TE UVS Tirol 1995/05/10 16/90-2/1995

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Veröffentlicht am 10.05.1995
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §§24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG beträgt die Beitragspflicht des Berufungswerbers zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, = S 200,--.

 

Der Spruch wird dahingehend verbessert, als es sich um eine Übertretung nach §28 Abs1 Z5 iVm §26 Abs1 AZG handelt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe, wie anläßlich einer Kontrolle durch Vertreter des Arbeitsinspektorates für den 14. Aufsichtsbezirk I am 03.03.1994 festgestellt worden sei, als Arbeitgeber der im Cafe "A" in Lienz beschäftigten Arbeitnehmer nicht die zur Überwachung der Einhaltung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Angelegenheiten vorgeschriebenen Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung geführt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §28 Abs1 iVm §26 Abs1 Arbeitszeitgesetz, BGBlNr 461/1969, begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- nach §28 Abs1 Arbeitszeitgesetz verhängt wurde bzw. Ersatzarrest von 24 Stunden. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens wurde mit S 100,-- bestimmt.

 

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wurde die Tatbestandsmäßigkeit seitens des Berufungswerbers bestritten und ausgeführt, die Zeugin Ilona N. habe dem Arbeitsinspektorat mitgeteilt, daß ihrer Ansicht und ihrem Wissensstand nach gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsaufzeichnungen nicht geführt worden seien. Sie habe diese Aussage selbstverständlich ohne jede diesbezügliche Weisung ausschließlich in eigener Verantwortung und irrtümlich deshalb gemacht, weil genannte Mitarbeiterin bereits vor dem 01.01.1994 im Betrieb des Berufungswerbers angestellt worden sei und vor diesem Zeitpunkt diesbezügliche Aufzeichnungen nicht notwendig gewesen seien. Allein eine unrichtige Auskunft an Kontrollorgane könne eine Verantwortung des Betriebsinhabers nicht auslösen. Selbstverständlich würden im Betrieb des Berufungswerbers entsprechende Aufzeichnungen geführt. Aber selbst wenn derartige Aufzeichnungen vollinhaltlich nicht den gesetzlichen Mindestnormen entsprochen hätten, könne aus dieser Tatsache der gegenständliche Schuldvorwurf nicht begründet werden, der verfahrensgegenständliche Schuldvorwurf habe nämlich ausschließlich die Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 18.03.1994 zum Gegenstand. Aus der vorzitierten Anzeige und der weiteren Stellungnahme des Arbeitsinspektorates könne nicht entnommen werden, ob die Kontrollorgane in der Person von Frau Ilona N. überhaupt jene Person angesprochen hätten, die gemäß §4 Abs5 AZG dafür verantwortlich sein sollte, Kontrollorgane über deren Verlangen zu begleiten, ihnen erforderliche Auskünfte zu erteilen und ihnen Einsicht in entsprechende Unterlagen zu gewähren. Wenn diese Zeugin auf eine diesbezügliche Frage den Kontrollorganen lediglich mitgeteilt habe, daß ihrer Ansicht nach Aufzeichnungen nicht geführt wurden, sei damit eine verwaltungsstrafrechtliche Übertretung in keinster Weise erfüllt bzw. vollendet. Es wäre Aufgabe der Kontrollorgane gewesen, die Zeugin konkret zu befragen, ob sie die nach dem Arbeitszeitgesetz verantwortliche Ansprechperson für den Betrieb des Berufungswerbers überhaupt sei. Das Unterbleiben einer derartigen Frage könne nicht zum Nachteil des Betriebsinhabers führen. Aus dem erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren ergebe sich sohin nicht der geringste Anhaltspunkt und Nachweis, daß es sich bei der von den Kontrollorganen am 03.03.1994 über das Vorhandensein von Aufzeichnungen nach dem Arbeitszeitgesetz ausgesprochenen Mitarbeiterin Frau Ilona N. um jene verantwortliche Mitarbeiterin des Betriebsinhabers handle, welche ein Betriebsinhaber nach dem Arbeitszeitgesetz betriebsintern zu installieren habe. Es handelt sich nicht um die verantwortliche Person und wären die Kontrollorgane selbstredend verpflichtet gewesen, sich nach der durch den Berufungswerber als Betriebsinhaber hiefür verantwortlichen Mitarbeiterin zu erkundigen. Weiters wurden Ausführungen in der Richtung getätigt, daß der Vollzug des Arbeitszeitgesetzes aber eine entsprechende Vorgangsweise durch die hiefür installierten Kontrollorgane erfordere, deren Sorgfaltspflicht darin gesehen werden müßte, daß der Logistik des Arbeitszeitgesetzes entsprechend konkrete Kontrollfragen ausschließlich nur an die zu deren Beantwortung verantwortliche Betriebsmitarbeiter gerichtet werden dürften. Andersfalls könnte ein derart diffiziles Gesetz nicht vollzogen werden, wozu außerdem noch zu berücksichtigen sei, daß dieses Gesetz in seiner praktischen Vollziehung ohnehin als realitätsfremd bezeichnet werden müsse, wenngleich dadurch selbstverständlich eine Entlastung auf der inneren Tatseite nicht erfolgen könne und selbstverständlich auch seitens des Berufungswerbers nicht beabsichtigt oder angestrebt werden könne. Schließlich hätte die Erstbehörde auch auf den Antrag auf §21 eingehen müssen. Beantragt wurde die Einstellung des Verfahrens.

 

Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Berufungswerbers, einer Angestellten des Berufungswerbers und die Verlesung des erstinstanzlichen Aktes. Weiters wurde ein Auszug einer Tageseinteilung des Berufungswerbers eingesehen, der vom Berufungswerber als Arbeitszeitaufzeichnung bezeichnet wurde. In der mündlichen Verhandlung änderte der Berufungswerber dahingehend seine Verantwortung, daß zum damaligen Zeitpunkt nicht die Zeugin Ilona N. im Dienst gewesen, sondern Frau Elisabeth B. und habe diese gegenüber den Kontrollorganen auf deren Aufforderungen zur Vorlage von Arbeitszeitaufzeichnungen geantwortet, daß sich diese in der Küche befänden und sie selbstverständlich vorgelegt würden. In weiterer Folge habe Frau Elisabeth B. alle diese Aufzeichnungen den beiden Kontrollorganen vorgelegt, die rückwirkend ab 01.01.1994 in diese Aufzeichnungen Einsicht nahmen, sich in weiterer Folge erkundigten, ob im Betrieb auch eine schwangere Mitarbeiterin beschäftigt sei. Diese Frage sei bejaht worden. Die schwangere Angestellte sei namentlich erwähnt worden. In weiterer Folge hätten beide Organe erklärt, daß alle diese vorgelegten Aufzeichnungen, unter denen sich auch der auf den Kontrolltag 03.03.1994 bezogene, im Akt befindliche Kalenderauszug befand, völlig in Ordnung seien und kein Grund zu einer Beanstandung vorliege.

 

Die Zeugin Elisabeth B. erstattete eine Zeugenaussage, die diese Ausführungen bestätigte. Ihr wurde vorgehalten, die Anzeige würde einen völlig anderen Sachverhalt behandeln, sie blieb aber bei ihrer Aussage.Sie legte dar, daß auf dem Kalender - eine Kopie des Kalenders befindet sich im erstinstanzlichen Akt - die Tageseinteilung für den Frühdienst und den Nachtdienst enthalten sei. Für die Angestellte Elisabeth B. sei die Zeit am 03.03.1994 von 03.30 Uhr bis 11.00 Uhr (richtig 23.00 Uhr) eingetragen. Dies sei ihre tatsächliche Zeit. Es gebe keinen Aushang, daß der Frühdienst und der Spätdienst 8 Stunden habe. Es sei einfach so eingeteilt. Aus dem Bogen vom 28. bis 06.03. ergebe sich die eingeteilte Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen, wie sie von der Chefin eingeteilt werde. Links stehe der Frühdienst von Frau Ilona N. von 09.00 Uhr bis 16.30 Uhr sowie der Dienst von Angelika in der Zeit von 08.00 Uhr bis 15.30 Uhr. Rechts stehe ihre Dienstzeit beim Spätdienst von 03.30 Uhr bis 23.00 Uhr. Die Aufzeichnungen würden vierzehn Tage bis drei Wochen im voraus gemacht. Der Kalender hänge in der Küche. Jede Mitarbeiterin könne also im Kalender blättern und schauen, ob diese Diensteinteilung passe. Sie könne anhand der hier aufgezeichneten Arbeitsstunden ihre Bezahlung nachkontrollieren. Im Zeitraum, den das Kalenderblatt umfasse, sei keine Überstunde gemacht worden. Bezüglich der Feiertage rufe der Steuerberater extra im Betrieb an, wer Dienst versehen habe an diesem Tag. Überstünden würden keine geleistet. Außerdem wurde beantragt die Einvernahme von Frau Monika R durchzuführen zu der Frage, ob die damalige Mitarbeiterin am folgenden Tag ihr als Chefin über die Kontrolle des Arbeitsinspektorates berichtet habe, nämlich dahingehend, daß nach einer schwangeren Mitarbeiterin gefragt worden wäre, diese Antwort bejaht worden wäre und ansonsten keine Unregelmäßigkeiten vom Arbeitsinspektorat festgestellt worden wären.

 

Die Beweisaufnahme wurde geschlossen. Das beantragte Beweisthema war nicht relevant, da es nur um den Schuldvorwurf ging, ob dem Gesetz entsprechende Arbeitszeitaufzeichnungen vom Betriebsinhaber geführt worden sind bzw. nicht. Diese Frage konnte aber auch ohne die Einvernahme von Frau Monika R beurteilt werden, da vom Betriebsinhaber als Nachweis einer Arbeitszeitaufzeichnung lediglich der Kalender vorgewiesen wurde.

 

Der Vertreter ders Arbeitsinspektorates schloß sich den Ausführungen des in I. Instanz angehörten Vertreter des Arbeintspektorates zu der Art der Aufzeichnungen, und inwieweit die vorgelegten Kalenderauszüge nicht ausreichen würden, voll an. Er sah das Delikt als erfüllt an. Der Berufungswerber verwies darauf, daß aufgrund der Kalenderaufzeichnungen alle arbeitnehmerbezogenen Aufzeichnungen zu entnehmen seien. Der verfahrensgegenständliche Tatvorwurf liege nicht vor. Verwiesen wird auf die im erstinstanzlichen Akt befindliche Stellungnahme des Arbeitsinspektorates die Ausführungen enthält, wie Arbeitsaufzeichnungen beschaffen sein müssen. Sie enthält auch ausführliche Verweise auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Danach haben Arbeitszeitaufzeichnungen folgende Merkmale zu enthalten: 1. Den vollständigen Namen und das Geburtsdatum der Arbeitnehmerin, 2. den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit, 3. Beginn und Ende der jeweiligen Pausen. Dienstpläne können die Arbeitszeitaufzeichnungen nicht ersetzen, auch wenn der Dienstplan eingehalten wird. Die zur Stellungnahme des Berufungswerber beigefügte Kopie eines Kalenders könne lediglich als Dienstplan bezeichnet werden, wobei hieraus konkret die freien Stunden nicht hervorgehen würden.

 

Nach §26 Abs1 Arbeitszeitgesetz hat der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Nach §26 Abs6 haben die Arbeitgeber dem Arbeitsinspektorat die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu geben. Nach §28 Abs1 Z5 begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die Meldepflichten gemäß §11 Abs8 und 10 oder §20 Abs2, die Auflagepflichten gemäß §24, die Aushangpflicht gemäß §25, die Aufzeichnungspflichten gemäß §26 Abs1, 2, 4 oder 5 oder die Auskunft zu den Einsichtspflichten gemäß §26 Abs6 verletzen Übertretungen, die von der Bezirkshauptmannschaft oder Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- zu bestrafen sind. Wie der vorgelegte Kalender vorweist, wurde zwar eine Tageseinteilung vorgenommen, es sind daraus aber keineswegs die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zu entnehmen. Es ist nur für einen Eingeweihten zu entnehmen, welche Arbeitnehmer von der Tageseinteilung betroffen sind. Weiters sind die Pausen nicht zu entnehmen. Diese Tageseinteilung ist daher nicht als Arbeitszeitaufzeichnung im Sinn des §26 Abs1 Arbeitszeitgesetz anzusehen. Die Übertretung ist in diesem Sinne als erwiesen anzusehen. Es bedurfte keiner Ausbesserung der beschriebenen Tathandlung.

 

Als Verschuldensgrad ist Fahrlässigkeit anzunehmen, da der Betriebsinhaber über die geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen Bescheid zu wissen hat und damit auch über die Art und den Inhalt von notwendigen Arbeitszeitaufzeichnungen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist erheblich, da durch die fehlenden Aufzeichnungen Kontrollen der Arbeitszeit nicht möglich sind und da es sich um wesentliche Arbeitnehmerschutzbestimmungen handelt. Als erschwerend ist nichts zu werten, als mildernd die Unbescholtenheit laut Aktenlage. Die Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers, der von Beruf Rechtsanwalt und Gastwirt ist, sind als durchschnittlich anzusehen. Diese Beurteilung hat der Berufungswerber in der Verhandlung akzeptiert. Auch unter Bedachtnahme auf den geringen Strafrahmen scheint das verhängte Strafausmaß notwendig, um in Zukunft die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu erreichen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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