eingeschritten ist, war sie zur Erlassung des verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses unzuständig und war das Straferkenntnis aus diesem Grund, ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen, zu beheben.

3. Gemäß §51e Abs1 VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Schlagworte
Auskunftspflicht, Identität von Personen, Verletzung, örtliche Zuständigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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