TE UVS Wien 1995/10/06 04/03/601/94

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Veröffentlicht am 06.10.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Wilfert über die Berufung des Herrn Herbert H, vertreten durch Rechtsanwälte, vom 20.7.1994, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk, MBA 11 - S 1534/93, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde behoben.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 25.5.1994, Zl MBA 11 - S 1534/93, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als verantwortlicher Beauftragter der B Aktiengesellschaft zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeberin in ihrer Filiale in Wien, S-weg, den gesetzlichen Vorschriften zum Schutze des

Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer nicht entsprochen habe, da

am 17.2.1993 bei sieben, im Spruch des Straferkenntnisses namentlich genannten Arbeitnehmern die höchstzulässige Tagesarbeitszeit von zehn

Stunden überschritten worden ist.

Der Berufungswerber wurde wegen Verletzung der Bestimmung des § 9 Arbeitszeitgesetz mit sieben Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 2.000,-- sowie Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils 2 Tagen gemäß § 28 Abs 1 Arbeitszeitgesetz bestraft.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 20.7.1994,

in welcher der Berufungswerber im wesentlichen sein Verschulden bestreitet und die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung

beantragt.

2. In der Angelegenheit fand am 6.10.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien statt. In dieser Verhandlung führte der Vertreter des Berufungswerbers ergänzend zur Berufung aus, daß der Berufungswerber Filialinspektor der B AG sei und seine Tätigkeit von seinem Dienstsitz in der Unternehmensleitung (dem Fimensitz) in N, ausübe, wo er auch sein Sekretariat habe. Der Berufungswerber sei auch nicht Filialleiter der

gegenständlichen Filiale, weshalb der in erster Instanz einschreitende Magistrat der Stadt Wien örtlich unzuständig gewesen sei.

3. Die Berufung ist begründet.

Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist örtlich jene Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Hinsichtlich von Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz ist der Tatort dort anzunehmen, wo der Beschuldigte hätte handeln sollen; wenn eine solche Unterlassung mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgt ist, so fällt dieser Ort im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammen (vgl VwGH vom 19.11.1990, 90/19/0413 und die dort genannte Vorjudikatur). Für den Bereich des Verwaltungsstrafgesetzes kommt es auch in Sachen, die sich auf in Filialen gegliederte Unternehmungen beziehen, für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörde grundsätzlich nicht auf den Ort, an dem das Unternehmen betrieben wird, also insbesondere

nicht auf den Ort des Filialbetriebes, an.

Wie auf Grund der Aktenlage ersichtlich ist und wie von den Verfahrensparteien in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem

Unabhängigen Verwaltungssenat Wien auch bestätigt wurde, befindet sich der Sitz der Unternehmensleitung der B Aktiengesellschaft in N, I-straße.

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19.4.1994, Zl 94/11/0055, klargestellt, daß, wenn für einen Filialbetrieb ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des zweiten Satzes des § 9 Abs 2 VStG bestellt ist, der Tatort einer von diesem zu verantwortenden Verwaltungsübertretung nicht am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung liegt. Der Tatort liegt dort, wo die Dispositionen und die Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (vgl VwGH vom 25.1.1994, 93/11/227). Dies ist bei einem verantwortlich beauftragten Filialleiter der Standort dieser Filiale. Eine derartige Konstellation liegt im Berufungsfall jedoch nicht vor:

 

Der Berufungswerber ist zwar verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 VStG, nicht jedoch Filialleiter der verfahrensgegenständlichen Filiale sondern Filialinspektor und übt seine Tätigkeit, wie auf Grund des durchgeführten Verfahrens feststeht, vom Sitz der Unternehmensleitung in N aus, wo er auch sein

Sekretariat hat. Die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der

verfahrensgegenständlichen Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz hätte

der Berufungswerber daher vom Sitz der Unternehmensleitung aus setzen

müssen, weshalb im vorliegenden Fall der Tatort trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sitz der Unternehmensleitung liegt.

Der in erster Instanz einschreitende Magistrat der Stadt Wien war daher (eine Übertragung des Verfahrens an den Magistrat der Stadt Wien durch die örtlich zuständige Behörde gemäß § 29a VStG ist nicht erfolgt) zur Entscheidung in der Angelegenheit örtlich unzuständig. Das Arbeitsinspektorat für den 2. Aufsichtsbezirk als Partei hat sich

in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dieser Rechtsansicht

angeschlossen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Diese Entscheidung steht einer Fortführung des Verfahrens durch die örtlich zuständige Behörde nicht entgegen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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