TE UVS Burgenland 1995/09/22 02/03/95184

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.1995
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch den

Kammervorsitzenden Dr Traxler und die Mitglieder Mag Dorner und Mag

Waniek-Kain über die Berufung des Herrn                  , geboren

am

08 08 1959, wohnhaft in                               , vertreten

durch die Rechtsanwälte Dres                    , vom 05 09 1995,

gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See

vom 16 08 1995, Zl  300-1979-1995, wegen Bestrafung nach § 99 Abs 1

lit  b in Verbindung mit § 5 Abs  2 StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Die spruchgemäße Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens erfolgte aus nachstehenden Gründen:

 

Wie sich  aus der Zeugenaussage des AI        vom 22 03 1995 vor der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See ergibt, wurde der Beschuldigte

an der  Grenze Nickelsdorf-Hegyeshalom im Amtsgebäude der ungarischen

Grenzkontrollstelle zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert.

 

Der  Meldungsleger bezog sich in seiner Aussage auf einen

bilateralen

Vertrag   der  Republik  Österreich  mit  der  Republik  Ungarn,

der

die Straßenaufsichtsorgane  ermächtige, die straßenpolizeilichen

Vorschriften  in der  vorgeschobenen Zone der

Grenzabfertigungsstelle

zu vollziehen.

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 16

08 1995,  Zl 300  1979-1995, wurde der Beschuldigte wegen Übertretung

nach §  99 Abs 1 lit b in Verbindung mit § 5 Abs 2 StVO 1960 zu einer

Geldstrafe von  S 15 000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu

einer

Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen verurteilt.

 

Dagegen erhob  der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte

innerhalb

offener Frist Berufung.

 

Darüber wurde folgendes erwogen:

 

Wie  sich aus  dem Abkommen  zwischen der Republik Österreich und der

Republik Ungarn über die Grenzabfertigung im Straßen- und Schiffsverkehr, BGBl Nr 794/1992, Art 1 Zi 1 ergibt, bedeutet Grenzabfertigung die Vollziehung aller Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten, die aus Anlaß des Grenzübertrittes von Personen sowie der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Gütern anzuwenden sind; nach Art 1 Zi 4 bedeutet Zone jenen Bereich des Gebietsstaates, in dem die Bediensteten des Nachbarstaates berechtigt sind, die Grenzabfertigung vorzunehmen.

 

Im Sinne des Art 3 Zi 1 kann die Zone im Straßenverkehr die für die Grenzabfertigungsstellen des Nachbarstaates bestimmten Räumlichkeiten, Straßenabschnitte und sonstigen Anlagen umfassen; die

Zone umfaßt jedenfalls die Straße zwischen der Staatsgrenze und der Grenzabfertigungsstelle.

 

Nach Art 4 Abs 1 gelten in der Zone für die Grenzabfertigung des Nachbarstaates alle Rechtsvorschriften dieses Staates über den Grenzübertritt von Personen und über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von

Gütern; sie werden von den Bediensteten des Nachbarstaates im gleichen Umfang und mit denselben Folgen wie im eigenen Staatsgebiet durchgeführt.

Abs 2 bestimmt, daß die in der Zone von den Bediensteten des Nachbarstaates durchgeführten Amtshandlungen als in der Gemeinde des Nachbarstaates durchgeführt gelten, in deren Gebiet sich der zugehörige Grenzübergang befindet.

Laut Abs 3 gelten die in der Zone begangenen Zuwiderhandlungen gegen die im Abs 1 genannten Rechtsvorschriften des Nachbarstaates als in der im Abs 2 genannten Gemeinde begangen.

Abs 4 bestimmt, daß im übrigen das Recht des Gebietsstaates gilt.

 

Aus Art 6 Abs 3 geht hervor, daß nach Beginn der Eingangsabfertigung die Bediensteten des Ausgangsstaates nicht mehr berechtigt sind, Grenzabfertigungshandlungen vorzunehmen. Wenn sich jedoch nach Beginn

der Eingangsabfertigung der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung ergibt oder nachträglich bekannt wird, daß sich eine Person,

nach der zur Festnahme gefahndet wird, in der Zone befindet, sind die

Bediensteten des Ausgangsstaates nach vorheriger Benachrichtigung der

Bediensteten des Eingangsstaates berechtigt, Grenzabfertigungshandlungen zu wiederholen.

 

Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, daß die vorliegende

Amtshandlung  nach Durchführung der österreichischen Ausgangsabfertigung in den Räumen der ungarischen Grenzkontrolle auf ungarischem Staatsgebiet durchgeführt wurde. Im Sinne des obzitierten

Art 6 Abs 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Grenzabfertigung im Strassen- und Schiffsverkehr darf jedoch nach Beginn der Eingangsabfertigung ua nur

bei gerichtlich strafbaren Handlungen die Ausgangsabfertigung wiederholt werden. Im gegenständlichen Fall handelt es sich jedoch um

kein gerichtlich strafbares Delikt, sondern um ein verwaltungsbehördlich zu verfolgendes Delikt, sodaß Art 6 Abs 3 nicht

zum Tragen kommt.

 

Dazu kommt, daß sich aus Art 1 Zi 1 in Zusammenschau mit Art 4 Abs 1 des zitierten Abkommens ergibt, daß in der Zone (hier: auf jenem Teil

des ungarischen Staatgebietes, auf dem österreichische Organe Amtshandlungen vornehmen dürfen) nur die österreichischen Rechtsvorschriften über den Grenzübertritt von Personen und über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Gütern vollzogen werden dürfen. Zu diesen Vorschriften zählt jedoch die StVO 1960 nicht, da diese keine spezifische Vorschrift über den Grenzübertritt von Personen und

über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Gütern darstellt. Das ergibt schon eine Wortinterpretation der genannten Begriffe, wobei noch zu bedenken ist, daß die genannten Regelungen Ausnahmeregelungen darstellen und daher eng auszulegen sind.

 

Die  österreichischen Straßenaufsichtorgane  waren  somit  trotz des

genannten Abkommens nicht berechtigt, auf dem auf ungarischem Staatsgebiet liegenden Gebiet der Zone Amtshandlungen nach der StVO 1960 zu setzen.

 

§ 2 Abs 1 VStG bestimmt, daß sofern die Verwaltungsvorschriften nicht

anderes bestimmen, nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar sind.

 

Die vorliegende Verweigerung des Alkotestes erfolgte nicht im Inland,

sondern im Ausland, sodaß eine Bestrafung nicht möglich ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Vollziehung österreichischer Rechtsvorschriften über den Grenzübertritt in der Zone; Vorschriften der StVO 1960 fallen nicht darunter
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten