TE UVS Tirol 1995/09/14 15/76-5/1995

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Veröffentlicht am 14.09.1995
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Spruch

Gemäß §67a Abs1 Z2 AVG iVm §67c Abs3 AVG wird die gegenständliche Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

Gemäß §79a AVG iVm §51 VwGG hat der Berufungswerber die Kosten des gegenständlichen Verfahrens, mit 2/3 der Kosten des Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof, das sind für den Schriftsatzaufwand S 2.677,--, und für den Verhandlungsaufwand S 3.467,--, sohin insgesamt den Betrag von S 6.144,--, zugunsten des Landeshauptmannes von Tirol, zu leisten.

Text

Begründung

Am 2. Juni 1995 langte beim unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol eine Beschwerde der Fa. S GmbH, L, der Fa. T GmbH, I, sowie Ing. H S, I, wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ein, in der ausgeführt wurde wie folgt:

 

"Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Tirol und führen diese im einzelnen aus wie folgt:

 

1) Zum angefochtenen Verwaltungsakt:

Die Beschwerdeführer betreiben in der Gemeinde I auf den Grundparzellen Nr. 2531, 2532, 2533 und 2534, alle GB I, eine Deponie zur Ablagerung von definierten Baurestmassen. Die Deponie wird rechtmäßig betrieben, da sie aufgrund eines Antrages vom 28.3.1989 von der zuständigen Behörde, nämlich der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Naturschutzbehörde, mittels Bescheid vom 23.4.1992, zur Zahl 2-N-107/25-1989, bewilligt wurde.

 

Die Beschwerdeführer haben am 2.8.1992 die Wiederaufnahme und Abänderung des zuvor angeführten Bescheides beantragt. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 30.3.1993, Zl. 2-N-107/25-1989, entsprochen. Bescheidgegenstand war im wesentlichen die genaue Definition jener inerten Stoffe, die als Baurestmassen abgelagert werden dürfen.

 

In der Folge haben die Beschwerdeführer die Verlängerung der Bewilligung beantragt und auch diesem Verlängerungsantrag wurde mit Bescheid vom 12.1.1994 wiederum zur Zahl 2-N-107/35-1989 stattgegeben.

 

Die Deponie wurde von den Beschwerdeführern immer bescheidkonform betrieben und es haben alle behördlichen Kontrollen bis herauf in die Gegenwart belegt, daß nur jene Stoffe, deren Ablagerung behördlich genehmigt wurde, abgelagert werden.

 

Aufgrund einer Anzeige hat das Amt der Tiroler Landesregierung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, das in einem Schreiben an die Beschwerdeführer mündete - dieses Schreiben mit der Zahl U-2685- C/8 langte am 20.4.1995 bei den Beschwerdeführern ein - verfügte das Gebot jede weitere Deponierung sofort zu unterlassen. Für den Fall des Zuwiderhandelns wurde die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens angedroht.

 

Das Amt der Tiroler Landesregierung hat dieses Schreiben abschriftlich auch an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land gesandt, wo es am 20.4.1995 einlangte, unter anderem mit dem Ersuchen, die Einstellung der Deponietätigkeit zu überwachen und für den Fall, daß der Deponiebetrieb fortgesetzt wird, gemäß §32 Abs1 AWG die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land übermittelte den Beschwerdeführern am 21.4.1995 via Telefax ein Schreiben, mit welchem auf das Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 6.4.1995, Zl. U-3685-C/8, hingewiesen wurde und auf das Ersuchen die verfügte Einstellung der Deponietätigkeit zu überwachen. Gleichzeitig hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land "betont", daß keine weiteren Arbeiten auf der Deponie zulässig sind. Für den Fall der Mißachtung wurde eine Strafe angedroht und gleichzeitig wurde als Organwalter die Gemeinde I und der Gendarmerieposten Zirl benachrichtigt.

 

Am 27.4.1995 erschienen Beamte des Gendarmerieposten Zirl bei den Beschwerdeführern auf der Deponie, kontrollierten, ob der Betrieb eingestellt ist und wiederholten nochmals den wesentlichen Inhalt der Verfügung des Amtes der Tiroler Landesregierung.

 

Der Deponiebetrieb ist weiterhin eingestellt, sodaß die rechtswidrige Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt andauert.

 

2) Zur Zurechenbarkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes:

Der bekämpfte Verwaltungsakt, nämlich die Einstellung der Deponietätigkeit mittels Schreiben vom 21.4.1994 und EinsatZvon Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Zirl am 27.4.1995 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land gesetzt. Die Verfügung ist vom Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, ausgegangen, und wenn auch das Amt der Tiroler Landesregierung im Sinne des §32 Abs1 Abfallwirtschaftsgesetz als unzuständige Behörde anzusehen ist, ergibt sich die Zuständigkeit allenfalls aus der Bestimmung des §99 Abs1 lit1 WRG, weshalb der Verwaltungsakt dieser Behörde als belangter Behörde zuzurechnen ist. Aus der Zuständigkeitsregel des §32 Abs1 AWG ergibt sich die alleinige Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land für die Einstellung des Deponiebetriebes, weshalb ihr der bekämpfte Verwaltungsakt ebenfalls zuzurechnen ist und die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land daher ebenfalls als belangte Behörde im Sinne des Gesetzes anzusehen sein wird.

 

3) Sachverhalt:

Vorab wird nochmals auf das bisherige Vorbringen hingewiesen. Dem Vorgang liegt wie bereits ausgeführt, eine Anzeige des Herrn F T vom 15.12.1994 zugrunde, die im wesentlichen den enthält, daß die Beschwerdeführer auf ihrer Deponie auch Abfälle lagern, die nicht dem naturschutzrechtlichen Bescheid der Bezirkshautpmannschaft Innsbruck Land entsprechen. Der Anzeiger hat der Behörde offensichtlich auch Fotografien zu Beweiszwecken überlassen, die sich allerdings im Akt der Behörde nicht finden. Das Amt der Tiroler Landesregierung hat bei einem Bevollmächtigten der Beschwerdeführer rückgefragt und es hat dieser der Behörde die Sach- und Rechtslage dargestellt, auf die Haltlosigkeit der Anzeige hingewiesen und auf den Umstand, daß für die bewilligte Deponie eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht nicht gegeben sei. Mit dieser Ansicht konnte er sich auf eine rechtlich gesicherte Meinung der Behörde stützen, da bereits der forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung in seinem Schreiben vom 6.4.1992 an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Wasserrechts- und Naturschutzbehörde mitgeteilt hat, daß nur, wenn aufgrund der anfallenden Wassermenge zur Entwässerung der gesamten Schüttfläche das geplante Entwässerungssystem für eine schadlose Wasserableitung nicht ausreiche und somit ein Teil in das Lehnbachl entwässert werden müsse, die Konsenswerber darüber rechtzeitig um eine wasserrechtliche Bewilligung ansuchen müßten.

 

Eine solche Maßnahme war aufgrund der natürlichen Verhältnisse bisher nie erforderlich.

 

Weiters durften sich die Beschwerdeführer zumindest bisher darauf verlassen, daß jene Baurestmassen, welche von Ihnen deponiert werden und die exakt dem naturschutzrechtlichen Bescheid entsprechen, als inert und daher nicht grundwassergefährdend anzusehen sind, was sich nicht nur aus den Richtlinien des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie gemeinsam mit dem Ministerium für Land- und Forstwirtschaft vom September 1990 ergibt, sondern auch aus einer gutachterlichen Äußerung des Amtssachverständigen DI N im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren beim Amt der Tiroler Landesregierung zu Zahl U-3431/288. In diesem Verfahren im Jahr 1992 kommt der Amtssachverständige nämlich zur Ansicht, daß bei einer Ablagerung inerter Baurestmassen, wie sie auch von den Beschwerdeführern abgelagert werden, es zu keiner negativen Beeinträchtigung des Grundwassers kommen kann.

 

In der Folge hat das Amt der Tiroler Landesregierung mit Schreiben vom 17.2.1995 wiederum beim Sachverständigen DI N angefragt, ob im Falle einer ungeschützten Ablagerung der im naturschutzrechtlichen Bescheid gattungsmäßig umschriebenen Materialien eine Grundwassergefährdung ausgeschlossen werden könne.

 

Der Sachverständige hat die ihm zu Verfügung gestellten Fotografien beurteilt und am 23.3.1995 auch einen Ortsaugenschein ohne Beiziehung der Beschwerdeführer durchgeführt.

 

In seinem Schreiben am 1.3.1995 teilt er dem Amt der Tiroler Landesregierung jedoch zusammenfassend mit, "daß hinsichtlich der Grundwassergefährdung keine Beurteilung abgegeben werden kann, da durch eine bloße optische Bewertung das Gefährdungspotential der Materialien nicht beurteilt werden kann".

 

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, daß sowohl dem Anzeiger, der die Fotografien gemacht hat als auch dem Sachverständigen ein gravierender Fehler unterlaufen ist. Unmittelbar an die Deponie der Beschwerdeführer grenzt nämlich eine Restmülldeponie der Gemeinde I an, die genau jene Stoffe aufweist, die auch vom Amtssachverständigen festgestellt wurden. Einem Ortsunkundigen kann die Abgrenzung der beiden Deponien optisch Schwierigkeiten bereiten. Es dürfte also zu einer Verwechslung der Deponiekörper gekommen sein.

 

Was gegen den Anzeiger und für einen Irrtum des Amtssachverständigen spricht, ist auch der Umstand, daß ca. 10 Tage vor dem Ortsaugenschein durch den Amtssachverständigen die Deponie durch einen Beamten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land kontrolliert wurde, der keine Feststellung einer Ablagerung von sortenfremdem Müll auf der Deponie machen konnte. Es hat das Amt der Tiroler Landesregierung ohne jegliche Bekanntgabe von Ermittlungsergebnissen und ohne Gewährung von Parteiengehör aufgrund der Stellungnahme des Amtssachverständigen DI N die Verfügung vom 6.4.1995, Zl. U-3685-C/8, erlassen.

 

4) Zur Begründung der Rechtswidrigkeit:

Die Rechtswidrigkeit des Organhandelns ergibt sich in formeller und in materieller Hinsicht. Es stellt sich aus beiden Begründungen der Verwaltungsakt als rechtswidrig dar.

 

a) Formelle Rechtswidrigkeit:

Vorauszuschicken ist, daß für den Fall, daß sich das Amt der Tiroler Landesregierung für die verfügte Einstellung des Deponiebetriebes auf den §32 Abs1 AWG stützt, wie dies im Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft zum Ausdruck kommt, das Amt der Tiroler Landesregierung als unzuständige Behörde gehandelt hat. Diesfalls wäre die Verfügung von einem unzuständigen Organ ausgegangen und daher formell rechtswidrig. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land wäre für Verfügungen wie die Einstellung eines Deponiebetriebes grundsätzlich sowohl nach der Bestimmung des §32 Abs1 AWG als auch nach der Bestimmung der §§31 und 122 WRG zuständiges Organ. Das Amt der Tiroler Landesregierung wäre allenfalls zuständiges Organ nach den beiden zuletzt zitierten Gesetzesstellen des WRG.

 

Gleichgültig welchem Gesetz das Verwaltungshandeln subsumiert wird, ergibt sich für beide zuvor zitierten Gesetze das zwingende Erfordernis konkreter Gefahr in Verzug. Diese wird von der Behörde, wie sich der Verfügungsbegründung entnehmen läßt, selbst nicht angenommen. Es wird vielmehr im Umkehrschluß aus §31 b WRG ein abstrakter Grundwassergefährdungstatbestand konstruiert, der nicht einmal Deckung in der gutachterlichen Äußerung des DI N findet. Sollte die Behörde von Gefahr in Verzug ausgegangen sein, so liegt bei der Verfügung ein erheblicher Begründungsmangel vor. Es kann zunächst jedoch nur vom Wortlaut der Verfügung ausgegangen werden, weshalb nochmals zu wiederholen ist, daß beide belangten Behörden selbst nicht von einer konkreten Gefahr in Verzug ausgegangen sind, weshalb die verfügte Einstellung des Deponiebetriebes mit Hilfe der Gendarmerie rechtswidrig war und nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens bescheidmäßig zu entscheiden gewesen wäre. Ohne Vorliegen des gesetzlichen Tatbestandes der Gefahr im Verzug wäre den Beschwerdeführern rechtliches Gehör einzuräumen gewesen. Dieses beinhaltet jedenfalls die Möglichkeit, zu einem konkreten Ermittlungsergebnis Stellung zu nehmen.

 

b) Zur materiellen Rechtswidrigkeit:

Wie bereits zuvor ausgeführt, schließen die Bestimmungen des §32 Abs AWG und der §§31, 122 WRG eine Einstellung des Deponiebetriebes, wie sie durch die belangten Behörden verfügt wurde, ohne Vorliegen einer konkreten Gefahr in Verzug aus. Die Anwendbarkeit des §31 setzt den Eintritt der konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung voraus (VwGH 3.5.1988, 87/07/0111). Aus der Natur der einstweiligen Verfügung ergibt sich, daß bei ihrer Anwendung eine Situation gegeben sein muß, die zur Abwehr einer bestehenden oder wahrscheinlichen Gefahr ein sofortiges Einschreiten erfordert (VwSlg 9575A; o.a.).

Gerade die Bestimmung des §32 AWG differenziert genau zwischen Maßnahmen, die die Behörde einem Verpflichteten auftragen kann und Maßnahmen, die die Behörde bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen hat. Das von den belangten Behörden angenommene Gefährdungspotential, wonach "eine Grundwassergefährdung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann", bleibt weit hinter dem Gesetzestatbestand zurück. Das Vorgehen der belangten Behörden stellt sich somit im Ergebnis als materiell rechtswidrig dar.

 

Falls die belangten Behörden die verfügte Einstellung der Deponie auf die Bestimmung des §138 WRG stützen wollen, steht für die Anwendung dieser Bestimmung ebenfalls das Fehlen eines gesetzlichen Tatbestandes, nämlich das Fehlen einer drohenden Gefahr entgegen. Die Voraussetzung für die Anwendung des §138 WRG ist die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und die bescheidmäßige Entscheidung (VwGH 18.9.1984; 83/07/0244, 0245).

 

Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ergibt sich aber auch aus der fehlerhaften Anwendung der Bestimmung des AWG i.d.f. BGBl Nr. 155/1994 §44 Abs6. Die Beschwerdeführer haben dieser gesetzlichen Bestimmung exakt entsprochen, da aufgrund ihres im Jahr 1989 eingebrachten Antrages ein der geltenden Rechtslage entsprechendes Verfahren bereits anhängig war. Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist die belangte Behörde Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land als zuständige Behörde selbst davon ausgegangen, daß durch die Deponie der Beschwerdeführer eine Verunreinigung der Gewässer nicht zu besorgen ist. Es war damit die Antragstellung der Beschwerdeführer rechtskonform auf Basis der geltenden Rechtslage und bei der zuständigen Behörde erfolgt, weshalb eine nachträgliche Anwendung des §31 b WRG rechtswidrig ist. Diesbezüglich hat das Amt der Tiroler Landesregierung als belangte Behörde selbst seine Rechtsansicht geändert, wie bereits oben zu einem Parallelverfahren ausgeführt wurde.

 

Zusammengefaßt läßt sich somit sagen, daß sich das Verwaltungshandeln der belangten Behörden als formell und materiell rechtswidrig darstellt.

 

5)

Aus allen zuvor ausgeführten Gründen stellen die Beschwerdeführer an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Tirol das nachstehende Begehren

a) die mit Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 6.4.1995, Zl. U-3685-C/8, sowie mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.4.1995, Zl. 2-N-107/52- 1989, verfügte Einstellung der Deponietätigkeit, vollzogen durch Beamte des Gendarmerieposten Zirl am 27.4.1995, ist rechtswidrig; in eventu

b) die mit Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 6.4.1995 sowie mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.4.1995 verfügte Einstellung der Deponietätigkeit bis zur rechtskräftigen Bewilligung der Deponie gemäß §29 AWG ist rechtswidrig;

c) die belangten Behörden haben die verfügte Einstellung der Deponiefähigkeit gemäß Schreiben vom 6.4.1995, Zl. U-3685-C/8, und Schreiben vom 21.4.1995, Zl. 2-N-107/52-1989, sofort aufzuheben;

d) die belangten Behörden sind schuldig, die durch das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entstandenen Kosten im zu verzeichnenden Ausmaß zu Handen des bevollmächtigten Vertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

6) Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Die Zustellung der Verfügung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 6.4.1995, Zl. U-3685-C/8, erfolgte am 20.4.1995. Die Zustellung des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.4.1995, Zl. 2-N-107/52-1989, erfolgte via Telefax am gleichen Tag. Die Verfügung der belangten Behörde wurde erstmalig durch die Beamten des Gendarmerieposten Zirl am 27.4.1995 vollzogen. Die Beschwerde ist daher rechtzeitig innerhalb der sechswöchigen Frist gemäß §67c AVG eingebracht."

 

Hierauf wurde von der belangten Behörde, Landeshauptmann für Tirol, folgende Stellungnahme abgegeben:

 

"1. Zur Zurechenbarkeit des verfahrensfreien Verwaltungsaktes:

In der Beschwerde der S GesmbH, L, der T GesmbH, I, und des Ing. H S, I, wird neben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land das Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, Sillgasse 8, 6020 Innsbruck, als belangte Behörde bezeichnet. Als belangte Behörde ist nach der Legaldefinition des §67c Abs2 AVG jene Behörde anzusprechen, der der angefochtene Verwaltungsakt zuzurechnen ist. Worin die Beschwerdeführer einen verfahrensfreien Verwaltungsakt erkennen, der dem Amt der Tiroler Landesregierung zugerechnet werden kann, ist nicht ohne weiteres ersichtlich und wird dazu noch näher ausgeführt werden. Hinzuweisen ist allerdings darauf, daß das Amt der Tiroler Landesregierung im gegenständlichen Verfahren nicht als Behörde aufgetreten ist. Das Amt der Tiroler Landesregierung ist grundsätzlich Geschäftsapparat der Landesregierung bzw. des Landeshauptmannes in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung. Behördenqualität kommt dem Amt der Tiroler Landesregierung nur in bestimmten Angelegenheiten, wie z. B. im Agrarverfahren, im Dienstrechtsverfahren, etc. zu. In Angelegenheiten des Abfallwirtschaftsgesetzes sind vollzugszuständige Behörden die Bezirkshauptmannschaften, der Landeshauptmann und der Bundesminister. Das in der Beschwerde bezeichnete Schreiben vom 6.4.1995, Zl. U-3685-C/8, in welchem auf den konsenslosen Betrieb der gegenständlichen Betrieb hingewiesen wurde und welches abschriftlich der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit dem Ersuchen um allfälliges Vorgehen nach §32 AWG übermittelt wurde, weist die Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" auf. Wenn daher in der gegenständlichen Beschwerde das Amt der Tiroler Landesregierung als belangte Behörde bezeichnet wird, so geht die Beschwerde schon aus diesem Grund ins Leere und ist diese als unbegründet abzuweisen.

 

2. Zur Frage des Vorliegens eines verfahrensfreien Verwaltungsaktes:

Ein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird. Ein derartiger Eingriff liegt im allgemeinen dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht. In diesem Sinne wurden als verfahrensfreie Verwaltungsakte die Festnahme, die Entnahme von Warenproben, Beschlagnahmen, Hausdurchsuchungen, etc. qualifiziert. Der Eingriffscharakter wurde hingegen bei einer bloßen Mitteilung der Rechtslage verneint (VwGH 19.1.1982, Zl. 81/07/0191). Das an die Beschwerdeführer gerichtete Schreiben des Landeshauptmannes enthält lediglich eine derartige Rechtsbelehrung. Außerdem wurde den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben, binnen einer Frist von zwei Wochen mitzuteilen, ob beabsichtigt ist, die gegenständliche Deponie weiter zu betreiben und wurde diesfalls auf die Notwendigkeit einer Antragstellung unter gleichzeitiger Vorlage entsprechender Projektsunterlagen hingewiesen. Im gegenständlichen Schreiben des Landeshauptmannes kann sohin auch mit Rücksicht auf die Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes keinesfalls ein verfahrensfreier Verwaltungsakt erkannt werden.

 

Auch die an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gerichtete Aufforderung, die Voraussetzung für ein Vorgehen nach §32 Abfallwirtschaftsgesetz zu prüfen, stellt keinen verfahrensfreien Verwaltungsakt dar.

 

Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, daß auch mangels einer der gefertigten Behörde zuzurechnenden verfahrensfreien Verwaltungsaktes die Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abzuweisen ist.

 

3. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Organhandelns:

Der Beschwerdeführer verweist zur Begründung der formellen Rechtswidrigkeit im wesentlichen auf die gegebene Unzuständigkeit des Amtes der Landesregierung zur Setzung eines entsprechenden verfahrensfreien Verwaltungsaktes. Die materielle Rechtswidrigkeit wird damit begründet, daß die im §32 AWG sowie in den §§31, 121 und 138 WRG 1959 als Voraussetzung für die Vornahme verfahrensfreier Verwaltungsakte normierte "Gefahr in Verzug" gegenständlich nicht vorgelegen habe. Außerdem wird eine fehlerhafte Anwendung des §44 Abs6 Abfallwirtschaftsgesetz behauptet.

 

Dazu kann grundsätzlich ausgeführt werden, daß mangels eines dem Amt der Tiroler Landesregierung bzw. dem Landeshauptmann von Tirol zuzurechnenden verfahrensfreien Verwaltungsaktes die Ausführungen schon aus diesem Grund ins Leere gehen. Im einzelnen kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

 

Was die behauptete rechtswidrige Anwendung des §44 Abs6 AWG anbetrifft, so unterliegen die Beschwerdeführer insofern einem Rechtsirrtum. Gemäß §44 Abs6 AWG bedürfen Anlagen gemäß den §§28 bis 30 keiner Genehmigung nach diesem Bundesgesetz, wenn am 1. Juli 1990 auch nur ein nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage erforderliches Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren anhängig oder rechtskräftig abgeschlossen war.

 

Die Beschwerdeführer verweisen auf die bereits seit dem Jahr 1989 gegebene Anhängigkeit des naturschutzrechtlichen Verfahrens. Die bezogene Übergangsbestimmung im §44 Abs6 AWG kann sich allerdings sinnvollerweise nur auf jene Genehmigungs- bzw. Bewilligungsverfahren beziehen, die durch eine Genehmigung nach §29 Abfallwirtschaftsgesetz ersetzt werden. Nach §29 Abs2 AWG ersetzt die Genehmigung die nach bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen. Dem Landeshauptmann wird außerdem aufgetragen, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schiffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- sowie Eisenbahnrechtes geltenden Bestimmungen anzuwenden.

 

Im Zusammenhang mit §44 Abs6 AWG ergibt sich sohin eindeutig, daß nur ein nach den vorzitierten Materiengesetzen zum 1.7.1990 anhängiges Verfahren die Bewilligungspflicht nach §29 ausschließt. Ein im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abfallwirtschaftsgesetzes behängendes Verfahren nach dem Tiroler Naturschutzgesetz führt nicht zur Anwendung der Übergangsbestimmungen im §44 Abs6 AWG.

 

Zusammenfassend wird daher ersucht, den Antrag der Beschwerdeführer mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzung als unbegründet abzuweisen."

 

Zusätzlich wurde das Schreiben des Landeshauptmannes vom 6.4.1995 dem Akt beigebracht. In diesem wird ausgeführt wie folgt:

 

"Die gefertigte Behörde wurde von Herrn F T davon in Kenntnis gesetzt, daß die Betreibergemeinschaft S - T in I im Bereich der alten Zinkerei Zimmermann eine Baurestmassendeponie betreibt.

 

Im Zuge des behördlichen Ermittlungsverfahrens konnten für die betreffende Deponie lediglich mehrere, in zeitlicher Abfolge ergangene naturschutzrechtliche Genehmigungen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erhoben werden. Der letzte bezughabende Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck datiert dabei vom 12.1.1994, Zl. 2-N 107/35-1989.

 

Im bezogenen Bescheid wird Herrn Ing. H S die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Aufschüttung einer Fläche von ca. 54.000 m2 auf den Gpn. 2531, 2532, 2533, 2534, alle Gp. I, befristet bis 2.5.1996, erteilt. Die Bewilligung ist an diverse Nebenbestimmungen gebunden, die u.a. eine Vermeidung einer Grundwasserbeeinträchtigung bezwecken. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Bescheidauflagen Nr. 6, 11, 28 und 30 des Bescheides zu nennen. Aufgrund der von Herrn T vorgelegten Bilddokumente hat die Behörde eine Stellungnahme eines abfalltechnischen Amtssachverständigen zur Frage eingeholt, ob die durchgeführten Ablagerungen den in den naturschutzrechtlichen Bescheid aufgenommenen Nebenbestimmungen entsprechen.

 

Der abfalltechnische Amtssachverständige ist in seiner Stellungnahme zur Auffassung gelangt, daß die auf der gegenständlichen Fläche abgelagerten Materialien über die im Bescheid zugelassenen Stoffe hinausgehen. Der Sachverständige hat dabei insbesondere festgestellt, daß unter Berücksichtigung der Kriterien in den Bescheidvorschreibungen Nr. 6 und 30 eine Ablagerung von Abbruchmaterialien (z.B. mineralischer Bauschutt, Ziegel) nicht zulässig ist und dies damit begründet, daß bei einigen Abfallarten, die in der Liste der inerten Baurestmassen angeführt sind, Auswaschungen stattfinden können.

 

Auch im Zuge eines Ortsaugenscheines am 23.3.1995 konnte vom abfalltechnischen Amtssachverständigen festgestellt werden, daß auf der Deponie nicht nur sortenreiner Bauschutt und Erdaushub, sondern auch Fremdmaterialien mit abgelagert wurden, vor allem Holzabfälle, Kunststoffrohre und -behältnisse sowie Dämmaterialien.

 

Insgesamt ist sohin festzuhalten, daß im Deponiebetrieb den Auflagen des naturschutzrechtlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 12.1.1994 nicht entsprochen wird.

 

In rechtlicher Hinsicht ist nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes außerdem folgendes festzuhalten:

 

Nach §31b WRG 1959 bedarf die Ablagerung von Abfällen - ausgenommen solcher, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist - sowie die Errichtung und der Betrieb der hiezu dienenden Anlagen einer wasserrechtlichen Bewilligung durch den Landeshauptmann.

 

Eine Bewilligungsfreiheit für die Ablagerung von Abfällen nach Wasserrechtsgesetz ist sohin nur dann gegeben, wenn bei ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer nicht zu besorgen ist. Wesentlich bei dieser Formulierung sind die Worte "nicht zu besorgen ist". "Besorgen" bedeutet nämlich, daß keinesfalls feststehen muß, daß Einwirkungen zu erwarten sind. Vielmehr ist eine Bewilligungsfreiheit nur dann gegeben, wenn keine Sorge oder Bedenken bestehen, daß bei ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung eingetreten wird.

 

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch für die Deponierung von Aushubmaterial eine Bewilligungspflicht gegeben, wenn dieses von verschiedenen Baustellen in die Deponie eingebracht wird. Umso mehr ist eine Bewilligungspflicht für Bauschuttdeponien zu bejahen.

 

Im gegenständlichen Fall ist der Katalog der zulässigen Ablagerungsmaterialien in Pkt. 11 des naturschutzrechtlichen Bescheides vom 12.1.1994, Zl. 2-N 107/35-1989, umschrieben. Demgemäß darf die Aufschüttung nur mittels inertem Material gemäß der Liste der inerten Baurestmassen (Fachgrundlagen zur Beurteilung der Deponiefähigkeit von Bauschutt, BMUJF, Schriftenreihe der Sektion V, Abfallwirtschaft, Band 1, 1991) erfolgen. Beispielsweise werden Beton, keramische Baustoffe, Kalksandstein, Natursteine, gebrochene und natürliche Mineralien, Kies, Sand, Kaminsteine, Schamotte sowie nicht kontaminierter Boden- und Gesteinsaushub als zur Deponierung zugelassene Materialien bezeichnet.

 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist davon auszugehen, daß auch die Ablagerung dieser Materialien einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht nach §31b WRG 1959 unterliegen. Auch der abfalltechnische Amtssachverständige hat bestätigt, daß bei einigen der in der Liste der inerten Baurestmassen angeführten Abfallarten Auswaschungen stattfinden können. Das Ausmaß des jeweiligen Schadstoffaustrages (Gefährdungspotential) hängt dabei u. a. vom Herkunftsort und der Korngröße der Materialien ab.

 

Damit sieht es die gefertigte Behörde als erwiesen an, daß bei Ablagerung der im naturschutzrechtlichen Bescheid gattungsmäßig bezeichneten Materialien eine Grundwassergefährdung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Die gegenständlich bereits vorgenommenen und für die Zukunft beabsichtigten Ablagerungen können daher nicht bewilligungsfrei im Sinne des §31b WRG 1959 durchgeführt werden. Aus den selben Gründen ist auch für die bereits abgelagerten Abfälle eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht anzunehmen. Da eine wasserrechtliche Genehmigung nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht vorliegt, muß die gegenständlich erfolgte Ablagerung als konsenslos angesehen werden.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

1. Da eine wasserrechtliche Bewilligung nach §31b WRG 1959 für die bereits vorgenommenen und für die Zukunft geplanten Ablagerungen nicht vorliegt, ist jede weitere Deponierung sofort zu unterlassen. Bei einem Zuwiderhandeln muß mit der Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens gerechnet werden.

2. Sollte an eine Weiterführung der Deponie gedacht sein, so ist es erst nach Vorliegen sämtlicher dafür erforderlichen Bewilligungen möglich. Da im konkreten Fall das Volumen der Deponie offenbar mehr als 100.000 m3 beträgt, ergibt sich für diese eine Bewilligungspflicht nach §29 Abs1 Z.6 Abfallwirtschaftsgesetz. Da bis zum 30.6.1994 für die betreffende Deponie nicht um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung angesucht wurde, ist selbst für den Fall, daß mit der Projektierung der Deponie vor dem 1. Juli 1990 begonnen wurde, die Übergangsbestimmung im §45 Abs7 AWG gegenständlich nicht anwendbar. Welche Unterlagen für die Durchführung eines Verfahrens nach §29 AWG erforderlich sind, kann den einschlägigen Gesetzen entnommen werden. Im Hinblick auf die bereits vorgenommenen Ablagerungen, deren Materialqualität nicht bekannt ist, hat das Projekt insbesondere Ausführungen darüber zu enthalten, wie die einwandfreie und eine Grundwassergefährdung ausschließende Qualität dieser Materialien nachgewiesen wird (z.B. Umlagerung).

 

Sollte an einer Weiterführung der Deponie nicht gedacht sein, so ergibt sich jedenfalls die Notwendigkeit zur Durchführung eines Sicherungsverfahrens nach §138 Abs1 litb WRG 1959.

 

Um die weitere Vorgangsweise bestimmen zu können, werden Sie aufgefordert, der gefertigten Behörde binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens mitzuteilen, ob Sie beabsichtigen, für die gegenständliche Deponie nachträglich um die erforderliche Genehmigung nach §29 AWG einzukommen oder aber einen Weiterbetrieb der Deponie nicht gedacht ist."

 

Zusätzlich wurde auch das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land vom 21.4.1995 in Kopie zum Akt genommen. In diesem Schreiben wird ausgeführt wie folgt:

 

"Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Landeshauptmannes, Abteilung Umweltschutz vom 6.4.1995, Zl. U-3685-c/8, wird mitgeteilt, daß die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ersucht wurde, die mit dem erwähnten Schreiben verfügte Einstellung der Deponietätigkeit zu überwachen.

 

Um Mißverständnissen vorzubeugen, wird auch seitens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck betont, daß derzeit keine weiteren Arbeiten auf der Deponie zulässig sind.

 

Es ist nämlich vorher eine rechtskräftige Bewilligung nach §29 AWG beim Landeshauptmann, Abteilung Umweltschutz, einzuholen.

 

Dieses Schreiben ergeht an die Gemeinde I und an den Gendarmerieposten Zirl mit der Bitte um Beachtung und laufender Überprüfung.

 

Die Mißachtung dieser Einstellung ist strafbar."

 

Aufgrund der Ausführungen des Berufungswerbers wurde am 14.9.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Verlauf Herr Ing. H S sowie Herr H W befragt wurden und der Zeuge Rev.Insp.E.

 

Der Zeuge Rev.Insp. E sagte aus wie folgt:

 

"Über Befragen gebe ich an, daß ich mich an den Vorfall vom 27.4.1995 noch erinnern kann. Es lag im Gegenstandsfalle ein Auftrag von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vor. Der Auftrag lautete in der Weise, daß wir zur betreffenden Deponie fahren sollten und, wenn dort Arbeiten durchgeführt würden, veranlassen, daß diese eingestellt werden sollen. Mit meinem Kollegen Rev.Insp. L fuhr ich gemeinsam zur Deponie. Als wir hinkamen, waren dort an der Deponie ein paar Herren. Glaublich war auch Herr W dort. Denen erklärten wir, daß über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die Arbeiten einzustellen sind. Hierauf erklärten sich die dort anwesenden Personen mit der Einstellung der Deponietätigkeit einverstanden.

 

Über Frage gebe ich an, daß weder eine Verhaftung noch eine Beschlagnahme angedroht wurde. Ich weiß nicht, wie Herr W auf die Idee kommt, ich könnte ihm die Verhaftung anläßlich der Amtshandlung angedroht haben. Es war so, daß auf LKWs damals noch etwas aufgeladen wurde. Daß es jedoch hieß, dies sei für die Müll. Es wurde darauf hingewiesen, daß dies erlaubt sei, da es sich im Gegenstandsfalle um eine Mülldeponie handle. Es wurde uns zugesichert, für den Bereich der Deponie, der von uns kontrolliert wurde, die Tätigkeit einzustellen. Die Amtshandlung verlief klaglos bezüglich der LKWs an denen wir feststellten, daß Ladetätigkeiten, ich weiß nicht mehr, ob geladen oder abgeladen wurde. Es wurde uns jedenfalls gesagt, daß diese für die Mülldeponie tätig seien.

 

Über Frage gebe ich an, daß ich selbst nur am 27.4.1995 mich an der Deponie befunden habe.

 

Über Frage Dr. St: Als ich zur Deponie hinkam, war das Gesprächsklima ganz normal. Es wurde von unserer Seite nur der Auftrag weitergeleitet, daß die Arbeiten einzustellen sind. Etwaige Maßnahmen bei Widersetzung wurden nicht gesetzt. Ich ergänze, es ist möglich, daß ich solche anklingen habe lassen. Es ist durchaus möglich, daß ich gesagt habe, wenn weitergearbeitet wird, daß es bis zu einer Festnahme kommen könnte. Wir waren direkt im Gelände im Zuge der gegenständlichen Amtshandlung drinnen.

 

An den Zeugen werden keine weiteren Fragen mehr gestellt."

 

Gemäß §67a Abs1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Gemäß §67a Abs2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen; über Beschwerden nach Abs1 Z2 entscheiden sie durch eines ihrer Mitglieder.

 

Gemäß §67c Abs1 AVG sind Beschwerden nach §67a Abs1 Z2 innerhalb von 6 Wochen ab dem Zeitpunkt, an dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlagt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzulegen, in dessen Sprengl dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

 

Gemäß §67c Abs3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist. Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

Die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt liegt nur dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird, ein derartiger Eingriff liegt im allgemeinen nur dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehles droht. Auch aus den Aussagen von Herrn W ergibt sich, daß keinerlei Zwangsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Einstellung der Deponietätigkeit angedroht wurden, jedoch gesagt wurde, daß eine Anzeige erfolge, wenn die Deponietätigkeit weiter fortgeführt werde. Von einer eventuellen Beschlagnahme, Festnahme und dergleichen sei nicht die Rede gewesen. Die Äußerung, daß es:

"eventuell bis zu einer Verhaftung gehen könnte" stellt keine Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dar.

 

Nach der allgemeinen Verwaltungslehre sind als Ausübung von Zwangsgewalt nur Maßnahmen mit physischem Sanktionszwang deutbar, das sind Maßnahmen zur Verhinderung oder Beendigung von wirklich oder vermeintlich rechtswidrigen Vorgängen oder Zuständen wie beispielsweise das Abschleppen eines verbotswidrig abgestellten Fahrzeuges oder das Eindringen in ein Grundstück zwecks Gefahrenbekämpfung. Ebenso stellt die Aufforderung des Landeshauptmannes im Schreiben vom 1.4.1995, die Deponietätigkeit einzustellen oder nachträglich um eine erforderliche Genehmigung nach §29 AWG einzukommen, keine Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dar, ebensowenig wie die Weiterleitung dieses Schreibens durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck an den Posten Zirl. Ein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird, wobei ein derartiger Eingriff im allgemeinen nur dann vorliegt, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nicht befolgung eines Befehles droht. In diesem Sinne wurden als verfahrensfreie Verwaltungsakte die Festnahme, die Entnahme von Warenproben, Beschlagnahme und dergleichen qualifiziert. Eine bloße Mitteilung der Rechtslage kann keine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darstellen. Darüberhinaus ist im Verfahen nicht hervorgekommen, daß dem Beschwerdeführer damit gedroht wurde, daß er unverzüglich verhaftet werde, wenn er den Betrieb der Deponie nicht einstelle. Im übrigen liegt die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person nur dann vor, wenn es keines zwischengeschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen.

 

Aufgrund dieser Ausführungen ergibt sich, daß weder das Schreiben des Landeshauptmannes vom 6.4.1995 noch das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.4.1995 noch die an den Berufungswerber gerichtete Aufforderung zur Einstellung der Deponietätigkeit am 27.4.1995 sich als Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darstellt.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden. Die Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind mit 2/3 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof festzusetzen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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