TE UVS Wien 1995/07/11 02/31/1/95

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Veröffentlicht am 11.07.1995
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VwGH-Beschwerde anhängig Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Schnizer-Blaschka über die Beschwerde des Herrn Mamadou L, vertreten durch Rechtsanwalt gemäß § 89 Abs 4 SPG, entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 89 Abs 4 SPG iVm § 67c Abs 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) Kosten in Höhe von S 3.043,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

I. a) In seiner auf § 89 Abs 4 SPG gestützten Richtlinienbeschwerde vom 4.1.1995 beantragt der Beschwerdeführer, "der Unabhängige Verwaltungssenat Wien möge

1.) erkennen, daß die belangte Behörde dadurch, daß diese am 10.10.1994 die Untersuchung durch den Arzt meiner Wahl verweigerte und mir nicht mitteilte, daß es mir freisteht, zur Untersuchung durch den Amtsarzt den Arzt meiner Wahl beizuziehen, die Bestimmung des § 8 Abs 3 RLV verletzt hat;

2.) der belangten Behörde den Ersatz der Kosten dieses Verfahrens auftragen."

Begründend führte er folgendes aus:

"1.)

Am 10.10.1994 hat mich im Beisein meines Rechtsfreundes mein Vertrauensarzt, Dr Franz M, im Polizeigefangenenhaus Ost, wo ich mich in Schubhaft befand, aufgesucht. Der Aufnahmeleiter, der mir seinen Namen nicht bekanntgab, verweigerte, meine ärztliche Untersuchung zuzulassen und verwies auf eine - mir nicht bekannte - schriftliche Weisung, daß die Untersuchung nur im Beisein des zuständigen Amtsarztes erfolgen dürfe.

2.)

Am 14.10.1994 traf der dienstversehende Amtsarzt, Herr Dr T (phonetisch), in der Aufnahmekanzlei des PGH Ost auf mich, als ich gerade in Besprechung mit meinem Rechtsfreund war. Mit meinem Einverständnis ersuchte mein ausgewiesener Rechtsfreund den Amtsarzt um Auskunft über meine Haftfähigkeit, insbesondere über meine Blutzuckerwerte und mein Gewicht. Diese verweigerte der Amtsarzt ebenso wie die Anwesenheit meines Rechtsfreundes bei der dann durch Blutabnahme vorgenommenen Untersuchung. Auch nach dieser Untersuchung war der Amtsarzt trotz ausdrücklichem Ersuchen nicht bereit, den erhobenen Blutzuckerwert mitzuteilen. Von meinem Rechtsfreund auf die Weisung lt oben 1.) angesprochen lehnte der Amtsarzt dessen Einsichtnahme in diese, obschon vorgewiesen, ab. Der Amtsarzt bestätigte aber, daß die Untersuchung durch meinen Vertrauensarzt nur nach vorhergehender Terminabklärung mit dem Amtsarzt möglich sei. Als mein Rechtsfreund daraufhin fragte, wie der Amtsarzt zu kontaktieren sei, da dieser weder im amtlichen Telefonbuch noch im Ärzteverzeichnis aufscheine, erwiderte der Amtsarzt: über die Dienstbehörde. Der Amtsarzt war nicht bereit, die Frage meines Rechtsfreundes, ob dieser auch am kommenden Montag Dienst versehen würde, zu beantworten.

3.)

Über die oben zu 1.) und 2.) beschriebenen Vorfälle erstattete ich am 24.10.1994 Dienstaufsichtsbeschwerde an die Bundespolizeidirektion Wien, womit ich auch die Verletzung des § 8 Abs 3 der Richtlinien-Verordnung - RLV, BGBl Nr 266/1993, geltend machte, da mir nicht nur nicht mitgeteilt wurde, daß mir freisteht, einen Arzt meiner Wahl zur Untersuchung durch den Amtsarzt beizuziehen, sondern die Untersuchung durch den Arzt meines Vertrauens durch die belangte Behörde verweigert wurde.

4.)

Die belangte Behörde erstattete mir mit Schreiben vom 27.11.1994 Mitteilung, wonach die Bestimmung des § 8 Abs 3 RLV nicht verletzt worden sei."

b) Die belangte Bundespolizeidirektion Wien legte den Verwaltungsakt vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig.

c) Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt geht hervor, daß der Beschwerdeführer der Bundespolizeidirektion Wien "als Dienstbehörde" mit dem als "Mitteilung" bezeichneten Schriftsatz vom 24.4.1994 wortgleich jenen Sachverhalt geschildert hatte, der in der oben wiedergegebenen Begründung der an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gerichteten Richtlinienbeschwerde unter den Punkten 1.) und 2.) dargestellt ist. Unter Punkt 3.) hat er in dieser Mitteilung folgendes Begehren gestellt:

"3.) Ich ersuche um Übermittlung einer Kopie der oben zu 1.) bezughabenden schriftlichen Weisung an meinen einschreitenden Rechtsfreund, Untersuchung des Vorfalles und Stellungnahme."

d) Mit Schreiben vom 27.12.1994 teilte die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer folgendes wörtlich mit:

"Betreff: Ihre Mitteilung vom 24.10.1994

Sehr geehrter Herr L!

Die Bundespolizeidirektion Wien nimmt zu Ihrer Mitteilung vom 24.10.1994 wie folgt Stellung:

Gemäß § 8 Abs 3 Richtlinien-Verordnung steht es einem Angehaltenen, der von einem von der Behörde beauftragten Arzt untersucht werden soll, frei, zu dieser Untersuchung auf seine Kosten einen Arzt seiner Wahl beizuziehen, sofern dies ohne wesentliche Verzögerung der Untersuchung bewirkt werden kann. Im Lichte dieser Bestimmung war es für die einschreitenden Organe ohne Belang, ob allfällige gleichlautende Weisungen bestehen oder nicht. Die Bundespolizeidirektion Wien hält weitere Erläuterungen nicht zuletzt deshalb für entbehrlich, da Sie rechtsfreundlich vertreten sind.

Die von Ihnen behaupteten Geschehnisse vom 10. und 14.10.1994

werden behördenintern untersucht werden.

Hochachtungsvoll

Für den Polizeipräsidenten"

II. Die gegenständliche Richtlinienbeschwerde erweist sich als unzulässig:

Gemäß § 89 Abs 2 SPG haben Menschen, die in einer binnen 6 Wochen, wenn auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat, eingebrachten Aufsichtsbeschwerde behaupten, beim Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes, von dem sie betroffen waren, sei eine gemäß § 31 erlassene Richtlinie verletzt worden, Anspruch darauf, daß ihnen die Dienstaufsichtsbehörde den von ihr schließlich in diesem Punkte als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilt und sich hiebei zur Frage äußert, ob eine Verletzung vorliegt.

Gemäß Abs 4 dieser Bestimmung hat jeder, dem gemäß Abs 2 mitgeteilt wurde, daß die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs 2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Der unabhängige Verwaltungssenat hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.

Angesichts des oben dargestellten Verfahrensablaufes kommt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien - in Übereinstimmung mit der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung - zu dem Ergebnis, daß weder die vom Beschwerdeführer an die Bundespolizeidirektion Wien gerichtete Mitteilung vom 24.10.1994 (Punkt I.c.) als Richtlinienbeschwerde im obigen Sinne zu qualifizieren ist noch die Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Wien vom 27.12.1994 (siehe Punkt I.d) eine Mitteilung im Sinne des § 89 Abs 4 SPG darstellt, und zwar aus folgenden Gründen:

Die Mitteilung des - rechtsanwaltlich vertretenen - Beschwerdeführers vom 24.10.1994 an die Bundespolizeidirektion Wien "als Dienstbehörde" enthält einerseits das Ersuchen um Zuleitung einer näher bezeichneten Weisung, weiters um Untersuchung des Vorfalles und Stellungnahme. Auch wenn bei der Auslegung des in einer solchen Beschwerde enthaltenen Begehrens keinesfalls ein formalistischer Standpunkt einzunehmen ist, so ist doch zumindest zu fordern, daß aus ihrem Inhalt ausreichend deutlich wird, daß die Verletzung einer in der Richtlinienverordnung normierten Richtlinie behauptet wird (nach HAUER-KEPLINGER, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, Eisenstadt 1993, Anm 6 zu § 89 SPG muß sogar konkret die Verletzung einer Richtlinie behauptet werden). Ein diesbezügliches Mindestmaß an Präzisierung ist schon deshalb erforderlich, weil es gegen ein und dasselbe Verwaltungshandeln zahlreiche Beschwerdemöglichkeiten gibt (zB gegen Unzulänglichkeiten in der Schubhaft: Die Beschwerde nach § 23 der Polizeigefangenenhaus-Hausordnung, BGBl Nr 566/1988; Beschwerden nach § 88 Abs 1 und 2 SPG; "gewöhnliche Maßnahmenbeschwerden" nach § 67a Abs 1 Z 2 AVG), bei denen den Beschwerdeführer zum Teil ein Kostenersatzrisiko trifft. In dem an die Bundespolizeidirektion als Dienstbehörde gerichteten Ersuchen findet sich - entgegen der nunmehrigen Beschwerdebehauptung - keinerlei Hinweis darauf, daß "auch die Verletzung des § 8 Abs 3 der Richtlinien-Verordnung - RLV, BGBl Nr 266/1993 geltend" gemacht werde, die Beschwerde kann nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien allenfalls als gewöhnliche Dienstaufsichtsbeschwerde angesehen werden, für eine Richtlinienbeschwerde mangelt es an der oben ausgeführten ausreichenden Konkretisierung.

Auch die Erledigung der Bundespolizeidirektion Wien vom 27.12.1994 ist nicht als Mitteilung im Sinne des § 89 Abs 4 SPG zu qualifizieren, weil die Behörde - ungeachtet der Anführung des § 8 Abs 3 Richtlinienverordnung - offenkundig weder den von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilte noch eine abschließende Feststellung darüber traf, ob eine Richtlinienverletzung vorliegt oder nicht. Vielmehr ist in diesem behördlichen Schreiben ausdrücklich mitgeteilt, daß die behaupteten Geschehnisse erst "behördenintern untersucht werden". Die Richtlinienbeschwerde war daher schon aus diesen Gründen unzulässig.

Sollte man - unter Außerachtlassung des bisherigen Schriftverkehrs zwischen Beschwerdeführer und Bundespolizeidirektion Wien - die gegenständliche Richtlinienbeschwerde als im Sinne des § 89 Abs 2 SPG beim unabhängigen Verwaltungssenat erstmals eingebracht ansehen, so änderte dies nichts am Ergebnis, weil sie sich wegen Ablaufs der sechswöchigen Beschwerdefrist als verspätet erwiese und daher einer meritorischen Erledigung ebensowenig zugänglich wäre.

III. Der Kostenzuspruch an die belangte Behörde gründet sich auf § 89 Abs 5 SPG iZm § 79a AVG und die hiezu ergangene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes: Danach hat sich der unabhängige Verwaltungssenat bei der Entscheidung über den Kostenersatz nach § 79a AVG an den Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG iVm der auf § 49 VwGG gestützten Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl Nr 416/1994, zu orientieren. Hiebei sind die in dieser Verordnung angeführten Pauschalsätze unter Bedachtnahme auf den Grundsatz einer Abstufung des Kostenersatzes im Verfahren entsprechend der Unter- bzw Überordnung der angerufenen Behörden und der damit verbundenen verschiedenartigen Mühewaltung um ein Drittel (gerundet) zu kürzen (vgl ua VwGH 23.9.1991, 91/19/0162 und 91/19/0226; VwGH 30.9.1991, 91/19/0163 und 91/19/0165).

Demnach war der belangten Behörde als obsiegender Partei entsprechend ihrem Kostenantrag Schriftsatz- und Vorlageaufwand in Höhe von insgesamt S 3.043,-- zuzusprechen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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