TE UVS Wien 1995/10/12 04/A/40/119/95

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Veröffentlicht am 12.10.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Grünstäudl über die Berufung des Herrn Fritz J vom 23.3.1995 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 13.2.1995, Zahl MBA 23-S 8915/94, wegen Übertretung des § 28 Abs 1 iVm § 9 des Arbeitszeitgesetzes BGBl Nr 461/1969 idgF, in Punkt 1) bis 10), entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsvorschrift "§ 9, erster Anwendungsfall des Arbeitszeitgesetzes, BGBl Nr 1969/461 idF 1993/335 (im folgenden AZG)" sowie die Strafnorm "§ 28 Abs 1 AZG" zu lauten hat. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG zusätzlich einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind zu 1) S 300,--, zu 2) S 400,--, zu 3) S 800,--, zu 4) S 100,--, zu 5) S 400,--, zu 6) S 900,--, zu 7) S 100,--, zu 8) S 100,--, zu 9) S 400,-- und zu 10) S 100,-- (somit insgesamt S 3.600,--) zu bezahlen.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn Fritz J als Bevollmächtigter gemäß § 28 Abs 1 AZG, BGBl Nr 461/1969 der "L Gesellschaft mbH" angelastet, daß diese Gesellschaft in der weiteren Betriebsstätte in P zehn namentlich näher angeführte Arbeitnehmer an einzeln angeführten Tagen (diese lagen zwischen dem 3.6.1994 und dem 24.6.1994) über die Höchstgrenze der täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden beschäftigt habe. (Die Arbeitszeitüberschreitungen erfolgten entsprechend der detaillierten Tatumschreibung bei den meisten Arbeitnehmern nicht bloß an einem sondern an mehreren Tagen). Dem Beschuldigten wurden daher zehn Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs 1 iVm § 9 des AZG angelastet und dafür zehn Geldstrafen (zu 1): S 1.500,--, zu 2): S 2.000,--, zu 3): S 4.000,--, zu 4): S 500,--, zu 5): S 2.000,--, zu 6): S 4.500,--, zu 7): S 500,--, zu 8):

S 500,--, zu 9): S 2.000,-- und zu 10) S 500,--) sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

Gleichzeitig wurde dem Beschuldigten ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe auferlegt.

In seinem dagegen als Berufung zu wertenden Einspruch vom 23.3.1995

führt der Beschuldigte aus:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Gegen den oben angeführten Bescheid erhebe ich Einspruch und

begründe

das wie folgt:

Bei der Führung von knapp 100 Filialen und etwa 1200 Mitarbeitern

ist

es mir nicht möglich und auch nicht zumutbar, jede Filiale genau zu kontrollieren. Daher wurde von je her die Organisation so aufgebaut, daß der Markleiter/in für die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze verantwortlich ist.

Sein Bezirksleiter als unmittelbarer Vorgesetzter hat die Aufgabe mit

seinen Marktleitern pro Filiale (9-12 Fil) den Personaleinsatzplan zu

erstellen und diesen auch wöchtenlich auf eventuelle Abweichungen zu kontrollieren um bei Abweichungen Hilfestellung und Maßnahmen zur Einhaltung der Gesetze durchzuführen. Der Bezirksleiter ist also für die 100% Einhaltung der Arbeitszeitgesetze verantwortlich - in diesem

Fall war dies Herr Georg S. Der Bezirksleiter war es auch dem es verantwortlich oblag, Mitarbeiter einzustellen und diese auch zu kündigen.

Da ich bei Übernahme des Supermarktes im März 1994 durch von mir durchgeführten stichprobenartigen Kontrollen auf Unzulänglichkeiten gestoßen bin und die Sache einer Schwerpunktkontrolle zuführte, ernannte ich für den Supermarkt Herrn Herbert K zum verantwortlichen Gebietsverkaufsleiter der somit der unmittelbare Vorgesetzte der Bezirksleiter wurde und für die Kontrolle und Einhaltung der Arbeitszeitgesetze, der Überprüfung und Abrechnung sämtlicher Überstunden, und die Durcharbeitung der Arbeitspläne und Istzustände mit dem Bezirksleiter und dem Marktleiter persönliche Verantwortung trägt. Somit tragen auch die Arbeitszeitaufzeichnungen die Unterschriften des Marktleiters, des Bezirksleiters und des Gebietsverkaufsleiters.

Über diese Ernennung gibt es mit dem Inhalt der Verantwortung genauso

Schriftstücke wie die Ernennung selbst in der L Zentrale. Ich selbst habe das Unternehmen mit 31.10.94 verlassen und verfüge deshalb auch über keine Unterlagen und bin derzeit arbeitslos."

Der Berufungswerber hat in der Folge über Vorhalt der Berufungsbehörde die Rechtzeitigkeit seiner Berufung durch Glaubhaftmachung seiner Ortsabwesenheit bis 21.3.1995 mit seinem Schreiben vom 5.5.1995 nachgewiesen.

Mit seinem Berufungsvorbringen bestreitet der Berufungswerber ausschließlich sein Verschulden an den ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen, indem er auf die Unmöglichkeit verweist, als Verkaufsdirektor die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze von knapp 100 Filialen kontrollieren zu können, weshalb die Verantwortung für die Kontrolle der einzelnen Filialen den bestellten Marktleitern, Bezirksleitern sowie dem vom Berufungswerber bestellten Gebietsverkaufsleiter oblegen sei (wobei der Berufungswerber als Verkaufsdirektor folgedessen vom Sitz des Unternehmens in Wien aus zu

handeln hatte.)

Daher ist die durch das Berufungsvorbringen unbestritten gebliebene Verwirklichung des Tatbestandes in objektiver Hinsicht (und dabei auch seine Funktion als Bevollmächtigter gemäß § 28 Abs 1 AZG, die er

durch seine Ausführungen zur Übernahme des Supermarktes im März 1994 auch untermauerte) als erwiesen anzusehen, weshalb sich die Durchführung einer - im übrigen nicht verlangten - mündlichen Verhandlung erübrigte.

(Wenngleich nicht verfahrensrelevant, so ist doch der Vollständigkeit

halber anzumerken, daß der Berufungswerber zwar auch zum verantwortlich Beauftragten gemäß § 9 VStG bestellt wurde, was jedoch

auch im Hinblick auf den Zeitpunkt dieser Bestellung für den Großteil

des gegenständlichen Tatzeitraumes nicht maßgeblich ist.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat zur Frage des Verschuldens erwogen:

Gemäß § 28 Abs 1 AZG, in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl Nr 446/1994, sind Arbeitgeber und deren Bevöllmächtigte,

die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen wie der verfahrensgegenständlichen L Gesellschaft mbH, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gemäß § 9 Abs 2 VStG berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumliche oder sachliche abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

Aus den genannten Bestimmungen ergibt sich, daß lediglich die zur Vertretung nach außen berufenen Personen ihre Verantwortung auf verantwortlich Beauftragte übertragen können und bei rechtmäßiger Bestellung derselben somit nicht strafbar sind.

Eine solche Möglichkeit kommt jedoch dem Bevollmächtigten gemäß § 28 Abs 1 AZG nicht zu. Der Bevollmächtigte wird doch gerade (wenn auch nicht nach den gleichen strengen Formalkriterien wie verantwortlich Beauftragte) dazu bestellt, um selbst die Verantwortung für bestimmte

Unternehmensbereiche zu übernehmen (wobei jedoch neben der Verantwortlichkeit des Bevollmächtigten auch diejenige der nach außen

vertretungsbefugten Personen bzw deren verantwortlich Beauftragte aufrecht bleibt).

Das bedeutet jedoch nicht, daß der Bevollmächtigte selbst die Übersicht über jedes einzelne Geschehen im Unternehmen bewahren muß. Überträgt er jedoch einzelne Angelegenheiten anderen Personen (Filialleiter, Bezirksleiter, usw) so kann ihm als Bevollmächtigten nur dann kein Verschulden zur Last gelegt werden, wenn er glaubhaft macht, daß er es bei Auswahl der von ihm beauftragten Personen und bei deren Überwachung nicht an der pflichtgemäßen Sorgfalt hat fehlen

lassen (vgl VwGH verstärkter Senat vom 16.1.1987, Zahl 86/18/0077 und

Folgeerkenntnisse). Der Bevollmächtigte hat dazu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (VwGH vom 12.12.1984, Zahl 82/11/0380). Die bloße Tatsache, daß er Verantwortung an eine ihm verantwortliche Person weitergibt, ist für sich allein noch nicht

geeignet, seine Schuldlosigkeit zu erweisen (vgl VwGH vom 7.3.1984, Zahl 84/09/0032 und andere).

Da der Berufungswerber jedoch selbst ausführt, im März 1994 auf Unzulänglichkeiten gestoßen zu sein, als Folge jedoch (lediglich) Herrn K als verantwortlichen Gebietsverkaufsleiter bestellt zu haben,

ist er seiner Überwachungspflicht bei weitem nicht nachgekommen, weshalb ihm zumindest die für die Bestrafung ausreichende Verschuldensform des fahrlässigen Handelns vorzuwerfen ist. (Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß eine Bestellung des Herbert

K

zum verantwortlich Beauftragten für die Sparte Supermarkt nachweislich erst mit 9.2.1995, somit mehr als ein halbes Jahr nach dem angelasteten Tatzeitraum erfolgte und daher auch aus diesem Grund

keine schuldbefreiende Wirkung hinsichtlich der angelasteten

Verwaltungsübertretungen entfalten kann.)

Zur Strafhöhe:

Durch die erwiesenen Veraltungsübertretungen hat der Berufungswerber das Interesse am Schutz von Arbeitnehmern durch Einhaltung höchstzulässiger Tagesarbeitszeiten nicht geringfügig beeinträchtigt,

weshalb der Unrechtsgehalt der Tat nicht unbeträchtlich ist. Die Arbeitszeitüberschreitungen erfolgten - je nach Arbeitnehmer unterschiedlich - großteils an mehreren Tagen, weshalb die einzelnen Tathandlungen bei Bestrafung als fortgesetzte Delikte erschwerend zu werten und proportional zu bestrafen waren.

Mildernd hat bereits die Behörde 1. Instanz zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet.

Unter Berücksichtigung des bereits zitierten Strafrahmens waren daher

die je nach Anzahl der Tathandlungen bemessenen Strafen selbst unter Beachtung der derzeitigen Arbeitslosigkeit und selbst bei Annahme von

Sorgepflichten für mehrere Personen tatangemessen und keineswegs zu hoch, da der Berufungswerber nicht zuletzt über nicht unbeträchtliches Vermögen verfügt (vgl die Ausführungen über den Verkauf seines Hauses im Schriftsatz vom 5.5.1995). Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die zwingende Bestimmung des § 64 VStG, wonach dem Berufungswerber - wird seiner Berufung nicht Folge gegeben - Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der

Höhe von 20 % der jeweils verhängten Strafe aufzuerlegen sind.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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