TE UVS Tirol 1995/07/13 1/13-4/1995

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Veröffentlicht am 13.07.1995
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 sowie §67a Abs1 Z1 AVG iVm §123 Abs1sowie §20 Abs5 lith KFG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Versagung der Bewilligung erfolgt wegen Nichtvorliegens des öffentlichen Interesses an der Verwendung des Blaulichtes.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers auf die im Zuge der 17. Novelle zum Kraftfahrgesetz eingeräumte Möglichkeit hingewiesen, auch als Tierarzt die Bewilligung zur Verwendung von Blaulicht zu erhalten. Darüber hinaus sei ein neues Gutachten der Tierärztekammer einzuholen, da das erste Gutachten "nicht ordnungsgemäß und statutengemäß" erstellt worden sei.

 

In der mündlichen Verhandlung vom 13.07.1995 hat der Berufungswerber seinen Antrag darüber hinaus wie folgt begründet:

 

"Seit Mai 1990 betreibe ich in Lienz eine Tiearztpraxis. Die Kleintierpraxis wird von mir von Montag bis Freitag mit Ordinationstermin 15.00 Uhr bis 16.00 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung betrieben. Darüber hinaus betreibe ich auch Großtierbetreuung als Tierarzt. Zu diesem Zweck muß ich zu den jeweiligen Bauern zur Behandlung von landwirtschaftlichen Nutztieren (Kühe, Pferde, Schweine, etc.) fahren. Diese Fahrten werden vornehmlich vorgenommen, um das landwirtschaftliche Nutzvieh nach geringgradigen Verletzungen, Erkrankungen (Lungenentzündung, etc.) zu behandeln. Diese Visiten sind Normalfälle und in angemessener Zeit zu erledigen, stellen jedoch keinen Notfall dar.

 

Auf die Frage, wann tierärztlich ein Notfall vorliegt, gebe ich als Beispiel an: Schwierigkeiten beim Kälbern einer Kuh, Blähsucht, Euterverletzungen etc. Bei Besamungen liegt keine Dringlichkeit vor. Bei geschätzten 10 bis 20 Visiten auf den Bauernhöfen pro Tag, ausgehend von etwa 300 Arbeitstagen, ergeben sich im Jahr zwischen 3.000 und 6.000 Visiten außerhalb meiner Tierarztpraxis. Ich würde die Zahl der echten Notfälle im Jahr mit 20 bis 30 angeben.

 

Über Frage des Berichterstatters: Die von mir geschilderte Situation wird für die drei anderen Tierärzte im Bezirk Lienz in etwa annähernd gleich sein. Insoferne besteht allerdings ein Unterschied, daß sich mein Praxisbereich bis in das Mölltal nach Kärnten erstreckt. Im Mölltal selbst hat ein Tierarzt in Winklern seinen Praxisstandort. Mein Verhältnis mit diesem ist nicht ungetrübt. Ich bin der einzige Tierarzt im Bezirk Lienz, der ein speziell ausgerüstetes Kraftfahrzeug hat. Richtig ist, daß auch mit anderen - nicht als LKW typisierten - Kraftfahrzeugen von den anderen Tierärzten die gleichen Verrichtungen vorgenommen werden können.

 

Über Frage des weiteren Mitgliedes: Konkret kann ich nicht angeben, daß bei einer meiner Visiten ein Schaden insofern eingetreten ist, als ich bei der Fahrt zum Behandlungsort nicht das Blaulicht verwenden konnte.

 

Über Frage des Berichterstatters: Meinem Wissensstand nach haben die praktischen Ärzte im Bezirk Lienz überwiegend Blaulicht."

 

Der Präsident der Landeskammer der Tierärzte Tirols hat in der mündlichen Verhandlung zum Antrag des Berufungswerbers wie folgt Stellung genommen:

 

"Ich kenne die Stellungnahme meines Amtsvorgängers Dr. T vom 18.12.1994 zum Ansuchen des Herrn Dr. E. Ich halte den darin zum Ausdruck gebrachten Standpunkt für richtig und aufrecht und spreche mich in Vertretung der Landeskammer der Tierärzte Tirols gegen die Erteilung von Blaulicht für Tierärzt generell aus, da meiner Meinung das Blaulicht ausschließlich für Humanmediziner vorbehalten sei sollte.

 

Der Stellungnahme des Bezirksgendarmeriekommandos Lienz vom 08.05.1995 ist zu entnehmen, daß verkehrsstarke Zeiten im Bezirk Lienz in den Sommermonaten auftreten; es kann daher nur für die Monatsabschnitte Juli, August und September mit verstärktem Verkehrsaufkommen gerechnet werde. Das Praxisgebiet des Berufungswerbers fällt in ein Gebiet, in dem in den vorbezeichneten Monaten mit mehr Verkehr zu rechnen ist. Ein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst besteht im Bezirk Lienz nicht, es ist lediglich eine Erreichbarkeit an den Wochenenden eingerichtet.

 

Gemäß §20 Abs5 lith KFG dürfen Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei nicht unter Abs1 litd fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung in öffentlichem Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:

Für die Erbringung dringender tierärzlicher Hilfe durch Tierärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Tierärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen.

 

Im Bezirk Lienz steht kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung. Das verstärkte Verkehrsaufkommen in den Sommermonaten (Sommerreiseverkehr) genügt nach Auffassung der Berufungsbehörde nicht für die Qualifikation als verkehrsreiches Gebiet. Notfälle, wie sie der Berufungswerber dargestellt hat, treten auch bei den vier weiteren im Bezirk Lienz tätigen Tierärzten auf. Wenn der Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, daß sich seine Situation von jener der anderen Tierärzte insoferse unterscheide, daß er auch im Mölltal tierärztliche Hilfestellung leistet, dann ist dem entgegenzuhalten, daß die tierärztliche Versorgung durch den in Winklern ansässigen Tierarzt an sich gewährleistet ist und private Interessenten des Berufungswerbers seinen Antrag nicht zu stütztn vermögen. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist daher die Schwierigkeit in der Behandlung von Notfällen bei sämtlichen im Bezirk Lienz ansässigen Tierärzten gleich.

 

Insbesondere aufgrund der Stellungnahme der Tierärztekammer für Tirol sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, daß auch praktische Ärzte - sohin Humanmediziner - nicht durchgehend Blaulicht verwenden dürfen, mußte die Berufungsbehörde im Hinblick auf den zutreffend von der Tierärztekammer angeführten Vorrang der Humanmedizin das Vorliegen eines öffentlichen Interesses verneinen.

 

Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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